TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/16 99/14/0297

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Veröffentlicht am 16.09.2003
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1988 §95 Abs2;
KStG 1988 §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der T GesmbH in L, vertreten durch Dr. Eigl & Mag. Pisar, Rechtsanwälte OEG in 4020 Linz, Lederergasse 33b, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 14. Juni 1999, Zl. RV-049.93/1-6/1993 betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für die Jahre 1990 und 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Vorschreibung von Kapitalertragsteuer für die Jahre 1990 und 1991 ab und verwies zur Begründung weitgehend auf die Berufungsentscheidung (des Berufungssenates I) vom selben Tag betreffend die Vorschreibung von Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1990 und 1991 gegenüber derselben Beschwerdeführerin. Das gegen den letztgenannten Bescheid geführte Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss vom 30. November 1999, Zl. 99/14/0236-5, eingestellt.

Aus den genannten Bescheiden ist im wesentlichen folgende Begründung ersichtlich:

Die beschwerdeführende GesmbH sei mit Notariatsakt vom 14. September 1990 gegründet worden. Gesellschafter seien im Berufungszeitraum Sabine L. mit einer Stammeinlage von S 5.000,-- und Dr. Stefan E. mit einer Stammeinlage von S 495.000,-- (treuhändig gehalten für Sabine L.) gewesen. Anlässlich einer UVA-Prüfung sei festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin mit Rechnung vom 3. Februar 1991 vom Autohaus P. drei hochpreisige Fahrzeuge, nämlich einen Mercedes 500 SL, einen BMW 850i und einen Ferrari 348 TS gekauft und die Vorsteuer dieser Fahrzeuge in Höhe von knapp 1 Mio. S geltend gemacht habe. Für die Beschwerdeführerin habe Helmut L. (Ehemann der Gesellschafterin Sabine L.) erklärt, gleichzeitig mit dem Kauf dieser Fahrzeuge seien an P. (den Inhaber des Autohauses P.) "Aufträge zur Verkaufsvermittlung" erteilt worden. P. hätte diese Autos auch verkauft, den Veräußerungserlös aber für sich behalten und wäre dann untergetaucht. Helmut L. habe erklärt, er hätte am 20. September 1990 einen Kredit in Höhe von S 1,400.000,-- aufgenommen und diesen Betrag dem Autohändler P. als Anzahlung für ein geplantes "Ferrari-Geschäft" übergeben. Für das selbe Geschäft wäre am 30. Oktober 1990 ein weiterer Betrag von S 2,250.000,-- übergeben worden, welcher von zwei Sparbüchern des Helmut L. stammte. Dieses "Ferrari-Geschäft" wäre nicht zustande gekommen. Anlässlich des Kaufs der genannten drei Fahrzeuge wäre die bisherige für das Ferrari-Geschäft geleistete Anzahlung als Kaufpreis umgewidmet worden. Am Nachmittag des selben Tages wären an P. die bereits genannten Vermittlungsaufträge ergangen, weswegen die drei Fahrzeuge bei P. verblieben wären.

Diese behaupteten Teilsachverhalte (Beteiligung an einem Ferrari-Geschäft und Finanzierung dieses Geschäftes einerseits und Kauf der genannten drei Autos mit Umwidmung der bisherigen Anzahlungen und Erteilung eines Verkaufsauftrages andererseits) seien - so die belangte Behörde - darauf zu untersuchen, ob sie der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien und welche steuerlichen Folgen sich daraus ergäben. Unbestritten seien alle behaupteten Sachverhalte von Helmut L. abgewickelt worden. Alleinige Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin sei Sabine L. gewesen. Es sei nie behauptet worden, dass Helmut L. bevollmächtigt gewesen wäre, für die Beschwerdeführerin zu handeln.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus: Zum Zeitpunkt der Leistung der ersten Anzahlung an P. habe die Beschwerdeführerin ihren Geschäftsbetrieb noch nicht einmal aufgenommen gehabt; die Anzahlungen an P. seien von Helmut L. mit eigenem, privatem Geld finanziert worden. Bei dieser Sachlage wäre es wirtschaftlich völlig unverständlich, dass Helmut L. sich in keiner Weise gegenüber der Beschwerdeführerin abgesichert hätte. Im Fall der Zurechnung des Geschäftes an die Beschwerdeführerin müsste es irgendein Rechtsgeschäft (z.B. Darlehensgewährung) geben, auf Grund dessen Helmut L. das Geld der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt hätte. In Anbetracht der Angehörigeneigenschaft des Helmut L. bedürfte es zur steuerlichen Anerkennung eines solchen Geschäftes, dass dieses nach außen ausreichend zum Ausdruck komme, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt habe und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre. In Ermangelung eines schriftlichen Vertrages und einer Verzinsung des hingegebenen Kapitals könne schon deswegen die Zurechnung des hingegebenen Geldes an die Beschwerdeführerin nicht erfolgen. Somit könnten der Abschluss des "Ferrari-Geschäftes" und die behauptete Leistung der Anzahlungen steuerlich nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet werden. Da die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang über ihr Kreditkonto S 1,400.000,-- und über Kasse weitere S 250.000,-- an Helmut L. gezahlt habe, handle es sich diesbezüglich um eine verdeckte Ausschüttung. Die Unglaubwürdigkeit des behaupteten Geschehnisablaufes bezüglich des Ankaufs der genannten drei Fahrzeuge liege in der Verquickung mit der "Anzahlung L.".

