TE Vfgh Erkenntnis 2008/2/25 B4/07

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Veröffentlicht am 25.02.2008
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Index

L2 Dienstrecht
L2400 Gemeindebedienstete

Norm

BDG 1979 §38
Wr DienstO 1994 §19

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchdie Versetzung einer Oberärztin in ein anderes Spital; vertretbareAnnahme der Zulässigkeit einer Versetzung nach dem Wiener Dienstrechtaus Dienstrücksichten im Gegensatz zum Bundesdienstrecht

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin steht in einem

öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Sie war als stationsführende Oberärztin in der Palliativstation der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin des Krankenhauses Lainz in Wien beschäftigt. Ende des Jahres 2004 kam es zu einer Überprüfung der Gebarung der Station für Palliativmedizin durch die Interne Revision der Magistratsdirektion. Auf Grund des diesbezüglichen Rohberichtes erging an den Ärztlichen Direktor des Krankenhauses Lainz ein mit 14. Februar 2005 datiertes Schreiben des Generaldirektor-Stellvertreters des Wiener Krankenanstaltenverbundes iW folgenden Inhalts:

"Weisung zum Rohbericht der [Magistratsdirektion - Geschäftsbereich Personal und Revision/Gruppe Interne Revision]

[Krankenhaus Lainz] - Station für Palliativmedizin/Gebarung

...

Zu oben angeführte[m] Betreff ersuche ich Sie um die Umsetzung folgender Maßnahmen:

...

Die Verbesserung der Ausbildung [der Beschwerdeführerin] (z.B. Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin, vertiefte praktische Kenntnis in Tumorerkrankungen und deren Behandlung, profunde Kenntnis der gängigen und spezialisierten Methoden der Schmerzbekämpfung) mit Schulungen in Palliativmedizin auch außerhalb Wiens ist zu veranlassen.

..."

Dieser Weisung entsprechend erstellte der Ärztliche Direktor des Krankenhauses Lainz in der Folge für die Beschwerdeführerin ein Curriculum, das deren dreijährige Ausbildung, bestehend aus sechs Monaten Innere Medizin, eineinhalb Jahren Innere Medizin mit Schwerpunkt Onkologie, neun Monaten Schmerzbekämpfung und drei Monaten spezielle Schulungen in Palliativmedizin außerhalb Wiens, vorsieht. Die Weisung des Generaldirektor-Stellvertreters des Wiener Krankenanstaltenverbundes und das vom Ärztlichen Direktor des Krankenhauses Lainz erarbeitete Curriculum wurden der Beschwerdeführerin am 28. Februar 2005 zur Kenntnis gebracht. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben der Direktion des Krankenhauses Lainz vom 10. März 2005 mitgeteilt, dass sie mit Wirkung vom 1. April 2005 bis auf Weiteres dem Wilhelminenspital zugeteilt werde. Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 6. April 2005 beim Magistrat der Stadt Wien die Erlassung eines Feststellungsbescheides "über die Unrechtmäßigkeit d[ies]er Versetzung".

In einem Schreiben der Direktion der Teilunternehmung Krankenanstalten der Stadt Wien vom 17. Mai 2005 teilte diese der Magistratsabteilung 2 des Magistrats der Stadt Wien u.a. Folgendes mit:

"Die Zuteilung [der Beschwerdeführerin] in das Wilhelminenspital erfolgte auf Grund der Empfehlungen aus dem Rohbericht der Revisionsprüfung der Magistratsdirektion - Geschäftsbereich Personal und Revision/Gruppe Interne Revision - zum Krankenhaus Lainz, Station für Palliativmedizin, Gebarung, vom Februar 2005.

Gegenstand der Revision waren Hinweise auf 'Vorfälle an der Station für Palliativmedizin im Krankenhaus Lainz' im Hinblick auf mögliches gerichtlich strafbares oder disziplinär zu ahndendes Verhalten. Zur Klärung medizinischer Fragen wurde ein Sachverständiger beigezogen.

