TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/18 2000/16/0606

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Veröffentlicht am 18.09.2003
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BAO §201;
BAO §241 Abs1;
BAO §289 Abs2;
LAO Tir 1984 §151 Abs2;
LAO Tir 1984 §188 Abs1;
LAO Tir 1984 §214 Abs2;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/16/0607

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerden des R und der MM in R, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 13, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung vom 17. Juli 2000, Zl. Ib-1631/1, und vom 20. Juli 2000, Zl. Ib-1632/1, betreffend Festsetzung und Rückzahlung von Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde R in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass für den Kaffeehausbetrieb an der Anschrift R, bis einschließlich 1997 der Erstbeschwerdeführer, ab 1998 die Zweitbeschwerdeführerin für die Getränkesteuer abgabenpflichtig war.

Der Erstbeschwerdeführer, vertreten durch seinen Steuerberater, beantragte mit Schreiben vom 21. April 1998 die Rückerstattung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997. Er verwies auf die "EU-Widrigkeit" der Getränkesteuer und beantragte "daher im Wege eines Rückerstattungsantrages die Getränkesteuer für die Jahre 1996/1997 mit S 0,-- festzusetzen und einen entsprechenden Bescheid zu erlassen".

Mit Bescheid vom 12. Mai 1998 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag, die Getränkesteuer für 1997 mit 0,- festzusetzen und zurück zu zahlen, gemäß § 151 Abs. 2 und 187 Abs. 1 TLAO als unbegründet ab. Mangels erwiesenen Widerspruches zum EU-Recht sei eine Unrichtigkeit der Selbstberechnung nicht erkennbar; der Antrag hätte nur im Falle der Nullfestsetzung von Erfolg begleitet sein können.

Dagegen wurde vom Erstbeschwerdeführer, vertreten durch seinen Steuerberater, Berufung erhoben. Darin verwies er neuerlich auf die "EU-Widrigkeit" der Getränkesteuer und beantragte, die Getränkesteuer für das Jahr 1997 mit S 0,-- festzusetzen.

Mit Bescheid vom 5. Juni 1998 setzte der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde im Hinblick auf das damals laufende Vorabentscheidungsverfahren das Berufungsverfahren gemäß § 212 Abs. 1 TLAO aus.

Die Zweitbeschwerdeführerin erstattete die Getränkesteuererklärung für das Jahr 1998 am 26. März 1998. Darin werden die Bemessungsgrundlagen angeführt und als Steuerbeträge jeweils S 0,-- angegeben.

Mit Bescheid vom 8. April 1999 setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde unter Hinweis auf diese Steuererklärung die Getränkesteuer gemäß § 151 Abs. 2 TLAO für das Jahr 1998 mit S 63.312,-- (ausgehend von der Bemessungsgrundlage in der Steuererklärung) fest. Darin wird ausgeführt, dass sich die Selbstberechnung als unrichtig erwiesen habe, weil ein Widerspruch zum EU-Recht nicht bestehe, sodass die Steuer bescheidmäßig festzusetzen gewesen sei.

Dagegen erstattete die Zweitbeschwerdeführerin, vertreten durch den Steuerberater, Berufung. Darin wird einerseits begehrt, den Getränkesteuerbescheid auf S 0,-- abzuändern und andererseits einem (nicht aktenkundigen) Antrag auf Rückerstattung bereits bezahlter Getränkesteuer für 1998 Folge zu geben.

Das Verfahren über diese Berufung setzte der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 10. August 1999 gemäß § 212 Abs. 1 TLAO aus.

Am 1. Juli 1999 fand bezüglich beider Beschwerdeführer eine abgabenbehördliche Prüfung in Anwesenheit eines Vertreters des ausgewiesenen Steuerberaters statt. Darin wurde bezüglich des Erstbeschwerdeführers gegenüber der für 1997 erklärten und bezahlten Getränkesteuer eine Differenz von S 7.807,--, gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin bezüglich des Jahres 1998 eine Differenz von S 5.324,-- festgestellt.

Auf Grund dieser Prüfung erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde jeweils am 1. Juli 1999 einen Abgabenbescheid, mit welchem er bezüglich des Erstbeschwerdeführers unter Bedachtnahme auf das Prüfungsergebnis die Steuer neu mit S 76.084,-, gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin neu mit S 68.663,-- festsetzte. In der Begründung wurde in beiden Fällen auf die Nachschau durch ein Prüfungsorgan verwiesen und ausgeführt, die Steuerfestsetzung sei gemäß § 151 Abs. 3 TLAO erfolgt. Diese beiden Bescheide wurden nicht den steuerlichen Vertretern der Beschwerdeführer, sondern den Beschwerdeführern persönlich zugestellt. Rechtsmittel gegen diese Bescheide wurden nicht erhoben.

