TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/19 98/08/0189

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Veröffentlicht am 19.03.2003
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 16. September 1997, Zl. LGS-W Abt. 12/1218/56/1997, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 13. Mai 1997 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der Firma B. war er dort vom 7. Oktober 1996 bis zum 19. April 1997 als Übersetzer beschäftigt. Vom 20. April bis zum 6. Mai 1997 habe er einen bezahlten Urlaub konsumiert. Der Entgeltanspruch habe am 6. Mai 1997 geendet. Das Dienstverhältnis sei durch "unbezahlten Urlaub" beendet worden. Eine Kündigungsentschädigung sei nicht gezahlt worden, "weil keine Kündigung".

Hiezu gab der Beschwerdeführer als Partei vernommen Folgendes an:

"Mein Dienstverhältnis bei der Firma B. ist nicht gelöst, ich habe unbezahlten Urlaub genommen. Die Firma hat mir unbezahlten Urlaub gegeben, da die Firmeninhaberin für den Fall meiner Weiterbeschäftigung bedroht wurde (Verlust d. Aufenthaltsbewilligung). Ich habe nicht gekündigt."

Mit Bescheid vom 9. Juni 1997 wies die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, dass er nach wie vor in einem aufrechten Dienstverhältnis stehe.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe außer Acht gelassen, dass als arbeitslos gilt, wer geringfügig beschäftigt sei. Da sich der Beschwerdeführer derzeit in einem unbezahlten Urlaub befinde und kein Einkommen aus dem Dienstverhältnis beziehe, müsse er ebenfalls als arbeitslos gelten. Sodann führte der Beschwerdeführer aus:

"Außerdem will ich auch die Sachlage klären, weil sie die Entscheidung eventuell beeinflussen könnte. Ich bin im Besitze einer Beschäftigungsbewilligung für eine bestimmte Firma. Aus den im Akt ersichtlichen Gründen hat mir die Firma unbezahlten Urlaub gegeben und ich habe vorerst darauf verzichtet, das Dienstverhältnis zu kündigen, um die Weitergeltung meiner derzeitigen Beschäftigungsbewilligung zu gewährleisten, weil mich die Firma bei der Beseitigung der Gründe für die Beurlaubung wieder beschäftigen würde. Gleichzeitig habe ich mich jedoch durch meine Unterschrift auf einer Beilage zu meinem Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes verpflichtet, die Beschäftigung, die mir vom Arbeitsamt vermittelt wird, anzunehmen. Erst wenn ich eine andere Beschäftigung finde und eine dazugehörende Beschäftigungsbewilligung erhalte, wird sich für mich die Frage stellen, ob ich mein derzeitiges Dienstverhältnis kündige. Es ist nämlich nicht sicher, ob ich eine Arbeit finde bzw. ob das Arbeitsamt eine Arbeit vermitteln kann. Es ist auch nicht sicher, ob der Firma, die mich beschäftigen möchte, eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wird. Als Ausländer habe ich ja keinen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung. Unter diesen Umständen ist es für mich nicht zumutbar, dass ich mein Dienstverhältnis - wie die Erstbehörde für die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gerne haben möchte - kündige, weil ich dadurch vielleicht die einzige Möglichkeit auf meine Wiederbeschäftigung in Österreich verlieren würde, weil meine derzeitige Beschäftigungsbewilligung im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses erlischt."

In einer weiteren Stellungnahme vom 5. August 1997 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er am 4. Juli 1997 seine Beschäftigung (bei der genannten Firma) als geringfügig Beschäftigter wieder aufgenommen habe, sodass "die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 lit. i AlVG eindeutig erfüllt" seien. Es möge auch berücksichtigt werden, dass er im Falle der Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Bescheides keine neue Arbeit aufnehmen könne, weil er im Falle der Nichtanerkennung als Arbeitsloser bzw. der Nichtgewährung des Arbeitslosengeldes nicht zu den nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes begünstigten Ausländern gehöre, sodass der "neuen Firma", die ihn beschäftigen möchte, keine Beschäftigungsbewilligung für ihn erteilt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach einer unselbständigen Beschäftigung liege Arbeitslosigkeit vor, wenn das Arbeitsverhältnis gelöst worden sei. Dies sei der Fall, wenn das Dienstverhältnis rechtlich und faktisch beendet sei. Das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers bei der Firma B. sei aufrecht. Er sei allerdings gegen Entfall der Bezüge karenziert. Der Beschwerdeführer stehe daher, auch wenn er faktisch nicht "beschäftigt" sei, in einem aufrechten Dienstverhältnis und gelte aus diesem Grund nicht als arbeitslos.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluss vom 9. Juni 1998, B 2625/97, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Anspruch auf Arbeitslosengeld hat gemäß § 7 AlVG nur, wer (u.a.) arbeitslos ist. Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist (u.a.) arbeitslos, wer "nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses" keine neue Beschäftigung gefunden hat. Der Verwaltungsgerichtshof hält zu dieser Bestimmung an seiner in ständiger Rechtsprechung vertretenen Ansicht fest, dass durch die bloße Karenzierung eines Arbeitsverhältnisses, an das die Arbeitslosenversicherungspflicht anknüpft, die Anspruchsvoraussetzung der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht erfüllt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2000, Zl. 96/08/0262, mwN). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, infolge des "unbezahlten Urlaubs" sei "das sozialversicherungsrechtliche Dienstverhältnis trotz Fortbestand des Arbeitsvertrages beendet" worden und er daher als arbeitslos zu betrachten, bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken.

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe keine Feststellungen darüber getroffen, dass er nunmehr (beim gleichen Dienstgeber) in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Darin liegt jedoch kein Verfahrensmangel, weil sich aus der begehrten Feststellung die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit nicht ableiten ließe. Derjenige, der beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, gilt gemäß § 12 Abs. 3 lit. i AlVG nur dann als arbeitslos, wenn zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der nachfolgenden geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist. Infolge des Unterbleibens einer Beendigung des Dienstverhältnisses (und damit des Unterbleibens einer Beendigung des anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses) liegt die in § 12 Abs. 3 lit. i AlVG genannte Voraussetzung nicht vor.

Es spielt es für die hier zu beurteilende Frage des Vorliegens der Arbeitslosigkeit weder eine Rolle, aus welchen Gründen die Parteien des Arbeitsvertrages nur eine Karenzierung und keine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses vorgenommen haben, noch "mit welcher Wahrscheinlichkeit und vor allem wann mit meiner Wiederbeschäftigung (im Rahmen desselben Arbeitsverhältnisses) zu rechnen ist", weil der Beginn und das Ende eines Dienstverhältnisses ebenso wie der Beginn und das Ende einer Karenzierung ausschließlich von den Willenserklärungen bzw.

Willenseinigungen der Parteien des Arbeitsverhältnisses abhängen.

     Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

     Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die

§§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1998080189.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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