TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/30 2001/03/0082

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Veröffentlicht am 30.04.2003
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1N;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
59/04 EU - EWR;

Norm

11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art14 idF 32000R0609;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs2 idF 1998/I/017;
VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des F in Dösingen, Deutschland, vertreten durch Dr. Maria Th. Unterlercher, Rechtsanwältin in 6600 Reutte, Schmiedgasse 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. Dezember 2000, Zl. uvs- 2000/9/065-5, betreffend Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 14. August 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

"am 26.7.00 als Lenker des Sattel-Zuges mit dem Kennzeichen ... und ... (D), in der Zeit von 11.40 bis 14.30 Uhr auf der B 179 eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf dem Streckenabschnitt aus Richtung Italien kommend bis zum Fernpaß durchgeführt,

obwohl der betreffende Frächter im Zentralrechner der Ökopunktezentrale Österreichs als gesperrt aufschien, wodurch keine automatische Abbuchung von Ökopunkten erfolgte."

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 4 lit. f der Verordnung (EG) 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 i.V.m. § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 begangen und wurde über ihn gemäß § 23 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 zweiter Satz Güterbeförderungsgesetz 1995 eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen und der Spruch wie folgt neu gefasst:

"Sie haben am 26.07.2000 als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ... in der Zeit von 11.40 Uhr bis 14.30 Uhr auf der B179 aus Italien kommend eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich bis zum Fernpass durchgeführt, ohne ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular (Ökokarte) oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung der Ökopunkte für diese Transitfahrt mitgeführt bzw. dieses vor der Einreise nach Österreich ausgefüllt und entwertet zu haben (Überprüfung des Ecotag hat ergeben: Frächter gesperrt)."

Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 23 Abs. 1 Ziff. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 begangen und wurde über ihn gemäß § 23 Abs. 1 Einleitungssatz i.V.m. Abs. 2 letzter Satz Güterbeförderungsgesetz 1995 i.d.g.F. eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzarrest 4 Tage) verhängt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998 (GütbefG), begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz GütbefG i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998 hat die Geldstrafe bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z. 3 und Z. 7 bis 9 mindestens S 20.000,-- zu betragen.

Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e).

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission und der (am 11. April 2000 in Kraft getretenen) Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs

"die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ...

(1a) Transitfahrten unter den in Anhang C genannten Bedingungen oder im Rahmen von im österreichischen Hoheitsgebiet gültigen CEMT-Genehmigungen sind von der Ökopunkteregelung ausgenommen."

Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 lautet:

"Eine Fahrt, bei der das Fahrzeug entweder eine vollständige Ladung in Österreich absetzt oder aufnimmt und im Fahrzeug geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden, ist ungeachtet der Strecke, über die die Einreise nach Österreich oder die Ausreise erfolgt, von der Entrichtung der Ökopunkte befreit."

Der Beschwerdeführer verweist auf eine der Beschwerde beigelegte Bestätigung des Bundesamtes für Güterverkehr München vom 16. Februar 2001, aus der zu ersehen sei, dass das Unternehmen, für das der Beschwerdeführer die Transitfahrt durchgeführt habe, über ausreichend Öko-Punkte verfügt habe und zum angeführten Zeitpunkt auch nicht gesperrt gewesen sei. Diese Bestätigung stehe somit sowohl hinsichtlich der Verfügbarkeit von Öko-Punkten als auch hinsichtlich der behaupteten Sperre des Frächters im Widerspruch zu den im angefochtenen Bescheid genannten Aufzeichnungen der Fa. Kapsch. Darauf sei bereits in der Berufung hingewiesen worden, es sei jedoch von beiden Instanzen übergangen worden. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei weiters die vom Beschwerdeführer vorgelegte Öko-Punkte-Karte der Behörde gefaxt worden.

Im Hinblick auf das in der Berufung - allein - geltend gemachte Vorbringen, dass bei der Kontrolle eine Öko-Punkte-Karte vorgelegt, die aber vom Kontrollbeamten nicht registriert worden sei, hätte die belangte Behörde - da die Voraussetzungen des § 51e Abs. 3 leg. cit. nicht vorlagen - gemäß § 51e Abs. 1 VStG eine Verhandlung durchführen müssen, bei der sie den Meldungsleger als Zeugen vernehmen hätte müssen. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. April 2003

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001030082.X00

Im RIS seit

13.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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