TE Vwgh Erkenntnis 2003/7/15 2002/05/0749

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Veröffentlicht am 15.07.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
VVG §11 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Michaela Martinello in Bad Waltersdorf, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schönaugasse 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. April 2002, Zl. MA 62 - III/16/01, betreffend Kosten der Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 8. September 2000 wurde der Beschwerdeführerin als Dreiviertelanteilseigentümerin sowie H.S. als Einviertelanteilseigentümerin der Liegenschaft Wien 13., Kernhausgasse 39, gemäß § 9 der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Mai 1982 betreffend die Reinhaltung von Grundstücken und Baulichkeiten (Reinhalteverordnung) aufgetragen, "den auf ihrem Grundstück in Wien 13., Kernhausgasse 39, bestehenden Übelstand, und zwar das unter den im rückwärtigen Teil des Gartens befindlichen Trümmern des eingestürzten Holzschuppens befindliche Kleingerümpel, wie Teppichreste, vermorschtes Holz, etc. und die gegenüber dem eingestürzten Holzschuppen befindlichen kaputten Gartenmöbel, eine alte Polsterbank und einen Haufen mit Holzabfällen und sonstige Ablagerungen binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides zu beseitigen".

Nach Androhung der Ersatzvornahme wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 31. Jänner 2001 gemäß § 4 VVG die Ersatzvornahme angeordnet. Mit Schreiben vom 14. März 2001 wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass bei der durchgeführten Ersatzvornahme Kosten in der Höhe von insgesamt EUR 5.570,07 entstanden sind. Die Rechnung Nr. 1172 vom 8. März 2001 der Firma Hofbauer Transporte sei auf rechnerische Richtigkeit überprüft und die ordnungsgemäße Erbringung der Leistung bestätigt worden.

Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit zur Akteneinsicht und Stellungnahme innerhalb einer bestimmten Frist eingeräumt.

In ihrer Äußerung vom 9. April 2001 führte die Beschwerdeführerin aus, dass eine Firma "Hofbauer Transporte" nicht rechtsfähig sei. Eine solche Rechnung müsse daher nicht bezahlt werden. Sie gehe daher davon aus, dass der Magistrat der Stadt Wien eine solche Rechnung auch tatsächlich nicht zahlen werde. Sie sei zwar Miteigentümerin der genannten Liegenschaft. Die Liegenschaft sei jedoch mit einem Fruchtgenussrecht der weiteren Miteigentümerin belastet; ein Fruchtgenussberechtigter schalte und walte wie ein Alleineigentümer.

Mit "Kostenbescheid" des Magistrates der Stadt Wien, MA 6, vom 23. April 2001 wurden der Beschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 1 VVG die in Vollstreckung der Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes am 6. März 2001 im Wege der Ersatzvornahme angefallenen Kosten in der Höhe von EUR 5.570,07 s. A. auferlegt.

In der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass eine Firma "Hofbauer Transporte" nicht rechtsfähig sei. Eine Rechnung einer nicht rechtsfähigen Person könne und dürfe nicht bezahlt werden. Die genannte Liegenschaft sei mit einem uneingeschränkten Fruchtgenussrecht der Miteigentümerin belastet. Die Fruchtgenussberechtigte sei berechtigt über die Liegenschaft wie ein Eigentümer zu verfügen. Dies bedeute, dass die Beschwerdeführerin als Miteigentümerin nicht berechtigt sei, irgend welche Verfügungen über die Liegenschaft vorzunehmen, und dass für die Entfernung von Unrat und Gerümpel ausschließlich die Fruchtgenussberechtigte zuständig sei. Weil die Beschwerdeführerin nicht berechtigt sei, über die Liegenschaft zu verfügen, könne sich der Auftrag zum Ersatz der vorgeschriebenen Kosten nur gegen die fruchtgenussberechtigte Miteigentümerin richten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Rechtlich relevant sei im gegenständlichen Fall nur, ob der von der Behörde beauftragte Dritte eine Leistung erbracht habe und hierdurch Kosten angefallen seien; es stelle sich daher nicht die Frage nach der Rechtsform des Beauftragten bzw. nach der Bezeichnung des Beauftragten in seiner gelegten Rechnung. Der Lieferschein über die durchgeführten Arbeiten stamme von der Firma "Erich Hofbauer"; die auch Rechnungsleger sei. Unbeachtlich sei auch, ob der Miteigentümerin ein Fruchtgenussrecht an der gegenständlichen Liegenschaft zustehe, zumal die Beschwerdeführerin auf Grund des der Vollstreckungsverfügung vom 31. Jänner 2001 zugrunde liegenden rechtskräftigen Titelbescheides zur Entfernung der im Wege der Ersatzvornahme beseitigten Ablagerungen verpflichtet gewesen sei. Die Angemessenheit der auf Grund der im Akt erliegenden Lieferscheine gelegten Rechnungen und die ordnungsgemäße und richtige Erbringung der Leistung sei von einem Organ des Erhebungs- und Vollstreckungsdienstes bestätigt worden; es lägen keine Anhaltspunkte vor, um die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel zu ziehen. Die Angemessenheit der Preise stehe daher außer Zweifel.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin trägt vor, als Rechnungsleger einer Rechnung sei "Hofbauer" genannt. Niemand wisse, ob dies ein Mensch oder eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft sein soll. In der Rechnung scheine die Aufschrift "Hofbauer-Transporte" auf; es könne nicht abgeleitet werden, wer tatsächlich Rechnungssteller sei. Ein Kaufmann habe sich ausschließlich als Person mit Vornamen und Zunamen auszuweisen. Die gegenständliche Rechnung enthalte diesen Vornamen nicht; eine solche Firma sei daher auch nicht bekannt. Die Behörde sei nicht berechtigt gewesen, eine Rechnung einbringlich zu machen, welche auf Grund der Unvollständigkeit nicht fällig habe werden können. Die Rechnung enthalte in der Beschreibung Arbeiten für das Entfernen/Entsorgen des eingestürzten Gartenschuppens inklusive des darunter liegenden Gerümpels. Der Bescheid vom 14. Dezember 1999 behandle aber ausschließlich das unter dem eingestürzten Holzschuppen befindliche Gerümpel, nicht jedoch den Holzschuppen selbst. Im Rahmen der Ersatzvornahme sei auch der Gartenschuppen selbst entfernt bzw. entsorgt worden; diese Arbeiten seien jedoch vom Auftrag ausdrücklich nicht umfasst gewesen. Die Behörde sei daher nicht berechtigt, Kosten für die Entfernung des Gartenschuppens selbst zu begehren. Der Magistrat der Stadt Wien habe die Entfernung eines Holzschuppens veranlasst bzw. einen unklaren Entfernungsauftrag erteilt. Die Geltendmachung der Kosten für die Entfernung des Holzschuppens sei rechtswidrig. Aus der Rechnung ergebe sich nur, dass angeblich gewisse Arbeitsstunden geleistet worden seien. Wie viel davon auf die Entfernung des eingestürzten Gartenschuppens entfallen sei, sei daher der Rechnung nicht zu entnehmen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Rechnung auftragen.

Gemäß § 11 Abs. 1 VVG fallen die Kosten der Vollstreckung dem Verpflichteten zur Last und sind gemäß § 3 einzutreiben.

Mit dem Ablauf der mit der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vollstreckungsverfahren begonnen, weshalb die Beschwerdeführerin als Eigentümerin zur ungeteilten Hand mit der anderen Eigentümerin - gegenüber welcher ebenfalls ein Entfernungsauftrag ergangen und das Vollstreckungsverfahren eingeleitet worden ist - zur Bezahlung der Kosten des Vollstreckungsverfahrens verpflichtet ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 94/05/0272).

Die Beschwerdeführerin war auf Grund des rechtskräftigen, auf § 9 der Reinhalteverordnung gestützten Auftrages des Berufungssenates der Stadt Wien vom 8. September 2000 zur Erfüllung dieses Auftrages verpflichtet. Ob die Beschwerdeführerin wegen des auf der Liegenschaft bestehenden Fruchtgenussrechtes der anderen Miteigentümerin der Liegenschaft mit dem Beseitigungsauftrag belastet hätte werden dürfen, war im Verfahren zur Erlassung des Titelbescheides zu prüfen. Die aus § 4 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 VVG auf dem Verpflichteten des Titelbescheides lastende Pflicht zum Kostenersatz der angeordneten Ersatzvornahme kann aber zufolge der Rechtskraft der zugrunde liegenden Vollstreckungsverfügungen in der Anfechtung des Kostenfestsetzungsbescheides nicht mehr mit Argumenten bekämpft werden, die die Berechtigung der Ersatzvornahme in Frage stellen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 92/07/0055, und 93/07/0117).

Die Kostenentscheidung nach § 11 Abs. 1 VVG ist ein im Instanzenzug anfechtbarer verfahrensrechtlicher Bescheid nach dem AVG. Die angeordnete Ersatzvornahme konnte nur darin bestehen, den im Titelbescheid aufgetragenen Zustand herzustellen. Kosten von Arbeiten, die durch den Titelbescheid nicht gedeckt sind, können daher dem Verpflichteten nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 VVG auferlegt werden (vgl. hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, E. 13b zu § 11 VVG, S. 1200). Dies hätte die Verpflichtete im Verfahren vor der belangten Behörde zwar geltend machen können, der diesbezügliche Einwand ist von der Beschwerdeführerin jedoch erstmals im Beschwerdeverfahren erhoben worden. Da es sich bei diesem Vorbringen somit um eine unzulässige Neuerung im Sinne des § 41 VwGG handelt, war es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, darauf einzugehen.

Einwendungen gegen die Kostenvorschreibung kann der Verpflichtete nur unter dem Gesichtspunkt erheben, dass die vorgeschriebenen Kosten unverhältnismäßig hoch seien oder dass die durchgeführten Arbeiten über die Leistung, die von ihm zu erbringen gewesen wäre, unbegründeterweise hinausgegangen seien. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Rechnung des von der Behörde mit der Ersatzvornahme beauftragten Unternehmens sei mangels Unvollständigkeit nicht fällig, ist daher im Verfahren über die Festsetzung der Kostenersatzpflicht gemäß § 11 Abs. 1 VVG unbeachtlich. Dass die in dieser Rechnung gestellten Leistungen erbracht worden und die dafür fakturierten Preise angemessen sind, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Die behauptete Rechtsverletzung liegt daher nicht vor. Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 15. Juli 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002050749.X00

Im RIS seit

13.08.2003

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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