TE Vfgh Erkenntnis 2000/3/4 G155/99, V83/99

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Veröffentlicht am 04.03.2000
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Krnt KAO 1992 §4 Abs3
Krnt Landes-Krankenanstaltenplan. LGBl 153/1992 §4

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung der Krnt Krankenanstaltenordnung und der Gesetzwidrigkeit einer Bestimmung des Krnt Landes-Krankenanstaltenplans betreffend eine Bedarfsprüfung auch für private nicht gemeinnützige Krankenanstalten wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit

Spruch

§4 Abs3 der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1992, LGBl. Nr. 2/1993, war verfassungswidrig.

§4 der Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 15. Dezember 1992, Z14-SV-4625/1/1992, LGBl. Nr. 153/1992, mit der der Kärntner Landes-Krankenanstaltenplan erlassen wurde, war gesetzwidrig.

Der Landeshauptmann von Kärnten ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Kärnten verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B2742/96 eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. Juli 1996 anhängig, mit dem der Antrag der Lymphologieklinik Wolfsberg GmbH auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Sonderkrankenanstalt für Lymphologie (mit vorerst 60, in weiterer Folge geplanten 100 Betten) in Wolfsberg gemäß §5 Abs2 der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1992, LGBl. Nr. 2/1993 idF LGBl. Nr. 86/1995 iVm §4 des Kärntner Landes-Krankenanstaltenplanes, LGBl. Nr. 153/1992 idgF abgewiesen wurde.

Diesem Bescheid liegt die Rechtsanschauung der belangten Behörde zugrunde, daß die Zielsetzung des §1 Abs1 des genannten Landeskrankenanstaltenplanes (in der Folge: LKA-Plan) der angestrebten Bewilligung entgegenstehe, nach dem auch betreffend die gegenständliche Krankenanstalt, die eine private, nicht gemeinnützige Anstalt gemäß §2 Z2 Ktn. KAO sei, auf eine Verringerung der Zahl der Akutbetten und der personellen und apparativen Kapazitäten hinzuwirken sei. Außerdem sehe der Krankenanstaltenplan keine Sonderkrankenanstalt für Lymphologie vor. Auch ein zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht erstellter, aber geplanter österreichischer Krankenanstaltenplan würde eine solche Sonderkrankenanstalt für Lymphologie nicht vorsehen, sondern von Kärnten einen weiteren Abbau von Akutbetten verlangen. Wie im übrigen eine Umfrage in den öffentlichen Krankenanstalten Kärntens ergeben habe, könnten diese die für die geplante Anstalt vorgesehenen Patienten aufnehmen, medizinisch adäquat und ausreichend stationär und ambulant versorgen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die bewilligungswerbende Gesellschaft eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der sie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragte und behauptete, durch die Anwendung verfassungswidriger Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen (insbes. §8 Abs2 Ktn. Landeskrankenordnung und §4 des Ktn. Landeskrankenanstaltenplanes samt dessen Anlage) sowie durch Vollzugsmängel in ihrem Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung und im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt zu sein.

3.1. Bei der Behandlung dieser Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit von §4 Abs3 der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1992, LGBl. Nr. 2/1993, und ob der Gesetzmäßigkeit von §4 der Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 15. Dezember 1992, Z14-SV-4625/1/1992, LGBl. Nr. 153/1992, mit der der Kärntner Landes-Krankenanstaltenplan erlassen wurde, entstanden. Der Gerichtshof hat daher mit Beschluß vom 14. Oktober 1999 von Amts wegen ein Gesetzes- und ein Verordnungsprüfungsverfahren bezüglich dieser Bestimmungen eingeleitet.

4.1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich dar wie folgt:

4.1.1. Gemäß §5 Abs2 Kärtner Krankenanstaltenordnung (in der Folge: Ktn. KAO) in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 86/1995 bedarf die Errichtung einer Krankenanstalt der Bewilligung der Landesregierung. Eine solche Bewilligung darf gem. §8 Abs2 lita Ktn. KAO idF LGBl. Nr. 86/1995 nur erteilt werden, wenn

"nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater, gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag ein Bedarf gegeben"

ist.

