TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/25 2001/12/0030

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Veröffentlicht am 25.04.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
70/06 Schulunterricht;
70/11 Sonstiges Schulrecht;

Norm

Abgeltung Prüfungstätigkeiten Schulwesen 1976 Anl1 Abschn3 Z1 idF 1994/645;
SchUG 1986 §35;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2000/12/0286 E 26. Mai 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dipl.Ing. W in G, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 30. November 2000, Zl. 1656.070153/4-III/D/16/2000, betreffend Anspruch auf Prüfungsentschädigungen für die Matura-Haupttermine der Schuljahre 1996/97 und 1997/98, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Professor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Höhere Technische Lehranstalt V, Oberösterreich (im Folgenden kurz: HTL).

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer an dieser Schule bei den Reifeprüfungen der Schuljahre 1996/97 sowie 1997/98 als Prüfer tätig war. Für diese Prüfungstätigkeit wurden dem Beschwerdeführer Entschädigungen (Prüfungstaxen) ausbezahlt.

In seiner an den Landesschulrat für Oberösterreich gerichteten Eingabe vom 16. Mai 2000 ersuchte der Beschwerdeführer "um Nachzahlung der Differenzen von verrechneten Prüfungsgebühren (Matura-Haupttermine) für die Jahre 1996/97 und 1997/98" in näher bezeichnetem Ausmaß. Offenbar in Beantwortung eines Ersuchens des Landesschulrates für Oberösterreich vom 25. Mai 2000 schlüsselte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 30. Mai 2000 seine Tätigkeit als Prüfer bei den obgenannten Reifeprüfungen in den einzelnen Jahrgängen (Klassen) nach Stunden auf.

Mit Bescheid vom 6. Juni 2000 sprach die Dienstbehörde erster Instanz über das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 16. Mai 2000 folgendermaßen ab:

"SPRUCH

Anlässlich Ihrer Tätigkeit als Prüfer bei der Reifeprüfung an

der HTBLA V gebühren Ihnen folgende Prüfungstaxen:

Haupttermin des Schuljahres 1996/97:

Jahrgang 5AW

Projekt

S 476,-- X

9 Kandidaten

S 4.284,--

Jahrgang 5BW

mündliche Prüfung

S 169,-- X

16 Kandidaten

S 2.704,--

 

Projekt

S 476,-- X

9 Kandidaten

S 4.284,--

Im Haupttermin des Schuljahres 1996/1997 somit insgesamt S 11.272,--

Haupttermin des Schuljahres 1997/98:

Jahrgang 8-SA

Schriftführer

S 103,-- X

19 Kandidaten

S 1.957,--

 

Klassenvorstand

S 103,-- X

19 Kandidaten

S 1.957,--

 

mündliche Prüfung

S 169,-- X

19 Kandidaten

S 3.211,--

Jahrgang 5BW

Abteilungsvorstand

S 103,-- X

17 Kandidaten

S 1.751,- -

 

mündliche Prüfung

S 169,-- X

30 Kandidaten

S 5.070,--

 

Projekt

S 476,-- X

9 Kandidaten

S 4.284,--

 

Projekt

S 476,-- X

17 Kandidaten

S 8.092,--

Jahrgang 5AW

Abteilungsvorstand

S 103,-- X

13 Kandidaten

S 1.339,- -

 

Projekt

S 476,-- X

7 Kandidaten

S 3.332,- -

Im Haupttermin des Schuljahres 1997/1998 somit insgesamt

S 30.993,--

Rechtsgrundlage der Entscheidung:

§ 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 23.6.1976 über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes (Prüfungstaxengesetz 1976), BGBl 314/1976, in Verbindung mit Anlage III.4 der Anlage 1 leg cit, in der jeweils geltenden Fassung."

Begründend führte die Dienstbehörde erster Instanz nach Feststellungen über den Umfang der Prüfungstätigkeit des Beschwerdeführers und nach auszugsweiser Wiedergabe des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1976 über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 314 (in der Folge kurz: Prüfungstaxengesetz - PTG), aus:

Umfasse das Prüfungsgebiet "Projekt" nur einen graphischen oder einen praktischen Teil, so sei die Prüfungsgebühr "entsprechend des jeweils in Frage kommenden Ansatzes zwischen den einzelnen Prüfern entsprechend der für die einzelnen Pflichtgegenstände des jeweiligen Teiles aufkommende Prüfungszeit zu aliquotieren". Die Projektarbeiten in den Jahrgängen 5AW und 5BW im Schuljahr hätten 1996/97 einen praktischen Teil im Ausmaß von 40 Stunden umfasst. Sie hätten eine 20-stündige Arbeit aus dem Gegenstand Werkzeug- und Vorrichtungsbau oder Werkzeugmaschinen oder eine 20-stündige

Arbeit aus dem Gegenstand Werkzeugmaschinen bzw. eine 16-stündige

Arbeit aus dem Gegenstand Betriebtechnik und eine 4-stündige Arbeit aus dem Gegenstand Qualitätssicherung enthalten. Es seien daher die Prüfungstaxen für die Dauer von mehr als 32 Stunden anzusetzen und entsprechend der aufgewendeten Prüfungszeit im Verhältnis 20 : 16 : 4 zu aliquotieren gewesen. Im Schuljahr 1997/98 hätten die Projektarbeiten in den Jahrgängen 5AW und 5BW ebenfalls einen praktischen Teil im Ausmaß von 40 Stunden umfasst. Im Jahrgang 5AW hätten sie eine 20-stündige Arbeit, eine 16-stündige Arbeit und eine 4-stündige Arbeit enthalten. Im Jahrgang 5BW seien zwei 20-stündige Arbeiten zu erbringen gewesen. Es seien daher in beiden Jahrgängen die Prüfungstaxen für die Dauer von mehr als 32 Stunden anzusetzen und entsprechend der aufgewendeten Prüfungszeit im Verhältnis 20 : 16 : 4 (Jahrgang 5AW) bzw. 20 : 20 (Jahrgang 5BW) zu aliquotieren gewesen. Für die Prüfungstätigkeit des Beschwerdeführers anlässlich der Reifeprüfungen in den Schuljahren 1996/97 und 1997/98 hätten ihm demnach die im Spruch angeführten Prüfungstaxen gebührt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, bis zum Schuljahr 1995/96 seien die Prüfungstaxen für die Matura immer gleich abgerechnet worden. Für das Jahr 1995/96 sei bereits ein Verfahren anhängig, für die Jahre 1996/97 sowie 1997/98 seien die Prüfungsgebühren wie für das Jahr 1995/96 berechnet worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 1 iVm § 3 Abs. 1, § 5 und der Anlage I, Abschnitt III, Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 314/1976 in der Fassung BGBl. I Nr. 100/1999 ab. Nach kurzer Darstellung des Verfahrensganges begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, die auf Grund der §§ 34 und 41 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, erlassene Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Reifeprüfungen in berufsbildenden höheren Schulen, BGBl. Nr. 847/1992, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 123/1997, sowie die grundsätzlich mit 1. April 1998 in Kraft getretene Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten über die abschließenden Prüfungen in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, BGBl. II Nr. 116/1998, sähen im § 29 Abs. 1 bzw. im § 24 Abs. 1 vor, dass die Klausurprüfung eine graphische (Konstruktionszeichnungen etc.), eine praktische (Herstellen von Werkstücken, Verfahren, Programme etc.) oder eine graphische und praktische Klausurarbeit im Prüfungsgebiet "Projekt" zu umfassen habe. Das Prüfungsgebiet gemäß Z. 2 des jeweiligen Absatzes 1 umfasse die theoretischfachlichen Pflichtgegenstände sowie die in der letzten Schulstufe geführten praktischen Pflichtgegenstände der jeweiligen Fachrichtung bzw. des jeweiligen Ausbildungszweiges. Für die Betreuung einer entsprechenden Projektarbeit normiere § 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 314/1976 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 100/1999, dass Bundesbediensteten und Landeslehrern, die als Prüfer oder Mitglied einer Prüfungskommission bei den in der Anlage I angeführten Prüfungen tätig seien, hiefür die in der Anlage genannten Entschädigungen gebührten, sofern andere Bundesvorschriften nicht Abweichendes bestimmten. § 3 Abs. 1 leg. cit. sehe diesbezüglich vor, dass die in der Anlage I genannte Entschädigung für jeden Prüfungskandidaten gebühre. Sofern in der Anlage jedoch Prüfungsteile genannt würden, gebühre dem Prüfer die in der Anlage genannte Entschädigung für jeden Prüfungsteil. Die in der Anlage I angeführten Beträge erhöhten sich gemäß § 5 Abs. 1 jeweils zum 1. September eines jeden Jahres um den Hundertsatz, um den der Gehalt eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V einschließlich einer allfälligen Teuerungszulage in dem dem jeweiligen 1. September vorangegangenen Jahr gestiegen sei. Auf Grund dieser gesetzlichen Regelung sei im Zusammenhang mit dem Prüfungsgebiet "Projekt" (im Prüfungstaxengesetz als "Projektarbeit" bezeichnet) unter Prüfungsteil entweder ein graphischer oder ein praktischer Teil zu verstehen und gebührten die Prüfungstaxen - dem zeitlichen Ansatz eines Halbtages, 14 Stunden und 32 Stunden entsprechend - für jeden Teil. Die Wortfolge der entsprechenden Bestimmung in der Anlage zum Prüfungstaxengesetz, Abschnitt III, Z. 1, wonach die angeführte Abgeltung für den schriftlichen, graphischen oder praktischen Teil ("Projektarbeit") in der festgelegten Dauer dann gebühre, sofern dieser Prüfungsteil von einem Prüfer durchgeführt werde, bringe zum Ausdruck, dass einem Prüfer der volle Betrag nur dann zustehe, wenn er auch den ganzen graphischen oder praktischen Teil betreue. Aus der gesetzlichen Bestimmung könne im umgekehrten Fall abgeleitet werden, dass der Betrag eben nicht voll zustehen solle, wenn der Prüfer nur in einem Teil tätig sei, weil ansonsten dem gesetzlich festgelegten Halbsatz jeder Anwendungsbereich genommen werde und die Bestimmung sinnlos wäre. Bei der Auslegung von rechtlichen Normen sei jedoch jener Bedeutung der Vorzug zu geben, die die Gesamtregelung konsequent erscheinen lasse und einzelnen Bestimmungen nicht jeden Anwendungsbereich nehme. Beginnend mit der Novelle zum Prüfungstaxengesetz BGBl. Nr. 517/1993 sei die Aliquotierung von Prüfungstaxen in der Anlage I dahingehend bekannt, dass in unterschiedlichster Form, zum Beispiel in Abschnitt II, Z. 1 oder Z. 3 lit. a ("sofern zwei Prüfer beteiligt sind") Z. 2 lit. b ("bei mehreren Prüfern ist diese Prüfungstaxe zu teilen"), Abschnitt IV Z. 5 ("für jeden Prüfungsteil"), eine Teilung der Abgeltung vorgesehen sei. Für die in der Anlage I Abschnitt II Z. 2 im Rahmen der Fachbereichsarbeit, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecke, geltende Entschädigung gebührte im Fall eines unterbrochenen bzw. nicht zu Ende geführten Betreuungsvorganges gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. in Verbindung mit der Anlage zum Gesetz eine Abgeltung im aliquoten Ausmaß entsprechend der zeitlichen Betreuung. Der Gesetzgeber habe sohin für die Teilung von Prüfungsgebühren - teilweise abhängig von der jeweiligen Schultype, der Dauer und Art der Prüfung (Fachbereichsarbeit, Hauptprüfung, Diplom- und Projektarbeit) - sprachlich unterschiedlich ausgestaltete "Aliquotierungsmodelle" gewählt. Gerade die Vielfalt im Bereich des berufsbildenden Schulwesens und der oftmalige Einsatz von mehreren Prüfern im Rahmen der Reife- und Diplomprüfung lasse die getroffene sprachliche Gestaltung hinsichtlich der Projektarbeit als sinnvoll erscheinen. Der volle Betrag solle einem Prüfer nur dann zustehen, wenn er diesen Prüfungsteil vollständig betreue. Gleichzeitig lasse dies aber den Umkehrschluss zwingend notwendig erscheinen, dass der Betrag dann eben nicht zur Gänze gebühre, sofern eine Betreuung nur zeitweise erfolge. Schon die Wortwahl "sofern" (synonym für "wenn", "falls") als konditionale Einleitung dieses Halbsatzes lasse im Rahmen einer Verbalinterpretation die Durchführung einer Aufteilung zwingend erscheinen, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt werde. Es sei dem Gesetzgeber nicht zuzusinnen, an zwölf Stellen im Prüfungstaxengesetz diesen Halbsatz anzuführen, ohne ihm gleichzeitig ein entsprechendes Anwendungsgebiet einzuräumen. Auch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 2000, Zl. 99/12/0109, in dem ausgeführt werde, dass die in der Anlage I Abschnitt V lit. d sublit. bb getroffene Regelung nur auf "Prüfer" abstelle und die Aliquotierung somit unzulässig wäre, könne für das gegenständliche Verfahren nichts gewonnen werden. Gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. gebührten die in der Anlage genannten Entschädigungen für jeden Prüfungskandidaten; sofern jedoch in der Anlage Prüfungsteile genannt würden, nur für jeden Prüfungsteil (zur Gänze jedoch nur dann, "sofern dieser Prüfungsteil von einem Prüfer durchgeführt" werde).

Diesbezüglich werde im Rundschreiben der belangten Behörde Nr. 26/1996 vom 9. Mai 1996 erklärt, wenn das Prüfungsgebiet "Projekt" nur einen graphischen oder einen praktischen Teil umfasse, sei die Prüfungsgebühr entsprechend dem jeweils in Frage kommenden Ansatz ("in der Dauer von mindestens einem Halbtag", "von mindestens 14 Arbeitsstunden", oder "von mindestens 32 Arbeitsstunden") zwischen den einzelnen Prüfern entsprechend der für den jeweiligen Teil aufgewendeten Prüfungszeit zu aliquotieren. Umfasse das Prüfungsgebiet "Projekt" sowohl einen graphischen als auch einen praktischen Teil, gebühre die Prüfungsentschädigung entsprechend den Ansätzen für jeden dieser Teile. Zwischen den einzelnen Prüfern sei diese Prüfungsgebühr wieder entsprechend der für die einzelnen Pflichtgegenstände jedes Teils aufgewendeten Prüfungszeit zu aliquotieren. Dementsprechend könne der Berufung des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, weil die gesetzliche Regelung inhaltlich zusätzlich normiere, dass es sich um den praktischen bzw. graphischen Prüfungsteil handeln müsse. Somit sei nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine inhaltliche Komponente der Prüfungsteile bei der Abgeltung der Prüfungsgebühren zu berücksichtigen.

Nach näherer Wiedergabe der vom Beschwerdeführer bei den beschwerdegegenständlichen Reifeprüfungen entfalteten Prüfungstätigkeit führte die belangte Behörde weiter aus, nachdem aus der Systematik des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten hervorgehe, dass die Prüfungstaxen je nach Dauer und Aufwand bemessen würden, sei daher für die Gesamtdauer von 40 Stunden der für mehr als 32 Stunden Prüfungsteil gemäß Anlage I Abschnitt III Z. 1 geltende Ansatz entsprechend der tatsächlichen zeitlichen Verwendung aufzuteilen. Da der Beschwerdeführer nicht den gesamten Prüfungsteil geprüft habe, sei eine Aufteilung im Verhältnis der tatsächlich aufgewendeten Stunden von 20, 16 und 4 vorzunehmen und stünden ihm vom Gesamtbetrag von S 952,-- für eine Prüfung "Projektarbeit" von mehr als 32 Stunden für 20 Stunden der Betrag von S 476,-- und für 16 Stunden der Betrag von S 381,-- zu. Weiters begründete die belangte Behörde die Valorisierung der Beträge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt und auf die zur hg. Zl. 2000/12/0286 protokollierte Beschwerde verweist, der ein gleichgelagerter Beschwerdefall - die Prüfungsgebühren für Reifeprüfungen im Schuljahr 1995/96 - zu Grunde liege.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf "Abgeltung von Prüfungstätigkeiten in gesetzlicher Höhe laut dem Gesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens, mit Ausnahme des Hochschulwesens, BGBl. Nr. 100/1999 (APS)," durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere seines § 3 sowie des Abschnittes III Z. 1 der Anlage I, sowie durch unrichtige Anwendung von Verfahrensvorschriften verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Aliquotierung der nach der Anlage I Abschnitt III Z. 1 zum genannten Gesetz vorgesehenen Prüfungsgebühr, weil dem Gesetz keine Aliquotierung bzw. Gebührenbemessung "unterhalb des vollen Betrages" zu entnehmen sei. Da dieses Gesetz aber teilweise ausdrücklich eine Aliquotierung der Prüfungsgebühr anordne, könne davon ausgegangen werden, dass dann, wenn eine Aliquotierung gewollt gewesen wäre, dies auch durch eine entsprechende Anordnung zum Ausdruck gebracht worden wäre. Die in der Anlage I Abschnitt III Z. 1 verwendete Formulierung "Prüfungsteil von einem Prüfer durchgeführt" könne dafür nicht als ausreichend angesehen werden. Selbst wenn eine Aliquotierung zulässig wäre, hätte die belangte Behörde eine gewichtende Betrachtung vornehmen müssen.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften liege darin, dass die belangte Behörde nicht geprüft habe, welches Leistungsausmaß der Beschwerdeführer in den einzelnen Prüfungsfällen im Vergleich zur "vollen Leistung" erbracht habe. Hätte sie dies getan, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer tatsächlich "eine volle Leistung" erbracht hätte.

