TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/11 2003/10/0048

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.06.2003
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
ForstG 1975;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde 1) des CL, 2) der FL,

3) des IL und 4) der AL, alle in S, alle vertreten durch Dr. Ulf Zmölnig, Rechtsanwalt in 8160 Weiz, Schulgasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. Jänner 2003, Zl. FA10A-31 Bu 9/6-02, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Forstrechtsangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Bringungsgenossenschaft B in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz (BH) vom 7. Dezember 2001, Zl. 8.1 B 126-2001, wurde gemäß § 70 Abs. 4 des Forstgesetzes 1975 (im Folgenden: ForstG 1975) die Satzung der Forstlichen Bringungsgenossenschaft "Buchkogel" genehmigt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien mit einem bei der BH am 6. März 2002 eingebrachten Schriftsatz Berufung an den Landeshauptmann von Steiermark, in der sie vorbrachten, die genehmigte Satzung widerspreche dem Forstgesetz und greife in unzulässiger Weise in das Recht der beschwerdeführenden Parteien auf Benützung eines näher beschriebenen Weges ein. Sie beantragten daher, die Berufungsbehörde wolle den Genehmigungsbescheid beheben.

Mit Schriftsatz vom 2. Jänner 2003 beantragten die beschwerdeführenden Parteien beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, er wolle als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über die von ihnen erhobene Berufung entscheiden, weil der Landeshauptmann von Steiermark innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG keine Berufungsentscheidung getroffen habe.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. Jänner 2003 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien mit der Begründung zurückgewiesen, es mangle ihnen im Verfahren die Parteistellung, weil die Weganlage der Bringungsgenossenschaft nicht über Grundstücke führe, die im Eigentum der beschwerdeführenden Parteien stünden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie darlegte, sie habe erst nach Abfertigung des angefochtenen Bescheides davon Kenntnis erlangt, dass ein Devolutionsantrag eingebracht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörde und der unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Unabhängig davon, ob den beschwerdeführenden Parteien der von ihnen in ihrer Berufung geltend gemachte Anspruch zukam, traf die belangte Behörde gemäß § 73 Abs. 1 AVG die Verpflichtung, über diese Berufung - gegebenenfalls auch bloß zurückweisend - zu entscheiden (vgl. dazu Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7 (1999), Rz 635, und die dort zitierte Judikatur). Mit dem von der belangten Behörde ungenützten Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist - das Forstgesetz trifft keine Sonderbestimmungen i.S.d. § 73 Abs. 1 AVG - lagen die Voraussetzungen für einen Devolutionsantrag vor, sodass mit dem Einlangen des von den beschwerdeführenden Parteien beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gestellten Antrages die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung auf diesen überging. Der nach diesem Zeitpunkt von der belangten Behörde erlassene, angefochtene Bescheid ist infolge Unzuständigkeit dieser Behörde rechtswidrig, unabhängig davon, ob die belangte Behörde tatsächlich schuldhaft säumig i.S.d. § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG war, sowie ohne Rücksicht darauf, wann sie von der Anrufung der Oberbehörde Kenntnis erlangte (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 1665 f, referierte hg. Judikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 11. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003100048.X00

Im RIS seit

30.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten