TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/23 2000/08/0125

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Veröffentlicht am 23.04.2003
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §17 idF 1995/297;
AlVG 1977 §46 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Prammer, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 11. April 2000, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2000-3426, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte unter Verwendung des bundeseinheitlich aufgelegten Formulares am 1. Dezember 1999 die Gewährung von Arbeitslosengeld bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, Berufliche Rehabilitation Wien. Diese regionale Geschäftsstelle setzte den Termin für die Rückgabe des Antragsformulars mit 13. Dezember 1999 fest und bestimmte den Ort der Rückgabe mit "1090 Wien, Währinger Gürtel 104/2. Stock, Zi. 2016" (offenbar Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste für den 9., 17.-19. Bezirk). Infolge rechtzeitiger Rückgabe des Formulars wurde Arbeitslosengeld antragsgemäß zuerkannt.

Vom 30. Dezember 1999 bis 16. Jänner 2000 bezog der Beschwerdeführer von der Wiener Gebietskrankenkasse infolge Arbeitsunfähigkeit Krankengeld.

Am 20. Jänner 2000 sprach der Beschwerdeführer beim Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste (für den 9., 17.- 19. Bezirk) vor und begehrte die Ausstellung eines Krankenscheines.

Mit Mitteilung des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste für den 9., 17.-19. Bezirk vom 8. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, dass der Leistungsanspruch vom 2. Jänner bis 3. Februar 2000 unterbrochen war und ihm der Anspruch ab 4. Februar 2000 bis 21. Mai 2000 wieder zusteht. Über Antrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 10. März 2000 des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste für den 9., 17.-19. Bezirk ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld gemäß § 17 Abs. 1 i. V.m. § 46 Abs. 5 AlVG ab dem 4. Februar 2000 gebühre. In der Begründung wurde hiezu nach Gesetzeszitaten ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich nach Beendigung seines Krankenstandes mit 16. Jänner 2000 erst wieder am 4. Februar 2000 bei seinem zuständigen Arbeitsmarktservice persönlich gemeldet.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, er habe am 17. Jänner 2000 bei einer namentlich genannten Firma eine Stelle als Verkäufer angetreten. Er habe an diesem Tag auch ordnungsgemäß die "gelbe Karte" in einen Postkasten geworfen. Mit dieser Karte habe er sowohl den Antritt einer Stelle gemeldet als auch das Ende des Krankenstandes. Das Dienstverhältnis bei dieser Firma habe aber nur zwei Stunden gedauert. Er habe daraufhin seine Arbeitssuche fortgesetzt, zumal er noch rund 20 Adressen "aus dem Computer vom JOB-Center" und aus den Tageszeitungen zur Verfügung gehabt habe. Am Donnerstag, dem 20. Jänner 2000, habe er das Arbeitsmarktservice in der Währinger Straße aufgesucht, um sich wieder Adressen aus dem Jobcenter zu holen sowie einen Krankenschein zu lösen. Dort sei ihm vom Referenten mitgeteilt worden, dass er den "rosa Schein" zur Krankenkasse bringen müsse, um Krankengeld zu bekommen. Es sei ihm auch mitgeteilt worden, dass seine Rückmeldung ausständig sei. Bei seinem Weggehen habe der Referent erklärt, es sei alles in Ordnung, und habe dieser ihm einen Krankenschein ausgefolgt. Er ersuche um Anerkennung des Rückmeldetermines 20. Jänner 2000.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach Gesetzeszitaten und einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte sie in der Begründung aus, der Beschwerdeführer habe während des Bezuges von Arbeitslosengeld am 20. Jänner 2000 im Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Währinger Gürtel vorgesprochen. Dabei sei dem Arbeitsmarktservice bekannt geworden, dass der Beschwerdeführer vom 30. Dezember 1999 bis 16. Jänner 2000 arbeitsunfähig wegen Krankheit gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe der ihm damals vom Referenten gegebenen Empfehlung Folge geleistet und von der Wiener Gebietskrankenkasse für diesen Zeitraum Krankengeld bezogen.

