TE Vfgh Erkenntnis 1999/12/16 B2461/97

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Veröffentlicht am 16.12.1999
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
VfGG §82 Abs1
Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung gem §31 Abs5 Z10 ASVG §7 Abs1
ASVG §31 Abs5 Z10
ASVG §31 Abs8
ASVG §31 Abs9
ASVG §342 Abs1 Z4
ASVG §342 Abs1 Z6

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung von - teilweise mangels rechtlichen Interesses zurückzuweisenden - Feststellungsbegehren betreffend die Aufklärungspflicht eines Arztes gegenüber seinen Patienten durch die Landesberufungskommission; kein Verstoß der anzuwendenden Bestimmung der Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung und der dieser zugrunde liegenden Verordnungsermächtigung im ASVG gegen den Gleichheitssatz oder das Determinierungsgebot; kein Eingriff in die Privatautonomie des Beschwerdeführers

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Arzt für Allgemeinmedizin in Tirol. Er hat mit verschiedenen Sozialversicherungsträgern Einzelverträge gemäß §341 Abs3 AVSG abgeschlossen. Mit Eingabe vom 18. Juni 1996 hat der Beschwerdeführer bei der Paritätischen Schiedskommission für das Land Tirol mit näherer Begründung die Anträge gestellt, es möge festgestellt werden:

a) daß der Antragsteller nicht verpflichtet sei, seine bei den Antragsgegnern sozialversicherten Patienten im Fall der Verweigerung einer kontrollärztlichen Bewilligung für notwendige Heilbehandlungen dahingehend aufzuklären, daß die Antragsgegner keine Kosten für die betreffende Heilbehandlung übernehmen, obwohl die medizinische Notwendigkeit der vom Kontrollarzt abgelehnten Heilbehandlung gegeben ist;

b) daß der Antragsteller berechtigt sei, im Fall der kontrollärztlichen Nichtbewilligung von notwendigen Heilbehandlungen seine bei den Antragsgegner sozialversicherten Patienten dahingehend aufzuklären, daß ihnen die Möglichkeit offensteht, trotz Verweigerung der kontrollärztlichen Genehmigung die Leistungspflicht der Antragsgegner im Sozialgerichtswege durchzusetzen.

Der Beschwerdeführer führte aus, §7 der vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger durch Verordnung erlassenen Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise (RÖK) sei gesetzwidrig und führe den behandelnden Arzt in einen übergesetzlichen Notstand, weil dieser seinem Patienten gegenüber zur wahrheitsgemäßen Aufklärung und zur Durchführung der medizinisch notwendigen Heilbehandlung verpflichtet sei. Nach dem Wortlaut des §7 RÖK werde es ihm zur Pflicht gemacht, die Versicherten spätestens vor der Anwendung einer bewilligungspflichtigen Behandlungs- oder Untersuchungsmethode ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß vor Durchführung dieser Methode die kontrollärztliche Bewilligung einzuholen sei und daß die Krankenversicherungsträger im Falle der Ablehnung keine Kosten für die betreffende Behandlung oder Untersuchung übernähmen. Durch diese Bestimmung werde es ihm daher aber zur Pflicht gemacht, seine Patienten hinsichtlich der Rechtslage in die Irre zu führen, weil es für deren Anspruch auf Kostenersatz nach der Rechtsprechung des OGH nicht auf eine chef- oder kontrollärztliche Bewilligung sondern lediglich darauf ankomme, daß die Behandlung notwendig, ausreichend und zweckmäßig sei. Durch diese "Irreführung der Patienten" setze sich der Beschwerdeführer für den Fall selbst der Gefahr straf- und zivilrechtlicher Verfolgung aus, daß Patienten auf Grund der von ihm gegebenen Rechtsaufklärung von einer medizinisch indizierten Behandlung Abstand nähmen. Schon in seinem Feststellungsantrag äußerte der Beschwerdeführer zudem verfassungsrechtliche Bedenken gegen die RÖK sowie gegen die diese tragende Verordnungsermächtigung in §31 Abs5 Z10 ASVG.

1.2. Die Paritätische Schiedskommission konnte infolge Stimmengleichheit keine Entscheidung über die Anträge des Beschwerdeführers treffen. Über Antrag gemäß §§344 Abs3 i.V.m. 345 Abs2 Z2 ASVG ging die Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Anträge auf die Landesberufungskommission über. Diese wies die Anträge des Beschwerdeführers mit dem am 11. September 1997 zugestellten angefochtenen Bescheid ab.