In Bezug auf [die Beschwerdeführerin] wurde empfohlen, ihr eine Vertiefung und Komplettierung ihrer medizinischen Qualifikation, beispielsweise im Rahmen einer Fachausbildung für Innere Medizin, anzubieten. Trotz der zweifellos vorhandenen 10jährigen Erfahrung in

der Hospizbetreuung/Palliativmedizin ... vertrat der medizinische

Sachverständige die Meinung, dass weitere Kenntnisse in der Onkologie und in Bezug auf neue Methoden der Schmerzpalliation die Qualifizierung [der Beschwerdeführerin] für eine Stationsleitung einer Station für Palliativmedizin verbessern würden.

Weiters wurde empfohlen, die genannte[,] vertiefte Weiterbildung beziehungsweise allenfalls Ausbildung in einem anderen Krankenhaus anzubieten. Nicht zuletzt deshalb, da auf Grund der Vorgeschichte der Revision ein zukunftsorientiertes und friktionsfreies Arbeiten [der Beschwerdeführerin] im Krankenhaus Lainz (Mobbingvorwürfe, gerichtliche Klagen, ...) nicht realistisch erscheint.

In mehreren Gesprächen mit [der Beschwerdeführerin] wurde diese Strategie mit ihr diskutiert. Zwischenzeitlich ist sie seit 1.4.2005 der 1.Med.Abteilung mit Onkologie des Wilhelminenspitales dienstzugeteilt. Es wurde dort begonnen, gemeinsam mit ihr ein Konzept für die palliativmedizinische Versorgung des Wilhelminenspitales inklusive der Errichtung einer palliativmedizinischen Station zu erarbeiten. Gleichzeitig hat [die Beschwerdeführerin] Gelegenheit, an der hochqualifizierten

1. Med.Abteilung für Onkologie mitzuarbeiten.

..."

In der Folge erging an die Beschwerdeführerin ein mit 12. Oktober 2005 datierter Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Der ... Antrag [der Beschwerdeführerin] auf Erlassung eines

Feststellungsbescheides über die Unrechtmäßigkeit der durch das Schreiben der Direktion des Krankenhauses Lainz vom 10. März 2005 mit Wirksamkeit 1. April 2005 ausgesprochenen Versetzung von der Abteilung Palliativmedizin des Krankenhauses Lainz zum

Wilhelminenspital wird ... abgewiesen."

Begründend wird dazu u.a. ausgeführt: Der Beschwerdeführerin komme kein subjektives Recht auf Verbleib in ihrer Funktion zu. Die Versetzung sei auf Grundlage der Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen verfügt worden, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass es sich um eine willkürliche Entscheidung gehandelt habe. Für die Versetzung habe es ein dienstliches Erfordernis gegeben, weil die Beschwerdeführerin ungeachtet ihrer umfangreichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Palliativmedizin nur die Qualifikation einer Ärztin für Allgemeinmedizin aufweise, für eine Leitungsfunktion mit Letztverantwortung aber eine fachärztliche Qualifikation wünschenswert wäre. Auch wenn eine solche Leitungsfunktion nicht mit Sicherheit in Aussicht gestellt werden könne, könne von einer Voreingenommenheit gegen die Beschwerdeführerin nicht ausgegangen werden. Ein von der Beschwerdeführerin behauptetes Mobbing sei nicht feststellbar. Auch sonst könne ausgeschlossen werden, dass die der Versetzung zu Grunde liegende Entscheidung auf Grund anderer Erwägungen als der im Rohbericht enthaltenen getroffen worden sei.

2. Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien (in der Folge: Dienstrechtssenat) vom 13. November 2006 abgewiesen. Darin wird iW Folgendes ausgeführt:

"[D]ie Berufung [wird] als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sein Spruch wie folgt lautet:

'Auf Grund des Antrages vom 6. April 2005 wird gemäß §20 der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. für Wien Nr. 56 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 44/2004, festgestellt, dass die mit Schreiben des Wiener Krankenanstaltenverbundes, Teilunternehmung Krankenanstalten der Stadt Wien, Krankenhaus Lainz, vom 10. März 2005 mit Wirksamkeit vom 1. April 2005 verfügte Versetzung der [Beschwerdeführerin] vom Krankenhaus Lainz zum Wilhelminenspital rechtmäßig war.'