Der Beschwerdeführer gebe in seiner Berufung zu, dass ihm erklärt worden sei, dass seine Rückmeldung ausständig sei. Der Beschwerdeführer habe sich beim Arbeitsmarktservice Berufliche Rehabilitation erst am 3. Februar 2000 telefonisch gemeldet und habe dort am folgenden Tag, also am 4. Februar 2000, persönlich mit dem Krankenentgeltzettel vorgesprochen. Dieser Tag sei mit dem bekämpften Bescheid als Tag der Wiedermeldung anerkannt worden.

Es habe nicht festgestellt werden können, dass eine Karte des Beschwerdeführers beim Arbeitsmarktservice eingelangt sei, mit der er Mitteilung über die Aufnahme einer Beschäftigung am 17. Jänner 2000 und das Ende des Krankenstandes gemacht habe.

Während der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit gebühre keine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, sondern Krankengeld. In diesem Zeitraum ruhe das Arbeitslosengeld. Solche Umstände seien daher zu melden. Selbst wenn der Beginn eines Krankenstandes nicht gemeldet werde, entfalle damit nicht die persönliche Wiedermeldung nach Beendigung des Krankenstandes. Die persönliche Wiedermeldung führe zum Fortbezug des Arbeitslosengeldes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Bezug von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 20. Jänner bis 3. Februar 2000 verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht er geltend, er habe am 20. Jänner 2000 bei der Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vorgesprochen. Mit diesem Tag habe das AMS Kenntnis von seinem Krankenstand erhalten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum dieses persönliche Gespräch nicht als Rückmeldung im Sinne des § 46 Abs. 5 AlVG angesehen werden könne. Der Grund, dass die belangte Behörde erst den 4. Februar 2000 als persönliche Rückmeldung werte, könnte darin liegen, dass er zu diesem Zeitpunkt eine Bestätigung der Krankenkasse über den Bezug von Krankengeld vorgelegt habe. Eine derartige zusätzliche Voraussetzung sei jedoch dem § 46 Abs. 5 AlVG nicht zu entnehmen. Im Übrigen habe bei seiner Vorsprache am 20. Jänner 2000 der Referent seine Vorsprache als Rückmeldung akzeptiert.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Obliegenheiten des Arbeitslosen hinsichtlich des Anspruches auf das Arbeitslosengeld bzw. auf den Fortbezug desselben im Falle einer Unterbrechung oder einem Ruhen des Anspruches (§ 16) sind in § 46 Abs. 5 AlVG normiert. Diese Bestimmung wurde erstmals durch die Novelle BGBl. Nr. 412/1990 eingefügt. Im Beschwerdefall ist die derzeit gültige Fassung BGBl. Nr. 297/1995 anzuwenden. Diese Bestimmung, die - soweit im Beschwerdefall von Bedeutung - keine Änderung gegenüber der Fassung BGBl. Nr. 412/1990 erfuhr, lautet:

"(5) Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes im vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld bzw. auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Ist aber der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes im vorhinein bekannt und überschreitet die Unterbrechung bzw. das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne persönliche Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Der Arbeitslose ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum eintreten, der regionalen Geschäftsstelle zu melden. In allen übrigen Fällen ist der Anspruch neuerlich persönlich geltend zu machen."

In den Fällen der Unterbrechung bzw. des Ruhens des Anspruches wird unter der weiteren Voraussetzung, dass der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes nicht bekannt ist, die grundsätzliche Verpflichtung des Arbeitslosen zur neuerlichen Geltendmachung seines Anspruches im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG, d.h. mit den darin vorgesehenen Erfordernissen und Rechtswirkungen, statuiert. Von diesem Grundsatz sieht der zweite Satz für die Fälle, in denen der Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, eine Ausnahme dergestalt vor, dass für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle genügt. Der dritte Satz dieser Bestimmung normiert, dass dann, wenn der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- bzw. Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt ist und die Unterbrechung bzw. das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht überschreitet, die regionale Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne persönliche Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden hat.

Im Beschwerdefall dauerte der Krankenstand des Beschwerdeführers vom 30. Dezember 1999 bis 16. Jänner 2000. Nach dem zweiten Satz der zitierten Bestimmung genügte daher die persönliche Wiedermeldung des Beschwerdeführers bei der regionalen Geschäftsstelle. Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass die für den Beschwerdeführer zuständige regionale Geschäftsstelle das Arbeitsmarktservice Berufliche Rehabilitation Wien ist und dass der Beschwerdeführer bei dieser Stelle nach dem Ende seines Krankenstandes mit 16. Jänner 2000 erst am 4. Februar 2000 vorsprach. Unbestritten ist aber auch, dass der Beschwerdeführer am 20. Jänner beim Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste am Währinger Gürtel vorsprach.

Die Frage, ab welchem Tag dem Arbeitslosen der Anspruch wieder zusteht, ist in § 17 AlVG geregelt. Mit dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, wurde dem § 17 Abs. 1 folgender Satz angefügt:

"Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der persönlichen Wiedermeldung oder neuerlichen persönlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5."

Es wird somit auch für den Fall der persönlichen Wiedermeldung auf den Tag der persönlichen Vorsprache abgestellt.

Dem Verwaltungsakt im Zusammenhang mit der Gegenschrift ist zu entnehmen, dass für den Beschwerdeführer das Arbeitsmarktservice Berufliche Rehabilitation Wien zuständig ist, er jedoch über seinen Wunsch vom Arbeitsmarktservice Angestellte West-Wien betreut wurde und schließlich über die Leistungsansprüche das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste zur Entscheidung berufen war. Die Vorsprache des Beschwerdeführers am 20. Jänner 2000 erfolgte beim Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste, von dem er die Mitteilung über seinen Leistungsanspruch erhalten und welches ihm einen Krankenschein ausgefolgt hatte. Wie die belangte Behörde aufzeigt, wurde der Beschwerdeführer von dieser regionalen Geschäftsstelle darauf aufmerksam gemacht, dass eine Rückmeldung vom Krankenstand bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzunehmen ist. Die Vorsprache bei der unzuständigen regionalen Geschäftsstelle erfolgte erst am 20. Jänner 2000, einem Donnerstag. Die persönliche Wiedermeldung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle erfolgte somit am nachfolgenden 10. Arbeitstag, dem 4. Februar 2000.

Der Fortbezug des Arbeitslosengeldes nach einem Ruhen der Leistung beginnt - wie oben dargestellt - mit dem Tag der persönlichen Wiedermeldung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice. Ob auch für den Fall der persönlichen Wiedermeldung gemäß § 46 Abs. 5 AlVG die im § 46 Abs. 3 Z. 1 bis 3 leg. cit. normierte Rückwirkung der Geltendmachung des Anspruches (im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG) gilt, bedarf hier keiner weiteren Erörterung, weil der Beschwerdeführer keine der dort genannten Zeiträume (nächstfolgender Amtstag bzw. angemessene Frist) eingehalten hat. Der Beschwerdeführer hat nämlich zunächst vier Tage verstreichen lassen und sich dann bei der unzuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemeldet, die ihn an die zuständige verwiesen hat. Bei dieser hat er sich dann erst nach weiteren zehn Arbeitstagen gemeldet. Der Beschwerdeführer hat sich somit weder am "nächstfolgenden Arbeitstag", noch "binnen angemessener Frist" gemeldet. Der Auffassung der belangten Behörde, der Fortbezug beginne erst mit 4. Februar 2000, als dem Tag der tatsächlichen persönlichen Wiedermeldung, ist somit zuzustimmen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000080125.X00

Im RIS seit

25.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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