1.2.1. Die belangte Behörde bejahte ihre Zuständigkeit im wesentlichen mit folgender Begründung: Die Landesberufungskommission sei gemäß §§344 Abs1 i.V.m. 345 ASVG zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zuständig, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen. Diese Zuständigkeit sei von der Rechtsprechung immer weit ausgelegt worden und erfasse nicht nur Streitigkeiten, die unmittelbar aus einem Einzelvertrag herrührten, sondern auch solche, die mit einem solchen Vertrag bloß in (rechtlichem oder tatsächlichem) Zusammenhang stünden. Obwohl sich nun das Antragsvorbringen vorwiegend auf die Bekämpfung einer aus den RÖK und damit aus einer den Antragsteller unmittelbar bindenden Verordnung herrührenden Verpflichtung konzentriere, liege daher deswegen ein Rechtsstreit vor, der mit dem Einzelvertrag in Zusammenhang stehe, da eine Entscheidung über das Antragsbegehren unmittelbar zwischen den Parteien des Einzelvertrages wirken würde. Die Landesberufungskommission bejahte aus diesen Gründen ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über das Antragsbegehren.

1.2.2. In der Sache hielt die belangte Behörde dem Antragsteller zunächst entgegen, die RÖK seien in der durch §31 Abs8 und 9 ASVG vorgeschriebenen Weise kundgemacht worden. §7 dieser Richtlinien enthielte bei gesetzeskonformer Deutung keine Verpflichtung, wie sie der Antragsteller dieser Bestimmung offenbar - in unzulässiger Verknüpfung der Bewilligungspflicht und der Notwendigkeit der Heilbehandlung - unterstelle. Vielmehr sei, wie die belangte Behörde unter Berufung auf

VfSlg. 13571/1993 weiter ausführt, davon auszugehen, daß es bei dieser Bestimmung im Ergebnis nur um eine im Vorhinein zu erfolgende Absicherung und Aufklärung des Versicherten gehe, welche aber dessen Anspruch auf die notwendige, ausreichende und zweckmäßige Heilbehandlung unberührt lasse. In einen übergesetzlichen Notstand könne der Antragsteller schon deswegen nicht geraten, weil §8 der RÖK für den Fall der Dringlichkeit Ausnahmen von der chef- bzw. kontrollärztlichen Bewilligungspflicht vorsehe.

Dem zweiten Punkt des Feststellungsbegehrens des Beschwerdeführers hält die belangte Behörde entgegen, daß sämtliche für den Antragsteller bindende Gesamtverträge Bestimmungen enthielten, nach denen die Versicherten wegen der Erteilung von Auskünften, welche die Krankenversicherung und deren Leistungen, nicht aber medizinische Angelegenheiten betreffen, an den Versicherungsträger zu verweisen seien. Die Gesamtverträge erlaubten es nicht, die Versicherten, wie dies dem Antragsteller offenbar vorschwebe, gegen die Versicherungsträger zu "instrumentalisieren". Das Antragsvorbringen sei auch insofern widersprüchlich, als der Antragsteller die - nach Auffassung der belangten Behörde - unbedenkliche Rechtsaufklärung nach §7 der RÖK verweigern, dafür aber eine andere, im Widerspruch zu den Verträgen stehende Rechtsaufklärung vornehmen wolle.

Beide Feststellungsbegehren seien daher abzuweisen.

2.1. Dagegen richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz, sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung und eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

2.2. Die Beschwerde wird im wesentlichen mit den gleichen Argumenten begründet wie der ursprüngliche Antrag:

2.2.1. Zunächst wird der belangten Behörde Willkür vorgeworfen und die Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz behauptet und dies wie folgt begründet:

Es sei dem Beschwerdeführer als Arzt unzumutbar, sein Wissen um die Möglichkeiten des Rechtsweges gegenüber dem sozialversicherten Patienten zu verschweigen, wenn er subjektiv der Überzeugung sei, der Chefarzt hätte falsch entschieden. Es gehe dabei nämlich um die Verweigerung einer - zumindest aus der Sicht des behandelnden Arztes - notwendigen Krankenbehandlung. Das Verschweigen des möglichen Rechtsweges würde den "aus dem Behandlungsvertrag und der Garantenstellung im Sinne des StGB" erfließenden ärztlichen Aufklärungspflichten widersprechen. Die belangte Behörde habe daher schon dadurch Willkür geübt, daß sie der Bestimmung des §7 der RÖK einen gesetzwidrigen Inhalt unterstellt habe. Zudem sei der belangten Behörde eine qualifizierte Rechtswidrigkeit insofern vorzuwerfen, als sie zunächst die Behauptung des Antrages, die Bestimmungen der RÖK brächten den Antragsteller in die Situation eines übergesetzlichen Notstandes, zu akzeptieren scheine, dann aber im Widerspruch dazu den Antrag abweise.

Zur Abweisung seines zweiten Antragsbegehrens führt der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde verlange offenbar von ihm, rechtswidrige Entscheidungen der Sozialversicherungsträger zu "decken" und jedwede Aufklärung über die Möglichkeiten zur Beschreitung des Rechtsweges zu unterlassen. Der Arzt solle sich demnach nach Auffassung der belangten Behörde offenbar auch dann "zum Werkzeug des Sozialversicherungsträgers machen", wenn dieser "notwendige ärztliche Hilfe zu Unrecht verweigert". Eine solche Rechtsauffassung liefe jedoch den ärztlichen Pflichten grob zuwider. Gerade in einem Fall, in dem der Kontrollarzt des Sozialversicherungsträgers die Bewilligung einer Maßnahme bereits verweigert habe, sei die Verweisung an den Sozialversicherungsträger sinnlos. Die Begründung der Abweisung des diesbezüglichen Feststellungsbegehrens setze sich daher über wesentliche Grundsätze des ärztlichen Behandlungsvertrages hinweg und verweigere dem Vertragsarzt "sein selbstverständliches Recht, ja im Verhältnis zum Patienten eine Pflicht" zur umfassenden Aufklärung des Patienten. Der angefochtene Bescheid beruhe daher auf einer gehäuften Verkennung der Rechtslage und sei somit mit Verfassungswidrigkeit belastet.

2.2.2. Sodann wendet sich der Beschwerdeführer mit weitwendiger Argumentation gegen die Verordnungsermächtigung des ASVG betreffend die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise:

2.2.2.1. Die Beschwerde führt aus, die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise beruhten auf der Verordnungsermächtigung des §31 Abs5 Z10 ASVG. Diese Verordnungsermächtigung stelle einen "Fremdkörper im System der Regelung des Verhältnisses zwischen Ärzteschaft und Sozialversicherungsträgern durch Gesamtverträge" dar. Dieses System werde dadurch kraß konterkariert, daß einem der beiden Partner des Gesamtvertrages die Rechtsmacht eingeräumt werde, nicht nur in bestehendes Vertragsrecht einzugreifen, sondern auch künftige von ihm selbst zu schließende Verträge durch einseitig zu erlassende generelle Normen zu "prädeterminieren". Diese Einräumung einer Regelungsmacht, die einem Partner des Gesamtvertrages eine Übermacht verleihe, laufe dem an das kollektive Arbeitsrecht angelehnten System des Gesetzes zuwider, zwischen den einzelnen Ärzten und den ihnen gegenüberstehenden Sozialversicherungsträgern typischer Weise bestehende Ungleichgewichte in der Verhandlungsmacht durch kollektivvertragsähnliche Regelung auszugleichen und die Gegnerunabhängigkeit der Vertragsparteien zu gewährleisten. Daher verstoße sie gegen das Sachlichkeitsgebot, welches dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz innewohne.

2.2.2.2. Überdies sei die dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger eingeräumte Verordnungsmacht auch deswegen unsachlich und daher die Verordnungsermächtigung gleichheitswidrig, weil sie den Prinzipien der Organisation der öffentlichen Selbstverwaltungskörper widerspreche. Der Hauptverband habe gemäß §31 Abs2 Z3 ASVG als Dachverband der Sozialversicherungsträger lediglich an seine Mitglieder adressierte Richtlinien zu erlassen, was sich auch allgemein aus dem System der öffentlich eingerichteten Selbstverwaltungskörperschaften ergebe. Es könne zwar durchaus sein, daß auch einem Selbstverwaltungskörper im Einzelfall im übertragenen Wirkungsbereich die Aufgabe übertragen und die Befugnis verliehen werde, Verwaltungsaufgaben gegenüber Nichtmitgliedern wahrzunehmen, eine solche Ordnungskompetenz erweise sich aber jedenfalls dann als unsachlich, wenn das allgemeine gesetzliche Modell von der Geltung gesamtvertraglichen Vertragspartnerrechts ausgehe. Überdies werde durch die in Rede stehende Verordnungsermächtigung inhaltlich in den Aufgabenbereich des "fremden" Selbstverwaltungskörpers (der Ärztekammern) eingegriffen. Die Verordnungsermächtigung verletze daher den - in der Beschwerde nicht näher qualifizierten - Wirkungsbereich der Ärztekammern.

2.2.2.3. Darüber hinaus hält die Beschwerde die Richtlinienkompetenz des Hauptverbandes auch deswegen für verfassungswidrig, weil durch die zu erlassende Verordnung zwangsläufig in das Eigentumsrecht und die Privatautonomie sowie in zivilrechtliche Rechte und Pflichten im Sinne des Art6 EMRK eingegriffen werde, weshalb diese Verordnungskompetenz in der vorliegenden Art jedenfalls einer Verwaltungsbehörde nicht übertragen werden dürfe.

2.2.2.4. Schließlich behauptet die Beschwerde, die Verordnungsermächtigung hinsichtlich der "Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung" sei kraft formalgesetzlicher Delegation wegen Widerspruches zum Legalitätsprinzip des Art18 B-VG verfassungswidrig.

2.2.3. Die RÖK seien schließlich selbst insofern gesetzwidrig, als sie lediglich in der - Ärzten im allgemeinen nicht bekannten - Zeitschrift "Soziale Sicherheit" und damit nach rechtsstaatlichen Kriterien unzureichend kundgemacht worden seien.

3.1. Die belangte Landesberufungskommission für das Land Tirol hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Tiroler Gebietskrankenkasse sowie die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter haben eine gemeinsame Äußerung zur Beschwerde erstattet.