4.1.2. In §4 Abs1 bis 3 der Ktn. KAO idF der Novelle LGBl. Nr. 97/1992, wiederverlautbart mit Kundmachung LGBl. für Kärnten Nr. 2/1993, war die Erlassung eines Landes-Krankenanstaltenplans durch die Landesregierung vorgesehen; §4 Abs1 2. Satz leg. cit. formulierte die Zielvorgabe,

"dabei mit Ausnahme der Abteilungen für Psychiatrie und Neurologie auf eine Verringerung der Zahl der Akutbetten und der personellen und apparativen Kapazitäten in folgenden Krankenanstalten hinzuwirken:

1.

öffentliche Krankenanstalten gemäß §2 Z. 1 und 2,

2.

private, gemeinnützige Krankenanstalten gemäß §2 Z. 1 und 2, ausgenommen Krankenanstalten des Bundes und der Träger der Sozialversicherung,

3.

private, nicht gemeinnützige Krankenanstalten gemäß §2

Z. 1, 2, und 6."

§4 Abs2 leg. cit. nennt Umstände, auf die bei der Erstellung des Landes-Krankenanstaltenplanes Bedacht zu nehmen gewesen ist, wozu vor allem (lita) der gegenwärtige und zukünftige Bedarf an Leistungen der Krankenanstalten der Akut-, Dauer- und Langzeitversorgung zählte.

§4 Abs3 leg. cit. schließlich lautete:

"(3) Der Landes-Krankenanstaltenplan hat die Wirkung, daß Bewilligungen nach §5 Abs2 für die im Abs1 genannten Krankenanstalten nur erteilt werden dürfen, wenn dies mit den im Landes-Krankenanstaltenplan zur Erreichung der in den Zielsetzungen der Abs1 und 2 enthaltenen Vorgaben nicht in Widerspruch steht."

4.1.3. Aufgrund des §4 KAO in der genannten Fassung wurde mit Verordnung der Landesregierung vom 15. Dezember 1992, Z14-SV-4625/1/1992, LGBl. Nr. 153/1992, geändert durch Verordnung vom 6. September 1994, Z14-Ges-1487/1/1994, LGBl. Nr. 81/1994, der Kärntner Landes-Krankenanstaltenplan erlassen, welcher in §1 der Verordnung seine Ziele in Übereinstimmung mit §4 Abs1 KAO darstellt und in einer gem. §2 festgelegten "Anlage" den Bedarf an systemisierten Betten in den in §4 Abs1 KAO (§1 Abs1 der Verordnung) genannten Krankenanstalten festlegt. Dieser Bedarf wird ab dem 1. Jänner 1993 bzw. ab dem 1. Jänner 1998 für öffentliche

Krankenanstalten (Abschnitt I), private gemeinnützige

Krankenanstalten (Abschnitt II) und private nicht gemeinnützige Krankenanstalten (Abschnitt III) an verschiedenen Standorten in Kärnten anhand von Bettenstandzahlen für verschiedene medizinische Fachrichtungen festgelegt. Am Standort Wolfsberg sind für die Fachrichtung Innere Medizin 123 Betten ab 1.1.1993 und 118 Betten ab 1.1.1998 in öffentlichen Krankenanstalten vorgesehen, nicht aber Betten für die Fachrichtung der Lymphologie. Betten für private Krankenanstalten in Wolfsberg sieht die Anlage nicht vor.

Der in Prüfung gezogene §4 des Landeskrankenanstaltenplans lautet:

"Bewilligungen

Bewilligungen nach §4 Abs2 KAO dürfen für die im §1 Abs1 genannten Krankenanstalten nur erteilt werden, wenn dies zur Erreichung der in den Zielsetzungen des §1 enthaltenen Vorgaben und zu §2 nicht in Widerspruch steht."

5. Die Erwägungen, die den Gerichtshof zur Einleitung der Prüfungsverfahren bewogen haben, legte er in seinem Prüfungsbeschluß wie folgt dar:

"Nach §5 Abs2 Ktn. KAO bedarf die Errichtung einer Krankenanstalt der Bewilligung der Landesregierung. Die Bewilligung darf nur nach einer den Bedarf bejahenden Prüfung im Sinn des §8 Abs2 lita Ktn. KAO erteilt werden; die gegenständliche Anstalt ist eine solche mit stationärer Patientenaufnahme, sodaß nur der Grundanwendungsfall dieser Bestimmung anzuwenden ist, wonach eine Bedarfsprüfung nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen durchzuführen ist.

