TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/26 2003/18/0013

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Veröffentlicht am 26.05.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs4;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):99/18/0224 E 10. September 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des W, geboren 1976, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Dezember 2002, Zl. SD 1039/02, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Feststellung gemäß § 75 Fremdengesetz 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 331,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Dezember 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. August 2002 auf Feststellung, dass er in Pakistan gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, bedroht sei, gemäß § 75 Abs. 1 letzter Satz FrG als unzulässig zurückgewiesen.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. Mai 2002 rechtskräftig abgewiesen und seine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt worden. Im Hinblick auf die zwingende Bestimmung des § 75 Abs. 1 letzter Satz FrG habe die Erstbehörde den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe im Asylverfahren einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsfrist gestellt, sei zu erwidern, dass dies die Existenz eines rechtskräftigen Bescheides (über die Zulässigkeit der Abschiebung) voraussetze.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 75 Abs. 1 FrG lautet:

"Auf Antrag eines Fremden hat die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht."

2. Unstrittig ist, dass das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 27. Mai 2002 abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig ist. Wie aus der Begründung des die Ausweisung des Beschwerdeführers betreffenden hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 2003/18/0014, hervorgeht, bestehen aber Zweifel darüber, ob das Asylverfahren tatsächlich rechtskräftig beendet worden ist.

     3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe im

Berufungsverfahren darauf hingewiesen, "dass die Rechtskraft des

Bescheides des Bundesasylamtes ... aufzuheben sein wird und auch

die Voraussetzungen für die gegenständliche Zurückweisung des

Feststellungsbegehrens ... nicht vorliegen". Die belangte Behörde

habe sich mit diesem Vorbringen überhaupt nicht auseinander gesetzt.

3.2. Sollte der abweisende, eine Entscheidung gemäß § 8 AsylG umfassende Asylbescheid in Rechtskraft erwachsen sein, so wäre der vorliegende, ebenfalls den Herkunftsstaat Pakistan betreffende Antrag auf Feststellung nach § 75 Abs. 1 FrG wegen entschiedener Sache (als unzulässig) zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2001, Zl. 2001/21/0062).

Wenn hingegen der genannte Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen, aber - was der Beschwerdeführer nicht bestreitet - jedenfalls zugestellt und damit erlassen sein sollte, ist die Fremdenbehörde nach § 75 Abs. 1 zweiter Satz FrG nicht dazu berufen, eine Feststellung betreffend Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zu treffen. Dies ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber, hätte er nicht bloß die Erlassung des Bescheides einer Asylbehörde, sondern die Rechtskraft dieses Bescheides als ausschlaggebend betrachtet, in § 75 Abs. 1 zweiter Satz FrG auf das Vorliegen einer "rechtskräftigen Entscheidung einer Asylbehörde" und nicht auf die "Entscheidung einer Asylbehörde" abgestellt hätte (wie er dies etwa in § 75 Abs. 4 leg. cit. getan hat). Dieses Ergebnis findet auch in der Zielsetzung des § 75 Abs. 1 zweiter Satz FrG, das Verfahren zu beschleunigen und zu konzentrieren (vgl. die ErlRV betreffend ein Fremdengesetz 685 BlgNR 20. GP, 82), eine Stütze. Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit der Beschwerdeführer durch die vom Gesetz vorgegebene Zuständigkeitsabgrenzung bei der Verfolgung seiner Rechte beeinträchtigt sein könnte, zumal der Fremde, solange eine rechtskräftige Entscheidung der Asylbehörde noch nicht vorliegt, Asylwerber und damit gemäß § 21 Abs. 2 AsylG vor Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat geschützt ist (vgl. das eine Non-refoulement-Prüfung der Asylbehörde betreffende hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2000, Zl. 99/01/0372).

Ein Antrag nach § 75 Abs. 1 FrG, der sich auf denselben Staat bezieht wie derjenige, der im Asylverfahren einer - wenn auch nicht rechtskräftigen - Refoulement-Entscheidung unterzogen worden ist, ist daher unzulässig. Dem Feststellungsantrag des Beschwerdeführers steht das Prozesshindernis des § 75 Abs. 1 zweiter Satz FrG entgegen.

4. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Mai 2003

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Zurückweisung wegen entschiedener SacheIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180013.X00

Im RIS seit

18.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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