TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/8 2001/06/0134

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Veröffentlicht am 08.05.2003
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Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §10 Abs2;
BauO Tir 1998 §25 Abs2;
BauRallg;
ZustG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Dr. J R in R, vertreten durch Dr. Kurt Zangerl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. September 2001, Zl. Ve1-550-2985/1-1, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. G R in R, vertreten durch Dr. Walter Anderl, Rechtsanwalt in 6290 Mayrhofen, Waldbadstraße 537, und

2. Gemeinde R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 5. Juli 1999 beantragte der Erstmitbeteiligte die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit 5 Wohnungen auf der in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft Grundstück Nr. 1219/24 KG R.

Über dieses Ansuchen fand am 14. März 2000 eine öffentliche mündliche Bauverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer persönlich teilnahm und Einwendungen erhob, die bereits am Tag zuvor mittels Schriftsatzes seines Rechtsvertreters, des nunmehrigen Beschwerdevertreters, formuliert worden waren. Auf Grund dieser Einwendungen und auch einer negativen Stellungnahme des beigezogenen bautechnischen Sachverständigen wurde - nach dem Inhalt des über die Verhandlung angefertigten Protokolls - die Bauverhandlung "unterbrochen" bis zur Vorlage geänderter Pläne.

Mit gänzlichem neuerlichem Baugesuch vom 9. Mai 2000 beantragte der Erstmitbeteiligte die Bewilligung für die Errichtung eines Neubaus eines Wohnhauses mit 3 Wohnungen auf dem bereits bezeichneten Grundstück.

Auch gegen dieses Projekt erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Einwendungen, wobei der von ihm verfasste Schriftsatz keinen Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis enthielt. In der über das Baugesuch für den 2. August 2000 anberaumten Bauverhandlung war der Beschwerdeführer durch seine Ehegattin, nicht aber durch einen Rechtsvertreter vertreten.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 14. August 2000 wurde dem Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung auf Grund der geänderten Pläne unter Festsetzung von Auflagen erteilt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer - wiederum ohne Beteiligung eines Rechtsvertreters - Berufung.

Mit dem Bescheid des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 28. Mai 2000 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid, der dem Beschwerdeführer wiederum persönlich zugestellt wurde, erhob er Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte sie im Wesentlichen aus, für die betroffenen Grundstücke existiere kein Bebauungsplan. Der Nachbar könne somit die Nichteinhaltung der Bestimmungen über die Bauflucht- und Baugrenzlinien, der Bauweise und -höhe nicht geltend machen. § 115 TROG vermittle keine subjektiv-öffentlichen Rechte. Dasselbe gelte für die Einwendungen betreffend Bebauungsdichte, Beeinträchtigung des Verkehrs, Einhaltung der Stellplatzvorschriften und Ortsbildschutz. Ein allenfalls in erster Instanz unterlaufener Verfahrensfehler durch Nichtzustellung des Sachverständigengutachtens sei bereits durch das Berufungsverfahren saniert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Zustellung des Bescheides an seinen bevollmächtigten Vertreter sowie auf ordnungsgemäßes Parteiengehör" verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Bescheid sei lediglich ihm persönlich, nicht jedoch seinem Rechtsvertreter zugestellt worden; damit liege keine rechtswirksame Zustellung an ihn vor. Schon der erstinstanzliche Bescheid, aber auch der Berufungsbescheid seien ihm (wie auch dem Bauwerber) persönlich, nicht aber dem jeweiligen Vertreter zugestellt worden. Damit läge ein Nichtbescheid vor. Die belangte Behörde hätte somit die Vorstellung des Beschwerdeführers dagegen nicht inhaltlich behandeln dürfen, sondern zurückweisen müssen.

Dieses Vorbringen kann dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg verhelfen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Nach Abs. 6 dieser Bestimmung schließt die Bestellung eines Bevollmächtigten nicht aus, dass der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt.

Nach § 9 Abs. 1 Zustellgesetz hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtiger bestellt ist, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Entscheidende Frage ist im Beschwerdefall, ob sich der Beschwerdeführer zu Recht auf eine Vertretung durch seinen Rechtsfreund berufen durfte. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass trotzdem in der Niederschrift über die am 14. März 2000 stattgefundene (1.) Bauverhandlung von einer "Unterbrechung" derselben bis zur Vorlage geänderter Pläne die Rede ist, auf Grund der Einreichung eines neuen Bauansuchens mit wesentlich geänderten Plänen ein neues, von ursprünglichen Verfahren unterschiedliches, sohin kein einheitliches Bauverfahren vorliegt (vgl. zu diesem Themenkreis als Beispiel für viele das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 95/06/0185).

Grundsätzlich bezieht sich jede Bevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte durch schriftliche Vollmacht ausgewiesen hat oder sich auf eine ihm erteilte Vollmacht berufen hat. Die Behörden sind nicht berechtigt, die Partei im Verfahren über eine andere bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheit ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Bevollmächtigten vertreten zu behandeln, es sei denn, dass die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtsachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmissverständlich zu erkennen gegeben hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Oktober 1990, Zl. 90/04/0128, und vom 23. Januar 1992, Zl. 91/06/0190). Die Tatsache allein, dass in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt wurde oder der vertretende Rechtsanwalt sich auf die erteilte Vollmacht berufen hat, reicht hierzu nicht aus. Es kommt also darauf an, ob eine Parteienerklärung in dem anhängigen Verfahren vorliegt, die so gedeutet werden kann, dass auch das andere (neue) Verfahren von der Vertretungsbefugnis des für das Erstverfahren Bevollmächtigten erfasst sein soll.

Der Beschwerdeführer hat in dem Verfahren über den geänderten Bauantrag keinen solchen Hinweis auf ein noch fortgesetztes Vertretungsverhältnis gegeben. Bei der über das neue Bauansuchen abgehaltenen Bauverhandlung vom 2. August 2000 nahm in seiner Vertretung seine Ehegattin teil, die auf Einwendungen verwies, welche er persönlich bereits vor der Bauverhandlung schriftlich eingebracht hatte. Sowohl die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid als auch die Vorstellung gegen den zweitinstanzlichen Bescheid wurden von ihm selbst verfasst. Erstmals in der Beschwerde beruft sich der Beschwerdeführer darauf, auch im vorliegenden Bauverfahren über das Bauansuchen vom 9. Mai 2000 anwaltlich vertreten gewesen zu sein. Damit kann der Behörde nicht als rechtswidrig unterstellt werden, wenn sie vom Nichtvorliegen eines aufrechten Vertretungsverhältnisses ausgegangen ist und die Zustellungen der Bescheide an den Beschwerdeführer persönlich vorgenommen hat.

Da sich die belangte Behörde somit zutreffend inhaltlich mit dem Bauantrag und den dagegen vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt hat, der Beschwerdeführer jedoch dagegen keine inhaltlichen Ausführungen in der Beschwerde vorbringt, war diese gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001 Wien, am 8. Mai 2003

Schlagworte

Ende Vertretungsbefugnis Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1 Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001060134.X00

Im RIS seit

12.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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