TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/9 2002/01/0114

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Veröffentlicht am 09.09.2003
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs4;
StbG 1985 §10 Abs5;
StbG 1985 §10;
StbG 1985 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Februar 2002, Zl. 2-11.K/815-01/12, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers - eines albanischen Staatsangehörigen - auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und den damit verbundenen Antrag auf Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin und die beiden gemeinsamen mj. Kinder "gemäß §§ 10 Abs. 4 Ziffer 1, 11, 16, 17 Abs. 1 Ziffer 1 und 18" iVm § 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.

Der Beschwerdeführer sei erstmals am 6. Mai 1997 im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt und erfülle damit nicht die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG (10-jähriger ununterbrochener Hauptwohnsitz im Bundesgebiet). Zwar könne er im Hinblick auf seine Flüchtlingseigenschaft einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund nach § 10 Abs. 4 Z 1 leg. cit. nachweisen, weshalb vom Erfordernis des 10-jährigen Hauptwohnsitzes im Inland abgesehen werden könne, doch komme mangels "nachhaltiger" Verankerung am inländischen Arbeitsmarkt eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Damit sei auch der mit dem Verleihungsantrag verbundene Erstreckungsantrag abzuweisen gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG

lauten auszugsweise:

"Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

1. er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat;

...

(4) Von der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 kann abgesehen werden

1. aus besonders berücksichtigungswürdigem Grund, sofern es sich um einen Minderjährigen, der seit mindestens vier Jahren, oder um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen;

...

(5) Als besonders berücksichtigungswürdiger Grund (Abs. 4 Z 1) gilt insbesondere

1. der Verlust der Staatsbürgerschaft anders als durch Entziehung (§§ 33 und 34) oder

2. bereits erbrachte und zu erwartende besondere Leistungen auf wissenschaftlichem, wirtschaftlichem, künstlerischem oder sportlichem Gebiet oder

3. der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration oder

4. die Gewährung von Asyl nach dem Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, einschließlich der Asylberechtigung (§ 44 Abs. 6 AsylG) nach einer Wohnsitzdauer von vier Jahren oder

5. der Besitz der Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl. Nr. 909/1993, nach einer Wohnsitzdauer von vier Jahren oder

6. die Geburt im Bundesgebiet.

...

§ 11. Die Behörde hat sich unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Fremden bei der Ausübung des ihr in § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß der Integration des Fremden leiten zu lassen."

Der bekämpfte Bescheid ist im Ergebnis trotz Zitierung des § 10 Abs. 4 Z 1 StbG in seinem Spruch und trotz missverständlicher Begründungselemente (wenn etwa darauf hingewiesen wird, dass im Verleihungsverfahren beigezogene Behörden keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund für eine vorzeitige Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer gesehen haben) so zu lesen, dass die belangte Behörde vom Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes - jenes nach § 10 Abs. 5 Z 4 StbG - ausging und alle Verleihungsvoraussetzungen als erfüllt erachtete. Sie sah sich jedoch nicht in der Lage, das bei Zutreffen aller Verleihungsvoraussetzungen ihr in weiterer Folge offen stehende Ermessen (§ 11 StbG) zu Gunsten des Beschwerdeführers zu üben, weil er in Österreich nicht nachhaltig beruflich integriert sei.

Indem die belangte Behörde bei ihrer Ermessensübung auf eine "nachhaltige" Verankerung/Integration abstellte, hat sie die Kriterien des § 11 StbG verkannt und in Wahrheit einen weiteren im Gesetz ausdrücklich genannten besonders berücksichtigungswürdigen Grund, uzw. die nachhaltige persönliche und berufliche Integration nach § 10 Abs. 5 Z 3 leg. cit., ins Spiel gebracht. § 11 StbG ist freilich nicht so zu verstehen, dass er auf die Voraussetzungen eines der Tatbestände des § 10 Abs. 5 Bezug nehme, weil es andernfalls im Wege der Ermessensübung stets - auch bei Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG - ergänzend auf das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes ankäme. Die Versagung der Verleihung der Staatsbürgerschaft kann daher, wenn sie in Ausübung des der Staatsbürgerschaftsbehörde offen stehenden Ermessens nach § 11 StbG erfolgen soll, insbesondere nicht darauf gestützt werden, dass keine "nachhaltige" Integration im Inland vorliege (vgl. dazu schon das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 2002, Zl. 2002/01/0002).

Nach dem Gesagten ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 9. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002010114.X00

Im RIS seit

10.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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