TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/27 99/15/0245

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.2003
beobachten
merken

Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §4 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des N in S, vertreten durch Mag. Albert Reiterer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 12/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 6. Oktober 1999, Zl. RV166/1-8/99, betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer für 1994 bis 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt ein Tischlerei- und Bestattungsunternehmen. Von 1994 bis 1996 führte er auch einen Weinhandel. Im Jahr 1998 fand eine Betriebsprüfung für die Jahre 1994 bis 1996 statt. Unter Tz 13 des Prüfungsberichtes stellte der Betriebsprüfer fest, dass der Beschwerdeführer in der Nacht vom 31. Dezember 1993 zum 1. Jänner 1994 einen Unfall verschuldet habe, wodurch bei dem für den Betrieb verwendeten Fahrzeug ein Totalschaden entstanden sei. Daraufhin habe das Fahrzeug verschrottet und ein neues Fahrzeug geleast werden müssen. Durch die im persönlichen Bereich des Steuerpflichtigen liegende Unfallursache könnten die von 1994 bis 1996 für das Unfallfahrzeug noch geleisteten Leasingraten steuerlich nicht abgesetzt werden, sodass der Aufwand und die Vorsteuer zu berichtigen gewesen seien.

Das Finanzamt schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO entsprechende Sachbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte aus, die Annahme der Alkoholisierung sei unrichtig, da auch seitens der Gendarmerie und der Bezirksverwaltungsbehörde kein wie immer geartetes Verfahren angestrengt worden sei. Lediglich der Arzt im UKH habe diese durch nichts begründete Behauptung aufgestellt.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab und führte aus, dass übermäßiger Alkoholgenuss eines Autolenkers, der auf einer Fahrt einen Unfall verschulde, dazu führe, dass die Folgen dieses Unfalls als nicht durch den Betrieb veranlasst angesehen werden könnten, sondern dem Privatbereich zuzuordnen seien. Daher seien alle Aufwendungen, die mit dem Unfall in Zusammenhang stünden, nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Mit Schreiben vom 2. September 1999 übermittelte der Beschwerdeführer entsprechend einer Aufforderung der belangten Behörde den Versicherungsvertrag betreffend das Unfallfahrzeug in Kopie und teilte mit, dass es sich dabei um eine Kaskoversicherung gehandelt habe. Der Schaden sei der Versicherung gemeldet worden, die jedoch einen Schadenersatz nicht geleistet habe. Der Anwalt des Beschwerdeführers habe ihm wegen des hohen Prozessrisikos von rechtlichen Schritten gegen die Versicherung abgeraten. Der Beschwerdeführer weise darauf hin, dass er am 31. Dezember 1993 Dienst gehabt habe und im Laufe des späteren Nachmittags einen Sterbefall zu bearbeiten hatte. Im Anschluss daran sei er essen gegangen und habe sich in seinem Büro schlafen gelegt. Nach Mitternacht habe er sich auf den Heimweg gemacht, wobei er seinen Sohn, der in einem nahe gelegenen Hotel eine Lehre absolviert habe, abholen wollte. Zur behaupteten Alkoholisierung sei zu sagen, dass er damals einen Weinhandel betrieben und im Laufe des Sylvesterabends bei verschiedenen Dienststellen und Geschäftsfreunden etliche Kartons Wein verteilt habe. Ein Teil sei übrig geblieben, sodass durch den Unfall viele Flaschen zerbrochen seien und sich der Inhalt über seine Kleidung ergossen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen oder Ausgaben seien, die durch den Betrieb veranlasst seien. Wenn ein im Betriebsvermögen stehendes Kraftfahrzeug beschädigt werde, so sei zunächst zu unterscheiden, ob das Fahrzeug bei einem betriebsbedingten Einsatz (Berufsfahrten, Reisefahrten, etc.) beschädigt worden sei. Sei dies der Fall, so müsse weiters die Unfallursache geprüft werden. Werde ein Betriebsfahrzeug auf einer beruflich veranlassten Fahrt durch einen selbstverschuldeten Unfall beschädigt, dann seien die mit diesem Unfall in Zusammenhang stehenden Aufwendungen nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung dann nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn der Unfall durch Alkoholisierung ausgelöst worden sei. Da die Alkoholisierung nicht dem Betriebsbereich, sondern dem Privatbereich zuzuordnen sei, seien die Unfallkosten nicht durch den Betrieb veranlasst.

Unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer in der Nacht vom 31. Dezember 1993 zum 1. Jänner 1994 einen Unfall selbstverschuldet habe, indem er mit einem Baum kollidiert sei. In der Verletzungsanzeige des Unfallkrankenhauses Salzburg vom 19. Jänner 1994 seien verschiedene Verletzungen sowie vermehrter Alkoholmissbrauch ("Alkohol-Abusus") diagnostiziert worden.

