TE Vwgh Erkenntnis 2003/7/1 2000/13/0045

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Veröffentlicht am 01.07.2003
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §119;
BAO §142;
FinStrG §115;
FinStrG §34 Abs1;
FinStrG §8 Abs2;
FinStrG §83 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde 1. des PH und 2. der GH, beide in W, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) als Finanzstrafbehörde 2. Instanz vom 24. September 1999, Zl. RV/111 - 10/99, betreffend Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über die Höhe der über den Erstbeschwerdeführer verhängten Strafe wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 41 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, mit Straferkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz sei der Erstbeschwerdeführer des Finanzvergehens der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt und nach § 34 Abs. 4 FinStrG zu einer Geldstrafe von 160.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 16 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden. Ebenso sei die Zweitbeschwerdeführerin (die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers) des Finanzvergehens der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG als Beteiligte nach § 11 3. Fall FinStrG schuldig erkannt und zu 40.000 S Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu acht Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden. Nach dem Inhalt der erstinstanzlichen Schuldsprüche habe der Erstbeschwerdeführer unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch unrichtige Abgabenerklärungen für die Jahre 1987 bis 1992 bewirkt, dass bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt worden seien, nämlich für "1987 Umsatzsteuer um 20.989,-- S und Einkommensteuer um 163.380,-- S, für 1988 Umsatzsteuer um 23.022,-- S und Einkommensteuer um 176.390,--S, für 1989 Umsatzsteuer um 68.049,-- S und Einkommensteuer um 199.950,-- S, für 1990 Umsatzsteuer um 70.681,-- S und Einkommensteuer um 199.900,-- S, für 1991 Umsatzsteuer um 98.079,-- S und Einkommensteuer um 293.700,-- S und schließlich für 1992 Umsatzsteuer um 83.590,-- S und Einkommensteuer um 260.750,-- S (strafbestimmender Wertbetrag daher insgesamt:

1.657.580,-- S". Die Zweitbeschwerdeführerin habe fahrlässig dazu beigetragen, dass die beim Erstbeschwerdeführer erfassten bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben für 1992 zu niedrig festgesetzt worden seien, nämlich die Umsatzsteuer um 83.590 S und die Einkommensteuer um 260.750 S.

Nach den wesentlichen erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen sei beim Erstbeschwerdeführer, der neben seiner akademischen Lehrtätigkeit als Augenfacharzt nicht nur an der Universitätsklinik, sondern auch in seiner Privatordination wirke, am 20. April 1994 eine Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 BAO vorgenommen worden. Wegen der dabei festgestellten beträchtlichen Differenzen zwischen den erklärten Einnahmen und den Bank- und Kassaeingängen sei am 10. August 1994 eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden, bei der u.a. Auszüge von Bankkonten und Sparbüchern sichergestellt worden seien. Die dazu veranlasste Betriebsprüfung habe Bareinlagen auf ein Bankkonto sowie Kassaeingänge im Rahmen des privaten Ordinationsbetriebes in beträchtlicher Höhe ergeben, die in den Abgabenerklärungen keinen Niederschlag gefunden hätten. Wegen des zeitlichen Zusammenhanges zwischen den Bankeinlagen und den Ordinationszeiten der Privatpraxis sei die Zuordnung der Geldbewegungen zu den nicht erklärten Einnahmen aus der Privatordination erfolgt, was schließlich nach den Feststellungen der Betriebsprüfung (unter Mitberücksichtigung einer anteiligen privaten Kraftfahrzeugnutzung) zu einem steuerlichen Mehrergebnis von insgesamt 4,766.887 S geführt habe. Der gegen die darauf beruhenden Steuerbescheide eingebrachten Berufung sei teilweise dahin Folge gegeben worden, sodass die letztlich in Rechtskraft erwachsenen Bescheide Zahllasten in Höhe der verfahrensgegenständlichen strafbestimmenden Wertbeträge ausgewiesenen hätten. Da der Erstbeschwerdeführer zunächst der vorsätzlichen Abgabenverkürzung verdächtig und auf Basis dieser Verdachtslage die Gerichtszuständigkeit gegeben gewesen sei, sei es zu einem gerichtlichen Strafverfahren gekommen, in welchem der Erstbeschwerdeführer mit Urteil vom 13. August 1998 von dem nach § 33 Abs. 1 FinStrG erhobenen Anklagevorwurf gemäß § 214 FinStrG freigesprochen worden sei, weil für die nach strafgerichtlicher Überzeugung allein in Betracht kommende fahrlässige Tatbegehung lediglich verwaltungsbehördliche Zuständigkeit bestünde. Das Schöffengericht habe sich dabei im Wesentlichen auf die Verantwortung des Erstbeschwerdeführers und die Aussage der als Zeugin einvernommenen Zweitbeschwerdeführerin gestützt. Demnach sei die von Beginn an in der Privatordination des Erstbeschwerdeführers mitarbeitende Zweitbeschwerdeführerin für die finanzielle Ordinationsgebarung, die Buchhaltung und auch für sämtliche abgabenrechtlichen Belange allein zuständig gewesen. Die vereinnahmten Rechnungsbeträge seien auf losen Papieren ohne Angaben der Patientennamen notiert und später in ein als Kassabuch dienendes Heft eingetragen worden, wobei allerdings Teilbeträge unberücksichtigt geblieben seien. Mit Ausnahme der eigenhändigen Unterfertigung der Jahressteuererklärungen durch den Erstbeschwerdeführer sei der laufende Kontakt mit der vom Erstbeschwerdeführer beauftragten Steuerberatungskanzlei allein durch die Zweitbeschwerdeführerin abgewickelt worden. Die vom Steuerberater vorerledigten Abgabenerklärungen habe der Erstbeschwerdeführer unkontrolliert unterschrieben, ohne dass dazu Gespräche mit der Zweitbeschwerdeführerin stattgefunden hätten. Entsprechende eigenständige Kontrollen durch den Erstbeschwerdeführer seien infolge Zeitmangels unterblieben. An dieser Darstellung hätten die Beschwerdeführer in der Folge im Wesentlichen im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren festgehalten. Der Spruchsenat I. Instanz sei dem reumütig abgelegten Schuldbekenntnis der Zweitbeschwerdeführerin gefolgt, wonach sie im Rechenwerk für die Arzttätigkeit ihres Ehegatten nicht sämtliche Honorare einfließen ließ, dem Steuerberater nicht sämtliche Einkünfte mitteilte und ihn auch nicht darüber informierte, dass der dem Erstbeschwerdeführer gehörige PKW nicht zur Gänze betrieblich genutzt worden sei und die dem Steuerberater ausgefolgten Belege teilweise nicht abzugsfähige Aufwendungen zum Gegenstand gehabt hätten. In rechtlicher Hinsicht sei die Finanzstrafbehörde I. Instanz zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erstbeschwerdeführer ungeachtet seiner beruflichen Belastung seiner Verpflichtung zur Durchsicht und Kontrolle der von ihm unterfertigten Abgabenerklärungen nicht entbunden gewesen sei und ihm das entsprechende Versäumnis somit als nach § 34 Abs. 1 FinStrG strafbare Fahrlässigkeit zur Last falle. Der Zweitbeschwerdeführerin sei - infolge eingetretener Verjährung für den Tatzeitraum 1987 bis 1991 - für das Jahr 1992 strafbare Beteiligung nach der dritten Alternative des § 11 FinStrG an der vom Erstbeschwerdeführer zu verantwortenden fahrlässigen Abgabenverkürzung angelastet worden, weil sie die ihr als Ordinationsangestellter übertragenen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nur nachlässig wahrgenommen habe. Bei der Strafbemessung habe die Strafbehörde I. Instanz bei beiden Beschwerdeführern keinen Umstand als erschwerend gewertet, als mildernd jedoch die Unbescholtenheit, die geständige Verfahrenseinlassung und die gänzliche Schadensgutmachung berücksichtigt.

Von den gegen das Straferkenntnis I. Instanz gerichteten, gemeinsam ausgeführten Berufungen beider Beschwerdeführer komme - so die belangte Behörde weiter im angefochtenen Bescheid - nur jener des Erstbeschwerdeführers teilweise, nämlich insoweit Berechtigung zu, als partielle Verjährung der vom bekämpften Schuldspruch erfassten Tathandlungen geltend gemacht werde. In Ansehung der Verkürzung der auf das Veranlagungsjahr 1987 entfallenden Umsatzsteuer von 20.998 S und der Einkommensteuer von 163.380 S treffe es nämlich zu, dass mit Rücksicht auf den jeweils maßgebenden Erfolgseintritt (Erstbescheid vom 4. Juli 1989) die Strafbarkeit gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG erloschen sei, weil seit dem Beginn der Verjährungsfrist schon mehr als zehn Jahre verstrichen seien. Insofern sei daher in teilweiser Stattgebung der Berufung des Erstbeschwerdeführers mit teilweiser Aufhebung des bekämpften Schuldspruches und entsprechender Verfahrenseinstellung nach §§ 136, 157 FinStrG vorzugehen gewesen. Mit seinem weiteren Berufungsvorbringen sei der Erstbeschwerdeführer jedoch nicht im Recht. Entgegen dem in der Berufung vertretenen Standpunkt "entheben nämlich weder die ihn kumuliert treffenden beruflichen Verpflichtungen als klinisch tätiger und privat ordinierender Augenfacharzt und als akademischer Lehrer noch die Übertragung der abgabenrechtlichen Belange in das Zusammenwirken seiner als Ordinationsangestellte mittätigen Ehegattin, der Zweitbeschuldigten, mit einem Steuerberater von der Verpflichtung zur Durchsicht und Kontrolle der von ihm unterfertigten Steuererklärungen". Bei der "sinnfälligen Größenordnung" der vorliegend in Rede stehenden Verkürzungsdimensionen sei auch einem - wie hier - beruflich mehrfach belasteten Abgabepflichtigen eine entsprechend wirksame Kontrollkapazität abzufordern. Die behauptete rechtsfehlerhafte Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Komponenten nach § 34 Abs. 1 FinStrG strafbarer Fahrlässigkeit hafte dem erstinstanzlichen Straferkenntnis somit nicht an. Nicht zu überzeugen vermöge auch das gegen den die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Schuldspruch erstattete Berufungsvorbringen. Dies gelte zunächst für den sinngemäßen Einwand einer unheilbar gesetzwidrigen Einleitung des Finanzstrafverfahrens, die daraus abgeleitet werde, "dass insoweit die Bestellung der Amtsbeauftragten und die von dieser veranlassten (einfachen) Mitteilung über die Einleitung des Strafverfahrens wegen des Finanzvergehens der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 Finanzstrafgesetz vom 11. Jänner 1999 ohne vorangegangenes finanzbehördliches Untersuchungsverfahren (auch) gegen diese (damals) Verdächtige realisiert wurde, wobei die Zulässigkeit einer einfachen Mitteilung wegen der auf ein fahrlässig verübtes Finanzvergehen beschränkten Verfahrenseinleitung außer Frage stand". Außer Diskussion stehe auch, dass gerade im Bereich amtswegiger Verpflichtung zur Sachverhaltserhebung dem Grundsatz der Wahrung des Parteiengehörs fundamentale Bedeutung zukomme, was mehrfach in darauf ausgerichteten Verfahrensbestimmungen seinen entsprechenden Niederschlag finde. Nicht im Recht sei die Zweitbeschwerdeführerin allerdings, wenn sie in diesem Zusammenhang der Durchführung eines formellen Untersuchungsverfahrens die Bedeutung einer unter Nichtigkeitssanktion stehenden unabdingbaren Verfahrensauflage beimesse. Entgegen den Berufungsausführungen sei weder der Bestimmung des § 124 FinStrG noch einer anderen Verfahrensbestimmung zu entnehmen, dass die Wahrung des Parteiengehörs obligatorisch bereits im Vorverfahren zu erfolgen habe. Die Aufnahme von Beweisen welcher Art auch immer (einschließlich der Beschuldigtenverantwortung) könne im Untersuchungsverfahren, im Zug der mündlichen Verhandlung und gegebenenfalls (mit vorausgegangene Verfahrensmängel sanierender Wirkung) auch im Rahmen einer Berufungsverhandlung durchgeführt werden. Im Beschwerdefall seien der Finanzstrafbehörde I. Instanz mit den Ergebnissen der strafgerichtlichen Hauptverhandlung gegen den Erstbeschwerdeführer, die die Aussage der dort als Zeugin vernommenen Zweitbeschwerdeführerin eingeschlossen hätten, insgesamt Beurteilungsgrundlagen vorgelegen, die ein gesondertes Untersuchungsverfahren auch hinsichtlich der gegen diese gerichteten Verdachtsmomente gesetzeskonform entbehrlich gemacht hätten. Da die Zweitbeschwerdeführerin - insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Befragungen in dem gegen den Erstbeschwerdeführer durchgeführten Strafverfahren - über den Gegenstand der nunmehr gegen sie erhobenen Anschuldigungen detailliert informiert gewesen sei, sie durch die lt. aktenkundigem Zustellnachweis am 18. Jänner 1999 eigenhändig übernommene Mitteilung von der Einleitung des sie betreffenden Finanzstrafverfahrens kein wie immer geartetes verfahrensrechtliches Infomationsdefizit aufgewiesen habe und solcherart auch nicht an einer ihren Verteidigungsinteressen zuträglichen Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde am 10. März 1999 gehindert gewesen sei, gehe die insgesamt darauf abstellende Verfahrensrüge ins Leere. Lediglich der Vollständigkeit halber sei hinzuzufügen, dass in der Berufung die Stellung des Amtsbeauftragten insoweit verkannt werde, als der das Finanzstrafverfahren beherrschende Untersuchungsgrundsatz von der Bestellung eines Amtsbeauftragten keineswegs unabdingbar berührt werde. Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens hänge vielmehr von seiner Mitwirkung nicht ab, weil die Finanzstrafbehörde an Anträge des Amtsbeauftragten nicht gebunden sei. Unbegründet sei die Berufung auch insoweit, als sie zum die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Schuldspruchkomplex das Tatbestandskriterium einer tatbedingt bewirkten bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung in zu niedriger Höhe mit dem Hinweis darauf in Abrede stelle, dass der dazu maßgebende Bescheid vom 2. Februar 1994 bloß "EDV-mäßig" ausgefertigt worden sei, weil "die dieser Bescheidausfertigung zugrunde gelegten Erklärungen im Wege eines Nachschauauftrages gemäß § 151 Abs. 1 BAO zum Gegenstand einer amtswegigen Überprüfung gemacht worden wären, wodurch eine rechtserhebliche Relevanz der abgegebenen Steuererklärungen als Grundlage der Abgabenfestsetzung ausscheide und der Erklärungsinhalt bedeutungsmäßig entscheidend hinter die amtlichen Erhebungs- und Überprüfungsergebnisse zurücktrete". Unabhängig von der erst Monate später auf Grund konkreter Anhaltspunkte für notwendig erachteten amtlichen Überprüfung sei es nämlich zunächst sehr wohl zu einer primär erklärungsorientierten bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung gekommen, die sämtliche Kriterien eines im Sinne des § 34 Abs. 1 FinStrG bewirkten Verkürzungserfolges erfülle. Da die Zweitbeschwerdeführerin schließlich durch die von ihrem Einverständnis getragene Übernahme abgabenrechtlicher Verpflichtungen in Form der Mitwirkung bei der den Erstbeschwerdeführer als Abgabenpflichtigen treffenden Verbindlichkeiten mit einer sie persönlich treffenden Sorgfaltspflicht belastet gewesen sei, sei die erstinstanzlich bejahte Tatbegehung nach § 11 dritter Fall FinStrG zutreffend. Was letztlich die Höhe der über den Erstbeschwerdeführer infolge "Teilkassierung des angefochtenen Erkenntnisses" nunmehr neu zu verhängenden Sanktion und der über die Zweitbeschwerdeführerin verhängten Geldstrafe anlange, bleibe nach Lage des Falles für die in Ausführung der Strafberufung unter Hinweis auf das jeweilige Wohlverhalten seit der Tatbegehung angestrebte Herabsetzung des Strafausmaßes kein Raum. Mit Rücksicht auf den "vergleichsweise potenzierten Beispielseffekt, der nach gesicherten gesellschaftlichen Bewertungsmaßstäben gerade Vertretern - wie hier - gehobener Profession und entsprechender Wirkungsbereiche zugeordnet zu werden pflegt, treten vor allem Belange der Generalprävention entscheidend in den Vordergrund". Auf der Grundlage der für die Beschwerdeführer jeweils maßgebenden strafbestimmenden Wertbeträge seien die über sie verhängten Sanktionen auch dann den speziellen Straferfordernissen des konkreten Falles in sachadäquater Weise gerecht, wenn die volle Schadensgutmachung mit in Rechnung gestellt werde. Damit habe den Rechtsmittelintentionen auch in der Straffrage kein Erfolg zukommen können. Die verhältnismäßige Geringfügigkeit der Verfahrensteileinstellung beim Erstbeschwerdeführer habe ohne entscheidenden Einfluss auf die Strafhöhe bleiben müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wer als Unternehmer tätig wird, hat die damit verbundenen abgabenrechtlichen Verpflichtungen (vgl. insbesondere die §§ 119 bis 142 BAO) zu beachten. Will der Abgabepflichtige diese Aufgaben nicht selbst wahrnehmen, oder ist er dazu, etwa aufgrund fehlender Sachkenntnisse oder beruflicher Beanspruchung, nicht imstande, kann er die Besorgung der steuerlichen Angelegenheiten auch anderen Personen anvertrauen. Dies befreit ihn jedoch nicht von jedweder finanzstrafrechtlicher Verantwortung. Wie der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist der Abgabepflichtige angehalten, bei der Auswahl dieser Personen sorgsam vorzugehen und sie auch entsprechend zu beaufsichtigen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1993, 89/13/0051).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Erstbeschwerdeführer jede Kontrolltätigkeit in Bezug auf seine abgabenrechtlichen Belange sowohl gegenüber der seine laufenden Aufzeichnungen führenden Zweitbeschwerdeführerin als auch gegenüber dem beauftragten Steuerberater unterlassen hat. In diesem (jahrelangen) Unterlassen selbst einer lediglich stichprobenweisen Kontrolltätigkeit hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (unter Hinweis auf die "Verkürzungsdimensionen") im Ergebnis zu Recht fahrlässiges Verhalten iSd § 8 Abs. 2 FinStrG angelastet. Dass es sich vielleicht um eine Nachlässigkeit gehandelt habe, sich nicht um die Aufzeichnungen der Einnahmen durch die Zweitbeschwerdeführerin gekümmert zu haben, räumte der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme laut Protokoll zur Hauptverhandlung im zum Freispruch wegen Unzuständigkeit nach § 214 FinStrG führenden gerichtlichen Strafverfahren auch ein. Bei der unbewussten Fahrlässigkeit erkennt der Täter zufolge Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt nicht, dass er einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklicht. Wenn laut Beschwerde im freisprechenden Gerichtsurteil u.a. davon die Rede ist, es habe nicht festgestellt werden können, dass es der Erstbeschwerdeführer bei Abgabe der Jahressteuererklärungen ernstlich für möglich gehalten habe, dass er eine Abgabenverkürzung unter Verletzung seiner Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkte und sich billigend damit abfand, bedeutet diese auf den Ausschluss bedingten Vorsatzes Bezug nehmende Feststellung nicht, der Vorwurf zumindest unbewusster Fahrlässigkeit wäre damit unzulässig. Die in der Beschwerde mehrfach betonte Erstellung der Steuererklärungen durch einen Steuerberater, der zudem dem Erstbeschwerdeführer durch das Finanzamt empfohlen worden sei, ändert nichts am zu Recht bestehenden Vorwurf mangelnder Vorsorge im Kontrollbereich insbesondere auch gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin, der die laufende Führung der Aufzeichnungen und die Information des Steuerberaters oblag. Das Beschwerdevorbringen lässt somit nicht erkennen, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in Bezug auf den Erstbeschwerdeführer mit seiner, wenn auch knapp gehaltenen Begründung zum Vorwurf der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs.1 FinStrG mit Rechtswidrigkeit belastet hätte.

Wegen des mittlerweile erfolgten Ablaufes der absoluten Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 5 FinStrG hat die belangte Behörde unter teilweise Stattgabe der Berufung das Finanzstrafverfahren gegen den Erstbeschwerdeführer wegen der Anschuldigung fahrlässiger Hinterziehung der Umsatzsteuer für 1987 im Betrag von 20.989 S und der Einkommensteuer für 1987 im Betrag von 163.380 S gemäß §§ 136 und 157 FinStrG eingestellt. Insofern hat sie mit dem angefochtenen Bescheid den Schuldspruch "wie auch" den Strafausspruch aufgehoben. Die belangte Behörde sah sich jedoch nicht veranlasst, in Ansehung des verbliebenen (Teil)Schuldspruches hinsichtlich der fahrlässigen Abgabenhinterziehung für die Jahre 1988 bis 1992 eine Herabsetzung der in erster Instanz verhängten Geldstrafe von 160.000 S (16 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) vorzunehmen. Dabei verkennt die belangte Behörde allerdings, dass die Verfahrenseinstellung 1987 wegen des Eintrittes des Strafaufhebungsgrundes der Verjährung auch zu einer angemessenen Reduzierung des Strafausspruches hätte führen müssen. Die Verhängung der gegenüber dem Erstbescheid der Höhe nach unveränderten Geldstrafe von 160.000 S für die fahrlässigen Abgabenverkürzungen der Jahre 1988 bis 1992 läuft auf eine im Sinne des Verschlimmerungsverbotes nach § 161 Abs. 3 erster Satz FinStrG unzulässige Erhöhung der Geldstrafe in Bezug auf die verbliebenen Abgabenverkürzungen dieser Jahre hinaus, sodass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in seinem Strafausspruch gegenüber dem Erstbeschwerdeführer mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hat.

Seitens der Zweitbeschwerdeführerin wird in der Beschwerde - wie bereits in der Berufung - eine gesetzwidrige Durchführung des dem Schuldspruch vorangegangenen Verfahrens vorgebracht. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, irrt die Zweitbeschwerdeführerin, wenn sie der Durchführung eines formellen Untersuchungsverfahrens die Bedeutung einer unter Nichtigkeitssanktion stehenden unabdingbaren Verfahrensauflage beilegt (der angefochtene Bescheid weist in diesem Zusammenhang auch zutreffend auf das das Finanzstrafverfahren beherrschende Untersuchungsprinzip hin, wobei dem Amtsbeauftragten auch nicht die einem Staatsanwalt vergleichbare Stellung eines Anklägers zukommt). Die in der Beschwerde aufgezeigten Mängel, wonach der Bestellung der Amtsbeauftragten nach § 124 Abs. 2 FinStrG kein gesondertes Untersuchungsverfahren gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin vorausgegangen sei (vor der erst mit 11. Jänner 1999 verfügten Einleitung des Strafverfahrens auch kein Untersuchungsverfahren durchgeführt worden sei) und wegen der deshalb gesetzwidrigen Bestellung der Amtsbeauftragten die Zuleitung des Aktes zusammen mit der Stellungnahme der Amtsbeauftragten vom 11. Jänner 1999 an den Spruchsenat rechtswidrig gewesen sei, können somit für sich nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen. Soweit aus diesen Verfahrensmängeln laut Beschwerde eine Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehöres abgeleitet werden könnte, ist festzuhalten, dass die Beschwerde die Relevanz dieser Mängel in keiner Weise aufzeigt (die ohnedies geständige Verantwortung der Zweitbeschwerdeführerin wird beispielsweise in keiner Weise in Frage gestellt). Im Recht ist der angefochtene Bescheid auch damit, wenn er auf den fehlenden normativen Charakter einer Einleitungsverfügung nach § 83 Abs. 2 FinStrG hinsichtlich fahrlässiger Finanzvergehen hinweist (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Februar 1994, 91/13/0203, und vom 30. Jänner 2001, 2000/14/0109). Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Zweitbeschwerdeführerin die Mitteilung von der Einleitung des sie betreffenden Finanzstrafverfahrens laut dem aktenkundigen Zustellnachweis am 18. Jänner 1999 eigenhändig übernommen hat, werden im Übrigen in der Beschwerde nicht ausdrücklich bestritten.

Warum schließlich laut Beschwerde in Bezug auf die Zweitbeschwerdeführerin das Vergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung für das Jahr 1992 nicht bewirkt sein sollte, ist nicht nachvollziehbar. Der fahrlässigen Abgabenverkürzung macht sich nach § 34 Abs. 1 FinStrG schuldig, wer die im § 33 Abs. 1 bezeichnete Tat fahrlässig begeht; § 33 Abs. 3 FinStrG gilt entsprechend. Nach § 33 Abs. 3 leg.cit. ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 u.a. dann bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden. Wie bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt, war mit der erklärungsorientierten bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung vom 2. Februar 1994 der Verkürzungserfolg im Sinne des § 34 Abs. 1 FinStrG bewirkt, woran die späteren Überprüfungshandlungen des Finanzamtes nichts änderten. Mit dem Hinweis auf zur Frage der Abgabenverkürzung bei der Grunderwerbsteuer ergangene Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1963, 877/61, SlgNr. 2796/F, und vom 2. November 1972, 57/72, kann die Zweitbeschwerdeführerin angesichts der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage für ihren Standpunkt nichts gewinnen.

Insgesamt war der angefochtene Bescheid somit in seinem Ausspruch über die Höhe der darin über den Erstbeschwerdeführer verhängten Strafe gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 1. Juli 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000130045.X00

Im RIS seit

28.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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