TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/25 2003/12/0032

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Veröffentlicht am 25.04.2003
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §63 Abs1;
BDG 1979 §75a Abs3 idF 2001/I/087;
B-VG Art83 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des MMag. U in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 29. November 2002, Zl. 2434/1-CS5/02, betreffend Berücksichtigung der Zeit eines Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen und Ausspruch der Verpflichtung zur Leistung eines Pensionsbeitrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des ersten Satzes seines zweiten Spruchabsatzes wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, in Ansehung des zweiten Satzes seines zweiten Spruchabsatzes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, welcher im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG rechtskundig ist, steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Am 24. Oktober 2002 ersuchte er als Beamter im österreichischen Patentamt um Gewährung eines Karenzurlaubes gemäß § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), ab dem 1. Jänner 2003 für die Dauer von zwei Jahren. Als Grund für die Karenzierung gab er seinen künftigen Dienstantritt im Europäischen Patentamt an. In diesem Zusammenhang wies der Beschwerdeführer auch darauf hin, dass die Europäische Patentorganisation eine zwischenstaatliche Organisation sei, der Österreich bereits seit 1. Mai 1979 angehöre. Einen Antrag im Verständnis des § 75a Abs. 3 BDG 1979 stellte der Beschwerdeführer nicht.

Am 29. November 2002 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Auf Ihr Ansuchen vom 24. Oktober 2002 wird Ihnen gemäß § 75 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333, für die Zeit vom 1. Jänner 2003 bis einschließlich 31. Dezember 2004 ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) für Ihre Tätigkeit beim Europäischen Patentamt in München gewährt.

Die Zeit dieses Karenzurlaubes wird gemäß § 75a Abs. 2 Z 2 lit.b Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, berücksichtigt. Sie haben für diesen Zeitraum monatlich im Voraus einen Pensionsbeitrag zu entrichten."

In der Begründung dieses Bescheides werden § 75 Abs. 1 und § 75a Abs. 2 Z 2 lit. b BDG 1979 auszugsweise wiedergegeben. Sodann wird ausgeführt, die Europäische Patentorganisation sei eine zwischenstaatliche Organisation, der Österreich seit 1979 angehöre. Weiters heißt es, gemäß § 22 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), habe der Beamte, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt sei, für jeden Kalendermonat seiner ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit im Voraus einen monatlichen Pensionsbeitrag zu entrichten. Für die Monate der ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit, in denen dem Beamten keine Bezüge gebührten, habe er gemäß Abs. 9 leg. cit. die Pensionsbeiträge einzuzahlen. Gemäß Abs. 9a leg. cit. bilde bei Beamten der Besoldungsgruppe des Allgemeinen Verwaltungsdienstes bei einem Karenzurlaub auf Antrag derjenige Monatsbezug die Bemessungsgrundlage für den Pensionsbeitrag, der dem Beamten im Falle der von ihm selbst zu vertretenden Abberufung von seinem Arbeitsplatz gebühren würde. Bei der Bemessungsgrundlage sei daher im Fall des Beschwerdeführers vom Bezug der Verwendungsgruppe A1, Grundlaufbahn, Gehaltsstufe 7, auszugehen. Hievon habe er gemäß § 22 GehG in Verbindung mit § 62e Abs. 12 des Pensionsgesetzes 1965 ab 1. Jänner 2003 den Pensionsbeitrag im Ausmaß von 11,05 % zu leisten.

Lediglich gegen den zweiten Spruchabsatz des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Unterbleiben der dort genannten Absprüche in Ermangelung eines Antrages auf Berücksichtigung der Zeit seines Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, weil sie das Beschwerdevorbringen als zutreffend zugestand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 75 Abs. 1 und § 75a Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung dieser Absätze nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 61/1997 lauten:

"§ 75. (1) Dem Beamten kann auf Antrag ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

...

§ 75a. (1) Die Zeit eines Karenzurlaubes ist, soweit bundesgesetzlich nicht anderes bestimmt wird, für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen."

§ 75a Abs. 2 und 3 BDG 1979 in der Fassung dieser Absätze nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2001 lautet:

     "(2) Abweichend von Abs. 1 ist die Zeit eines Karenzurlaubes

für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, in

den nachstehend angeführten Fällen bis zum jeweils angeführten

zeitlichen Höchstausmaß zu berücksichtigen,

     1.        wenn der Karenzurlaub kraft Gesetzes eintritt: für

die Dauer des Anlasses des Karenzurlaubes;

     2.        wenn der Karenzurlaub

     a)        zur Begründung eines Dienstverhältnisses gemäß §§ 3

oder 4 des Entwicklungshelfergesetzes, BGBl. Nr. 574/1983, oder

zur Ausbildung des Beamten für seine dienstliche Verwendung oder

     b)        zur Begründung eines Dienstverhältnisses zu einer

Einrichtung der Europäischen Union oder zu einer sonstigen zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört,

gewährt worden ist: für alle von Z 2 erfassten Karenzurlaube insgesamt fünf Jahre, davon für allfällige von lit. a erfassten Karenzurlaube insgesamt höchstens drei Jahre.

(3) In den Fällen des Abs. 2 Z 2 bedarf die Berücksichtigung für zeitabhängige Rechte eines Antrages. Ein solcher Antrag ist bei sonstiger Unwirksamkeit spätestens ein Jahr nach Beendigung des Karenzurlaubes zu stellen."

Gemäß § 22 Abs. 1 GehG in der Fassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 561/1979 hat der Beamte, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, für jeden Monat seiner ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit im Voraus einen monatlichen Pensionsbeitrag zu entrichten.

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde den im ersten Satz des zweiten Absatzes des Spruches des angefochtenen Bescheides vorgenommenen Abspruch getätigt hat, ohne dass er im Sinne des § 75a Abs. 3 erster Satz BDG 1979 eine Berücksichtigung der Zeit des beantragten Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, beantragt hätte.

Eine Behörde, welche einen antragsbedürftigen Bescheid erlässt, obwohl kein diesbezüglicher Antrag der Partei vorliegt, verletzt auf einfachgesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung und belastet ihren Bescheid solcherart mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1996, Zl. 93/17/0200).

Vorliegendenfalls war der im ersten Satz des zweiten Spruchabsatzes enthaltene Abspruch aus dem Grunde des § 75a Abs. 3 erster Satz BDG 1979 antragsbedürftig. Ein solcher Antrag lag nicht vor. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Mit dieser unter einem erfolgenden Aufhebung des ersten Satzes des zweiten Spruchabsatzes des angefochtenen Bescheides fällt aber auch die in § 22 Abs. 1 GehG umschriebene Voraussetzung für das Entstehen einer Verpflichtung zur Entrichtung eines Pensionsbeitrages, nämlich die Ruhegenussfähigkeit der auf den Karenzierungszeitraum entfallenden Bundesdienstzeit, weg. Der Ausspruch, der Beschwerdeführer sei für diesen Zeitraum zur Entrichtung eines Pensionsbeitrages verpflichtet erweist sich damit als inhaltlich rechtswidrig, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.

Wien, am 25. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003120032.X00

Im RIS seit

20.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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