TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/24 2003/11/0132

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Veröffentlicht am 24.06.2003
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §26 Abs1 idF 1999/I/134;
FSG 1997 §32 Abs1 idF 1999/I/134;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1 idF 1999/I/134;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Estermann & Partner KEG, Rechtsanwälte in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Mai 2001, Zl. VerkR- 394.176/1-2001-Kof/Hu, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In Erledigung der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen ihren Mandatsbescheid vom 8. Februar 2001 entzog die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit Bescheid vom 21. Februar 2001 dem Beschwerdeführer die ihm von der Bundespolizeidirektion Salzburg am 15. Mai 1998 erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß §§ 7 Abs. 1 und 3 Z. 1, 24 Abs. 1 Z. 1, 25 Abs. 1 und 26 Abs. 1 erster Satz FSG (Spruchpunkt I) und sprach gleichzeitig aus, dass dem Beschwerdeführer für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom 9. Februar 2001 (dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheides), demnach bis einschließlich 9. März 2001, keine neue Lenkberechtigung erteilt werden dürfe (Spruchpunkt II). Unter einem wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 32 Abs. 1 Z. 1, 7 Abs. 1 und 3 Z. 1, 24 Abs. 1 Z. 1, 3 Abs. 1 Z. 2 und 26 Abs. 1 erster Satz FSG das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für denselben Zeitraum verboten (Spruchpunkt III) und die aufschiebende Wirkung einer allenfalls erhobenen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen (Spruchpunkt IV). Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 2. Februar 2001 um 5.30 Uhr einen nach dem Kennzeichen näher bezeichneten Pkw im Gemeindegebiet von M. auf der B.-Straße gelenkt und sich hiebei auf Grund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 0,41 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden. Der Beschwerdeführer habe in seiner Vorstellung den ihm zur Last gelegten Sachverhalt nicht bestritten.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 4. Mai 2001 als unbegründet abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid bestätigt. Als Rechtsgrundlage wurde § 26 Abs. 1 erster Satz sowie § 32 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 erster Satz FSG angegeben. Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verfahren nicht bestritten, am 2. Februar 2001 um 5.30 Uhr einen nach dem Kennzeichen näher bezeichneten Pkw gelenkt zu haben, wobei sich anlässlich einer Verkehrskontrolle ein Atemluftalkoholgehalt beim Beschwerdeführer von 0,41 mg/l ergeben habe. Es stehe somit fest, dass der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen und dadurch eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG verwirklicht habe. Es handle sich dabei um eine erstmalige Begehung eines derartigen Delikts. Gemäß § 26 Abs. 1 erster Satz FSG sei in einem solchen Fall die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen zu entziehen. Die Entziehung beginne, weil eine vorläufige Abnahme des Führerscheins nicht möglich gewesen sei, mit Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides (das ist der 9. Februar 2001). Gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 erster Satz FSG sei für denselben Zeitraum das Lenken von vierrädrigen Leichkraftfahrzeugen zu verbieten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in einem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Mit Erkenntnis vom 14. März 2003, G 203/02-8 ua, hat der Verfassungsgerichtshof den mit Beschluss vom 19. Juli 2002, Zl. A 2002/28-1, gestellten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes,

die Wortfolge "bis 1b" in § 7 Abs. 3 Z. 1 sowie § 26 Abs. 1 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (sowohl die Wortfolge in § 7 Abs. 3 Z. 1 als auch § 26 Abs. 1 erster Satz FSG in der Fassung der 2. Führerscheingesetznovelle BGBl. I Nr. 94/1998, § 26 Abs. 1 zweiter Satz FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 2/1998),

in eventu

die Wortfolge "bis 1b" in § 7 Abs. 3 Z. 1 sowie § 26 Abs. 1 erster Satz des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (sowohl die Wortfolge in § 7 Abs. 3 Z. 1 als auch § 26 Abs. 1 erster Satz FSG in der Fassung der 2. Führerscheingesetznovelle BGBl. I Nr. 94/1998),

in eventu

§ 26 Abs. 1 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (§ 26 Abs. 1 erster Satz FSG in der Fassung der 2. Führerscheingesetznovelle BGBl. I Nr. 94/1998, § 26 Abs. 1 zweiter Satz FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 2/1998),

in eventu

§ 26 Abs. 1 erster Satz des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (in der Fassung der 2. Führerscheingesetznovelle BGBl. I Nr. 94/1998),

als verfassungswidrig aufzuheben, abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte nach der Aktenlage am 8. Mai 2001) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 134/1999 maßgeblich.

Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. (1) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt, die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 bis 7 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat, oder

3. der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille), oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l, beträgt,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

..."

1.2. § 99 StVO 1960 lautet in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 134/1999 (auszugsweise):

"§ 99. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 16 000 S bis 80 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 12 000 S bis 60 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 8 000 S bis 50 000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

..."

2. In der Beschwerde bleibt sowohl der Umstand der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1b StVO 1960 als auch das Ausmaß der Alkoholisierung des Beschwerdeführers beim Vorfall vom 2. Februar 2001 unbestritten. Unstrittig ist weiters die von der belangten Behörde festgestellte erstmalige Begehung eines derartigen Delikts.

Vor diesem Hintergrund kann es jedoch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Vorliegen der in § 26 Abs. 1 erster Satz FSG umschriebenen Voraussetzungen angenommen und dem Beschwerdeführer demgemäß die Lenkberechtigung für eine Zeit von vier Wochen entzogen hat.

Soweit der Beschwerdeführer verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf einen behaupteten Strafcharakter der Entziehungsmaßnahme vorbringt, ist er auf das bereits erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003 zu verweisen. Bedenken, dass es sich bei der Entziehung der Lenkberechtigung um eine Entscheidung über civil rights im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK handelt, sind beim Verwaltungsgerichtshof ebenfalls nicht entstanden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich im Beschwerdefall auch nicht veranlasst, neuerlich einen Antrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu richten.

Im Hinblick auf die Unbedenklichkeit der Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers kann auch das durch den angefochtenen Bescheid bestätigte Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge für den Entziehungszeitraum gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Ersatz für Schriftsatzaufwand war der belangten Behörde nicht zuzusprechen, weil der als "Gegenschrift" bezeichnete Schriftsatz nur einen formalen Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält.

Wien, am 24. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003110132.X00

Im RIS seit

28.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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