...

Nach der Dienstordnung 1994 sind durch Weisung vorzunehmende Versetzungen aus 'Dienstrücksichten' stets zulässig. Das bedeutet, dass diese nicht willkürlich, sondern nur aus sachlichen, in Umständen des Dienstes begründeten Ursachen erfolgen dürfen (vgl. das zum Gemeindebedienstetenrecht Tirols ergangene Erkenntnis des VwGH vom 19. November 2002, Zl. 99/12/0166). Das Vorliegen eines 'wichtigen dienstlichen Interesses' - wie dies §38 Abs2 BDG 1979 verlangt - ist hingegen nicht erforderlich.

Die mit 1. April 2005 erfolgte Versetzung der Berufungswerberin vom Krankenhaus Lainz in das Wilhelminenspital wurde damit begründet, dass der Berufungswerberin dadurch eine Vertiefung und Komplettierung ihrer medizinischen Qualifikation ermöglicht werden soll.

Die Berufungswerberin wendet dagegen ein, dass sie über profunde Kenntnisse auf dem Gebiet der Palliativmedizin verfüge, auf eine fast zehnjährige Erfahrung in diesem Gebiet zurückblicken könne und auch das Diplom 'Palliativmedizin' der Österreichischen Ärztekammer erworben habe, welches die derzeit in Österreich einzig anerkannte Weiterbildung in Palliativmedizin sei, weshalb ihre Versetzung aus unsachlichen und völlig willkürlichen Motiven erfolgt sei.

Dazu ist Folgendes zu bemerken:

Wie die Berufungswerberin zutreffend vorbringt, gibt es in Österreich nur eine standardisierte Weiterbildung im Bereich der Palliativmedizin in Form eines Diploms der Österreichischen Ärztekammer. Diese Weiterbildung steht sowohl Ärzten und Ärztinnen für Allgemeinmedizin als auch Fachärzten und Fachärztinnen aller Sonderfächer offen, wobei dieses Fortbildungsprogramm eine Dauer von mindestens 60 Stunden umfasst, wovon 42 Stunden auf vorgegebene Seminare und Kurse (darunter unter anderem Schmerztherapie, gastrointestinale und neurologische Symptome) entfallen und die restlichen 18 Stunden aus verschiedenen Themen (darunter auch Onkologie) frei gewählt werden können.

Der Berufungswerberin ist ... zuzugestehen, dass sie durch

ihre bisherige Tätigkeit als Ärztin für Allgemeinmedizin im Bereich der Palliativmedizin viel Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt und auch das Diplom 'Palliativmedizin' der Österreichischen Ärztekammer erworben hat. Dennoch muss es nach Ansicht des Dienstrechtssenates dem Dienstgeber unbenommen bleiben, intern höhere Ausbildungsstandards für die Tätigkeit eines Leiters bzw. einer Leiterin einer Palliativstation aufzustellen und für derartige Funktionen eine umfassende Ausbildung im Bereich der Schmerztherapie und Onkologie bzw. eine abgeschlossene Facharztausbildung zu verlangen. Wie das auf Weisung des damaligen Generaldirektor-Stellvertreters und jetzigen Generaldirektors des Krankenanstaltenverbundes vom ärztlichen Direktor des Krankenhauses Lainz erstellte Curriculum zeigt, das eine umfassende dreijährige Ausbildung der Berufungswerberin, bestehend aus sechs Monaten Innere Medizin, eineinhalb Jahren Innere Medizin mit Schwerpunkt Onkologie, neun Monaten Schmerzbekämpfung (davon je drei Monate Neurologie, physikalische Medizin und Schmerzambulanz) sowie drei Monaten spezielle Schulungen in Palliativmedizin außerhalb Wiens, vorsieht, sollte der Berufungswerberin durch ihre Versetzung in das Wilhelminenspital die Möglichkeit geboten werden, diese Kenntnisse sowie eine Facharztausbildung für Innere Medizin zu erwerben.

        In dem Umstand, dass vom Wiener Krankenanstaltenverbund eine

Facharztausbildung für die Tätigkeit eines Leiters bzw. einer

Leiterin einer Station für Palliativmedizin gefordert wird, kann

keine Willkür erblickt werden, wie auch der Vergleich mit Deutschland

zeigt, wo die Zusatz-Weiterbildung Palliativmedizin ... überhaupt nur

Fachärzten offen steht und eine wesentlich umfassendere Weiterbildung

als in Österreich vorgesehen ist ... .

Durch das für die Berufungswerberin vorgesehene Curriculum wird erreicht, dass sie in Bereichen, die im Rahmen des Diploms 'Palliativmedizin' der österreichischen Ärztekammer aufgrund der eingeschränkten Dauer dieses Fortbildungsprogrammes nur relativ kurz behandelt werden ...[,] wesentlich weitgehendere Kenntnisse und Erfahrungen erwerben kann. ...

Auf Grund des Vorhingesagten kann in der Versetzung der Berufungswerberin vom Krankenhaus Lainz zur Weiterbildung in das Wilhelminenspital keine rechtswidrige Weisung in dem Sinne erblickt werden, dass diese Versetzung willkürlich erfolgt ist.

Soweit die Berufungswerberin geltend macht, dass mit ihrer Versetzung eine wesentliche finanzielle Schlechterstellung verbunden sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich an der besoldungsrechtlichen Stellung der Berufungswerberin durch ihre Versetzung nichts geändert hat, da diese nach wie vor in das Schema II KAV, Verwendungsgruppe A3 ('Ärzte/Ärztinnen für Allgemeinmedizin des Krankenanstaltenverbundes, ausgenommen Betriebsärzte/Betriebsärztinnen') eingereiht ist. Dass im Zuge ihrer Weiterbildung weniger Nachtdienste als bei ihrer früheren Tätigkeit anfallen, vermag an der Zulässigkeit der Versetzung nichts zu ändern."

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Begründend bringt die Beschwerdeführerin dazu iW Folgendes vor:

"Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt. Dies wird wie folgt begründet:

...

        [Ich war] seit 1985 als Stationsärztin und seit 1991 als

Oberärztin - trotz meiner Ausbildung zum Allgemein Mediziner -[,]

sohin nahezu 20 Jahre im Krankenhaus Lainz bzw. im Geriatriezentrum

am Wienerwald tätig[. Bis] zum Zeitpunkt meiner Versetzung [wurde]

