TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/9 2002/01/0133

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Veröffentlicht am 09.09.2003
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Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
10/10 Datenschutz;
22/02 Zivilprozessordnung;
25/01 Strafprozess;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/03 Personenstandsrecht;

Norm

AVG §8;
DSG 2000 §1 Abs1;
PStG 1937 §61;
PStG 1983 §37 Abs1;
PStG 1983 §37;
StPO 1975 §2;
StPO 1975 §3;
ZPO §219 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Dr. Marcus Zimmerbauer, Rechtsanwalt in 4030 Linz, Salzburger Straße 267, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. März 2002, Zl. Gem(Pst)-700469/1-2002- Gru/Au, betreffend Einsicht in die Personenstandsbücher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

In einem Schreiben des Beschwerdeführers vom 26. März 2001 an das Einwohner- und Standesamt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz heißt es (die Vornamen wurden abgekürzt, die Familiennamen mit O, T, Tr, U, X, Y und Z anonymisiert):

"Gemäß Ihrem Wunsch vom 12. März erlaube ich mir, Ihnen schriftlich mein Anliegen nochmals im wesentlichen vorzutragen.

Ich wurde mutwillig und ohne rechtliche Handhabe von H. und E. X. geklagt. Nach Einbringung einer Widerklage wurde mir von meiner Rechtsvertretung während der Verhandlung am 29. September 1998 die Nebenintervention der Y GmbH & CoKG zur Kenntnis gebracht. Als einziger Zeuge wurde Herr J. Y. sen. von der Richterin Dr. Z. zugelassen, wobei eine Zeugenaussage desselben als nicht notwendig erachtet wurde.

C. Y., geborene T. und Ehefrau von H. Y., hat über mehrere Wochen die Wohnung von Dr. Z., geborene O., in der H.straße 19 benutzt. Weiters haben C. Y. und Dr. Z. den PKW VW ... gefahren. Diese und weitere Erkenntnisse lassen mich auf ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen Fam. Z und Fam. Y begründet auf der Lebenserfahrung schließen.

Eine Konkretisierung, durch welche Personen die beiden Familien verwandt sind, ist mir derzeit nicht möglich. Da aber die Kinder von Herrn J. Y. sen...., C. Tr.-Y., J. Y. jun. mit Ehefrau N. - geborene U. - und H. Y. mit Ehefrau C. - geborene T. - hier weniger in Betracht zu kommen scheinen, gehe ich von einem weiteren Kind des Y. sen. aus. Herr Y. sen. hat in Linz geheiratet (19551 Nr. ... /1951)

Da das rechtliche Interesse meinerseits, es geht hier meines Erachtens um eine kriminelle Organisation, die gewerbsmäßig schweren Betrug und in der Folge Prozessbetrug begeht, wesentlich größer ist, als das Interesse an Datenschutz von Familienbeziehungen, rechne ich mit Ihrer konstruktiven Zusammenarbeit und Einbringung Ihrer Erfahrung."

Mit Schreiben vom 20. Juli 2001 teilte das genannte Einwohner- und Standesamt dem Beschwerdeführer zu seinem "Wunsch nach Einsicht in Personenstandsbücher und Auskunft über familienrechtliche Beziehungen zwischen den Familien Y. und Z. " mit, dass die Begründung für die Erteilung der von ihm gewünschten Auskunft nicht ausreichend sei. Da es sich um hochsensible personenbezogene Daten handle, seien detaillierte Nachweise für das behauptete rechtliche Interesse zwingend erforderlich. In Anbetracht der vom Beschwerdeführer behaupteten schwerwiegenden Anschuldigungen werde ihm geraten, der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln.

Der Aktenlage zufolge sprach der Beschwerdeführer nach Erhalt dieses Schreibens bei der erstinstanzlichen Behörde vor und ersuchte um bescheidmäßige Erledigung seines Antrages.

Mit Bescheid vom 18. September 2001 gab der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz, Einwohner- und Standesamt, dem Antrag des Beschwerdeführers

"auf Einsicht in Personenstandsbücher betreffend die Familien Y. sen. und Dr. Z. sowie die Erteilung von Auskünften über die genannten Personen ... gemäß § 37 Abs. 1 Z. 2 PStG keine Folge".

Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer diesen Antrag gestellt, weil nach seiner Meinung verschiedene Beobachtungen und Erkenntnisse auf ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Familien Y. und Dr. Z. schließen ließen, das Zweifel an der Unbefangenheit der Richterin Dr. Z. in einem ihn selbst betreffenden Gerichtsverfahren begründen würde. Es gehe nach Ansicht des Beschwerdeführers "um eine kriminelle Organisation ..., die gewerbsmäßig schweren Betrug und in der Folge Prozessbetrug begeht", weshalb das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers - seinem Antrag zufolge - größer als das Interesse am Schutz der Daten von Familienbeziehungen sei. Gemäß § 37 Abs. 1 Z 2 PStG - so die erstinstanzliche Behörde in rechtlicher Hinsicht - stehe das "Recht auf Einsicht in Personenstandsbücher und Abschriften" nur Personen zu, die ein rechtliches Interesse daran glaubhaft machten, soweit kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Personen, auf die sich die Eintragung beziehe, entgegenstehe. Der ausdrückliche Hinweis bzw. die Einschränkung auf das "rechtliche Interesse" lasse die Absicht des Gesetzgebers erkennen, den Zugang zu den Eintragungen zu erschweren. Eine Interessensabwägung zwischen demjenigen, der die Einsicht begehre und demjenigen, auf den sich die Eintragung beziehe, müsse jedenfalls vorgenommen werden. Die "Durchsetzung von Strafanzeigen bzw. die diesbezügliche Anregung an eine Strafverfolgungsbehörde" begründe nach der ständigen Rechtsprechung jedenfalls kein rechtliches Interesse. Dieses sei nur gegeben, wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten eines anderen zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich sei und dazu ein anderer Weg nicht offen stehe. Da es sich um hochsensible personenbezogene Daten handle, seien nähere detaillierte Nachweise für das behauptete rechtliche Interesse zwingend erforderlich. Konkrete ergänzende Angaben seien nicht gemacht, Nachweise hinsichtlich des rechtlichen Interesses im Sinne des Schreibens vom 20. Juli 2001 seien nicht vorgelegt worden. Vom Landesgericht sei ein Antrag (des Beschwerdeführers) auf Überprüfung der behaupteten Unregelmäßigkeiten beim BG Linz wegen Unglaubwürdigkeit abgewiesen und von der Staatsanwaltschaft Linz eine in gleicher Angelegenheit eingebrachte Anzeige gegen RA Dr. M., den ehemaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, zurückgelegt worden. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine Einsicht in die Personenstandsbücher betreffend die Familien Y. und Dr. Z. sei der Antrag abzuweisen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung heißt es unter anderem:

"Ein rechtliches Interesse auf Auskunftserteilung wird durch den Rechtsstreit, eine Copy der bezirksgerichtlichen Ladung lag meinem Antrag auf Auskunftserteilung bei, dokumentiert. Hinzu kommt, dass dieser Rechtsstreit in betrügerischer Absicht geführt wurde. Ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der eingetragenen Personen ist nicht nachweisbar und auch nicht begründbar.

Ich habe meine Erkenntnisse dem Leiter des Bezirksgerichtes und dem Landesgericht mitgeteilt. Diese begnügten sich ausschließlich mit der Befragung der beschuldigten Richterin Dr. Z. Eine Strafanzeige, die ein Ermittlungsverfahren zur Folge haben sollte, wurde vom Staatsanwalt Dr. M. nicht verfolgt. Eine Untersuchung durch die Kriminalpolizei wurde laut dem Leiter vom Dezernat Betrug Mag. T. von Dr. M. ausdrücklich untersagt. Eine folgende Strafanzeige gegen Dr. M. wurde vom Ersten Staatsanwalt Dr. S. wiederum ausschließlich auf Grund einer Befragung von Dr. M. zurückgelegt. Da mir zur Verfolgung meiner Rechte kein anderer zumutbarer Weg mehr offen war, habe ich mich an das Einwohner- und Standesamt gewandt.

Die erkennende Behörde in der Person von Herrn W. hat die vorgebrachten Tatsachen nicht richtig gewürdigt. Dr. M. ist nicht mein ehemaliger Rechtsvertreter, sondern Staatsanwalt. Da sich im Laufe der Zeit auch ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen Dr. M. und Dr. Z. als immer wahrscheinlicher herauskristallisiert hat, habe ich mündlich bei Herrn W. kurz nach Erhalt seines formlosen Schreibens vom 20.07.2001 auch in dieser Sache vergeblich um Datenauskunft verlangt.

Ein rechtliches Interesse ist ein rechtliches Interesse und daher unabhängig vom Rechtsbereich. So hat ein Zivilgericht bei Vorliegen von Straftatbeständen ohnehin die Staatsanwaltschaft davon in Kenntnis zu setzen. Ein Strafverfahren hat wiederum zivilrechtliche Auswirkungen, wie z.B. die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Die von Herrn W. gemachte Annahme, ich sei nur an einem Strafverfahren interessiert, ist daher falsch, die Einschränkung eines rechtlichen Interesses auf bestimmte Rechtsbereiche ebenfalls.

Herr W. führt als Begründung für die Verweigerung einer Auskunft an, dass sowohl Zivilgerichte, als auch die Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren eingeleitet haben. Die Zivilgerichte verlangen von mir Beweise, der Staatsanwalt Dr. M. gibt zu, sollte dies so zutreffen, dass ein Straftatbestand gegeben ist, schließt aber einen solchen kategorisch mit der Begründung aus: ‚So etwas macht doch niemand'. Die Kriminalpolizei darf kein Ermittlungsverfahren durchführen. Mir durch Verweigerung einer Auskunft die Beweiswürdigung somit unmöglich zu machen, macht den Bescheid rechtswidrig.

Herr W. hat mir vor dem 12. März 2001 Auskunft erteilt. So hat er mir den Namen der Mutter von der Ehefrau des J. Y. jun. mitgeteilt und mich an das Einwohner- und Standesamt Traun zur Erfragung der Zahl, unter der die Eheschließung von J. Y. sen. dokumentiert ist, für weitere Auskunftserteilung geschickt. Erst mit dem besagten 12. März waren die Daten plötzlich hoch sensibel. Das Verhalten des Herrn W. ist somit willkürlich. Da er mir Auskunft erteilt hat, solange dies für mich belanglos ist, und er ab einer konkreten Fragestellung bzw. Eingrenzung des Personenkreises mir abweisend gegenüberstand, ist von einer Kenntnis der Personenkonstellation seinerseits auszugehen. Herr W. ist demnach offensichtlich befangen. Indiz dafür ist auch, dass eine Bescheiderlassung kurz vor Einbringung eines Devolutionsantrages meinerseits erfolgt ist.

Durch den Bescheid werden auch meine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte verletzt."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Landeshauptmann von Oberösterreich die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte er nach Wiedergabe der Bestimmung des § 37 Abs. 1 Z 2 PStG aus, ein rechtliches Interesse auf Einsicht in die Personenstandsbücher sei nur dann gegeben, wenn die Personenstandsdaten eines anderen zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich seien und dazu ein anderer Weg nicht offen stehe. Der Beschwerdeführer habe in seinem Schreiben (vom 26. März 2001) nur "diffuse" Hinweise auf ein Zivilverfahren gemacht, das nicht in seinem Sinne entschieden worden sei. Der Durchsetzung seiner Rechtsansprüche stünde - so die belangte Behörde weiter - ein Verfahren auf dem Zivilrechtswege offen. Dieses Verfahren müsse gewählt werden, um die verfolgten Ansprüche umsetzen zu können. Auch dem Vorbringen (in der Berufung) sei in keiner Weise zu entnehmen, welche Ansprüche abgewehrt werden sollten bzw. wofür die Einsichtnahme in die Personenstandsbücher und die gewünschten Auskünfte erforderlich sein sollten. Vielmehr sei dem Vorbringen zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer hauptsächlich an der strafrechtlichen Verfolgung bestimmter Personen interessiert sei. Dieses Interesse sei jedoch keinesfalls geeignet, ein rechtliches Interesse im Sinne des § 37 Abs. 1 Z 2 PStG zu begründen. Dazu komme, dass das Strafverfahren nach der Aktenlage inzwischen eingestellt worden sei. Mangels rechtlichem Interesse erübrige sich eine Abwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und den überwiegenden schutzwürdigen Interessen jener Personen, auf die sich die Eintragung beziehe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Bis zur Novellierung des Personenstandsgesetzes 1937 durch das Bundesgesetz vom 23. Juni 1976 über Änderungen auf dem Gebiet des Personenstandsrechts, BGBl. Nr. 331/1976, war die Einsicht in die Familien-, Geburten- und Sterbebücher, die Durchsicht dieser Bücher und die Erteilung beglaubigter Abschriften auf Behörden sowie auf Personen, auf die sich die Eintragung bezog und auf deren Ehegatten, Vorfahren und Abkömmlinge beschränkt. Andere Personen hatten diese Rechte nur dann, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran glaubhaft machten, während jedermann, ohne rechtliches Interesse daran glaubhaft machen zu müssen, die Ausstellung standesamtlicher Urkunden verlangen konnte. Gemäß den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (153 BlgNR XIV. GP 9) widersprach die Ausstellung standesamtlicher Urkunden ohne Einschränkungen dem Schutzbedürfnis der betroffenen Personen vor unbegründeter Offenlegung familienrechtlicher Beziehungen. Mit der genannten Novelle wurde daher auch die Ausstellung standesamtlicher Urkunden (Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden) für Dritte an ein berechtigtes Interesse des Dritten gebunden (§ 61 leg. cit.).

Anstelle des Personenstandsgesetzes 1937 trat am 1. Jänner 1984 das - für den Beschwerdefall maßgebliche - Personenstandsgesetz 1983 (PStG), BGBl. Nr. 60, in Kraft, dessen § 37 Abs. 1 die Einsicht in die Personenstandsbücher wie folgt regelt:

"Einsicht und Ausstellung von Urkunden

§ 37. (1) Das Recht auf Einsicht in die Personenstandsbücher und die zu diesen gehörigen Sammelakten sowie auf Ausstellung von Personenstandsurkunden und Abschriften steht nur zu

1. Personen, auf die sich die Eintragung bezieht, sowie sonstige Personen, deren Personenstand durch die Eintragung berührt wird;

2. Personen, die ein rechtliches Interesse daran glaubhaft machen,

soweit kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Personen, auf die sich die Eintragung bezieht, entgegensteht;

3. Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechtes im Rahmen

der Vollziehung der Gesetze."

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (656 BlgNR XV. GP 31) sollten gegenüber der davor wirksamen Rechtslage über die Einsicht in die Personenstandsbücher nun selbst bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses die Rechte nach Abs. 1 nicht geltend gemacht werden können, wenn dem ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse (§ 1 Abs. 1 Datenschutzgesetz) der betroffenen Person entgegenstehe. Es müsse daher eine Interessenabwägung vorgenommen werden.

Zur Frage der Bedeutung des Begriffes "rechtliches Interesse" finden sich im Verwaltungsverfahrensrecht eine Reihe von Bestimmungen, die auf ein rechtliches bzw. berechtigtes Interesse (einer Partei) abstellen und daran Rechtsfolgen knüpfen (§§ 8, 17 Abs. 2 , 37 AVG). Etwa nach der Rechtsprechung zu § 8 AVG, nach welcher Bestimmung die Parteistellung im Verwaltungsverfahren eine Beteiligung an der Sache auf Grund eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses voraussetzt, kann sich ein "rechtlichen Interesse" aus dem Gesamtbereich der Rechtsordnung einschließlich der Bestimmungen des Privatrechtes ergeben; dies gilt aber nur für solche Vorschriften, die in einer Beziehung zu der Angelegenheit stehen, in der die Parteistellung zu beurteilen ist (vgl. das Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 92/03/0259). Der zuletzt genannte Gesichtspunkt lässt sich im hier gegebenen Zusammenhang nicht anwenden.

Im spezifischen personenstandsrechtlichen Zusammenhang verweisen Zeyringer/Weitzenböck/Koutny, in: Das österreichische Personenstandsrecht2, S 63, auf die (auf S 153 wieder gegebene) Dienstanweisung (DA) des Bundesministers für Inneres zur Vollziehung des Personenstandsgesetzes 1983 und der Personenstandsverordnung 1983, wonach die Ersetzung der Worte "berechtigtes Interesse" (§ 61 PStG 1937) durch "rechtliches Interesse" (§ 37 PStG) die Absicht des Gesetzgebers erkennen lasse, den Zugang zu den Eintragungen zu erschweren. Unter Berufung auf deutsche Literatur und Judikatur zum gleichen Begriff soll "rechtliches Interesse" an der Einsicht nur dann gegeben sein, wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten eines anderen zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist und dazu ein anderer Weg nicht offen steht (aaO, Anm. 4 zu § 37 PStG).

Der OGH sieht ein rechtliches Interesse an der - mit der in Rede stehenden Einsicht vergleichbaren - Akteneinsicht durch Dritte (§ 219 Abs. 2 ZPO) nur dann vorliegen, wenn das Interesse konkret gegeben ist. Die Einsichtnahme (und Abschriftnahme) müsse Bedeutung für die rechtlichen Verhältnisse des Dritten haben und die Kenntnis des betreffenden Akteninhaltes müsse sich auf die privatrechtlichen oder öffentlich - rechtlichen Verhältnisse des Dritten günstig auswirken, sei es auch nur dadurch, dass er instand gesetzt werde, die Beweislage für sich günstiger zu gestalten. Ein bloß wirtschaftliches Interesse reiche nicht aus. Das rechtliche Interesse könne unter den beschriebenen Voraussetzungen allerdings nur dann anerkannt werden, wenn der Dritte aus dem Akt etwas erfahren wolle, was er nicht wisse, aber zur Wahrung seiner Interessen wissen müsse (vgl. 8 Ob 511/93).

Die Gemeinsamkeit der wieder gegebenen Ansichten des fraglichen Begriffes liegt darin, dass für das Vorliegen von rechtlichem Interesse jedenfalls die Berührung der Rechtssphäre des Betreffenden in irgend einer Weise vorausgesetzt wird; von rechtlichem Interesse kann demnach jedenfalls nur dann gesprochen werden, wenn Auswirkungen auf (privatrechtliche oder öffentlichrechtliche) Rechtspositionen möglich sind bzw. vorliegen.

Im vorliegenden Fall ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Antrag vom 26. März 2001 und in seiner Berufung zu entnehmen, dass die Einsicht in die Personenstandsbücher in erster Linie der Aufdeckung eines "Prozessbetruges" und sonstiger "Straftatbestände" diene; die Verhandlungsrichterin und der von einer Nebenintervenientin namhaft gemachte Zeuge seien verwandt, was Nachteile in dem gegen den Beschwerdeführer geführten Zivilverfahren, das seinem Vorbringen nach in "betrügerischer Absicht geführt wurde", mit sich gebracht habe.

Vor dem Hintergrund des dargestellten Verständnisses des in Rede stehenden Begriffes vermochte der Beschwerdeführer mit dieser Begründung kein rechtliches Interesse an der Einsicht in die Personenstandsbücher aufzuzeigen. Abgesehen davon, dass er in seinen Schriftsätzen keinen einzigen konkreten strafrechtlich relevanten Vorwurf gegen eine bestimmte Person erhoben hat, kann das besagte Interesse nicht darin bestehen, den Strafverfolgungsbehörden durch die Einsicht gewonnene Kenntnisse über Verwandtschaftsverhältnisse darzulegen. Diese Behörden haben strafbare Handlungen ohnehin von Amts wegen zu verfolgen und auch die Ermittlungen amtswegig zu führen (vgl. §§ 2, 3 StPO). Der Beschwerdeführer hat auch nicht aufgezeigt, dass die Aufdeckung von - nicht näher bekannten - Verwandtschaftsverhältnissen diesen Behörden gegenüber seine Rechtsposition in irgend einer Weise berühren könnte und ließ überhaupt offen, welche Rolle die von ihm vermutete Verwandtschaftsbeziehung bei den von ihm erhobenen Vorwürfen spielt. Weder den Akten des Verwaltungsverfahrens noch der Beschwerde ist auch zu entnehmen, für welche konkreten Schritte in einer noch nicht rechtskräftig erledigten zivilrechtlichen Angelegenheit der Beschwerdeführer die begehrten Informationen etwa benötige.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 9. September 2003

Schlagworte

Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002010133.X00

Im RIS seit

20.10.2003

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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