TE Vwgh Beschluss 2003/7/25 2002/02/0157

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Veröffentlicht am 25.07.2003
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;
92 Luftverkehr;

Norm

B-VG Art102;
B-VG Art11 Abs1 Z4;
B-VG Art11 Abs3;
KDV 1967 §4 Abs5 Z2 litc;
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2;
StVO 1960 §45 Abs2;
StVO 1960 §94;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §58 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, in der Beschwerdesache der S Ges.m.b.H. in T, vertreten durch Neudorfer, Griensteidl, Hahnkamper, Stapf & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Esslinggasse 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. April 2001, Zl. IIb2-2-4-5-38/2, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. April 2001 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 9. April 2001 um "Ausnahmebewilligung (gem. § 45 Abs. 2 StVO 1960) vom Verbot der Benützung von Spikesreifen (§ 4 Abs. 5 Ziff. 2 lit. c KDV)" für jeweils näher umschriebene Kraftfahrzeuge in der Zeit vom 24. April 2001 bis 31. Mai 2001 sowie in der Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 14. November 2001 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 11. Juni 2002, B 887/01-6, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin als Beschwerdepunkt geltend, sie erachte sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 verletzt".

Mit Verfügung vom 17. Jänner 2003 forderte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin auf, sich zur Frage der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde infolge Ablaufes der Zeiträume, für welche die Ausnahmebewilligung beantragt worden war, zu äußern. Die Beschwerdeführerin äußerte sich hiezu nicht.

Gemäß § 4 Abs. 5 Z. 2 lit. c Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 (KDV) dürfen Spikesreifen nur vom 15. November bis zum Montag nach dem Ostermontag des nächsten Jahres verwendet werden.

Der Beschwerdepunkt kann, was den zeitlichen Anwendungsbereich des angefochtenen Bescheides anlangt, nur dahin verstanden werden, dass sich die Beschwerdeführerin für den angeführten Zeitraum vom 24. April 2001 bis 31. Mai 2001 sowie vom 1. Oktober 2001 bis 14. November 2001 in dem geltend gemachten Recht auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 verletzt erachtet. Es ist ausgeschlossen, dass nach einer allfälligen Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof - unter Zugrundelegung des als Beschwerdepunkt geltend gemachten Rechtes - im Sinne des dem angefochtenen Bescheides zu Grunde liegenden Antrages vom 9. April 2001 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung in den angeführten Zeiträumen eine verwaltungsbehördliche Entscheidung mit dem Inhalt einer Erteilung dieser Ausnahmebewilligung für die bereits vergangenen Zeiträume getroffen werden könnte.

Bei einer sogenannten Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann eine "Klaglosstellung" nur in einer formellen Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof verstanden werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein bei ihm anhängiges Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen, wenn einerseits die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nicht vorliegen, andererseits aber auch kein Zurückweisungsgrund und auch nicht Klaglosstellung im vorstehend angeführten Sinn vorliegt (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Juni 1990, Slg. Nr. 13.239/A).

Im vorliegenden Fall liegen im Hinblick auf die Festlegung eines Endzeitpunktes für die angestrebte Ausnahmebewilligung im Antrag vom 9. April 2001 und im Hinblick auf das Vorübergehen des von der Beschwerdeführerin selbst vorgesehenen Endzeitpunktes 14. November 2001 (an den unmittelbar der Beginn des in § 4 Abs. 5 Z. 2 lit. c KDV normierten Zeitraumes, ab dem Spikesreifen allgemein erlaubt verwendet werden dürfen, anschließt) die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die vorliegende Beschwerde nicht vor. Die vorliegende Beschwerde wurde somit gegenstandslos (vgl. auch hiezu den oben zitierten hg. Beschluss vom 27. Juni 1990, Slg. Nr. 13.239/A).

Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG idF der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand nicht erfordert, sind die Kosten jener Partei zuzusprechen, die bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2002, Zl. 2002/12/0099). Dies ist aus folgenden Überlegungen die Beschwerdeführerin:

Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides unzweifelhaft ergibt, hat die belangte Behörde die beantragte Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO 1960 deshalb versagt, weil diese Bestimmung für kraftfahrrechtliche Verbote nicht anzuwenden sei. Sie hat damit in einer Angelegenheit der StVO 1960 entschieden.

Gemäß den Zuständigkeitsregelungen in der StVO (§§ 94 ff StVO) kommen als in Vollziehung der StVO zuständige Behörden der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, die Landesregierung, die Bezirksverwaltungsbehörden, die Bundespolizeibehörden und Gemeindeorgane im eigenen bzw. übertragenen Wirkungsbereich in Betracht, wobei dem Bundesminister gemäß Art. 11 Abs. 3 B-VG nur Zuständigkeiten im Bereich der Erlassung von Durchführungsverordnungen zukommen. Die Vollziehung von Angelegenheiten der Straßenpolizei fällt - abgesehen von Art. 11 Abs. 3 B-VG - gemäß Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG in die Zuständigkeit der Länder. Eine solche Angelegenheit der Landesverwaltung fällt jedenfalls nicht in den Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art. 102 ff B-VG, der die Verwaltung des Bundes im Bereich der Länder betrifft und in dem dem Landeshauptmann zentrale Zuständigkeiten zukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2002/03/0028).

Den angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Tirol erlassen, der aber für die Erlassung eines Bescheides in der gegenständlichen Angelegenheit der StVO 1960 nicht zuständig ist. Der angefochtene Bescheid wäre daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben gewesen, sodass der Beschwerdeführerin gemäß § 58 Abs. 2 VwGG Aufwandersatz zuzusprechen war.

Der Ausspruch über die Höhe des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Juli 2003

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteAllgemeinZuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002020157.X00

Im RIS seit

23.09.2003

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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