TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/4 2000/09/0111

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Veröffentlicht am 04.09.2003
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §44 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs2;
AVG §62 Abs3;
BDG 1979 §48 Abs1;
HDG 1994 §2 Abs1 Z1;
HDG 1994 §2 Abs4;
HDG 1994 §23 Z1;
HDG 1994 §35 Abs2;
HDG 1994 §50 Z2;
HDG 1994 §58;
StGB §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. Kurt Kozak, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 12, gegen den Bescheid des Disziplinarvorgesetzten (Kommandant des Aufklärungsbataillon 2, Schwarzenbergkaserne Wals) vom 2. Mai 2000, Zl. 01743-3170/10/2000, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße nach dem Heeresdisziplinargesetz 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant (Unteroffizier im Präsenzstand des Bundesheeres) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die

2. Jagdpanzerkompanie (Kommando des Aufklärungsbataillon 2) in Wals.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Disziplinarvorgesetzten (Bataillonskommandant) vom 2. Mai 2000 wurde der Beschwerdeführer im Kommandantenverfahren einer Dienstpflichtverletzung nach § 48 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetztes iVm § 2 des Heeresdisziplinargesetz 1994 dahingehend für schuldig befunden, er habe am 5. April 2000 um ca.

12.30 Uhr seinen Dienstort vorsätzlich verlassen.

Wegen dieser Dienstpflichtverletzung verhängte die belangte Behörde - in teilweiser Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - über den Beschwerdeführer gemäß § 50 Z. 2 iVm § 35 Abs. 2 HDG 1994 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von S 1.000,-- (EUR 72,67).

Die Begründung des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:

"Mit der im Spruch zitierten Entscheidung wurde über sie die Disziplinarstrafe Geldbuße von S 2.000,-- verhängt, weil sie am 05.04.00 um ca. 12.30 Uhr ihren Dienstort vorsätzlich verlassen haben, dadurch gegen § 48 HDG 1979 (richtig: BDG 1979) verstoßen haben und somit eine Pflichtverletzung gemäß § 2 HDG 1994 begangen haben.

Sie haben innerhalb offener Fristen mündlich Berufung eingebracht, in der sie anführten, dass sie um Aufhebung des Schuldspruches ersuchen, da sie den ZA-Zettel ausgefüllt haben und Olt P nicht anwesend war. Im Rahmen ihrer Anhörung am 02.05.00 brachten sie keine anderen als in ihrer mündlichen Berufung angeführten Argumente vor.

Dazu ist festzustellen.

Gem. Vbl 141/97 ist es nicht möglich Freizeitausgleich im Vorgriff auf zu einem späteren Zeitpunkt noch zu leistende Übersunden zu konsumieren. Sie hatten kein Zeitausgleichguthaben (bzw. 8'laut Computer) am 05.04.00. Sie waren 105'unerlaubt abwesend. Der KpKdt hatte die Abwesenheit nicht genehmigt. Es war keine Gefahr in Verzug. Sie haben die Tat (Verlassen des Dienstortes) vorsätzlich begangen und dadurch gegen § 48 BDG 1979 verstoßen.

Strafmildernd: Laut ihren Angaben trafen sie sich mit einem rechtskundigen Beamten, um sich über dienstliche Angelegenheiten (Herabsetzung der Dienstzeit, Enteilung AssE Burgenland) zu informieren. Weiters geben sie an, dass sie subjektiv der Annahme waren, dass Olt P ihnen das Treffen gestatten würde.

Die Höhe der über sie verhängten Disziplinarstrafe erscheint aufgrund der in I. Instanz in Erwägung gezogenen Strafbemessungsgründe als zu hoch, da die Strafmilderungsgründe nicht berücksichtigt wurden. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm angelasteten Dienstpflichtverletzung schuldig erkannt und dafür disziplinär bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrungsvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Für den Beschwerdeführer (der dem Bundesheer aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses angehört) gilt gemäß dem im Beschwerdefall anzuwendenden § 56 Abs. 1 zweiter Satz Wehrgesetz 1990, BGBl. Nr. 305, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 mit Ausnahme seines neunten Abschnittes (§§ 91 bis 135). Anstelle des Abschnittes "Disziplinarrecht" des BDG 1979 ist im vorliegenden Disziplinarverfahren das Heeresdisziplinargesetz 1994 (HDG 1994) anzuwenden (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0213, vom 15. Dezember 1999, Zl. 98/09/0213, und vom 21. Juni 2000, Zl. 97/09/0298).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 HDG 1994, BGBl. Nr. 522, sind Soldaten disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten.

Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist disziplinär nur strafbar, wer schuldhaft handelt. Die §§ 5 und 6 sowie die §§ 8 bis 11 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, über Vorsatz und Fahrlässigkeit sowie über Irrtum, Notstand und Zurechnungsunfähigkeit sind anzuwenden.

Gemäß § 48 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, hat der Beamte die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist.

Der Beschwerdeführer räumt in seiner Beschwerde selbst ein, dass die von ihm für 5. April 2000 (um 12.30 Uhr) vereinbarte Besprechung nicht als Dienst anzusehen war und er deshalb ein Zeitausgleichsformular ausgefüllt habe, um sich von seinem unmittelbaren Vorgesetzten einen Zeitausgleich bewilligen zu lassen. Er rechtfertigt seine Abwesenheit vom Dienst damit, dass er auf den Vorgesetzten vergeblich gewartet und dessen Bewilligung daher nicht habe einholen können. Daraufhin habe er dem dienstführenden Unteroffizier den ausgefüllten "Zeitausgleichsschein" übergeben und mitgeteilt, dass er seinen Arbeitsplatz kurzfristig verlassen würde.

Der Beschwerdeführer bestreitet somit nicht, dass ihm von seinem Vorgesetzten ein Zeitausgleich nicht bewilligt wurde; er zieht auch nicht in Zweifel, dass im Zeitpunkt seiner unbewilligten Abwesenheit vom Dienst noch kein Zeitausgleichsanspruch entstanden war und daher sein begehrter Zeitausgleich "im Vorgriff" auf künftige Überstunden hätte bewilligt werden müssen, was einer gesetzlichen Deckung entbehrt.

Der im angefochtenen Bescheid herangezogene Erlass, Verlautbarungsblatt I des Bundesministeriums für Landesverteidigung Nr. 141/1997 bestimmt hinsichtlich eines Freizeitausgleiches ua Folgendes:

"Freizeitausgleich kann entweder vom Vorgesetzten angeordnet

oder vom Bediensteten beantragt werden.

...

Der Freizeitausgleich ist mittels Formular‚ 'Zeitausgleichverbrauch' (Beilage 2) anzuordnen oder zu beantragen. Der Antritt des Freizeitausgleichs ist erst nach schriftlicher Anordnung oder Genehmigung durch den Vorgesetzen möglich.

...

Aufgrund der wiederholten Kritik des Rechungshofes wird nochmals darauf hingewiesen, dass der Freizeitausgleich eine Form der Abgeltung einer geleisteten Überstunde darstellt. Es ist daher nicht möglich Freizeitausgleich im Vorgriff auf zu einem späteren Zeitpunkt noch zu leistende Überstunden zu konsumieren."

Davon ausgehend hat der Beschwerdeführer eindeutig den Dienst unerlaubt, ungenehmigt und entgegen den im genannten Erlass festgelegten Bedingungen verlassen. Der Beschwerdeführer räumt in der Beschwerde selbst ein, dass "diese Praxis möglicherweise Vbl 147/97 (richtig wohl: Nr. 141/1997) zuwiderläuft".

Mit dem Hinweis darauf, es sei in anderen Fällen (etwa im Fall des Korporal S) Freizeitausgleich im Vorgriff bewilligt worden bzw. er habe "mit Recht davon ausgehen können, dass ihm vom anwesenden Vorgesetzten Zeitausgleich bewilligt worden wäre", vermag der Beschwerdeführer sich vom Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung nach § 48 Abs. 1 BDG 1979 iVm § 2 HDG 1994 nicht zu entlasten, steht doch selbst nach seinem eigenen Vorbringen fest, dass er ohne Bewilligung eines Freizeitausgleiches und damit nicht gerechtfertigt vom Dienst abwesend war. Dieser Umstand war dem Beschwerdeführer - nach seinem eigenen Vorbringen - allerdings bekannt und bewusst. Da der Beschwerdeführer sich dennoch für die Teilnahme an der von ihm vereinbarten Besprechung bzw. für eine von ihm eigenmächtig in Anspruch genommene Abwesenheit vom Dienst entschieden hat, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände bzw. des Verhaltens des Beschwerdeführers zum Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer habe dabei seine Dienstpflichten schuldhaft, nämlich - zumindest bedingt - vorsätzlich, verletzt.

Auf eine erst nachträgliche und im Hinblick auf ein fehlendes Zeitausgleichsguthaben nur rechtswidrige Genehmigung des von ihm begehrten Freizeitausgleiches - eine solche Genehmigung wurde ihm allerdings nicht erteilt - hat der Beschwerdeführer weder ein Recht noch kann er sich darauf berufen.

Der unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügte Mangel der Protokollierung des Ganges der Berufungsverhandlung bzw. die in der Beschwerde behauptete Verletzung des Schriftlichkeitsgebotes hinsichtlich der Verhandlungsniederschriften liegt jedenfalls nicht vor, weil im vorliegenden Kommandantenverfahren zufolge § 23 Z. 1 HDG 1994 die §§ 44 Abs. 1 und 62 Abs. 1 bis 3 AVG nicht anzuwenden waren (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1997, Zl. 95/09/0265, und vom 21. Jänner 1998, Zl. 96/09/0385).

Den Überlegungen des Beschwerdeführers, sein vorsätzliches Fehlverhalten sei im Ergebnis nur geringfügig bzw. disziplinär nicht erheblich und es hätte mit einer Belehrung, Ermahnung oder einem Verweis geahndet werden müssen, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Eine (zumindest bedingt) vorsätzliche, eigenmächtige (unerlaubte) Abwesenheit vom Dienst ist grundsätzlich nicht als geringfügig zu werten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 4. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000090111.X00

Im RIS seit

10.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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