3.2.1. Die belangte Behörde verteidigt den angefochtenen Bescheid zunächst gegen den Vorwurf der Willkür: Sie habe keineswegs die Annahme des Antragstellers geteilt, die von ihm geschilderte Rechtslage führe ihn in einen übergesetzlichen Notstand. Vielmehr habe sie den Antragsteller, diese Behauptung aufgreifend, auf die Ausnahmebestimmung des §8 der RÖK verwiesen. Auch die Bestimmungen der Gesamtverträge über die Verweisung der Versicherten an die Sozialversicherungsträger, soweit es um Fragen der Leistung bzw. der Leistungsverpflichtung gehe, seien nicht qualifiziert rechtswidrig ausgelegt worden. Dies erhelle schon daraus, daß die Sozialversicherungsträger gemäß §13a AVG iVm §357 Abs1 ASVG eine umfassende Manuduktionspflicht treffe, die durch die vergleichbaren Bestimmungen der §§39 Abs1 Z2 ASGG und 7 AKG ergänzt würden.

3.2.2. Die belangte Behörde verteidigt auch die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Verordnungsermächtigung und hält diese unter Berufung auf näher bezeichnete Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes für ausreichend determinierend. Die Verordnungsermächtigung stelle auch keinen Fremdkörper im System der gesamtvertraglichen Regelung der Beziehungen zwischen Ärzten und Sozialversicherungsträgern dar, weil sie lediglich zur Erlassung allgemeiner Richtlinien ermächtige, die bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen seien und deren Schwergewicht auf der Konkretisierung einer durch §133 Abs2 ASVG bereits gesetzlich vorgegebenen Beschränkung des Leistungsanspruches auf ausreichende, zweckmäßige und das Maß des Notwendigen nicht übersteigende Untersuchung und Behandlung lägen.

3.3.1. Die mitbeteiligten Sozialversicherungsträger führen zum Vorwurf der Willkür aus, die belangte Behörde habe keineswegs die Annahme eines übergesetzlichen Notstandes geteilt. Die belangte Behörde habe vielmehr in zutreffender Weise die unzulässige Verknüpfung zwischen Aufklärungs- und Bewilligungspflicht mit der Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Untersuchung oder Behandlung erkannt und zum Kernpunkt der Abweisung des ersten Feststellungsbegehrens des Beschwerdeführers gemacht. Dies komme nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer für den Fall der Dringlichkeit der Untersuchung oder Behandlung auf §8 der RÖK verweise.

§7 Abs1 der RÖK statuiere eine von der Notwendigkeit der Behandlung unabhängige Pflicht des Arztes, die Versicherten über die Bedingungen der Kostenübernahme durch die Sozialversicherungsträger zu informieren. Diese lebe nicht erst im Falle der Ablehnung der Bewilligung auf, sondern bereits bei Veranlassung der bewilligungspflichtigen Untersuchung oder Behandlung. Davon abweichend und im Widerspruch zu seinen eigenen Ausführungen habe aber der Beschwerdeführer sein Feststellungsbegehren so formuliert, daß sich diese Aufklärung erst an die Verweigerung der Bewilligung schließt.

Die belangte Behörde habe aber auch jene gesamtvertraglichen Bestimmungen richtig ausgelegt, durch die der Arzt (im übrigen) verpflichtet werde, die Versicherten in Angelegenheiten, die nicht medizinischer Natur sind, sondern die das Versicherungsverhältnis betreffen, an die Träger der Sozialversicherung zu verweisen. Der Beschwerdeführer setze sich insofern überdies dem Vorwurf der Inkonsequenz aus, weil er, wolle er ein Informationsrecht der in seinem zweiten Feststellungsbegehren genannten Art für sich in Anspruch nehmen, auch die Informationspflicht des §7 Abs1 der RÖK gegen sich gelten lassen müsse.

3.3.2. Die angegriffene Bestimmung des §31 Abs5 Z10 ASVG, die Rechtsgrundlage der RÖK ist, wird von den mitbeteiligten Sozialversicherungsträgern wie folgt verteidigt:

Die Sozialversicherungsträger stellen zunächst in Abrede, daß der Hauptverband Vertragspartei der Gesamtverträge sei. Vielmehr sei der Hauptverband nach zutreffender herrschender Lehre bloß Abschlußpartei und schließe den Gesamtvertrag für die einzelnen Sozialversicherungsträger ab. Es werde somit durch die angegriffene Verordnungsermächtigung nicht, wie behauptet, einer Vertragspartei eine Regelungsmacht über die andere eingeräumt. Des weiteren treffe es zwar zu, daß der Gesamtvertrag gemäß §342 Abs1 Z4 ASVG unter anderem die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise zu regeln haben, jedoch gehe der Beschwerdeführer in der Annahme fehl, die ökonomische Behandlungs- und Verschreibweise dürfe nach dem Gesetz ausschließlich durch Gesamtvertrag geregelt werden. Eine wie auch immer geartete "Gesamtvertragsautonomie" sei weder auf verfassungsgesetzlicher noch auf einfach-gesetzlicher Ebene gewährleistet, vielmehr stünde die Ermächtigung der Parteien des Gesamtvertrages stets unter der Maßgabe der sonstigen Bestimmungen von Gesetz und Verordnung.

Eine Systemwidrigkeit könne auch nicht darin erblickt werden, daß die Ärztekammern als Selbstverwaltungskörper der Rechtsetzungsautorität eines anderen Selbstverwaltungskörpers unterworfen wurden. Die RÖK richteten sich nämlich ausschließlich an die behandelnden Ärzte und griffen daher in die Rechtssphäre der Ärztekammern gar nicht ein.

Die mitbeteiligten Sozialversicherungsträger treten auch der Behauptung entgegen, der Hauptverband sei lediglich zur Erlassung von Richtlinien für seine Mitglieder befugt. Aus der umfangreichen Aufzählung verschiedenster Kompetenzen ergebe sich das genaue Gegenteil. Die Sicherstellung einer ökonomischen Behandlungs- und Verschreibweise liege geradezu im Zentrum der Aufgaben des Hauptverbandes.

Der behauptete Eingriff in Art6 EMRK liegt nach Auffassung der mitbeteiligten Parteien schon deswegen nicht vor, weil diese Bestimmung ausschließlich Verfahrensgarantien zum Inhalt habe und sich auf die Erlassung genereller Normen nicht beziehen lasse. Im Hinblick auf einen allfälligen Eingriff in die Privatautonomie könne es keinen Unterschied machen, ob das Gesetz Grundsätze für die Wirtschaftlichkeit der Behandlung selbst aufstelle oder die Regelung solcher Grundsätze an den Verordnungsgeber delegiere. Da der Beschwerdeführer selbst die Bestimmung des §31 Abs2 Z3 ASVG offenbar nicht als verfassungswidrig ansehe, bezweifle er offenbar auch nicht, daß der Hauptverband im Interesse der Allgemeinheit ermächtigt werden könne, kostendämpfende Maßnahmen zu setzen.

Die Verordnungsermächtigung des §31 Abs5 Z10 ASVG selbst sei nach Auffassung der mitbeteiligten Sozialversicherungsträger durch den Verweis auf §133 Abs2 ASVG einerseits und verschiedene in ihr enthaltene Maßgaben andererseits inhaltlich hinreichend bestimmt.

3.3.3. Die Sozialversicherungsträger führen weiter aus, daß selbst ein allfälliger Eingriff in die bestehenden Gesamtverträge kein nennenswertes Gewicht hätte. Die Krankenversicherungsträger hätten nämlich schon vor Einführung der angegriffenen Verordnungsermächtigung durch ihre jeweiligen, keinen Bestandteil der Gesamtverträge bildenden Krankenordnungen die Möglichkeit gehabt, für bestimmte medizinische Maßnahmen eine chefärztliche Bewilligungspflicht vorzusehen. Zugleich habe es schon bisher auch auf gesamtvertraglicher Ebene entsprechende Vereinbarungen über die Sicherung der Wirtschaftlichkeit der Verschreibweise gegeben. Die vom Beschwerdeführer im besonderen kritisierte Rechtsaufklärungspflicht des §7 der RÖK habe bereits zuvor nach den Gesamtverträgen bestanden. Es könne schließlich auch kein Zweifel daran bestehen, daß die Richtlinien in der vom Gesetz vorgeschriebenen Weise kundgemacht worden seien.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Der Beschwerdeführer konnte vom Inhalt des angefochtenen Bescheides zwar auf Grund einer Zustellung vom 17. Juli 1997 bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis erlangen. Allerdings enthielt das dem Beschwerdeführer damals zugestellte Exemplar - wie auch die belangte Behörde einräumt - weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung "für die Richtigkeit der Ausfertigung". Erst über Urgenz des Beschwerdeführers wurde ihm am 11. September 1997 der nunmehr angefochtene Bescheid ohne die genannten Mängel zugestellt.

Der Ausfertigung einer Erledigung, die weder die Unterschrift des Genehmigenden noch die Unterschrift des die Ausfertigung Beglaubigenden enthält, mangelt die Bescheidqualität (vgl. VfSlg. 14915/1997), sofern es sich nicht um den - im Falle des am 17. Juli 1997 zugestellten Schriftstückes nicht gegebenen - Sonderfall einer telegraphischen, fernschriftlichen, vervielfältigten oder mit automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Ausfertigung handelt

(VwSlg. NF 2454/1952 A, VfSlg. 6069/1969, 10871/1986). Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung weiterhin fest.

Die am 30. September 1997 zur Post gegebene, am 2. Oktober 1997 beim Verfassungsgerichtshof eingelangte Beschwerde erweist sich daher als rechtzeitig. Da auch sonst keine Prozeßhindernisse vorliegen, ist die Beschwerde daher zulässig.

2. In der Sache:

2.1.1. §341 ASVG lautet auszugsweise:

"(1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten werden durch Gesamtverträge geregelt, die für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen sind. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

...

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

..."

