TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/18 2003/06/0100

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Veröffentlicht am 18.09.2003
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Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht;

Norm

MRG §30 Abs2 Z15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der G-GmbH & Co KEG in G, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Radetzkystraße 8/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 25. April 2003, Zl. FA13A-12.10 J 47-03/1, betreffend Feststellung gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 Mietrechtsgesetz (mitbeteiligte Partei: R W in J), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde und des vorgelegten, angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit dem (erstinstanzlichen) Bescheid vom 10. Jänner 2000 wurde der Beschwerdeführerin die Baubewilligung für die umfassende Sanierung und den Ausbau des Dachgeschosses, der Errichtung von Pkw-Abstellplätzen und eines Carports für sechs PKW hinsichtlich der Häuser F-Gasse 44 und 46 in J erteilt. Die mitbeteiligte Partei ist Mieter im Haus Top Nr. 46.

Mit Antrag vom 17. Oktober 2001 begehrte die Beschwerdeführerin die bescheidmäßige Feststellung im Sinne des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG (sogenannter "Interessensbescheid"). Die Immobilien J. S. GmbH teilte hierauf mit, dass nach ihrer Einschätzung des Mietwohnungsmarktes ein qualitativer Wohnfehlbestand gegeben sei. Die Stadtgemeinde J führte aus, dass die Sanierung der beiden Häuser sehr zu begrüßen sei, weil die betreffenden Wohnungen bislang Substandard (keine sanitären Einheiten und teilweise kein Fließwasser innerhalb der Wohnung) aufgewiesen hätten. Durch diese Maßnahme komme es zweifelfrei zu einer Verbesserung der Wohnhaussituation und gleichzeitig zu einer Milderung des bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes, weil diese Wohnungen unsaniert mittelfristig leer stehen würden und daraus resultierend der Bedarf an neuen Wohnungen mit zeitgemäßem Standard zusätzlich steigen würde.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, sprach die erstinstanzliche Behörde mit Bescheid vom 20. September 2002 die angestrebte Feststellung hinsichtlich dieses Hauses Nr. 46 aus. Dies wurde damit begründet, dass wenn selbst nur mehr die Wohnung der mitbeteiligten Partei zu sanieren wäre, das Projekt und die damit verbundene Wirkung auf den quantitativen und qualitativen Wohnungsbedarf insgesamt gesehen werden müsse, weil ein Haus, in welchem auch nur eine Wohnung nicht saniert sei, nicht als saniert angesehen werden könne, was sich wiederum auf die Attraktivität und Vermietbarkeit einzelner, insbesondere nahe der nichtsanierten Wohnung gelegener Wohnungen negativ auszuwirken vermöge, wobei durch die Stellungnahmen der Immobilien J. S. GmbH und der Stadtgemeinde J dargelegt worden sei, dass die geplanten Maßnahmen im öffentlichen Interesse der Milderung eines qualitativen Wohnungsbedarfes gelegen seien.

Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid dahin abgeändert, dass der Antrag abgewiesen werde.

Begründend führte die belangte Behörde (zusammengefasst) aus, es handle sich bei der Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm, worauf der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach verwiesen habe. Die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle seien nicht erfüllt, wenn Ziel der beabsichtigten Bauführung lediglich die Schaffung von Luxuswohnungen sei oder durch das Vorhaben die Anzahl der Wohnungen oder die gesamte Wohnfläche nur geringfügig vermehrt werde.

Im Haus Top Nr. 46 befinde sich im ersten Obergeschoss die Wohnung des Mitbeteiligten. Diese solle saniert werden, wobei einem Aktenvermerk der Beschwerdeführerin vom 26. September 2002 zu entnehmen sei, dass durch die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen die eigentlichen Wohnräume sowie die vorhandenen Innentüren unverändert bleiben sollten, im westseitigen Raum neben der Stiege eine Loggia geschaffen werden solle, bereits eine neue hochschallhemmende Eingangstür eingebaut worden sei und der alte Eingang vermauert werden solle. Die sonstigen vorgesehenen Maßnahmen beträfen den Innenbereich der Wohnung (Fernwärmeanschluss, Estriche mit Fußbodenheizung, Trittschall- und Wärmedämmung nach unten, u.a.m.). Dem Akteninhalt sei weiters zu entnehmen, das zwischenzeitig bereits sämtliche Baumaßnahmen mit Ausnahme der Sanierung der Wohnung des Mitbeteiligten durchgeführt worden seien.

Abgesehen davon, dass die Errichtung von zwei neuen Wohnungen im bisherigen Dachboden nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine wesentliche Vermehrung eines quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes darstelle (gemeint: solche Mängel nicht wesentlich zu mindern vermöge), sei für die belangte Behörde auch nicht erkennbar, dass der Dachbodenausbau nicht auch ohne Aufkündigung des mit dem Mitbeteiligten bestehenden Mietverhältnisses erfolgen könnte. Zudem sei ein öffentliches Interesse im Sinne der zuvor genannten Gesetzesstelle, welche einen Eingriff in die Mietrechte des Mitbeteiligten rechtfertigen würde, an seiner Wohnung nicht erkennbar.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 30 Abs. 1 MRG kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen. Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 leg. cit. in der Fassung des zweiten Wohnrechtsänderungsgesetztes, BGBl. Nr. 68/1991, ist es als ein wichtiger Grund insbesondere anzusehen, wenn ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, dass selbst unter der Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfs oder eines qualitativen Wohnfehlbestands geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass sie beabsichtige, Luxuswohnungen zu schaffen; dieses Vorbringen geht aber am Kern der Sache vorbei: Die Beschwerdeführerin bestreitet nämlich nicht die Feststellung der belangten Behörde, dass zwischenzeitig bereits sämtliche Baumaßnahmen mit Ausnahme der Sanierung der Wohnung des Mitbeteiligten durchgeführt wurden. Nur mehr das kann daher in Frage stehen. Hiezu bringt die Beschwerdeführerin im Sinne der Ausführungen der Behörde erster Instanz aber (nur) vor, dass ein Haus, in welchem eine Wohnung nicht saniert sei, als Gesamtes als nicht saniert angesehen werden könne.

Dem ist aber mit der belangten Behörde zu entgegnen, dass es sich bei der Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher in Zweifel restriktiv auszulegende Norm handelt (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 94/06/0093, mwN). Vor diesem Hintergrund ist ein öffentliches Interesse im Sinne des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG, welches einen Eingriff in die Mietrechte des Mitbeteiligten rechtfertigen würde, an der (Zwangs-)Sanierung seiner Wohnung nicht erkennbar. Die von der Behörde erster Instanz und sichtlich auch von der Beschwerdeführerin befürchtete mangelnde "Attraktivität" der - sanierten - Wohnungen bzw. der in Dachgeschossen neu errichteten Wohnungen (also von Wohnräumen, welche den Zielvorgaben der genannten Gesetzesstelle aus objektiver Sicht bereits entsprechen) vermag daran nichts zu ändern.

Die belangte Behörde hat daher den Antrag zu Recht abgewiesen. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Wohnung des Mitbeteiligten (ohnedies) bereits der Ausstattungskategorie "A" zuzurechnen ist, wie er in seiner Berufung vorbrachte.

Da sich die Behörde bereits aus der Beschwerde ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003060100.X00

Im RIS seit

15.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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