TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/18 2000/15/0034

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Veröffentlicht am 18.09.2003
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §2;
UStG 1972 §3 Abs2;
UStG 1994 §11 Abs1;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der E GmbH in P, vertreten durch Dr. Helmut Prankl jun., Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 12/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom 16. Dezember 1999, Zl. RV-062.96/1-8/96, betreffend Umsatzsteuer 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter der Bezeichnung "Vorsteuerschwindel des Werner Rydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.

Im Bericht über die bei der Beschwerdeführerin durchgeführte Buch- und Betriebsprüfung wird unter Tz 16 ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Zeitraum von Mai bis August 1993 Gelee Royal bei Benjamin JK eingekauft und nach Brasilien exportiert. Erhebungen der Abgabenbehörde hätten ergeben, dass "hier eine Ware vorgetäuscht wurde, die nicht existiert (Gutachten der technischen Untersuchungsanstalt der Finanzverwaltung)". Die in den Rechnungen ausgewiesenen Lieferungen seien nachweislich nur vorgetäuscht und nicht durchgeführt worden. Demzufolge dürfe bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer 1993 die in den Rechnungen ausgewiesene Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen werden.

Die Berufung gegen den den Prüfungsfeststellungen entsprechend ergangenen Umsatzsteuerbescheid 1993 wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Strittig sei betreffend Umsatzsteuer 1993 die Abzugsfähigkeit von Vorsteuerbeträgen aus dem Wareneinkauf von "Gelee Royal". Die Beschwerdeführerin fungiere als Zwischenhändlerin in der von Werner Rydl aufgebauten Lieferantenkette. Ermittlungen der Finanzbehörde hätten ergeben, dass Benjamin JK lediglich als "Strohmann" eingeschaltet gewesen sei, die Lieferungen aber von Gerhard JC ausgingen. Diese Feststellungen stünden im Einklang mit den Aussagen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, der angegebenen habe, Benjamin JK sei ihm nicht bekannt, zumal als Ansprechpartner im Rahmen der in Rede stehenden Geschäfte stets Gerhard JC aufgetreten sei. Die belangte Behörde gelange zur Überzeugung, dass die streitgegenständlichen Rechnungen nicht den Namen und die Anschrift des tatsächlich liefernden Unternehmers enthalten würden. Der liefernde Unternehmer sei nicht Benjamin JK, sondern Gerhard JC. Schon aus diesem Grunde seien die Rechnungen nicht ordnungsgemäß und vermittelten deshalb nicht das Recht auf Vorsteuerabzug.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin beschränke sich im Wesentlichen auf die Frage, ob tatsächlich wertvolles Gelee Royal geliefert worden sei. Die Beschwerdeführerin vertrete die Ansicht, dass sich das im Betriebsprüfungsbericht zitierte Gutachten der technischen Untersuchungsanstalt über die als Gelee Royal bezeichnete Ware nicht auf ihren konkreten Fall beziehe. Dem sei nach Ansicht der belangten Behörde Folgendes entgegenzuhalten:

Im Zuge der umfangreichen Ermittlungen der Abgabenbehörden sei eine Reihe von Umständen zu Tage getreten, die es als äußerst zweifelhaft erscheinen ließen, dass das von der F-GmbH in Umlauf gebrachte und über Benjamin JK auch an die Beschwerdeführerin gelieferte Produkt tatsächlich wertvolles Gelee Royal darstelle. Es sei festgestellt worden, dass die F-GmbH im Jahr 1993 insgesamt mehr als 2000 kg "Royal Bee Jelly" zum Preis von S 172,33 pro kg von Brasilien nach Österreich importiert habe, wobei die von der Finanzbehörde eingeschalteten Untersuchungsanstalten festgestellt hätten, dass dieser Preis für echtes Gelee Royal viel zu niedrig sei. In der Folge habe Werner Rydl an die ihm zu 100 % gehörende F-GmbH Rechnungen über Produktveredelungen im Gesamtwert von 7 Mio. S gelegt. Eine Produktionsstätte der angeblichen Lyophilisierung habe nicht gefunden werden können. Werner Rydl bzw. die F-GmbH habe jegliche Auskunft und Stellungnahme hiezu verweigert. In der Folge sei das Produkt um S 26.250,-- pro kg weiterverkauft worden. Nach Aussage des Institutes für Bienenkunde wäre die Preisspanne zwischen S 172,-- und S 26.250,-- nicht mit dem technischen Aufwand der Lyophilisierung erklärbar. Die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren vorgelegte Produktbeschreibung sei ident mit jener Produktbeschreibung, die (im Zusammenhang mit der F-GmbH) der technischen Untersuchungsanstalt vorgelegt worden sei, und die ergeben habe, dass "eine Ware vorgetäuscht werde, die nicht existiere".