Diese Bewilligungsvoraussetzung wird für öffentliche und private gemeinnützige Krankenanstalten iSv §2 Z1 u. 2 Ktn. KAO und für private nicht gemeinnützige Krankenanstalten iSd §2 Z1, 2 und 6 Ktn. KAO durch §4 Abs3 Ktn. KAO um eine weitere ergänzt: Danach dürfen im Fall eines nach §4 Abs1 und 2 Ktn. KAO von der Landesregierung erlassenen Landes-Krankenanstaltenplanes Errichtungsbewilligungen für diese Anstalten (und somit auch für die hier in Rede stehenden), nur erteilt werden, wenn dies mit den im Plan zur Erreichung der in den Zielsetzungen der Abs1 und 2 des §4 Ktn. KAO enthaltenen Vorgaben nicht im Widerspruch steht. Diese Zielsetzungen, die insofern den gesetzlichen Rahmen des LKA-Planes abstecken, bestehen in der Verringerung der Zahl der Akutbetten und der personellen und apparativen Kapazitäten in den genannten Anstalten mit Ausnahme der Abteilungen für Psychiatrie und Neurologie (Abs1 leg. cit.), sowie in der Bedachtnahme auf bestimmte Parameter, wie etwa den Bedarf an Akut-, Dauer- und Langzeitversorgung oder die Aufgaben der Krankenanstalten in der Versorgung der Bevölkerung mit stationärer ärztlicher Betreuung und Anstaltspflege sowie ambulanter Behandlung (Abs2 leg. cit.).

§1 des oben wiedergegebenen Kärntner LKA-Planes entspricht nun unter dem Titel "Ziele" inhaltlich im wesentlichen den genannten Zielsetzungen des §4 Ktn. KAO, wobei sein Abs1 §4 Abs1 leg.cit. zum Großteil wörtlich wiedergibt und (in Z3) auch normiert, daß in privaten, nicht gemeinnützigen Krankenanstalten auf eine Verringerung der Zahl der Akutbetten und der Kapazitäten hinzuwirken ist.

Nach §4 des LKA-Planes iVm §1 Abs1 des Planes (respektive §4 Abs1 Ktn. KAO) dürfen Bewilligungen für öffentliche, private gemeinnützige und private nicht gemeinnützige Krankenanstalten iSv §2 Z1, 2 bzw. 6 Ktn. KAO nur erteilt werden, wenn dies zur Erreichung der in §1 enthaltenen Vorgaben und zu §2 nicht in Widerspruch steht, wobei §2 anordnet, daß sich der Bedarf an systemisierten Betten - auch bezüglich privater nicht gemeinnütziger, im Abschnitt III der Anlage des Planes erfaßter Krankenanstalten wie der gegenständlichen - aus der Anlage des Planes ergibt.

... Diese, die Voraussetzungen für die Bewilligung auch privater erwerbswirtschaftlicher Krankenanstalten regelnden Bestimmungen machen die Erteilung der Bewilligung solcher Anstalten vom Vorhandensein eines örtlichen Bedarfs nach Erbringung bestimmter Tätigkeiten abhängig und greifen daher in die Erwerbsfreiheit jener Personen ein, die nicht im Besitze einer entsprechenden Berechtigung sind, eine solche aber anstreben. Ein solcher Eingriff behindert den Zugang dieser Personen zu einer Erwerbstätigkeit. Derartige Beschränkungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs nur zulässig, wenn sie durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, dieser adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen und verhältnismäßig sind (vgl. zB VfSlg. 11.276/1987, 11.625/1988, 11.853/1988, 12.082/1989, 12.098/1989).

... In seinem Erkenntnis VfSlg. 13023/1992 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine Bedarfsprüfung für zu errichtende, erwerbswirtschaftlich geführte private Krankenanstalten mit dem Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG unvereinbar ist, wenn diese Bedarfsprüfung nicht nur dem Konkurrenzschutz bestehender öffentlicher oder privater, gemeinnütziger Krankenanstalten, sondern jenem von privaten erwerbswirtschaftlich geführten Krankenanstalten untereinander dient.

... Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund ist der - hier präjudizielle - Grundanwendungsfall des §8 Abs2 lita der Ktn. KAO verfassungsrechtlich unbedenklich, der nur den Schutz öffentlicher, privater gemeinnütziger oder sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen und somit von gemeinnützigen Anstalten (im weiteren Sinn) im Auge hat, die durch öffentliche Mittel (mit-)finanziert werden und daher dem öffentlichen Gesundheitssystem zugehörig sind, nicht aber einen Konkurrenzschutz für private erwerbswirtschaftlich geführte, nicht gemeinnützige Krankenanstalten vermittelt.