eine mangelnde Qualifikation meiner Kenntnisse seitens des

Krankenanstaltenverbandes bzw. des Wiener Krankenanstaltenverbundes

nie behauptet ... . Darüber hinaus wurde mir seitens der Behörde auch

keine definitive Zusage dahingehend erteilt, dass ich nach

Absolvierung der Facharztausbildung eine Leitungsfunktion erhalten

würde, sondern wurde pauschal ausgeführt: 'dass die Berufungswerberin

ungeachtet ihrer umfangreichen sonstig erworbenen Fähigkeiten auf dem

Gebiet der Palliativmedizin nur die Qualifikation einer Ärztin für

Allgemeinmedizin aufweise, für eine Leitungsfunktion mit

Letztverantwortung aber eine fachärztliche Qualifikation

wünschenswert wäre. Auch wenn eine solche Leitungsfunktion nicht mit

Sicherheit in Aussicht gestellt werden könne.' Auch wenn in der

Bundesrepublik Deutschland die Facharztausbildung für die Tätigkeit

eines Leiters bzw. einer Leiterin einer Station für Palliativmedizin

Voraussetzung sein sollte, so ist nach der derzeit geltenden

österreichischen Rechtslage die Facharztausbildung für die Tätigkeit

eines Leiters einer Station für Palliativmedizin keine Voraussetzung

hiefür. Die Argumentation der Behörde, dass es dem Dienstgeber

unbenommen bleibe, intern höhere Ausbildungsstandards für die

Tätigkeit eines Leiters bzw. einer Leiterin einer Palliativstation

aufzustellen und für derartige Funktionen eine umfassende Ausbildung

im Bereich der Schmerztherapie und Onkologie bzw. eine abgeschlossene

Facharztausbildung zu verlangen, entspricht nicht den Tatsachen, da

es keine - auch nicht intern vorliegende - Ausbildungsstandards,

ausgenommen dem Diplom 'Palliativmedizin für Ärzte' der Ärztekammer,

gibt. Die Stadt Wien betreibt derzeit - zum Unterschied zu anderen

Krankenhausträgern - nur 1 Palliativstation ... und kein stationäres

Hospiz. Nach den Vorgaben des ÖBIG in 'Abgestufte Hospiz- und

Palliativversorgung in Österreich, 2004' ... sind in erster Linie

Ärzte für Allgemeinmedizin und erst in zweiter Linie Fachärzte für die ärztliche Tätigkeit an einer Palliativstation vorgesehen.

Tatsache ist weiters, dass ich über umfangreiche und profunde Kenntnisse auf dem Gebiet der Palliativmedizin verfüge, darüber hinaus auf eine mehr als 10 jährige Erfahrung in diesem Gebiet zurückblicken kann und auch das Diplom 'Palliativmedizin' der österreichischen Ärztekammer erworben habe, welches die derzeit in Österreich einzig anerkannte Weiterbildung in Palliativmedizin ist. Bisher habe ich seit 1999 10 Ärztelehrgänge zum Erwerb des Ärztekammerdiploms 'Palliativmedizin' organisiert und geleitet ... und in sämtlichen diesen Kursen selbst mehrere Vorträge gehalten. Seitens der belangten Behörde wurde auch im Verfahren der Ausbildungsstandard für die Tätigkeit eines Leiters bzw. einer Leiterin einer Palliativstation nicht offengelegt. Die nun plötzlich geforderte Zusatzqualifikation eines Facharztes, welche von mir verlangt und als Begründung für die Versetzung angeführt wurde, ist sohin tatsächlich für die Leitung anderer Palliativstationen nicht erforderlich, sodass meine Versetzung und insbesondere meine Degradierung zu einer Assistenzärztin aus unsachlichen sowie willkürlichen Motiven/Gründen erfolgte. Der angefochtene Bescheid verletzt daher das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.

Festhalten möchte ich weiters, dass ich im Wilhelminenspital keine Ausbildungsstelle zum Facharzt für Innere Medizin habe, sondern ich bin dort nur als Stationsärztin in untergeordneter Stellung tätig.

Das Verfahren ist aber auch deshalb mangelhaft, da die Unterbehörden die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Palliativmedizin, welches von mir zum Beweis dafür beantragt wurde, dass ich über die nötige Qualifikation zur Ausübung der Tätigkeit einer Leiterin einer Palliativstation verfüge, unterlassen und zudem jegliche Ermittlungstätigkeit in diesem entscheidenden Punkt willkürlich trotz Antragstellung nicht durchgeführt haben, sodass auch diesbezüglich ein völlig unerklärliches und willkürliches Vorgehen der Behörde vorliegt.

Die Behörde hat weiters die Gründe und Gegengründe, welche für meine Versetzung sprechen[,] nicht gegeneinander abgewogen und reicht es nicht aus, wenn die Behörde nur die für die Abweisung meines Anspruches maßgeblichen Gründe aufzählt, es jedoch unterlässt[,] sich mit den Gründen auseinander zusetzen, welche für die Bejahung der Anspruchsberechtigung sprechen, sodass die Behörde gar nicht in die Lage kommen konnte, Gründe und Gegengründe einander [gegenüberzustellen] und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen (z.B. VfSlg 12.477/1990 u.v.a.). Die Behörde ist weder auf mein Argument des Mobbings noch auf meinen Hinweis der ausreichenden Qualifikation eingegangen, sondern wurde seitens der Behörde ausschließlich die gutachterliche Stellungnahme des pensionierten em. Univ. Prof. Dr. G G völlig unreflektiert wiedergegeben bzw. der Entscheidungsbegründung zugrunde gelegt, obwohl der Behörde bekannt ist, da[ss] Dr. G Facharzt für Innere Medizin war und dieser auf dem Fachgebiet der Palliativmedizin keine Kenntnisse hat.

