TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/30 2002/16/0245

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Veröffentlicht am 30.04.2003
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Index

L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §216;
LAO NÖ 1977 §162;
LAO NÖ 1977 §163 Abs2;
LAO NÖ 1977 §164;
LAO NÖ 1977 §186a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der A-AG in Wien, vertreten durch die Jarolim Singer Specht Rechtsanwälte GmbH in Wien II, Obere Donaustraße 63, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Mai 2002, IVW3-BE- 3241901/027-01, betreffend Abrechnung von Abgabenschuldigkeiten (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 332,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Wie im angefochtenen Bescheid festgestellt wird, begehrte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 22. Oktober 1999 die Rückzahlung der für 1998 und für Jänner 1999 bis September 1999 entrichteten Getränkesteuer. Mit Bescheid vom 2. März 2000 wurde die Getränke- und Speiseeissteuer für 1998 mit S 8,068.583,37 und für die Monate Jänner bis September 1999 mit S 5,272.462,10 festgesetzt und der Rückzahlungsantrag abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid vom 2. März 2000 Berufung. Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. September 2000 wurde der Antrag auf Festsetzung der Getränkesteuer 1998 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Für die Monate Jänner bis September 1999 wurde die Getränkesteuer für alkoholische Getränke mit S 0,-- festgesetzt. Der Rückzahlungsantrag wurde abgewiesen.

Mit Eingabe vom 9. Oktober 2000 beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Gleichzeitig beantragte sie die Erlassung eines Abrechnungsbescheides hinsichtlich der Änderung der Abgabenfestsetzung für die "Umsätze mit alkoholischen Getränken für den Zeitraum Jänner bis September 1999".

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. April 2001 wurde über die Berufung entschieden. Mit diesem Bescheid wurde der Antrag auf Festsetzung der Getränkesteuer für den Zeitraum "1 bis 12/1998" wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Weiters wurde die Getränkesteuer für den Zeitraum "1 bis 9/1999" hinsichtlich der Konten A 34 und A 50 unter Hinweis auf eine abgabenbehördliche Prüfung vom 26. Februar 2001 neu festgesetzt. Die auf alkoholische Getränke entfallende Getränkesteuer wurde dabei mit S 0,-- festgesetzt. Der Rückzahlungsantrag wurde mit Spruchteil 3. unter Hinweis auf die §§ 186 Abs 1 und 186a NÖ Abgabenordnung 1977 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, die Abgabe sei auf den Endverbraucher überwälzt und wirtschaftlich vom Kunden getragen worden. Damit sei die Rückzahlung der entrichteten Getränkesteuer auf alkoholische Getränke ausgeschlossen. Der Bescheid vom 12. April 2001 erwuchs in Rechtskraft.

Mit Eingabe vom 17. Mai 2001 wurde die Erledigung des Antrages vom 9. Oktober 2000 auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides urgiert. Durch die Berufungsvorentscheidung müsse der Beschwerdeführerin ein Betrag von S 5,234.490,-- gutgeschrieben worden sein.

Mit Abrechnungsbescheid vom 1. Juni 2001 wurde festgestellt, dass auf den beiden Abgabenkonten der Beschwerdeführerin für den Zeitraum "1/1999 bis 9/1999" für Getränke- und Speiseeissteuer folgende Beträge verbucht worden seien:

Konto A 34 (15914)

 

 

vorgeschriebene Getränkesteuer:

S

130.996,44

vorgeschriebene Speiseeissteuer

S

6.011,00

Summe

S

137.007,44

Abzüglich abgestatteter Beträge

S

136.799,00

Differenz

S

108,44

Konto A 50 (32302)

 

 

Vorgeschriebene Getränkesteuer

S

5,135.662,65

Abzüglich abgestattete Beträge

S

5,135.661,00

Differenz

S

1,65

In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, nach § 186a NÖ Abgabenordnung sei eine auf Grund eines rechtswidrigen Abgabengesetzes erlassene Abgabenvorschreibung unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen weder gutzuschreiben noch zurückzuzahlen. Der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Schwechat vom 12. April 2001 bedeute zwar, dass die Getränkesteuer aus alkoholischen Getränken mit S 0,-- festgesetzt worden ist; diese Nullfestsetzung ziehe aber keine buchhalterische Auswirkung nach sich, da der Differenzbetrag von S 5,234.490,-- weder gutzuschreiben noch zurückzuzahlen sei.

In der Berufung gegen diesen Abrechnungsbescheid wurde ausgeführt, im Abrechnungsbescheid sei der Spruchteil 2 der Berufungsvorentscheidung nicht berücksichtigt worden. Bei ordnungsgemäßer Gebarung hätte die Berufungsvorentscheidung durch Nullstellung der Abgabenschuld für alkoholische Getränke auf den Abgabenkonten A 34 und A 50 ihren Niederschlag finden müssen. Nach § 186a NÖ AO 1977 habe die Abgabenbehörde auszusprechen, in welchem Umfang die Abgabe nicht gutzuschreiben oder nicht zurückzuzahlen ist, weil die Abgabe insoweit wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden ist. Weder die Berufungsvorentscheidung vom 12. September 2000 noch die Berufungserledigung vom 12. April 2001 enthielten in ihrem Spruch eine derartige Anordnung.

Mit Bescheid vom 13. September 2001 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, bei einem Abrechnungsbescheid gehe es ausschließlich um die Beurteilung von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Abgabepflichtigen und der Behörde bezüglich feststehender Zahlungsverpflichtungen und tatsächlichen Zahlungen (Tilgungen), nicht jedoch um rechtliche Fragen des Bestehens oder Nichtbestehens einer Abgabenschuld. Solche Fragen seien im entsprechenden Abgabenverfahren zu klären.

Mit Eingabe vom 1. Oktober 2001 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 13. September 2001 Vorstellung. Darin wurde insbesondere ausgeführt, aus der inzwischen rechtskräftig gewordenen Neufestsetzung (Herabsetzung) der Abgabenschuld würden Gutschriften resultieren, die sich auf den Abgabenkonten hätten niederschlagen müssen. Die Stadtgemeinde Schwechat weigere sich, die Abgabenminderungen von S 5,234.490,19 auf den Steuerkonten zu buchen. Der Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides sei lediglich auf die Herstellung eines dem gegenwärtigen Rechtsbestand der Abgabenfestsetzung entsprechenden Kontostands auf den Abgabenkonten der Beschwerdeführerin gerichtet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, es seien dadurch, dass mit dem Bescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 12. April 2001 die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke einerseits mit S 0,-- festgesetzt, der Rückzahlungsantrag aber abgewiesen worden sei, keine Änderungen auf dem Abgabenkonto eingetreten. Daraus folge, dass ein rückzahlbares oder (nur) verrechenbares Guthaben nicht habe entstehen können.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 9. Oktober 2002, B 1074/02, abgelehnt. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtete sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die belangte Behörde die Entscheidung des Stadtrats der mitbeteiligten Stadtgemeinde, keine Richtigstellung des Kontostandes der beiden für die Beschwerdeführerin geführten Abgabenkonten vorzunehmen, bestätigt habe.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte Teile der Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, ohne eine Kostenantrag zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gemäß § 164 der Niederösterreichischen Abgabenordnung (NÖ AO) darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid). Über den engen Wortlaut dieser Bestimmung hinaus dient diese Bestimmung der Klärung umstrittener abgabenrechtlicher Gebarungsakte schlechthin (vgl Ritz, BAO2, § 216, Rz 3 und die dort angeführte hg Rechtsprechung).

Nach § 186 NÖ AO kann die Rückzahlung von Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Gemäß § 186a Abs 1 NÖ AO hat die Abgabenbehörde, die eine auf Grund eines rechtswidrigen Abgabengesetzes erlassene Abgabenvorschreibung aufhebt oder abändert, auszusprechen, in welchem Umfang die Abgabe nicht gutzuschreiben oder nicht zurückzuzahlen ist, weil die Abgabe insoweit wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden ist. Soweit eine derartige überwälzte Abgabe noch nicht entrichtet worden ist, hat die Abgabenbehörde diese mit gesondertem Bescheid vorzuschreiben.

Aus dem ersten Satz des § 186a Abs 1 NÖ AO folgt also, dass die Aufhebung oder Änderung einer vorgeschriebenen, solcherart überwälzten Abgabe nicht zu einer Gutschrift iS des § 162 NÖ AO (ungefähr vergleichbar § 214 BAO) führen kann. Ein entsprechender Rückzahlungsantrag ist - mangels Vorhandensein eines Guthabens iS des § 163 Abs 2 NÖ AO - nicht begründet.

Von der Beschwerdeführerin wird allein geltend gemacht, dass bei der "Abbildung" der Kontostände im Abrechnungsbescheid die Abgabenfestsetzungen im Spruchteil 2.) des rechtskräftigen Bescheides vom 12. April 2001 nicht berücksichtigt worden seien. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass im Bescheid vom 12. April 2001 ein Ausspruch, "in welchem Umfang die Abgabe nicht gutzuschreiben oder nicht rückzuzahlen ist, weil sie wirtschaftlich von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen worden ist," nicht enthalten sei.

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugestehen, dass der Spruch des letztinstanzlichen Bescheides der Abgabenbehörde vom 12. April 2001 den im § 186a NÖ AO vorgesehenen Ausspruch wörtlich nicht enthält. Spruch und Begründung eines Bescheides bilden jedoch eine Einheit, sodass für die Ermittlung des Sinnes eines Bescheides auch die Begründung heranzuziehen ist, insbesondere wenn wegen Unklarheit des Spruches an seinem Inhalt Zweifel bestehen. In einem solchen Fall ist also die Begründung des Bescheides als Auslegungsbehelf heranzuziehen (vgl zB das hg Erkenntnis vom 28. September 1998, Zl 96/16/0135).

In dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides maßgeblichen in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 12. April 2001 wurde einerseits die Vorschreibung der auf alkoholische Getränke entfallenden Getränkesteuer für Jänner bis September 1999 aufgehoben. Gleichzeitig wurde der Antrag auf Rückzahlung dieser Abgabe unter ausdrücklichem Hinweis auf § 186a NÖ AO abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde auf Grund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ausgeführt, die Abgabe sei vom Endverbraucher getragen worden, was die Rückzahlung der entrichteten Getränkesteuer auf alkoholische Getränke ausschließe. Bei verständiger Würdigung des Gesamtinhalts dieses Bescheides vom 12. April 2001 ist davon auszugehen, dass der Ausspruch über die Verweigerung der Rückzahlung der in Rede stehenden Abgaben den Ausspruch über die Verweigerung einer Gutschrift dieser Abgaben einschließt. Daraus folgt aber, dass durch diesen Bescheid auf den Abgabenkonten der Beschwerdeführerin eine Gutschrift der entrichteten Getränkesteuer auf alkoholische Getränke nicht erfolgen konnte. Damit entspricht der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Abrechnungsbescheid im Ergebnis dem Gesetz.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff iVm der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002160245.X00

Im RIS seit

24.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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