2.1.2. §§344 bis 346 ASVG lauten auszugsweise:

"Paritätische Schiedskommission

§344. (1) Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.

(...)

(3) Die paritätische Schiedskommission ist verpflichtet, über einen Antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dessen Einlangen, mit Bescheid zu entscheiden. Wird der Bescheid dem Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht zugestellt oder wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt, daß wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung zustande kommt, geht auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Landesberufungskommission einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf Stimmengleichheit oder nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde (§73 AVG 1950) zurückzuführen ist.

(4) Gegen einen Bescheid der paritätischen Schiedskommission kann Berufung an die Landesberufungskommission erhoben werden.

Landesberufungskommission

§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. (...)

(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:

1.

zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und

2.

zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß §344 Abs3.

(...)"

2.1.3. Die Landesberufungskommission hat sich ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob ihr die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers überhaupt zukomme. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die beantragten Feststellungen in rechtlichem und tatsächlichem Zusammenhang mit den zwischen dem Beschwerdeführer und den Antragsgegnern jeweils bestehenden Einzelverträgen stünden, weil die vom Beschwerdeführer zur Klärung vorgelegten Rechtsfragen unmittelbar zwischen den Vertragsteilen wirkten. Zu demselben Ergebnis gelangt man unter Würdigung der Tatsache, daß die - auf den Inhalt der Einzelverträge unmittelbar einwirkenden - Gesamtverträge wenigstens zum Teil Regelungen enthalten, die sich auf die vom Beschwerdeführer angegriffene Pflicht bzw. die von ihm gewünschte Berechtigung zur rechtlichen Aufklärung seiner Patienten beziehen. Auf die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein rechtliches Interesse an den von ihm begehrten Feststellungen zukommt (etwa weil diese zwischen ihm und dem Krankenversicherungsträger strittig wären und ein anderer zumutbarer Weg der Klärung nicht zur Verfügung stünde) ist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eingegangen. Die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer aber - anders als sie selbst meint - auch durch eine anstelle einer Zurückweisung (fälschlich) ergehende abweisende meritorische Entscheidung über sein Feststellungsbegehren nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt (VfSlg. 9512/1982; 10348/1985), sodaß diese Unterlassung unter dem erwähnten verfassungsrechtlichen Blickwinkel allein keine in die Verfassungssphäre reichende Rechtsverletzung darstellt.

2.2.1. Die Z10 und 13 des §31 Abs5 ASVG idF BGBl. Nr. 20/1994 lauten im Zusammenhang wie folgt:

"§31. (1) ...

(2) Dem Hauptverband obliegt

1. ...

2. ...

3. die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger.

(3) ...

(4) ...

(5) Richtlinien im Sinne des Abs2 Z3 sind aufzustellen:

1. ...

...

10. über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung unter Bedachtnahme auf §133 Abs2. In diesen Richtlinien, die für die Vertragspartner (§338 ff.) verbindlich sind, sind jene Behandlungsmethoden anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. für gewisse Krankheitsgruppen) erst nach einer chef- oder kontrollärztlichen Bewilligung des Versicherungsträgers anzuwenden sind. Durch diese Richtlinien darf der Zweck der Krankenbehandlung nicht gefährdet werden;

11. ...

...

13. über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen; in diesen Richtlinien soll insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Art und Dauer der Erkrankung bestimmt werden, inwieweit Arzneispezialitäten für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können; durch die Richtlinien darf der Heilzweck nicht gefährdet werden;

14. ...

...

(6) ...

..."

2.2.2. §342 ASVG lautet auszugsweise:

"(1) Die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern abzuschließenden Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

(...)

3.

die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung;

4.

die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise;

(...)

              6.              die Zusammenarbeit der Vertragsärzte mit dem beim Versicherungsträger eingerichteten chef- und kontrollärztlichen Dienst unter Zugrundelegung des Heilmittelverzeichnisses (§31 Abs3 Z12) und der Richtlinien gemäß §31 Abs5 Z10 und 13;

(...)"

2.2.3. Die Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung gemäß §31 Abs5 Z10 ASVG (RÖK), kundgemacht in der Amtlichen Verlautbarung Nr. 40/1996, SoSi 1996, haben den folgenden Wortlaut:

"Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze

bei der Krankenbehandlung gemäß §31 Abs5 Z10 ASVG (RÖK)

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

§1. (1) Die Richtlinien regeln

1. die ökonomischen Grundsätze, nach denen

a) die ärztliche Hilfe,

b) die der ärztlichen Hilfe gleichgestellten Leistungen,

c)

die im Zusammenhang mit Leistungen gemäß lita und b veranlaßten Maßnahmen,

d)

die Abgabe von Heilbehelfen durch andere Vertragspartner als Apotheker und hausapothekenführende Ärzte

als ausreichend, zweckmäßig, das Maß des Notwendigen nicht übersteigend zu beurteilen sind sowie

2. die Maßnahmen, die die Einhaltung dieser Grundsätze sicherstellen sollen.

(2) Für die Verordnung von Heilmitteln und Heilbehelfen und die Abgabe durch Apotheker und hausapothekenführende Ärzte sind die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen anzuwenden.

Verbindlichkeit

§2. (1) Die Richtlinien sind für die im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zusammengefaßten Krankenversicherungsträger mit der Maßgabe verbindlich, daß der

3. Abschnitt nur vom abrechnenden Krankenversicherungsträger anzuwenden ist.

(2) Die §§1 bis 4 und der 2. Abschnitt sind auch für die in Betracht kommenden Vertragspartner verbindlich.

Ökonomische Grundsätze

§3. (1) Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden.

(2) Die Krankenbehandlung muß ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie ist nach dem jeweiligen und aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu erbringen. Innerhalb dieses Rahmens erfüllt die Krankenbehandlung unter Beachtung des Wohles und der Betroffenheit des Versicherten (Angehörigen) die ökonomischen Grundsätze, wenn sie geeignet ist,

-

einen ausreichenden therapeutischen und diagnostischen Nutzen zu erzielen und

-

die Kosten im Verhältnis zum Erfolg der Maßnahme möglichst gering zu halten.

(3) Eine Maßnahme ist dabei nicht nur für sich allein zu betrachten, sondern es sind die im überblickbaren Behandlungs- und Untersuchungsverlauf gesetzten bzw. zu setzenden Maßnahmen zu berücksichtigen.

(4) Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen,

1.

daß von mehreren gleichwertig geeigneten Möglichkeiten die ökonomisch günstigste Möglichkeit gewählt wird;

2.

ob andere, z.B. hygienische oder diätetische Maßnahmen auch ökonomischer wären als Maßnahmen der Krankenbehandlung;

3.

ob anstelle der Einweisung zu einem stationären Krankenhausaufenthalt die Behandlung im ambulanten Bereich (z.B. Krankenhausambulanz, Betreuung durch den Hausarzt, medizinische Hauskrankenpflege) ökonomischer wäre;

4.

ob anstelle von ambulant serienweise angewendeten Behandlungsmethoden die Unterbringung in Kur- oder Rehabilitationseinrichtungen ökonomischer wäre.

Chef(Kontroll)ärztliche Bewilligung

§4. (1) In der Anlage sind jene Leistungen angeführt, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen erst nach einer chef(kontroll)ärztlichen Bewilligung auf Rechnung des Krankenversicherungsträgers vom Vertragspartner angewendet werden dürfen.

(2) Für einzelne Vertragspartner oder für bestimmte Gruppen von Vertragspartnern können die Krankenversicherungsträger - allenfalls zeitlich befristet - vorsehen, daß für in der Anlage angeführte Leistungen keine chef(kontroll)ärztliche Bewilligung erforderlich ist oder daß die chef(kontroll)ärztliche Bewilligung nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen notwendig ist, wenn bei diesem Vertragspartner oder bei dieser Gruppe von Vertragspartnern die ökonomische Krankenbehandlung gemäß §3 sichergestellt ist.

(3) Aus Gründen der Zweckmäßigkeit kann festgelegt werden, daß die Physikotherapie ab der 31. Anwendung, jedenfalls aber ab der 11. Sitzung, einer vorherigen chef(kontroll)ärztlichen Bewilligung bedarf.

Kostenerstattung, Kostenzuschuß, Kostenersatz

§5. Die §§1, 3 und 4 gelten sinngemäß für die Fälle

-

der Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung,

-

der Kostenzuschüsse,

-

der Kostenersätze.

2. Abschnitt

Bestimmungen für den Vertragspartner

Beachtung der ökonomischen Grundsätze

§6. (1) Der Vertragspartner ist verpflichtet, die Krankenbehandlung so zu erbringen und zu veranlassen, daß diese den ökonomischen Grundsätzen gemäß §3 entspricht.

(2) Gibt der Versicherte (Angehörige) z.B. durch Vorlage eines Krankenscheines zu erkennen, daß er auf Rechnung der Sozialversicherung behandelt werden will, ist für bewilligungspflichtige Maßnahmen ein Antrag auf vorherige chefärztliche Bewilligung auszustellen.

Aufklärungspflicht durch den Vertragspartner

§7. (1) Der Vertragspartner hat den Versicherten (Angehörigen) bei Veranlassung, spätestens vor der Anwendung einer bewilligungspflichtigen Behandlungs- oder Untersuchungsmethode ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß vor Durchführung dieser Methode die chef(kontroll)ärztliche Bewilligung einzuholen ist und der Krankenversicherungsträger im Falle einer Ablehnung keine Kosten übernimmt.

(2) Die chef(kontroll)ärztliche Bewilligung ist entweder vom Versicherten (Angehörigen) oder in seinem Namen vom Vertragspartner beim Krankenversicherungsträger vor Durchführung dieser Methode einzuholen. Der Vertragspartner hat die beabsichtigte Anwendung dieser Behandlungs- oder Untersuchungsmethode so zu begründen, daß der Krankenversicherungsträger in der Regel ohne zusätzliche Erhebung darüber entscheiden kann.