Der gesamte Warenkreislauf (Import von Waren aus Brasilien durch die zu 100 % Werner Rydl gehörende F-GmbH, Einschaltung österreichischer Zwischenhändler und anschließender Export nach Brasilien an Gesellschaften, deren Machthaber ebenfalls Werner Rydl sei) deute ebenso wie die Art der Geschäftsanbahnung mit der beschwerdeführenden GmbH, der von ihrer brasilianischen Abnehmerin sowohl der Vorlieferant wie auch der Preis der Ware vorgegeben worden sei, darauf hin, dass wertvolle Ware nur zum Zweck des ungerechtfertigten Vorsteuerabzuges vorgetäuscht worden sei. Da berechtigte Gründe für Zweifel an der Lieferung von wertvollem Gelee Royal bestünden, wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, den Beweis dafür zu erbringen, dass ihr die in Streit stehenden Lieferungen von Gelee Royal tatsächlich erbracht worden seien. Die Beschwerdeführerin sei auf diesen Umstand im Schriftsatz vom 10. August 1999 hingewiesen worden. Seitens der Beschwerdeführerin seien in der Folge keine Beweisangebote erbracht worden. Aus dem Schriftverkehr der Beschwerdeführerin mit Benjamin JK (vom 25. August 1983) ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin bereits im August 1993 begründete Zweifel an der Identität der gelieferten Ware gehabt habe. Die Beschwerdeführerin habe im Rahmen dieses Schriftverkehrs mitgeteilt, dass das gelieferte Gelee Royal nichts mit jenem Produkt gemein habe, dass allgemein als Gelee Royal bekannt sei. Aus dem Schriftverkehr sei abzuleiten, dass die der Beschwerdeführerin gelieferte Ware nicht mit der fakturierten Ware übereinstimme. Einen Gegenbeweis habe die Beschwerdeführerin nicht erbringen können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, setzt § 12 Abs. 1 UStG 1972 für den Vorsteueranspruch eine Übereinstimmung zwischen gelieferter und in der Rechnung ausgewiesener Ware voraus. Diese Voraussetzung ist dann nicht erfüllt, wenn die in der Rechnung gewählte Bezeichnung des Liefergegenstandes eine solche Vorstellung vom Liefergegenstand hervorruft, die mit dem tatsächlich gelieferten Gegenstand nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2001, 99/15/0034).

Im Zentrum der Beschwerde steht das Vorbringen, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, dass Benjamin JK nicht Lieferant der Beschwerdeführerin gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe beim Finanzamt die Auskunft erhalten, Benjamin JK sei als Unternehmer unter einer bestimmten Steuernummer erfasst. Die belangte Behörde dürfe sich nun nicht darauf stützen, dass Benjamin JK nur als Strohmann aufgetreten sei. Auch wenn Gerhard JC mittels Vollmacht die Geschäfte des Benjamin JK geführt habe, sei Benjamin JK als steuerlich erfasster Unternehmer existent gewesen.

Unternehmer iSd § 2 UStG 1972 ist, wer nach außen auftritt und am Markt Leistungen erbringt. Tritt der Treuhänder im Außenverhältnis als Leistungserbringer in Erscheinung, so sind ihm in umsatzsteuerlicher Hinsicht die Leistungen zuzurechnen, auch wenn er für Rechnung des Treugebers tätig wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, 95/15/0149).

Mit dem Vorbringen, Gerhard JC sei als Bevollmächtigter des Benjamin JK aufgetreten, entfernt sich die Beschwerde von den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat vielmehr Benjamin JK als Strohmann des Gerhard JC angesehen.

Sollte die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde dahingehend zu verstehen sein, dass Benjamin JK zwar nach außen hin aufgetreten, aber nur als Strohmann für Gerhard JC tätig geworden ist, die Geschäfte also auf Rechnung des Gerhard JC abgewickelt worden sind, hätte die belangte Behörde eine unrichtige Rechtsfolge abgeleitet. Unter der Annahme, dass Benjamin JK als Treuhänder eingeschritten ist und im eigenen Namen, aber auf Rechnung von Gerhard JC Waren geliefert hat, entspricht es nämlich der Norm des § 11 UStG, dass Benjamin JK als liefernder Unternehmer in der Rechnung ausgewiesen ist.

Für den Beschwerdefall ist allerdings entscheidend, dass die Ausführungen des angefochtenen Bescheides, wonach die Rechnungen deshalb kein Recht auf Vorsteuerabzug vermittelten, weil die in den Rechnungen ausgewiesenen Waren nicht mit den tatsächlich gelieferten Gegenständen übereinstimmen, den Bescheid zu tragen vermögen. Setzt doch der Vorsteueranspruch eine Übereinstimmung zwischen gelieferter und in der Rechnung ausgewiesener Ware voraus.

In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe ihre Sachverhaltsfeststellung betreffend die gelieferte Ware ua darauf gestützt, dass die F-GmbH der Lieferant des Benjamin JK gewesen sei (Die Begutachtung der von der F-GmbH gelieferten, von ihr als Gelee Royal bezeichneten Ware hat deren Wertlosigkeit ergeben). Unterlagen zur Geschäftsbeziehung zwischen der F-GmbH und Benjamin JK hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme vorlegen müssen. Dies habe sie unterlassen und dadurch Verfahrensvorschriften verletzt. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung bei der Firma Benjamin JK wäre es ein Leichtes gewesen, der Beschwerdeführerin den im Zeitraum Mai bis August 1993 existierenden Vorlieferanten des Benjamin JK zu benennen, um der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Gegenäußerung bzw. zur Produktprüfung zu bieten.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Das Beschwerdevorbringen betrifft den Bereich der Beweiswürdigung der belangten Behörde, auf Grund derer sie die Feststellungen über die tatsächlich der Beschwerdeführerin gelieferte Ware getroffen hat. Die Beweiswürdigung hält der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand:

Die Beschwerde lässt den - für die Beweiswürdigung der belangten Behörde bedeutsamen - Umstand unbestritten, dass sie selbst im Verwaltungsverfahren eine Produktbeschreibung der gelieferten Ware vorgelegt habe, die mit jener Produktbeschreibung übereingestimmt habe, die der technischen Untersuchungsanstalt zur näheren Überprüfung vorgelegt worden ist. Solcherart konnte die belange Behörde unbedenklich davon ausgehen, dass die der Beschwerdeführerin gelieferte Ware von der gleichen Art war wie jene, von welcher bei der F-GmbH Proben gezogen worden sind. Im Übrigen wird auch in der Beschwerde nicht behauptet, dass die Beschwerdeführerin ihre Ware nicht - über Benjamin JK als Zwischenhändler - von der F-GmbH bezogen habe. Von wesentlicher Bedeutung für die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde ist im gegenständlichen Fall weiters, dass diese ihre Beweiswürdigung auf das Schreiben der Beschwerdeführerin an Benjamin JK vom 25. August 1993 ("dass das von ihnen gelieferte Gelee Royal nichts mit Gelee Royal, wie es allgemein bekannt ist, zu tun hat") zu stützen vermag. Das Beschwerdevorbringen, das in Rede stehende Schreiben beziehe sich nur auf die letzte Lieferung des Benjamin JK, findet weder im Wortlaut des genannten Schreibens noch in sonstigen Teilen des Verwaltungsaktes eine Stütze.

Die Beschwerde bringt weiters vor, der Begriff Gelee Royal sei nicht nur einem Kreis von Fachleuten bekannt, die Beschwerdeführerin habe sich daher nicht auf ein Produkt eingelassen, an dessen Existenz sie hätte zweifeln müssen.

Aus diesem - durchaus zutreffenden - Vorbringen lässt sich allerdings nicht der in der Beschwerde gezogene Schluss ableiten, die in den Rechnungen des Benjamin JK gewählte Beschreibung des Liefergegenstandes rufe eine Vorstellung hervor, die mit dem tatsächlich gelieferten Gegenstand im Einklang stehe. Auf dem Boden der unbedenklichen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bestand die tatsächliche Lieferung nämlich nicht in jenem Produkt, für welches im Handelsverkehr der Ausdruck Gelee Royal verwendet wird.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in subjektiven Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 18. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000150034.X00

Im RIS seit

23.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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