Dieses Protokoll sei vom Unfallkrankenhaus dem zuständigen Gendarmerieposten übermittelt worden. Es seien aber von Seiten der Gendarmerie keine weiteren Schritte erfolgt. Auf Grund dieses Protokolls und der Tatsache, dass die Nichtleistung der abgeschlossenen Vollkaskoversicherung ohne weiteres akzeptiert worden sei, sei die Betriebsprüfung und in weiterer Folge das Finanzamt davon ausgegangen, dass der Unfall im alkoholisierten Zustand verursacht worden sei. Der Beschwerdeführer bestreite im Rahmen der Berufung die Alkoholisierung. Diese sei durch kein Beweismittel begründet und beruhe bestenfalls auf einer sehr "saloppen" Antwort auf die Frage des Arztes durch ihn. Nach der Wiedergabe der Vorhaltsbeantwortung führte die belangte Behörde weiters aus, dass in der vom Arzt des Unfallkrankenhauses aufgenommenen Verletztenanzeige eindeutig von vermehrtem Alkoholmissbrauch seitens des Beschwerdeführers gesprochen werde. Die weitere Behandlung und die Klärung des Unfallherganges sei auf den nächsten Tag verschoben worden, da dies nach Ansicht des Arztes am Unfalltag auf Grund der Alkoholisierung nicht möglich gewesen sei. Der Einwand des Beschwerdeführers, wonach der Arzt nur durch seine "saloppe" Antwort, er habe drei Flaschen Wein getrunken, zu diesem Befund gekommen sei, erscheine wenig glaubwürdig, da sich nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kein Arzt bei der Feststellung einer Alkoholisierung nur auf eine Aussage seines Patienten stützen würde. Zudem wurde auch auf die Aggressivität des Beschwerdeführers hingewiesen, was ein weiteres Indiz für Alkoholmissbrauch darstelle. Die Tatsache, dass die Versicherung trotz Abschlusses einer Vollkaskoversicherung keinen Schadenersatz geleistet und der Beschwerdeführer dies akzeptiert habe, da ihm sein Anwalt von rechtlichen Schritten abgeraten habe, spreche ebenfalls gegen die Argumentation des Beschwerdeführers.

Nicht zuletzt werde auf die widersprüchliche Beschreibung des Unfallherganges im Rahmen der Vorhaltsbeantwortung hingewiesen. Einerseits behaupte der Beschwerdeführer, am späten Nachmittag des 31. Dezember 1993 bei einem Sterbefall beschäftigt gewesen zu sein und sich dann - nach einem Abendessen - in seinem Büro bis nach Mitternacht schlafen gelegt zu haben. Andererseits führe er im selben Schreiben an, er habe im Laufe des Sylvesterabends bei verschiedenen Dienststellen und Geschäftsfreunden etliche Kartons Wein verteilt.

Zusammenfassend wurde daher im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die Alkoholisierung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt des Unfalles als erwiesen anzunehmen sei, da diese Annahme nach den vorliegenden Unterlagen eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich habe und damit die Argumentation des Beschwerdeführers zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lasse. Die mit diesem Unfall zusammenhängenden Aufwendungen seien daher zu Recht nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dazu gehören auch Aufwendungen für betrieblich bedingte Fahrten.

Bei den Aufwendungen in der Folge eines Verkehrsunfalles ist daher zunächst zu prüfen, ob der Unfall tatsächlich der betrieblichen Sphäre zuzurechnen ist. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise dann nicht der Fall, wenn auf einer an sich betrieblich veranlasst gewesenen Fahrt der Unfall im Wesentlichen durch übermäßigen Alkoholgenuss des Autolenkers verursacht wurde. Die Folgen dieses Unfalles können dann nicht als durch den Betrieb veranlasst angesehen werden (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1974, 1505/73, ÖStZB 1974, 285, sowie vom 14. Dezember 1979, 1716, 1734/79).

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren bzw. in der Beschwerde die Fahrt zwischen Betriebsstätte und Wohnort insofern unterbrochen, als er seinen Sohn von dessen Arbeitsstätte in einem Schlosshotel, welches in der Nähe der auf seiner Heimfahrt benutzten Bundesstraße gelegen ist, abholen wollte. Auf der Fahrt von dem genannten Schlosshotel zu dessen Personalquartier kam es noch auf der Gemeindestraße, welche von dem Schlosshotel zur Bundesstraße führt, zur "Kollision" mit dem Baum, welche den Totalschaden des Fahrzeugs nach sich zog. Im Beschwerdefall ist somit der Unfall nicht auf einer betrieblich veranlassten Fahrt, als welche regelmäßig die Fahrt zwischen Wohnsitz und Betriebsstätte anzusehen ist, sondern auf einer aus privatem Anlass gewählten Umwegstrecke geschehen. In diesem Falle sind jedoch die durch den Unfall verursachten Kosten nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1969, 1622/68, und vom 20. Februar 1959, 2129/58, Slg. Nr. 1961/F, sowie Herrmann/Hauer/Raupach, EStG, KStG, Anm. 150 zu § 12d EStG mwN, und Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, 176). Da nach dem privat veranlassten Unfall das Leasingfahrzeug dem Betrieb nicht mehr gedient hat, sind die nach dem Unfall angefallenen Leasingaufwendungen nicht betrieblich veranlasst.

Im Beschwerdefall kann somit dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer den Unfall auf Grund erhöhten Alkoholkonsums herbeigeführt hat bzw. ob der belangten Behörde die in der Beschwerde angeführten Verfahrensfehler unterlaufen sind, da sich der Unfall unstrittig auf einem Umweg aus privaten Gründen, sohin auf einer Privatfahrt, ereignet hat und den Zahlungen an die Leasinggesellschaft schon aus diesen Gründen die Eigenschaft als Betriebsausgabe (und der Vorsteuerabzug) zu versagen gewesen wäre. Da kein im Spruch anders lautender Bescheid hätte erlassen werden dürfen, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999150245.X00

Im RIS seit

22.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten