TE Vwgh Erkenntnis 2003/7/15 2003/05/0001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.07.2003
beobachten
merken

Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1091;
AVG §59 Abs2;
BauO OÖ 1994;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Reacon Realitäten-, Anlagenverwaltungs- und Consulting GmbH in Linz, vertreten durch Dr. Christian Ransmayr, Rechtsanwalt in Linz, Huemerstraße 1 / Kaplanhofstraße 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. November 2002, Zl. BauR-013050/1-2002- Gr/Vi, betreffend baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Das im Eigentum der nunmehrigen Beschwerdeführerin stehende Gebäude "Lunzerstraße 44" wurde im Jahre 1973 als Arbeiterwohnheim errichtet. Das Grundstück ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Bauland-Industriegebiet" ausgewiesen. Anlässlich einiger Kontrollen in den Jahren 2000 und 2001 wurde festgestellt, dass Teile des Gebäudes für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden. In einem Schreiben an die Baubehörde vom 15. November 2001 teilte die Beschwerdeführerin der Baubehörde mit, dass im verfahrensgegenständlichen Objekt das Erdgeschoss, der 1., 2. und 3. Stock an den Verein Volkshilfe vermietet seien und diesbezüglich ein Kündigungsverfahren beim Bezirksgericht Linz anhängig sei. Mit Schreiben vom 18. März 2002 brachte die Beschwerdeführerin der Baubehörde zur Kenntnis, dass die Stockwerke 4 bis 10 im Zuge von Überlassungsvereinbarungen an die GWL Gebäude- Wohnungs- und Liegenschafts-Verwaltungsgesellschaft mbH vermietet seien. Auch hinsichtlich dieser Überlassungsvereinbarungen sei von Seiten der Beschwerdeführerin ein Kündigungsverfahren eingeleitet worden.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 26. März 2002 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 10. April 2002, wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, binnen einer Frist von zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides das gegenständliche Objekt nicht mehr für die der Flächenwidmung widersprechende Flüchtlingsbeherbergung zu benützen. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides, in eventu die Erstreckung der Erfüllungsfrist auf vier Jahre.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 30. September 2002 wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Erfüllungsfrist auf zwei Jahre ab Rechtskraft des Bescheides erstreckt wurde.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. November 2002 als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Beseitigung eines Baugebrechens, sondern ausschließlich um die Durchsetzung des rechtswirksamen Flächenwidmungsplanes. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Flächenwidmung "Industriegebiet" eine Wohnnutzung zwar nicht absolut unzulässig mache, aber auf eine bestimmte Personengruppe einschränke. Die Wohnnutzung durch eine andere, nicht davon erfasste Personengruppe stelle zwar einen Widerspruch zum Oö. Raumordnungsgesetz dar, jedoch sei der Widerspruch nicht so gravierend, dass er im öffentlichen Interesse eine sofortige Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verlange. Die von der Baubehörde erster Instanz festgesetzte zweimonatige Erfüllungsfrist sei daher in diesem Lichte betrachtet zu kurz bemessen. Im Hinblick darauf, dass nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin Teile des Objektes (EG bis 3. OG) bereits geräumt seien und für die übrigen Bereiche bereits ein Kündigungsverfahren gerichtsanhängig sei, könne eine Frist von zwei Jahren zur Unterlassung der raumordnungsrechtswidrigen Wohnnutzung durchaus als angemessen angesehen werden. Eine Erstreckung der Frist auf vier Jahre würde hingegen eine exzessive und nicht mehr im Einklang mit dem Gesetz stehende Interpretation des unbestimmten Gesetzesbegriffes "angemessen" bedeuten. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass aus den Bestimmungen des MRG ableitbare zivilrechtliche Hindernisse nicht bedeuteten, dass die Baubehörde die Frist so festzusetzen habe, dass die Durchführung eines Verfahrens nach dem MRG jedenfalls gewährleistet sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Nach dem ausgeführten Beschwerdepunkt erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Festsetzung einer angemessenen Erfüllungsfrist zur Herstellung einer widmungskonformen Nutzung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ausschließlich darin, dass die Erfüllungsfrist nicht angemessen sei. Die Behörde habe das zivilrechtliche Umfeld nicht ausreichend berücksichtigt und bei der Festsetzung der Erfüllungsfrist zu Unrecht nicht darauf Rücksicht genommen, dass mit der GWL ein bedingter Räumungsvergleich mit einer Räumungsfrist bis zum 30. Juni 2006 abgeschlossen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Ansicht nicht zu teilen: Die Beschwerde lässt unbestritten, dass die nunmehr festgesetzte Frist von zwei Jahren zur technischen Durchführung erforderlichen Absiedelungen ausreichend ist. Die Erfüllungsfrist gemäß § 59 Abs. 2 AVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls dann angemessen, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten technisch durchgeführt werden können. Der Umstand, dass die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin die Baulichkeiten trotz der bestehenden Raumordnungswidrigkeit in Bestand gegeben hat, vermag die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die eingeräumte Frist nicht darzutun. In seinem Erkenntnis vom 18. Juni 1991, Zl. 91/05/0094, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei der Bemessung der Erfüllungsfrist für einen Auftrag zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Zustandes nicht auf die zur Erwirkung einer nachträglichen Bewilligung erforderliche Zeit Bedacht zu nehmen ist. Dasselbe trifft auf allenfalls erforderliche Kündigungsverfahren zu. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Beschwerdeführerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin keinerlei Zwang ausgesetzt war, das Objekt zu vermieten (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/06/0262, sowie vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/05/0308), bzw. einen Räumungsvergleich mit einer Frist von vier Jahren zu schließen. Im Übrigen ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bei der Festsetzung der Erfüllungsfrist für die Beseitigung eines konsenslosen Baues auf wirtschaftliche Umstände nicht im selben Ausmaß Rücksicht zu nehmen, wie bei der Erteilung eines Auftrages zur Beseitigung eines Baugebrechens (vgl. auch dazu das o.a. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995 und die dort angeführte Vorjudikatur). Dasselbe gilt für die Festsetzung der Erfüllungsfrist für die Unterlassung eines raumordnungswidrigen Benützens.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Das Kostenbegehren der Mitbeteiligten war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) und weil sich diese Bestimmung auch auf § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269).

Wien, am 15. Juli 2003

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003050001.X00

Im RIS seit

11.08.2003

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten