TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/4 2003/21/0083

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.09.2003
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/07 Grenzüberwachung;

Norm

AsylG 1997 §21 Abs1 Z2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
GrekoG 1996 §11;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Brigitte Wieninger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 6. Februar 2003, Zl. Fr 328/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesch, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei "illegal, unter Umgehung der Grenzkontrolle, ohne Reisedokument" nach Österreich eingereist und sei von Grenzüberwachungsorganen dabei aufgegriffen worden. Die Einreise sei mit Hilfe von Schleppern erfolgt und er habe in Österreich keine Familienangehörigen. Er könne nicht die Mittel zu seinem Unterhalt nachweisen und falle nicht unter das Schutzregime des § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997, weil die Asylantragstellung nicht anlässlich eines auf Eigeninitiative beruhenden Kontaktes erfolgt sei. Der Fremde habe initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht nur über die Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfüge, sondern auch entsprechend zu belegen, dass der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert sei. Von mittellosen Personen gehe, auch wenn es sich um Asylwerber handle, eine nicht zu unterschätzende Gefahr im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG aus. Es könnten Verstöße gegen das österreichische Strafgesetzbuch nicht ausgeschlossen werden und der Beschwerdeführer könnte als mittellose Person einer österreichischen Gebietskörperschaft wirtschaftlich zur Last fallen. Er stelle eine erhebliche Gefahr für die österreichische Rechtsordnung und die österreichischen Sicherheitsinteressen dar. Aus diesem Grund und wegen der illegalen Einreise unter Zuhilfenahme von Schleppern sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erforderlich; dies gelte auch unter Berücksichtigung des Ermessensspielraumes nach § 36 Abs. 1 FrG. Die belangte Behörde könne auf Grund der Aktenlage bzw. der Berufung keine gewichtigen schutzwürdigen Umstände im Hinblick auf § 37 FrG finden, zumal der Beschwerdeführer erst vor kurzem nach Österreich gekommen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu seiner von der belangten Behörde angenommenen Mittellosigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, er werde von Freunden unterstützt, dürfe bei ihnen wohnen und werde dort versorgt, weshalb seine Grundbedürfnisse jedenfalls gedeckt seien. Er räumt aber zutreffend selbst ein, dass dieses Vorbringen nicht ausreicht, um die Mittellosigkeit im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verneinen zu können; diesbezüglich müsste nämlich nachgewiesen werden, inwieweit dieser Unterhalt gesichert sei (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, Zl. 2001/21/0158). Entgegen der Beschwerdeansicht durfte die belangte Behörde aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers die Gefahr ableiten, dass er seinen Unterhalt im Weg strafbarer Handlungen zu finanzieren versuche und/oder die Republik Österreich finanziell belaste (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 2001/21/0158). Für diese Gefährlichkeitsprognose ist es nicht erforderlich, dass der Fremde bereits tatsächlich straffällig geworden oder einer österreichischen Gebietskörperschaft wirtschaftlich zur Last gefallen ist.

Die Beschwerde spricht weiters die Bestimmung des § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 an, der zufolge ein Aufenthaltsverbot nach § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht erlassen werden darf, wenn der Asylwerber eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung besitzt und den Asylantrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht hat (Z. 1) oder den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihm sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt hat (Z. 2). Eine Antragstellung im Sinn des § 21 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 1997 bedarf einer initiativ herbeigeführten Grenzkontrolle, welche die Einhaltung der Bestimmungen über die Grenzkontrollpflicht verlangt, der zufolge die Person, die einen der Grenzkontrollpflicht unterliegenden Grenzübertritt vornehmen will oder vorgenommen hat, innerhalb des Grenzkontrollbereiches verpflichtet ist, sich ohne unnötigen Aufschub und unter Einhaltung der vorgegebenen Verkehrswege an der dafür vorgesehenen Stelle innerhalb des Grenzkontrollbereiches zu stellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 2002/21/0110). Dass der Beschwerdeführer den Grenzübertritt auf diese Weise vorgenommen hat, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Dem Beschwerdeführer kommt somit die Schutzbestimmung des § 21 Abs. 1 leg. cit. - unabhängig vom Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung - nicht zu Gute.

Die Bestimmung des § 37 FrG wird in der Beschwerde nicht angesprochen. Da sich der Beschwerdeführer unbestritten erst kurze Zeit in Österreich aufhält

- nach dem Beschwerdevorbringen reiste er jedenfalls nicht vor dem 1. Juli 2002 ein - und familiäre Bindungen im Inland nicht behauptet werden, ist mit dem Aufenthaltsverbot kein Eingriff in sein Privat- oder Familienleben verbunden, weshalb weder einer Beurteilung des dringenden Bedarfs der aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach § 37 Abs. 1 FrG noch eine Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen ist. Weiters kann kein Umstand gesehen werden, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zur Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Gebrauch zu machen.

Wie bereits ausgeführt kommt einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 im konkreten Fall keine Bedeutung zu, weshalb die belangte Behörde diesbezügliche Feststellungen unterlassen konnte. Es liegt auch der von der Beschwerde gerügte Begründungsmangel nicht vor; dem angefochtenen Bescheid lassen sich die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung einwandfrei entnehmen. Die Beschwerde zeigt nicht auf, welche relevanten Feststellungen die belangte Behörde hätte treffen können. Ob der Beschwerdeführer tatsächlich einer österreichischen Gebietskörperschaft wirtschaftlich zur Last fällt, ist nach dem Gesagten für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht erforderlich, weshalb auch diesbezüglich Feststellungen unterbleiben konnten.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. September 2003

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003210083.X00

Im RIS seit

25.09.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten