TE Vwgh Erkenntnis 2003/8/7 2000/16/0329

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Veröffentlicht am 07.08.2003
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65007 Jagd Wild Tirol;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

ABGB §1090;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z2;
JagdG Tir 1983 §31 Abs4;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Mag. A in Innsbruck, vertreten durch Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 9. März 2000, Zl. RV-621/1- T6/99, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und zwei weitere Mitpächter schlossen am 1. April 1999 mit den Österreichischen Bundesforsten AG einen Jagdpachtvertrag auf die Dauer von zehn Jahren ab. Gegenstand des Vertrages war die Ausübung des Jagdrechtes in einem bestimmten Jagdgebiet im Gesamtausmaß von rund 4.000 ha. In dem der Vergebührung zugrunde gelegten schriftlichen Pachtvertrag wurde ausdrücklich festgehalten, dass keine mündlichen Nebenabreden bestünden. Der Punkt 9. des Pachtvertrages (Überschrift: "Berufsjäger") lautet:

"9.1. der Pächter verzichtet hiermit ausdrücklich und unwiderruflich für die Dauer des Pachtverhältnisses auf das Recht gemäß § 31 Abs. 3 TJG 1983 in der geltenden Fassung.

9.2. Der Berufsjäger ist gegenüber der ÖBf AG zur Auskunftserteilung über den Jagdbetrieb verpflichtet.

9.3. Von einer Kündigung oder Entlassung des Berufsjägers ist die ÖBf AG umgehend schriftlich zu verständigen."

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Frage strittig, ob der der Höhe nach unbestimmte Aufwand für den Berufsjäger in die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Rechtsgeschäftsgebühr einzubeziehen ist oder nicht.

Im angefochtenen Bescheid, mit dem einer Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben worden war, stellte die belangte Behörde dazu fest, dass der Beschwerdeführer und seine Mitpächter mit Dienstvertrag vom 16. April 1999 den schon bei den Vorpächtern beschäftigten Berufsjäger W. neuerlich angestellt hätten. Mit der unter Punkt 9.1. des Jagdpachtvertrages festgelegten vertraglichen Vereinbarung hätten sich die Pächter der im Gesetz gebotenen Möglichkeit begeben, eine Befreiung von der gesetzlichen Verpflichtung zur Bestellung des Jagdschutzpersonals herbeizuführen. Dies bedeute positiv formuliert nichts anderes, als dass damit implizit vertraglich die zwingende Bestellung eines Jagdschutzpersonales festgeschrieben worden sei. Auch die übrigen Verpflichtungen im Punkt 9. des Jagdpachtvertrages seien nur dann sinnvoll, wenn zwischen den Vertragsparteien ein Einvernehmen darüber bestehe, dass ein Berufsjäger von den Pächtern anzustellen sei. Auf eine ausdrückliche Anstellungsverpflichtung sei es wegen der besonderen Lagerung des Falles gar nicht angekommen.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Unter Hinweis auf das Urkundenprinzip des § 17 GebG führt der Beschwerdeführer aus, dass eine Verpflichtung zur Anstellung eines Berufsjägers im Jagdpachtvertrag nicht beurkundet worden sei. Weder aus der Pflicht zur Auskunftserteilung noch aus der Verpflichtung der Pächter, die Verpächter von einer Kündigung oder Entlassung schriftlich zu verständigen, könne eine Verpflichtung zur Bestellung eines Berufsjägers abgeleitet werden. Insbesondere sei auch nicht vereinbart worden, dass eine Kündigung, Entlassung oder Neueinstellung nur mit Zustimmung des Verpächters gestattet wäre. Der Gebührenfestsetzung könnten aber nicht andere als in der Urkunde festgehaltene Umstände zu Grunde gelegt werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 2 GebG sind Jagdpachtverträge mit zwei v.H. nach dem Wert zu vergebühren.

Nach ständiger hg. Judikatur gehört bei einem Jagdpachtvertrag alles zum Preis und damit zur Bemessungsgrundlage für die Rechtsgebühr, was der Bestandnehmer dem Bestandgeber dafür zu leisten hat, dass der Bestandnehmer die Sache gebrauchen kann. In diesem Sinn sind nicht nur dann, wenn vereinbart wird, dass der Pächter dem Verpächter die Kosten für ein Jagdaufsichtsorgan zu ersetzen hat, diese Kosten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, sondern auch dann, wenn der Pächter vertraglich verpflichtet ist, Revierjäger auf seine Kosten einzustellen (vgl. zu allem die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren10, Rz 154 zu § 33 TP 5 GebG, referierte Judikatur).

Im Fall des Erkenntnisses vom 26. Juni 1997, Zl. 97/16/0211, war vereinbart worden, dass eine Kündigung, Entlassung oder Neueinstellung eines Jägers nur mit Zustimmung des Verpächters gestattet sei. Der Verwaltungsgerichtshof billigte die Einbeziehung der Kosten für die drei, bei Vertragsabschluss bei der damaligen Beschwerdeführerin beschäftigten Revierjäger in die Bemessungsgrundlage, weil die Verpflichtung, einen Jäger, der bei Vertragsabschluss bereits in einem aufrechten Dienstverhältnis zum Pächter steht, nur mit Zustimmung des Verpächters zu kündigen bzw. zu entlassen, bezogen auf den Fall, dass bei Vertragsabschluss kein Revierjäger beim Pächter beschäftigt ist, der Verpflichtung zur Neueinstellung eines solchen jedenfalls gleichzuhalten sei. Auf eine ausdrückliche Anstellungsverpflichtung sei es wegen der besonderen Lagerung des Beschwerdefalles nicht angekommen.

Im Beschwerdefall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer und seine Mitpächter als Jagdausübungsberechtigte kraft Gesetzes verpflichtet waren, einen Berufsjäger zu bestellen. Die diesbezügliche Bestimmung des § 31 Tiroler Jagdgesetz 1983 (TJG) lautet:

"§ 31

Bestellung des Jagdschutzpersonals

(1) Der Jagdausübungsberechtigte hat einen Jagdaufseher oder Berufsjäger zu bestellen. Die Jagdausübungsberechtigten aneinandergrenzender Jagdgebiete können mit Zustimmung der Bezirksverwaltungsbehörde einen gemeinsamen Jagdaufseher oder Berufsjäger bestellen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn der Schutz der Jagd gewährleistet ist.

(2) Für Jagdgebiete über 2000 Hektar, die wenigstens zu 1500 Hektar aus Waldungen bestehen, und für alle Jagdgebiete über 3000 Hektar ist ein Berufsjäger zu bestellen. Bei entsprechend größerem Ausmaß der Jagdgebiete hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anhören der Bezirkslandwirtschaftskammer die Bestellung zusätzlicher Jagdaufseher oder Berufsjäger vorzuschreiben, wenn es der Schutz der Jagd oder der Schutz der Interessen der Landeskultur erfordert.

(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann nach Anhören der Sektion Dienstnehmer der Landeslandwirtschaftskammer, der Bezirkslandwirtschaftskammer und des Bezirksjagdbeirates gestatten, dass ein Berufsjäger nicht bestellt werden muss, wenn die Jagd nur eine geringe Einstandsmöglichkeit aufweist, sowie in begründeten Ausnahmefällen dann, wenn der Schutz der Jagd und der Interessen der Landeskultur trotzdem gewährleistet ist, wobei auf die Wildstandsverhältnisse und die bisherige Art der Ausübung der Jagd in dem betreffenden Jagdgebiet Bedacht zu nehmen ist. Ein Bescheid, mit dem gestattet wird, dass ein Berufsjäger nicht bestellt werden muss, ist auch der Sektion Dienstnehmer der Landeslandwirtschaftskammer zuzustellen. Sie kann gegen einen solchen Bescheid Berufung einbringen.

(4) Anstelle eines nach den vorstehenden Bestimmungen zu bestellenden Jagdaufsehers oder Berufsjägers kann auch der Jagdausübungsberechtigte den Jagdschutz ausüben, wenn er die für die Bestellung dieser Organe erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.

(5) Sorgt der Jagdausübungsberechtigte trotz Aufforderung nicht für ausreichenden Jagdschutz, hat ihm die Bezirksverwaltungsbehörde die Vorsorge für den Jagdschutz bescheidmäßig aufzutragen."

Aus Abs. 2 dieser Bestimmung ergibt sich somit, dass bei Jagdgebieten der vorliegenden Größenordnung grundsätzlich ein Berufsjäger bestellt werden muss; von der nach Abs. 3 dieser Bestimmung gebotene Möglichkeit, dass unter bestimmten Voraussetzungen von der Bezirksverwaltungsbehörde eine Ausnahme von dieser Verpflichtung eingeräumt werden kann, darf auf Grund der hier vorliegenden vertraglichen Verpflichtungen nicht Gebrauch gemacht werden.

Allerdings ermöglicht es § 31 Abs. 4 TJG, dass anstelle eines zu bestellenden Berufsjägers auch der Jagdausübungsberechtigte den Jagdschutz ausüben kann, wenn er die für die Bestellung dieser Organe erforderlichen Voraussetzungen erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1996, Zl. 96/03/0249). Diese Möglichkeit ist vom vorliegenden Vertragswerk nicht erfasst. Der Beschwerdeführer wäre in einem solchen Fall lediglich verpflichtet, die Verpächterin von der Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Berufsjäger zu verständigen; die Verpächterin, der im Gegensatz zu dem im Erkenntnis vom 26. Juni 1997 behandelten Fall kein Zustimmungsrecht zukommt, hätte keine Handhabe, die Ausübung des Jagdschutzes durch einen der Jagdausübungsberechtigten zu verhindern.

Daraus folgt aber, dass eine inter partes getroffene Verpflichtung, dass die Pächter einen Berufsjäger bestellen, nicht eingegangen wurde. Wenn die Vertragsurkunde eine solche Verpflichtung nicht enthält, stellen die Lohnkosten des Berufsjägers keinen Teil der Gegenleistung dafür dar, dass der Bestandnehmer die Sache gebrauchen kann. Ihre Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage erwies sich somit als rechtswidrig.

Ausgehend von der im vorliegenden Fall somit völlig anders gelagerten Sach- und Rechtslage bedarf es eines Eingehens auf die Kritik von Arnold, Rechtsgebühren7, 487f, zum genannten Erkenntnis vom 26. Juni 1997, nicht.

Da die belangte Behörde somit durch die Einbeziehung dieser Lohnkosten die Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; er war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 7. August 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000160329.X00

Im RIS seit

05.09.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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