... Es scheint jedoch durch die Einbeziehung auch privater erwerbswirtschaftlicher Krankenanstalten in die Landeskrankenanstaltenplanung in Verbindung mit dem in §4 Abs3 der KAO normierten, zusätzlichen Bewilligungserfordernis, welches auf die Übereinstimmung mit dem im Landeskrankenanstaltenplan festgelegten Bedarf abstellt, ein im Sinne der zitierten Rechtsprechung verfassungswidriger Konkurrenzschutz bestehender (in den Landeskrankenanstaltenplan aufgenommener) privater Krankenanstalten vor neu zu errichtenden privaten Krankenanstalten herbeigeführt zu werden.

... Auf §4 Abs3 KAO beruht die im Wesentlichen gleichlautende Regelung des §4 des Kärntner Krankenanstaltenplans, Verordnung der Kärnter Landesregierung LBGl. Nr. 153/1992, welche für den Fall der Aufhebung des §4 Abs3 KAO somit ihre Rechtsgrundlage verlöre; sie war daher gem. Art139 B-VG gleichfalls in Prüfung zu ziehen."

6.1. Die Kärtner Landesregierung, welche die auf die prüfungsgegenständliche Verordnung Bezug habenden Akten bereits im Verfahren des Anlaßfalles vorgelegt hatte, teilte dem Verfassungsgerichtshof mit Schreiben vom 23. November 1999 mit, auf eine Äußerung zu verzichten.

6.2. Die (mitbeteiligte) beschwerdeführende Gesellschaft des Anlaßverfahrens hat eine Äußerung erstattet, in der sie - auf die Ausführungen ihrer Beschwerde zurückgreifend - den vorläufigen Standpunkt des Verfassungsgerichtshofes unterstützt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Prüfungsverfahren haben nicht ergeben, daß die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, er habe die in Prüfung gezogenen Bestimmungen anzuwenden, unzutreffend wäre. Da auch sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, sind das Gesetzeswie auch das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Auch ist in den Prüfungsverfahren nichts hervorgekommen, was die inhaltlichen Bedenken des Gerichtshofes zerstreut hätte.

Diese haben sich vielmehr als zutreffend erwiesen:

2.1.1. Das Bewilligungsregime für öffentliche, private gemeinnützige und private nicht gemeinnützige Krankenanstalten nach der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1992 umfaßt nicht nur das vom Verfassungsgerichtshof als unbedenklich erachtete (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. März 1999, G64,65/98 und die darin wiedergebene weitere Rechtsprechung) Bedarfsprüfungsverfahren iS des §8 Abs2 lita KAO sondern - als weitere Bewilligungsvoraussetzung - die Übereinstimmung mit der Bedarfsfestschreibung des jeweiligen Landeskrankenanstaltenplans. Der hier maßgebliche Kärntner Landeskrankenanstaltenplan enthält der Sache nach eine umfassende, abschließende Regelung über die Zulässigkeit auch privater, nicht gemeinnütziger (sohin erwerbswirtschaftlich geführter) Krankenanstalten nach Maßgabe eines vom Verordnungsgeber angenommenen, nach der Anzahl von Betten und des medizinischen Zweiges der Krankenanstalt festgelegten Bedarfs, und zwar nicht etwa nur in der Richtung, daß eine dem angenommenen Bedarf entsprechende Lage und Größe entsprechender Krankenanstalten anzustreben sei: Die Errichtung von Krankenanstalten, die über diesen Bedarf hinausgehen, ist danach vielmehr schlechthin unzulässig, dies auch dann, wenn die geplante Krankenanstalt zur Gänze ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel betrieben werden soll.

2.1.2. Eine Vorschrift, welche die Erteilung einer Konzession vom Vorhandensein eines örtlichen Bedarfs nach Erbringung bestimmter Tätigkeiten abhängig macht, greift in die Erwerbsfreiheit jener Personen ein, die nicht im Besitze einer entsprechenden Berechtigung sind, eine solche aber anstreben. Ein solcher Eingriff behindert den Zugang dieser Personen zu einer Erwerbstätigkeit. Derartige Beschränkungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs nur zulässig, wenn sie durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, dieser adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind (vgl. zB VfSlg. 11276 und 11503/1987; 12296/1990 uva).