Die Behörde hat völlig außer Acht gelassen, dass ich über profunde Kenntnisse auf dem Gebiet der Palliativmedizin verfüge und auf eine mehr als 10 jährige Erfahrung zurückblicken kann, sodass keine Rede davon sein kann, dass ich für eine Leitungsfunktion mit Letztverantwortung nicht geeignet wäre. Tatsache ist weiters, dass eine Facharztausbildung für Palliativmedizin in Österreich nicht existiert, nach den Richtlinien des ÖBIG allerdings in erster Linie Ärzte für Allgemeinmedizin für die ärztliche Tätigkeit an einer Palliativstationen Frage kommen[,] sodass meine Versetzung mit der Begründung, dass ich nur eine Qualifikation als Ärztin der Allgemeinmedizin aufweise, willkürlich erfolgte. Im Übrigen ist die belangte Behörde auf mein Vorbringen, dass meine Versetzung lediglich deshalb erfolgt sei, da ich mich gegen die mir gegenüber erhobenen Vorwürfe zur Wehr setzte[,] nicht eingegangen. Seitens des Wiener Krankenanstaltenverbundes wurde mit Schreiben vom 17.5.2005 bekannt gegeben, dass die Versetzung deshalb erfolgt sei, da 'aufgrund der Vorgeschichte der Revision ein zukunftorientiertes und friktionsfreies Arbeiten [der Beschwerdeführerin] im Krankenhaus Lainz (Mobbing-Vorwürfe, gerichtliche Klagen ...) nicht realistisch erscheint.' Die Behörde hat diesbezüglich weder Erhebungen durchgeführt noch sich mit meinen Argumenten auseinandergesetzt, sie hat sohin das Parteivorbringen ignoriert und den konkreten Sachverhalt außer Acht gelassen.

Die Behörde hat weiters keine Erhebungen dahingehend durchgeführt, ob an anderen Palliativstationen die nun von ihr angeführten Zusatzqualifikationen ebenso Voraussetzung sind, wie es von mir gefordert wird. Im Übrigen war der Grund für die interne Revision nicht eine Umstrukturierung bzw. Neuorganisation der Abteilung, sondern 'Vorfälle an der Station für Palliativmedizin im Krankenhaus Lainz im Hinblick auf ein mögliches gerichtlich... strafbares oder disziplinär zu ahndendes Verhalten'. Nicht mir, sondern anderen Ärzten wäre dieses strafbare und disziplinär zu ahndende Verhalten vorzuwerfen, soda[ss], damit ich nicht weiter in dieser Richtung Nachforschungen anstellen konnte, meine Versetzung mit dem Scheinargument der Facharztausbildung erfolgte, wobei darauf hingewiesen wird, dass eine Ausbildung zum Facharzt zumindest 3 Jahre beträgt, ich allerdings keine Ausbildungsstelle zum Facharzt für Innere Medizin innehabe. Aufgrund meines Alters und meiner 20-jährigen Erfahrung im ständigen ärztlichen Dienst auf dem Gebiet der Palliativmedizin sowie zufolge der Tatsache, da[ss] ich seit 1.1.2002 ärztliche Leiterin der Palliativstation bin, ist die nun seitens der Behörde angeführte Begründung der Versetzung als Scheinbegründung zu qualifizieren, soda[ss] meine Versetzung völlig willkürlich erfolgte. Tatsache ist, dass ich nun im Wilhelminenspital als Assistenzärztin den Weisungen des Oberarztes und des jeweiligen Facharztes unterliege, während ich vor meiner Versetzung im Krankenhaus Lainz als ärztliche Leiterin der Palliativstation eingesetzt war und somit die alleinige Verantwortung für die Patienten sowie untergeordnete Ärzte (und Pflegedienste) hatte.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich im Wilhelminenspital wiederum mit dem Aufbau einer Palliativstation betraut wurde, mir aber die Stellung einer Assistenzärztin zugeordnet wurde, soda[ss] ich gegenüber den anderen Ärzten untergeordnet bin. Im Hinblick auf diese Tatsache geht daher die belangte Behörde selbst davon aus, da[ss] meine Qualifikation für die Leitung einer palliativmedizinischen Station gegeben ist, jedoch meine Tätigkeit im Krankenhaus Lainz nicht gewünscht wird, dies aus purer Willkür der Behörde. Die Eröffnung der Palliativstation im Wilhelminenspital wird allerdings nach derzeitigem Stand noch mindestens 3 Jahre dauern.

