TE Vwgh Beschluss 2003/4/24 2003/07/0008

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Veröffentlicht am 24.04.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §61 Abs2;
AVG §61;
AVG §61a;
AVG §62 Abs4;
AVG §63 Abs5;
VwGG §26 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Johann P in Z, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, Vogelweiderstraße 55, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 28. Oktober 2002, Zl. 1/01-37.772/14-2002, betreffend wasserrechtliche Bewilligung und Schutzgebietsfestsetzung (mitbeteiligte Parteien: Josef und Emmerenzia M in Z, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 17), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerde wurde am 8. Jänner 2003 zur Post gegeben. Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde angegeben, der angefochtene Bescheid sei ihm am 28. November 2002 zugestellt worden. Die mitbeteiligten Parteien weisen in ihrer Gegenschrift darauf hin, nach ihren Recherchen sei der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer bereits am 26. November 2002 zugestellt worden. Nach den im Akt erliegenden Zustellnachweisen erfolgte die Zustellung am 26. November 2002. Ausgehend von diesem Zustelldatum hätte aber die sechswöchige Beschwerdefrist am 7. Jänner 2003 geendet. Die am 8. Jänner 2003 zur Post gegebene Beschwerde erwiese sich als verspätet.

Nun hat aber die belangte Behörde mit Schreiben vom 27. November 2002 jenen Parteien, denen der Bescheid vom 28. Oktober 2002 zugestellt worden war, mitgeteilt, auf Grund eines Anrufes sei bekannt geworden, dass bei den versandten Bescheidexemplaren - im Unterschied zum im Akt verbliebenen Original - vermutlich die Seite 14 nicht mitübersandt worden sei. Zur eventuell notwendigen Vervollständigung werde daher diese Seite zugestellt.

Dieses Schreiben samt der Seite 14 des Bescheides wurde dem Beschwerdeführer am 28. November 2002 zugestellt.

Ob in der dem Beschwerdeführer am 26. November 2002 übermittelten Bescheidausfertigung auch die Seite 14 gefehlt hat, ist nicht mit Sicherheit festzustellen; die vom Beschwerdeführer vorgelegte Ausfertigung spricht dafür, dass bereits ursprünglich eine vollständige Bescheidausfertigung zugestellt wurde.

Selbst für den Fall aber, dass die dem Beschwerdeführer am 26. November 2002 zugestellte Bescheidausfertigung die Seite 14 nicht enthalten haben sollte, ändert sich am Beginn der Beschwerdefrist mit 26. November 2002 nichts.

Der angefochtene Bescheid vom 28. Oktober 2002 umfasst 15 Seiten. Aus der am 26. November 2002 dem Beschwerdeführer zugestellten Bescheidausfertigung sind auch dann, wenn die Seite 14 nicht enthalten gewesen sein sollte, die bescheiderlassende Behörde, der Beschwerdeführer als Bescheidadressat, der Spruch und die Unterschrift des Genehmigenden zu entnehmen. Somit enthielt das am 26. November 2002 zugestellte Schriftstück alle jene Elemente, die vorliegen müssen, um einer behördlichen Erledigung den Charakter eines Bescheides zu verleihen. Wies aber das dem Beschwerdeführer zugekommene Schriftstücke Bescheidcharakter auf, dann wurde durch dessen Zustellung die Beschwerdefrist in Gang gesetzt. Der Umstand, dass ein Teil der Begründung (Seite 14) möglicherweise gefehlt hat, hat weder auf die Bescheidqualität noch auf die Beschwerdefrist einen Einfluss, hindert doch selbst das völlige Fehlen einer Begründung weder das Vorliegen eines Bescheides noch die Ingangsetzung der Rechtsmittelfrist. Gleiches gilt für die Rechtsmittelbelehrung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1993, 93/10/0082). Ebenso ohne Bedeutung ist das Fehlen des Hinweises nach § 61a AVG, da dieses keine Rechtsfolgen nach sich zieht (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1092 f, angeführte Rechtsprechung).

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch folgende Überlegungen:

Nach § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleich zu haltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Das Fehlen der Seite 14 des Bescheides und damit eines Teiles der Begründung sowie der Rechtsmittelbelehrung und des Hinweises nach § 61a AVG stellt einen berichtigbaren Fehler im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG dar. Die belangte Behörde hätte daher auch mit einem Berichtigungsbescheid vorgehen können.

Wird ein Bescheid nach § 62 Abs. 4 AVG berichtigt, so ist die Rechtsmittelfrist (nur) dann von der Zustellung des Berichtigungsbescheides an zu berechnen, wenn erst in der berichtigten Fassung des Bescheides ein Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers zum Ausdruck gekommen ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1202, angeführte Rechtsprechung). Davon, dass erst durch die Ergänzung des Bescheides durch die Seite 14 ein Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers zum Ausdruck gekommen wäre, kann aber keine Rede sein. Die Seite 14 enthält lediglich die Zusammenfassung von Aussagen, die bereits im vorangegangenen Teil der Begründung enthalten sind, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a.

Wäre die belangte Behörde also mit Berichtigungsbescheid vorgegangen, hätte die Beschwerdefrist nicht erst ab der Zustellung des Berichtigungsbescheides, sondern bereits ab der Zustellung des ursprünglichen Bescheides am 26. November 2002 zu laufen begonnen.

Es ist nicht ersichtlich, warum bei der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise der formlosen Übermittlung der fehlenden Seite anderes gelten sollte als wenn sie von der Möglichkeit eines Berichtigungsbescheides Gebrauch gemacht hätte.

Schließlich sprechen auch Gesichtspunkte der Rechtssicherheit für diese Lösung. Wollte man annehmen, jegliches Fehlen von im Original des Bescheides enthaltenen Textelementen in der einer Partei zugestellten Bescheidausfertigung führe unabhängig davon, ob dieses Fehlen den Charakter der Ausfertigung als Bescheid berührt oder nicht, dazu, dass die Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt werde, so würde dies insbesondere bei Mehrparteienverfahren zu einer enormen Unsicherheit über den Eintritt der Rechtskraft von Bescheiden führen.

Im vorliegenden Fall hat daher die Beschwerdefrist mit 26. November 2002 zu laufen begonnen; sie endete am 7. Jänner 2003. Die am 8. Jänner 2003 zur Post gegebene Beschwerde erweist sich als verspätet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. April 2003

Schlagworte

Begründung Allgemein Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Einhaltung der Formvorschriften Rechtsmittelbelehrung Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003070008.X00

Im RIS seit

21.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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