2.1.3. Wie jede Bedarfsprüfung dient auch die vorliegendenfalls in Prüfung gezogene gesetzliche Regelung dem Schutz bestehender Unternehmungen vor zusätzlicher Konkurrenz. Einen solchen Konkurrenzschutz hat der Verfassungsgerichtshof nur dann als mit dem Grundrecht der Erwerbsfreiheit vereinbar angesehen, wenn besondere Gründe für eine derartige Einschränkung sprechen, so wenn es sich um die Regelung "sensibler Bereiche" handelt (vgl. zu Medien VfSlg. 13725/1994), insbesondere etwa dann, wenn die Regelung dem Ziel der Sicherung einer flächendeckenden, qualifizierten ärztlichen Versorgung (VfSlg. 13826/1994), der bestmöglichen Heilmittelversorgung der Bevölkerung (vgl. VfSlg. 10386/1985, 10692/1985, 15103/1998 uva) oder der Existenzsicherung des bestehenden Gesundheitssystems (Erkenntnis vom 10. März 1999, G64,65/98) dienen.

2.1.4. In seinem Erkenntnis VfSlg. 13023/1992 hat der Verfassungsgerichthof anerkannt, daß der medizinischen Versorgung der Bevölkerung durch gemeinnützige Einrichtungen, unabhängig davon, ob sie von einer Gebietskörperschaft, einem sonstigen Rechtsträger oder von Privatpersonen betrieben werden, vorrangige Bedeutung zukommt. Dies insbesondere auch deshalb, weil durch öffentliche Mittel eine für den einzelnen finanziell tragbare medizinische Behandlung sichergestellt wird.

2.1.5. Wenn die Bewilligung zur Errichtung einer privaten, nicht gemeinnützigen Krankenanstalt von einem Bedarf schlechthin abhängig gemacht wird, liegt darin im Lichte der im Prüfungsbeschluß genannten Rechtsprechung, insbesondere des wiederholt erwähnten Erkenntnisses VfSlg. 13023/1992, ein verfassungswidriger Konkurrenzschutz für bereits bestehende, erwerbswirtschaftlich geführte private Krankenanstalten gegenüber entsprechenden, neu zu errichtenden Krankenanstalten.

Der durch das Bewilligungsregime der Kärnter Krankenanstaltenordnung und des Kärntner Krankenanstaltenplanes bewirkte Eingriff in die Erwerbsfreiheit von Bewilligungswerbern ist daher unzulässig, weil auch private, nicht gemeinnützige, ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel geführte Krankenanstalten in eine bedarfsorientierte Krankenanstaltenplanung miteinbezogen werden.

2.1.6. Sitz der Verfassungswidrigkeit ist §4 Abs3 Ktn. Krankenanstaltenordnung, der die Errichtungsbewilligung (auch) privater nicht gemeinnütziger Krankenanstalten von der Übereinstimmung mit dem im Landeskrankenanstaltenplan festgelegten Bedarf abhängig macht.

Da die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung des §4 Abs3 der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1992, LGBl. Nr. 2/1993, seit der Neufassung des §4 Krankenanstaltenordnung durch die am 1. Jänner 1997 in Kraft getretene Novelle, LGBl. Nr. 82/1997, nicht mehr in Geltung steht, war gemäß Art140 Abs4 B-VG auszusprechen, daß sie verfassungswidrig war.

2.2. Auf §4 Abs3 der Kärntner Krankenanstaltenordnung war der im wesentlichen gleichlautende §4 des Kärntner Krankenanstaltenplanes, LGBl. Nr. 153/1992, gestützt, der sohin seine Rechtsgrundlage verloren hat.

Da auch diese Verordnungsbestimmung (wie auch der übrige Landeskrankenanstaltenplan in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung) seit der Neufassung des Kärnter Krankenanstaltenplans mit der am 29. Juli 1998 in Kraft getretenen Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 7. Juli 1998, Z14-Ges-252/6/98, LGBl. Nr. 45/1998, außer Kraft getreten ist, war gemäß Art139 Abs4 B-VG auszusprechen, daß sie gesetzwidrig war.

3. Der Ausspruch über die Kundmachungpflicht stützt sich auf Art140 Abs5 bzw. Art139 Abs5 B-VG und §§64 f. bzw. 60 f. VerfGG sowie auch auf §2 Abs1 Z6 und 6a Ktn. KundmachungsG, LGBl. Nr. 25/1986.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Erwerbsausübungsfreiheit, Krankenanstalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:G155.1999

Dokumentnummer

JFT_09999696_99G00155_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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