Im gegenständlichen Fall liegt ein willkürliches Verhalten der Behörde insbesondere auch deshalb vor, da die Behörde eine Abwägung der Argumente und Gegenargumente nicht durchgeführt hat, soda[ss] durch diese Versetzung die mir als Einzelperson zustehenden verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte - wie oben ausgeführt - verletzt wurden."

4. Der Dienstrechtssenat als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Wiener Dienstordnung 1994 - DO 1994, LGBl. 56 idF LGBl. 44/2004, lauten wie folgt:

"Erweiterung des Geschäftskreises

§19. (1) Der Beamte ist im allgemeinen nur zur Durchführung jener Geschäfte verpflichtet, zu deren Verrichtung er auf Grund seiner Anstellung und des allgemeinen Geschäftskreises seiner Beamtengruppe bestimmt ist. Wenn es der Dienst jedoch erfordert, kann er nach Maßgabe seiner Eignung vorübergehend auch zur Verrichtung eines anderen Geschäftskreises herangezogen werden.

(2) Versetzungen auf andere Dienstposten sind aus Dienstrücksichten stets zulässig.

(3) Der Beamte kann im Interesse des Dienstes oder aus Gründen, die in seiner Person liegen, in eine andere Beamtengruppe überreiht werden.

(4) Der Beamte ist zu allen in seinen Geschäftskreis fallenden Dienstleistungen auch außerhalb der Diensträume verpflichtet. Inwiefern anläßlich solcher Dienstleistungen eine Entschädigung für Mehrauslagen und für erhöhten Arbeitsaufwand zukommt, bestimmen die Gebührenvorschriften.

Dienstpflichten gegenüber dem Vorgesetzten

§20. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung aus einem anderen Grund für gesetzwidrig, so kann er, bevor er die Weisung befolgt, seine Bedenken dem Vorgesetzten mitteilen. Bestätigt jedoch der Vorgesetzte diese Weisung schriftlich, so hat der Beamte die Weisung zu befolgen.

(4) Der Beamte hat eine Weisung, die er für gesetzwidrig hält, ohne schriftliche Bestätigung zu befolgen, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt."

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür übte.

Da der Verfassungsgerichtshof gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt - auch die Beschwerdeführerin bringt nichts Derartiges vor - und die Bescheidbegründung keinen Anhaltspunkt für die Annahme liefert, dass der Dienstrechtssenat den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen hat, könnte die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn dem Dienstrechtssenat der Vorwurf von Willkür zu machen wäre.

Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder im Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1982, 14.573/1996).

Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor.

Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel - und nur auf einen solchen kommt es hier an - behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.

Die Rechtsauffassung des Dienstrechtssenates, dass eine Versetzung gemäß §19 DO 1994 - anders als eine solche iSd §38 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979, BGBl. 333 idgF, die ein "wichtiges dienstliches Interesse" voraussetze - "aus Dienstrücksichten stets zulässig" sei, was bedeute, dass sie nur aus sachlichen, in Umständen des Dienstes begründeten Ursachen erfolgen dürfe, ist jedenfalls nicht unvertretbar. Dasselbe trifft aber auch für die Auffassung des Dienstrechtssenates zu, dass es dem Dienstgeber unbenommen bleiben müsse, für die Tätigkeit einer Leiterin einer Palliativstation eine umfassende einschlägige Ausbildung (hier im Bereich der Schmerztherapie und Onkologie bzw. eine abgeschlossene Facharztausbildung) zu verlangen.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat aber auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Versetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B4.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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