TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/20 2003/06/0004

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Veröffentlicht am 20.03.2003
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §41 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der R in G, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 25. November 2002, Zl. A 17 - 6.477/2002-1, betreffend einen Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 30. September 2002 erhielt die Beschwerdeführerin den Auftrag, eine auf ihrer Liegenschaft in Graz errichtete bauliche Anlage, und zwar eine näher beschriebene Einfriedung, binnen drei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2002 Berufung, in welcher sie vorbrachte, sie habe am 2. September 2002 hinsichtlich dieses Vorhabens eine entsprechende, vollständig belegte Bauanzeige bei der Baubehörde eingebracht. Das Vorhaben gelte als genehmigt, weil es innerhalb der Achtwochenfrist des § 33 Abs. 6 Stmk. BauG nicht untersagt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 25. November 2002) hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Anlage anzeigepflichtig sei (was die Beschwerdeführerin zutreffend erkannt habe), zum Zeitpunkt der rechtswirksamen Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (am 7. Oktober 2002) die Achtwochenfrist des § 33 Abs. 6 Stmk. BauG aber noch nicht verstrichen gewesen sei, womit zu diesem Zeitpunkt noch kein Konsens für die Anlage vorgelegen sei. Auf diesen Zeitpunkt komme es hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Beseitigungsauftrages an.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die zentrale Auffassung der belangten Behörde, wie sie im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht und nun in der Gegenschrift bekräftigt wird, wonach die Berufungsbehörde bei der Erlassung eines bestätigenden Beseitigungsauftrages nur zu prüfen habe, ob dieser der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung in erster Instanz gegebenen Sach- und Rechtslage entsprochen habe, trifft in dieser allgemeinen Form nicht zu. Hinsichtlich Baueinstellungsaufträgen zwar wurde in der hg. Judikatur ausgesprochen, dass Sachverhaltsänderungen nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides unbeachtlich seien (siehe dazu beispielsweise die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, bei E 292 zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Judikatur, darunter das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0067, BauSlg. 176/1994).

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid wurde aber keine Baueinstellung verfügt, sondern eine Leistung aufgetragen. Ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag stellt, wie etwa der Auftrag, auf einer Liegenschaft lagernden Schutt zu beseitigen, einen konstitutiven Verwaltungsakt dar, für den (sofern es nicht um die Frage der Bewilligungspflicht im Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage geht) die Sach- und Rechtslage zur Zeit seiner Erlassung (hier: Entscheidung durch die Berufungsbehörde) maßgeblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. April 1963, Zl. 0061/63).

Hier wird geltend gemacht, dass das Bauwerk zwischenzeitig (nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides) infolge der Bauanzeige als genehmigt gelte. Das ist ein (zulässiger und) rechtserheblicher Einwand, auf welchen die belangte Behörde Bedacht zu nehmen gehabt hätte. Es ist zwar richtig, dass die Achtwochenfrist des § 33 Abs. 6 BauG entgegen der Annahme in der Berufungsschrift zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung noch nicht verstrichen war, diese Frist wäre aber zwischenzeitig im Zuge des Berufungsverfahrens schon vor dem Zeitpunkt der Entscheidung (Beschlussfassung) durch die belangte Behörde abgelaufen, geht man, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, davon aus, dass die Frist am 2. September 2002 zu laufen begonnen hatte.

Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, was sie aber, ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung, es komme (auch hier) nur auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides an, unterlassen hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. März 2003

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003060004.X00

Im RIS seit

07.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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