Die im Beschwerdefall strittige Rechtsfrage ist, ob eine Aliquotierung der in der Anlage I Abschnitt II Z. 1 zum genannten Gesetz vorgesehenen Prüfungsgebühr zulässig ist.

Das Schulunterrichtsgesetz, wiederverlautbart mit der Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 26. August 1986, BGBl. Nr. 472, trifft in seinem 8. Abschnitt Bestimmungen über die Reifeprüfung. Nach § 34 Abs. 1 leg. cit. bestehen solche Prüfungen aus der Hauptprüfung oder der Vorprüfung und der Hauptprüfung.

§ 35 leg. cit. trifft Bestimmungen über die Zusammensetzung der Prüfungskommission ("Prüfer").

Die Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Reifeprüfung in den berufsbildenden höheren Schulen, BGBl. Nr. 847/1992 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 467/1996, lautet auszugsweise:

"Reifeprüfung an den Höheren technischen und gewerblichen

Lehranstalten, ausgenommen ...

Form der Reifeprüfung

§ 28. Die Reifeprüfung an den Höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten, ausgenommen die Höhere Lehranstalt für Mode und Bekleidungstechnik, die Höhere Lehranstalt für Kunstgewerbe sowie die Höhere Lehranstalt für Fremdenverkehrsberufe besteht aus einer Hauptprüfung (Klausurprüfung und mündliche Prüfung) gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1. Umfang der Klausurprüfung (Prüfungsgebiete)

§ 29. (1) Die Klausurprüfung umfasst:

1. eine schriftliche Klausurarbeit im Prüfungsgebiet 'Deutsch' und

2. eine graphische, eine praktische oder eine graphische und praktische Klausurarbeit im Prüfungsgebiet 'Projekt'.

(2) Das Prüfungsgebiet gemäß Abs. 1 Z. 2 umfasst die fachtheoretischen Pflichtgegenstände sowie die in der letzten Schulstufe geführten praktischen Pflichtgegenstände der jeweiligen Fachrichtung bzw. des jeweiligen Ausbildungszweiges.

..."

Mit der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 123/1997, wurde der Titel der zitierten Verordnung in "Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten über die Reife- und Diplomprüfung in den berufsbildenden höheren Schulen" und - soweit für die beschwerdegegenständlichen Zeiträume von Relevanz - die Wendung "Reifeprüfung" durch die Wendung "Reife- und Diplomprüfung" ersetzt.

Die Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten über die abschließenden Prüfungen in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, BGBl. II Nr. 116/1998, ausgegeben am 3. April 1998, lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieser Verordnung sind zu verstehen:

1. unter abschließender Prüfung die Reife- und Diplomprüfung und die Diplomprüfung an berufsbildenden höheren Schulen sowie die Abschlussprüfung an berufsbildenden mittleren Schulen;

...

Reife- und Diplomprüfung an den Höheren technischen und gewerblichen (einschließlich kunstgewerblichen) Lehranstalten

(ausgenommen ... )

Klausurprüfung

§ 24. (1) Die Klausurprüfung umfasst:

1. eine fünfstündige schriftliche Klausurarbeit im Prüfungsgebiet 'Deutsch' und

2. eine vierzigstündige graphische, praktische oder graphische und praktische Klausurarbeit im Prüfungsgebiet 'Projekt'.

(2) Das Prüfungsgebiet gemäß Abs. 1 Z. 2 umfasst die fachtheoretischen Pflichtgegenstände sowie die in der letzten Schulstufe geführten praktischen Pflichtgegenstände der jeweiligen Fachrichtung bzw. des jeweiligen Ausbildungszweiges.

Mündliche Prüfung

...

Schlussbestimmungen

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

§ 57. (1) Diese Verordnung sowie die Anlagen zu dieser Verordnung treten wie folgt in Kraft:

...

4. im Übrigen tritt die Verordnung sowie die Anlage A bis D mit 1. April 1998 in Kraft.

...

Außerkrafttreten anderer Verordnungen

§ 63. Die nachstehend genannten Verordnungen samt ihren Anlagen treten, vorbehaltlich einer Weitergeltung gemäß § 62 Abs. 2, mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieser Verordnung im Bundesgesetzblatt außer Kraft:

...

2. Verordnung des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten über die Reife- und Diplomprüfung in den berufsbildenden höheren Schulen, BGBl. Nr. 847/1992, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 123/1997."

Nach § 79 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 139/1974, traten mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes unter anderem alle bisherigen Vorschriften über die Prüfungstaxen außer Kraft.

Das Bundesgesetz vom 23. Juni 1976 BGBl. Nr. 314, über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes (in der Folge kurz: PTG), lautet in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 517/1993 und BGBl. Nr. 645/1994 auszugsweise:

"§ 1. Den Bundesbediensteten ..., die als Prüfer ... bei den in der Anlage I angeführten Prüfungen tätig sind, gebühren hiefür die in der Anlage genannten Entschädigungen.

...

§ 3. (1) Die in der Anlage I genannten Entschädigungen gebühren für jeden Prüfungskandidaten; sofern jedoch in der Anlage Prüfungsteile genannt werden, gebührt dem Prüfer die in der Anlage genannte Entschädigung für jeden Prüfungsteil.

...

(3) Für die in der Anlage I Abschnitt II Z 2 im Rahmen der Fachbereichsarbeit geltenden Entschädigungen gebühren im Falle eines ununterbrochenen bzw. nicht zu Ende geführten Betreuungsvorganges

a) dem ursprünglich vorgesehenen Prüfer ... und dem die Betreuung fortsetzenden Prüfer jeweils die in Z 2 lit. a und b angeführten Entschädigungen im aliquoten Ausmaß ...,

b) dem Prüfer, der ..., die in

-aa) Z 2 lit. a angeführte Entschädigung voll ... und die in -bb) Z 2 lit. b angeführte Entschädigung jedenfalls nur im aliquoten Ausmaß.

...

Anlage I

...

III. Berufsbildende mittlere und höhere Schulen einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Schulen sowie der entsprechenden Schulen für Beruftätige:

1. Reifeprüfung (§§ 34 ff. SchUG):

...

Prüfer:

     für den schriftlichen, graphischen oder praktischen Teil

   130,--

     für den schriftlichen, graphischen oder praktischen Teil

('Projektarbeit' und 'Werkstätte' im Sinne der Prüfungsvorschriften)

in der Dauer von mindestens einem Halbtag, sofern dieser

Prüfungsteil von einem Prüfer durchgeführt wird ...        228,--

     für einen schriftlichen, graphischen oder praktischen Teil

('Projektarbeit' und 'Werkstätte' im Sinn der Prüfungsvorschriften)

in der Dauer von mindestens 14 Arbeitsstunden, sofern dieser von

einem Prüfer durchgeführt wird ...         305,--

     für den schriftlichen, graphischen oder praktischen Teil

('Projektarbeit' und 'Werkstätte' im Sinn der Prüfungsvorschriften)

in der Dauer von mindestens 32 Arbeitsstunden, sofern dieser von

einem Prüfer durchgeführt wird ...        406,--

     ..."

Die ErläutRV zum PTG, 180 BlgNR XIV. GP 1, führen - soweit im Beschwerdefall von Relevanz - aus:

"Auf Grund des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 139/1974, sind an Schulen ab 1. September 1974 keine Prüfungstaxen mehr einzuheben.

...

Bei der Erstellung des Entschädigungskataloges (Anlage I) wurde von den vorhandenen Prüfungen und davon ausgegangen, dass bisher von den Schülern für die Ablegung von Prüfungen eine bestimmte Prüfungstaxe erlegt werden musste, die auf die einzelnen Mitglieder von Prüfungskommissionen verteilt wurde. Die Umlegung dieser Beträge ergab unter Bedachtnahme auf die Inanspruchnahme des einzelnen Mitgliedes der Prüfungskommission die in der Anlage I genannten Entschädigungsansätze.

...