Keine chef(kontroll)ärztliche Bewilligung

§8. Eine chef(kontroll)ärztliche Bewilligung ist nicht erforderlich, wenn die Anwendung der bewilligungspflichtigen Behandlungs- oder Untersuchungsmethode in Fällen der Ersten Hilfe oder zur Abwendung einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung unverzüglich notwendig war. Dies ist vom Vertragspartner auf dem jeweiligen Abrechnungsbeleg schriftlich zu begründen.

Überweisungen oder Zuweisungen

§9. (1) Die Maßnahmen des Vertragspartners haben im Rahmen des §3 alle Leistungen zu umfassen, die aufgrund der medizinischen Ausbildung und der dem Vertragspartner zu Gebote stehenden Hilfsmittel sowie zweckmäßigerweise außerhalb einer stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt werden können. Für erforderliche Leistungen, die der Vertragspartner nicht selbst erbringen kann, hat er Überweisungen oder Zuweisungen unter Berücksichtigung der ökonomischen Grundsätze vorzunehmen, wobei er sich auch zu vergewissern hat, ob und inwieweit entsprechende maßgebliche Vorbefunde vorhanden sind.

(2) Im Falle einer notwendigen Überweisung oder Zuweisung ist grundsätzlich zu Vertragspartnern zu überweisen oder zuzuweisen. Eine Zuweisung oder Überweisung zu Wahlbehandlern soll nur dann erfolgen, wenn ein Vertragspartner unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der Behandlung oder Untersuchung in zumutbarer Entfernung nicht vorhanden ist.

3. Abschnitt

Bestimmungen für den Krankenversicherungsträger

Prüfung der Einhaltung der ökonomischen Grundsätze

§10. (1) Der Krankenversicherungsträger hat die Tätigkeit der Vertragspartner bezüglich der Einhaltung der Grundsätze der ökonomischen Krankenbehandlung zu prüfen.

(2) Die vertragspartnerbezogene Prüfung erfolgt

1.

nach Durchschnittswerten;

2.

auf der Grundlage von Stichproben;

3.

in Einzelfällen.

(3) Die Prüfung umfaßt insbesondere:

-

ärztliche Leistungen,

-

ärztlich verordnete Leistungen,

-

der ärztlichen Hilfe gleichgestellte Leistungen,

-

die Häufigkeit von Überweisungen,

-

Krankenhauseinweisungen,

-

die Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit,

-

die Ausstellung von Reise(Fahrt)- und Transportaufträgen.

Vertragspartnerbezogene Prüfung nach Durchschnittswerten

§11. (1) Für jede Vertragspartnergruppe sind statistische Durchschnittswerte für den Honorar- und Folgekostenbereich zu ermitteln.

(2) Wird vom Krankenversicherungsträger eine maßgebliche Überschreitung relevanter Durchschnittswerte festgestellt, soll mit dem Vertragspartner ein Gespräch geführt werden. Dies gilt jedenfalls bei Überschreitungen von mehr als 50 %. Der Krankenversicherungsträger hat dabei den Vertragspartner über die ökonomischen Aspekte seiner Tätigkeit zu informieren. Erforderlichenfalls sind vom Krankenversicherungsträger die vertraglich und gesetzlich vorgesehenen Schritte zu setzen.

Vertragspartnerbezogene Prüfung auf der Grundlage von Stichproben

oder in Einzelfällen

§12. Der Krankenversicherungsträger hat regelmäßig im Wege von Stichproben sowie in begründeten Einzelfällen die Einhaltung der ökonomischen Grundsätze und die Richtigkeit der Abrechnung zu prüfen. Ergibt sich aus einer solchen Überprüfung die Vermutung unökonomischen Verhaltens, soll mit dem Vertragspartner ein Gespräch geführt werden. Erforderlichenfalls sind vom Krankenversicherungsträger die vertraglich und gesetzlich vorgesehenen Schritte zu setzen.

4. Abschnitt

Wirksamkeit

§13. Die Richtlinien treten mit dem Monatsersten in Kraft, der auf die Verlautbarung in der Fachzeitschrift 'Soziale Sicherheit' folgt.

ANLAGE

Leistungen, für die zur Sicherstellung des gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebotes eine vorherige chef(kontroll)ärztliche

Bewilligung erforderlich ist

Folgende Leistungen bedürfen vor ihrer Anwendung einer chef(kontroll)ärztlichen Bewilligung:

1.

Logopädische Behandlung ab der 2. Sitzung

2.

Ergotherapie ab der 2. Behandlungseinheit

3.

- Physikotherapie ab der 21. Anwendung, jedenfalls ab der 7. Sitzung; die Verordnung ist bei Beginn der Behandlung vom Vertragspartner oder Versicherten (Angehörigen) der Kasse vorzulegen

- Physikotherapie in Form von Hausbesuchen ab der 1. Sitzung

4.

Psychotherapie ab der 11. Sitzung

5.

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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