Da nach der dargestellten Beweiswürdigung die behauptete Anzahlung des Helmut L. steuerlich jedenfalls nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet werden könne, sei auch eine "Umwidmung" zur Bezahlung des Ankaufs der drei Fahrzeuge steuerlich nicht anzuerkennen. Derartige Vereinbarungen seien bis zur Entdeckung der Malversationen des P. jedenfalls nicht getroffen worden; nach dem Hervorkommen dieser Machenschaften des Geschäftspartners sei offenbar beabsichtigt gewesen, mögliche persönliche Verluste des Helmut L. auf die Beschwerdeführerin zu überwälzen. Außerdem wäre eine derartige Umwidmung wirtschaftlich nur dann plausibel, wenn nicht gleichzeitig ein Vermittlungsauftrag in der genannten Form erteilt worden wäre. Wenn nämlich dieser Vermittlungsauftrag deshalb erteilt worden ist, weil P. - wie behauptet - schon Käufer bei der Hand gehabt habe, sei es völlig unverständlich, dass die Beschwerdeführerin die Autos bei Vertragsabschluss bezahlt hätte. Durch Umwidmung einer vor Monaten geleisteten Anzahlung des Helmut L. hätte ein Geldbedarf des P. gerade nicht befriedigt werden können. Eine Bezahlung der drei Autos durch die Beschwerdeführerin sei in der Folge wegen der treuwidrigen Vorgangsweise des P. unterblieben.

Die beantragte Vernehmung zweier namentlich genannter Zeugen sei unterlassen worden, weil durch die allgemeine Formulierung "Die beiden Herren müssten über das P.-Geschäft Bescheid wissen."

nicht dargetan worden sei, welche Punkte und Tatsachen geklärt werden sollten.

Weiters wertete die belangte Behörde den Ankauf näher bezeichneter Wirtschaftsgüter (Bauernstube etc.) durch die Beschwerdeführerin als verdeckte Ausschüttung zu Gunsten der Sabine L. Die private Nutzung der angekauften Gegenstände und das grundsätzliche Vorliegen einer Ausschüttung werde von der Beschwerdeführerin auch anerkannt. Sie habe lediglich geltend gemacht, dass bei Berechnung der verdeckten Ausschüttung eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber Sabine L. in einer die Ausschüttung übersteigenden Höhe nicht berücksichtigt worden sei. Die Argumentation der Beschwerdeführerin laufe darauf hinaus, dass keine verdeckte Ausschüttung vorliege, sondern darin eine Rückzahlung der Darlehensforderung der Gesellschafterin zu erblicken sei. Es sei zwar - so die belangte Behörde in allgemeiner Sicht - eine verdeckte Ausschüttung insoweit nicht gegeben, als dem zugewendeten Vorteil ein der Körperschaft vom Anteilsinhaber zugewendeter Vorteil gegenüberstehe; ein derartiger Vorteilsausgleich sei aber steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn die den Vorteilsgewährungen zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte in einem eindeutigen Zusammenhang stünden und eine ausdrückliche wechselseitige Vereinbarung über den Vorteilsausgleich getroffen worden sei. Zumindest müsste ein von vornherein bestehender innerer Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung offenkundig sein. Mangels dieser Voraussetzungen sei ein das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung ausschließender Vorteilsausgleich nicht gegeben. Ob die verdeckten Ausschüttungen Sabine L. oder Helmut L. zuzurechnen seien, sei für die Haftung der Beschwerdeführerin für Kapitalertragsteuer nicht relevant.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen zu entgegnen, dass keine Rechtswidrigkeit darin liegt, wenn in der Begründung eines Bescheides auf die eines anderen, der Partei bekannten Bescheides verwiesen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1998, Zl. 97/15/0061).

Das Schwergewicht der Beschwerde liegt in der Bekämpfung der behördlichen Beweiswürdigung.

Rechtlich relevant ist die Feststellung, dass die Anzahlung in der Höhe von S 1.400.000,-- von Helmut L. privat und nicht namens der Beschwerdeführerin geleistet wurde. Diesbezüglich argumentiert die belangte Behörde, dass zum Zeitpunkt der Anzahlung die Beschwerdeführerin ihren Geschäftsbetrieb noch nicht einmal aufgenommen gehabt habe und sich Helmut L. andernfalls in irgendeiner Weise gegenüber der Beschwerdeführerin abgesichert hätte. In dem von der belangten Behörde zitierten Betriebsprüfungsbericht wird weiters ausgeführt, es fehle jede Erklärung, warum die buchhalterische Erfassung bei der Beschwerdeführerin erst ein Jahr später erfolgt sei, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits festgestanden sei, dass die Rückzahlungsforderung gänzlich uneinbringlich sei. Daraus müsse der Schluss gezogen werden, dass die Beschwerdeführerin zur Schadensbegrenzung "herhalten" sollte.

Angesichts dieser Argumente kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. September 2002, Zl. 96/14/0145) nicht finden, dass die behördliche Beweiswürdigung unschlüssig sei. Die Beschwerde vermag dieser Beweiswürdigung auch keine überzeugenden Argumente entgegenzusetzen. Entgegen der Beschwerdemeinung hätte - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - Helmut L. ungeachtet seiner Ehe mit Sabine L. durchaus Veranlassung gehabt, die Finanzierung des "Ferrari-Geschäfts" beweismäßig abzusichern. Die weiteren von der Beschwerde verwendeten Argumente sprechen in keiner Weise dagegen, dass es sich um ein Privatgeschäft des Helmut L. gehandelt habe. Das weitere Beschwerdevorbringen enthält nämlich Überlegungen zu den möglichen Erträgen aus dem geplanten "Ferrari-Geschäft" und steht somit nicht mehr im Zusammenhang mit der relevanten Beweiswürdigung. Angesichts der von der belangten Behörde aufgezeigten Anforderung für die steuerliche Anerkennung eines Geschäftes zwischen Angehörigen kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, dass sie die Beweisbarkeit der Geldübergabe durch Helmut L. namens der Beschwerdeführerin verneint hat.

Die belangte Behörde zeigt zutreffend auf, dass in Ermangelung einer steuerlichen Zurechnung der Anzahlungen an die Beschwerdeführerin diese Anzahlungen ohne eine der "Angehörigen-Judikatur" standhaltende Vereinbarung auch nicht als umgewidmete Zahlungen zum Ankauf der drei Fahrzeuge gewertet werden können. Eine solche (weitere) Vereinbarung wird von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Aus diesem Grund kommt der Abwicklung des Geschäftes vom 3. Februar 1991 betreffend die drei PKW der Marke Mercedes, BMW und Ferrari im vorliegenden Fall keine streitentscheidende Bedeutung zu, leitet doch die belangte Behörde die von ihr angenommene verdeckte Ausschüttung allein aus der von der Beschwerdeführerin getätigten "Rückzahlung" der von Helmut L. an P. geleisteten Anzahlungen ab. Aus diesem Grund gehen die Beschwerdeausführungen zur sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung des genannten Geschäftes vom 3. Februar 1991 ins Leere.

Soweit sich die Beschwerde gegen die unterlassene Vernehmung der beantragten Zeugen wendet, ist ihr zu entgegnen, dass Ausführungen des Inhalts "Die beiden Herren müssten über das P.- Geschäft Bescheid wissen." keine ordnungsgemäße und konkrete Angabe eines Beweisthemas bilden.

Insgesamt durfte die belangte Behörde daher zutreffend die Zahlungen von S 1,400.000,-- und S 250.000,-- als verdeckte Ausschüttungen werten und daraus (auch) eine Haftung für Kapitalertragsteuer ableiten.

Zu beurteilen bleibt letztlich die von der belangten Behörde aus dem Ankauf von Einrichtungsgegenständen abgeleitete verdeckte Ausschüttung. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass die Einrichtungsgegenstände im privaten Gebrauch der Sabine L. stehen. Sie meint jedoch, ohne Bezahlung dieser Gegenstände durch die Beschwerdeführerin wäre die Gewährung eines Darlehens durch Sabine L. an die Beschwerdeführerin nicht erforderlich gewesen; darin liege der innere Zusammenhang. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass ein von vornherein bestehender innerer Zusammenhang zwischen dem Sachverhalt, der zur Zurechnung der verdeckten Ausschüttung geführt hat, und der behaupteten Darlehensgewährung weder offenkundig noch eine ausdrückliche wechselseitige Vereinbarung über den Vorteilsausgleich getroffen worden sei. Auch zu diesem Bereich gelingt es somit der Beschwerde nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Letztlich ist der Beschwerde - worauf schon die belangte Behörde hingewiesen hat - zu entgegnen, dass es für die Haftung für Kapitalertragsteuer nicht darauf ankommt, welcher Person (der Gesellschafterin Sabine L. unmittelbar oder dem ihr nahe stehenden Helmut L.) die verdeckte Ausschüttung zuzurechnen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. September 2003

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999140297.X00

Im RIS seit

23.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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