Zu § 3:

In Abs. 1 wird unterschieden, ob die Entschädigung je Prüfungskandidaten oder je Prüfungsteil für den Prüfungskandidaten anfällt. Dies richtet sich nach den individuellen Prüfungsvorschriften und ist in der Anlage I berücksichtigt.

..."

Die Beschwerde zieht die Feststellungen der belangten Behörde über den auf den Beschwerdeführer als Prüfer entfallenden zeitlichen Aufwand und die Höhe des valorisierten Stundensatzes nicht in Zweifel; sie wendet sich jedoch dagegen, dass die - ihrer Ansicht nach zustehende - "Entschädigung" entsprechend dem Verhältnis des zeitlichen Aufwandes der beteiligten Prüfer aliquotiert wurde.

Unbestritten ist, dass die - unter anderem auch - vom Beschwerdeführer betreuten Projektarbeiten Teile der jeweiligen Reifeprüfungen waren. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ziehen die Zulässigkeit der Bestellung mehrerer Prüfer für die gemeinsame Betreuung eines Projektes nicht in Zweifel; vor dem Hintergrund des § 35 des Schulunterrichtsgesetzes bestehen gegen eine solche Vorgangsweise auch keine Bedenken.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist das in Abschnitt III Z. 1 der Anlage I zum PTG ("..., sofern dieser von einem Prüfer durchgeführt wird ...") verwendete Wort "einem" eindeutig als Zahlwort verwendet. Daraus folgt, dass die in Abschnitt III Z. 1 der Anlage zum PTG vorgesehenen Fälle der Dauer des Prüfungsteiles von mindestens einem Halbtag, mindestens 14 Arbeitsstunden und mindestens 32 Arbeitsstunden von ihrem Wortlaut her nicht anwendbar sind, wenn dieser Prüfungsteil von mehr als einem Prüfer betreut wird. Man könnte nun in Erwägung ziehen, dass in solchen Fällen nur der erste Ansatz (mit einer Entschädigung von nicht valorisiert S 130,-) unabhängig vom zeitlichen Ausmaß zur Anwendung kommen könnte. Es erscheint jedoch nicht naheliegend, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, wonach ein Prüfer, der - so wie der Beschwerdeführer - eine Prüfungsphase von erheblicher Dauer betreut hat, die etwa jene des dritten Ansatzes erreicht, beträchtlich weniger verdienen soll, als ein Prüfer, der als alleiniger Betreuer den gleichen zeitlichen Aufwand zu tragen hatte. Gerade vor dem Hintergrund des § 35 des Schulunterrichtsgesetzes liegt daher für den Fall der Bestellung von mehr als einem Prüfer zur Betreuung des besagten Prüfungsteiles eine planwidrige Regelungslücke vor, die an Hand der in Abschnitt III Z. 1 der Anlage I zum PTG vorgesehenen Bestimmungen zu schließen ist.

Auf den vorliegenden Fall bezogen folgt daraus, dass der Beschwerdeführer für die Betreuung eines Prüfungsteiles im Ausmaß von 20 Stunden Anspruch auf eine Entschädigung nach dem dritten Ansatz (nicht valorisiert S 305,--) des Abschnittes III Z. 1 der Anlage I zum PTG hat.

Soweit die belangte Behörde ihr gegenteiliges Ergebnis durch ihr eigenes Rundschreiben Nr. 26/1996 vom 9. Mai 1996 gedeckt sieht, ist ihr - wie schon im hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 98/12/0075 - entgegenzuhalten, dass Erlässe (Richtlinien) nur dann rechtlich bindend sind, wenn sie als Verordnung ordnungsgemäß kundgemacht worden sind. Liegt eine solche, auf Grund des Gesetzes ergangene weitere generell bindende Norm nicht vor, ist es die Aufgabe der Behörde im Verwaltungsverfahren, jeden strittigen Anspruch im Einzelfall nach Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, allfälliger Beweiswürdigung und darauf gestützter Beurteilung der Rechtsfrage nur aus dem Gesetz abzuleiten (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, mwN). Der genannte Erlass stellt schon mangels ordnungsgemäßer Publizierung keine Grundlage für die von der belangten Behörde vorgenommene Aliquotierung dar.

Da die belangte Behörde den Anspruch des Beschwerdeführers auf Prüfungsentschädigung in Verkennung der Rechtslage beurteilte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 25. April 2003

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001120030.X00

Im RIS seit

12.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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