TE Vfgh Beschluss 2000/6/14 B2116/98

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Veröffentlicht am 14.06.2000
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Index

66 Sozialversicherung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-KUVG §56

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrags auf Mitversicherung des gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten als Angehörigen mangels Legitimation infolge Fehlens eines subjektiven öffentlichen Rechts an der Mitversicherung eines Angehörigen

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Beschwerdeführer ist als öffentlich Bediensteter nach dem Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (im folgenden kurz: B-KUVG) pflichtversichert.

In seiner Beschwerde bringt er vor, daß er seit einem bestimmten Zeitpunkt mit seinem gleichgeschlechtlichen Lebenspartner in Lebensgemeinschaft lebe; sein Lebensgefährte führe ihm unentgeltlich den Haushalt. Er habe zunächst bei der Landesdirektion Oberösterreich der BVA einen Antrag auf Mitversicherung seines Lebensgefährten als Angehörigen gem. §56 Abs6 B-KUVG gestellt, da dieser arbeitslos sei und kein anderer Versicherungsschutz in einer anderen Pflichtversicherung bestehe. Dieser Antrag sei mit der Begründung, daß nach dem Gesetzeswortlaut die Angehörigeneigenschaft einem gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten nicht zukomme, abgewiesen worden.

Der dagegen im Instanzenzug angerufene Landeshauptmann von Oberösterreich hat den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt, da Voraussetzung für die Anspruchsberechtigung gem. §56 Abs6 B-KUVG die "Andersgeschlechtlichkeit" des Lebensgefährten sei.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde; der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzt worden zu sein. §56 Abs6 B-KUVG schließe in unsachlicher Weise die Mitversicherung eines gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten aus; dies zeige auch die Entwicklungstendenz der Gesetzgebung - etwa im Strafrechtsbereich, wo die Angehörigeneigenschaft in §72 Abs2 StGB auf gleichgeschlechtliche Lebenspartner ausgedehnt worden sei. Die (Un)Gleichbehandlung heterosexueller und homosexueller Lebensgefährten sei aufgrund von Art8 EMRK unter dem Aspekt des Art7 B-VG besonders sensibel zu betrachten.

Außerdem wird der Behörde noch ein Verfahrensmangel vorgeworfen, da der Beschwerdeführer - entgegen den Ausführungen der Behörde, daß die unentgeltliche Haushaltsführung durch seinen Lebensgefährten von ihm nie behauptet worden sei - dies durch die Antragstellung auf Mitversicherung seines Lebensgefährtens unter Bezugnahme auf §56 Abs6 B-KUVG "impliziert" habe. Die Behörde hätte sohin ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchführen müssen.

3. §56 Abs1 B-KUVG idF BGBl. Nr. 200/1967 bzw. Abs6 B-KUVG idF BGBl. Nr. 285/1981 lauten:

"§56. (1) Angehörige haben Anspruch auf die Leistungen, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und weder nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert sind und für sie auch seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers, Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist. Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland ist auch dann anzunehmen, wenn sich der (die) Angehörige

1. im Zusammenhang mit einem auf einem Dienstauftrag beruhenden Auslandsaufenthalt des Versicherten im Ausland oder

2. an dem in einem Grenzort (§1 Abs4) befindlichen Wohnsitz des Versicherten aufhält.

...

(6) Als Angehöriger gilt jeweils auch eine Person aus dem Kreis der Eltern, Wahl-, Stief- und Pflegeeltern, der Kinder, Wahl-, Stief- und Pflegekinder, der Enkel oder der Geschwister des (der) Versicherten oder eine mit dem (der) Versicherten nicht verwandte andersgeschlechtliche Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm (ihr) in Hausgemeinschaft lebt und ihm (ihr) seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebender arbeitsfähiger Ehegatte nicht vorhanden ist. Angehöriger aus diesem Grunde kann nur eine einzige Person sein."

4. Die Beschwerde ist unzulässig:

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beschwerdelegitimation nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden sein kann, wenn mithin die bescheidmäßige Anordnung oder Feststellung die subjektive Rechtssphäre berühren kann, der Bescheid also subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (s. z.B. VfSlg. 7226/1973 mWH). Wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls schon ausgesprochen hat (VfSlg. 5358/1966, 8746/1980), hat die Existenz subjektiv-öffentlicher Rechte zwingend die Parteistellung im Verwaltungsverfahren zur Folge, oder - anders gesagt - es kann die für die Beschwerdeberechtigung maßgebende Möglichkeit, durch den Bescheid in der Rechtssphäre verletzt zu werden, nur bei einer Person vorliegen, der an der im konkreten Verwaltungsverfahren behandelten Sache die Stellung einer Partei zugekommen ist. Allenfalls berührte wirtschaftliche Interessen allein vermögen aber eine Parteistellung nicht zu begründen (vgl. VfSlg. 13535/1993).

Davon ausgehend setzt die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde eines nach dem B-KUVG pflichtversicherten öffentlich Bediensteten ein subjektives öffentliches Recht an der Mitversicherung eines Angehörigen in seiner Versicherung voraus. Ein solches subjektives öffentliches Recht müßte sich aus dem B-KUVG ergeben; das Gesetz räumt aber in §56 Abs1 nur dem Angehörigen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Leistungen nach dem B-KUVG ein. Auch die Parteistellung im Verfahren über die Feststellung der Angehörigeneigenschaft nach dem genannten Gesetz kommt daher nur dem Angehörigen selbst, nicht aber dem Pflichtversicherten zu (so auch VwGH 17.November 1992, Slg. Nr. 13.739/A). Auch aus der Tatsache, daß dem Beschwerdeführer ein Bescheid zugestellt worden ist, kann der Beschwerdeführer - mangels eines subjektiven Rechtes - keine Parteistellung herleiten (VfSlg. 14575/1996). Der Beschwerdeführer kann daher durch den angefochtene Bescheid in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sein.

5. Dem Beschwerdeführer mangelt es sohin an der Beschwerdelegitimation.

6. Die Beschwerde war daher gem. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

Schlagworte

Rechte subjektive öffentliche, Sozialversicherung, Parteistellung Sozialversicherung, VfGH / Legitimation, VfGH / Parteien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B2116.1998

Dokumentnummer

JFT_09999386_98B02116_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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