In Fortsetzung der genannten, ausgesetzten Berufungsverfahren gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheiden vom 7. Juni 2000 den Berufungen gegen die Bescheide vom 12. Mai 1998 (Abweisung der Festsetzung der Getränkesteuer für das Jahr 1997 mit S 0,-- und Abweisung des Rückzahlungsantrages für das Jahr 1997 gegenüber dem Erstbeschwerdeführer) und vom 8. April 1999 (betreffend die Festsetzung der Getränkesteuer für das Jahr 1998 gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin) Folge und behob jeweils den angefochtenen Bescheid wegen entschiedener Sache ersatzlos. In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass die beiden Bescheide vom 1. Juli 1999, mit denen die Getränkesteuer für 1997 bzw. für 1998 festgesetzt worden sei, in Rechtskraft erwachsen seien. Daher liege entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor.

In den Vorstellungen gegen diese Bescheide führten die Beschwerdeführer wörtlich aus: "Es wurde zwar gegen den Bescheid vom 1. Juli 1999 betreffend die Getränkesteuerprüfung für 1997 (1998) kein Rechtsmittel eingebracht, die Bezahlung der Nachforderung wurde jedoch unter der Voraussetzung der EU-Rechtmäßigkeit des Getränkesteuergesetzes (siehe Vermerk auf dem Erlagschein) geleistet, wie auch alle Getränkesteuerzahlungen für das Jahr 1997 (1998)." Außerdem sei noch vor dem 9. März 2000 ein Rückerstattungsantrag gestellt worden, der einen tauglichen Rechtsbehelf darstelle. Dieser Antrag sei noch nicht behandelt worden. Die Beschwerdeführer beantragten in ihren Vorstellungen, die Bescheide vom 7. Juni 2000 ersatzlos aufzuheben und laut Urteil des EU-Gerichtshofes die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für 1997 (1998) gutzuschreiben.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde diese Vorstellungen als unbegründet ab. Nach § 211 TLAO müsse die Berufungsbehörde auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Laufe des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gelangten, Bedacht nehmen. Für den Zeitraum 1995 bis 1997 sei seitens des Erstbeschwerdeführers gemäß § 188 TLAO beantragt worden, die Getränkesteuer zurück zu erstatten; für 1998 habe die Zweitbeschwerdeführerin eine Nullerklärung abgegeben. Bei einer Selbstbemessungsabgabe müsse die Abgabenbehörde die Abgabe mit Bescheid festsetzen, wenn der Abgabenpflichtige die Einreichung der Erklärung unterlässt oder wenn die Erklärung unvollständig oder die Selbstbemessung unrichtig sei. In einem solchen Verfahren müsse die Abgabenbehörde erster Instanz über den Antrag auf bescheidmäßige Nullfestsetzung und dann über den Antrag auf Rückzahlung absprechen; dieser Verpflichtung sei bezüglich des Erstbeschwerdeführers die Abgabenbehörde erster Instanz in dem Bescheid vom 12. Mai 1998 richtigerweise nachgekommen, wobei sich allerdings ihre Entscheidung nur auf das Jahr 1997 bezogen hat und keine Aussage über die Jahre 1995 und 1996 enthielt. Bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin sei die Abgabenbehörde erster Instanz ihrer Verpflichtung zur Erlassung eines Festsetzungsbescheides nach § 151 Abs. 2 TLAO mit Bescheid vom 8. April 1999 richtigerweise nachgekommen. Die richtigerweise ausgesetzten Berufungsverfahren habe die Abgabenbehörde zweiter Instanz nach Ergehen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 2000 zu Recht fortgesetzt und die Bescheide vom 7. Juni 2000 erlassen.

Die Vorstellungsbehörde bezeichnete es als ungewöhnlich und in der Rechtsordnung nicht vorgesehen, dass die Abgabenbehörde erster Instanz, obwohl das Verfahren ausgesetzt worden war, in Bescheiden vom 1. Juli 1999 die Getränkesteuer für 1997 und 1998 festgesetzt habe, wobei diese Festsetzungen dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 widersprochen hätten. Diese Bescheide seien jedoch rechtskräftig geworden. In Anwendung des § 211 TLAO musste die Abgabenbehörde zweiter Instanz auf diese neue Tatsache Bedacht nehmen. Bezüglich des Antrages, die Getränkesteuer für das Jahr 1997 mit 0,-- festzusetzen, lag im Zeitpunkt der Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz der rechtskräftige Bescheid vom 1. Juli 1999 vor; an diese Rechtskraft sei auch die Berufungsbehörde gebunden gewesen, sodass auch Anbringen, die auf Abänderung oder Aufhebung eines nicht mehr der Berufung unterliegenden Bescheides gerichtet seien, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen seien. Gleichfalls habe die Berufungsbehörde auf die rechtskräftige Festsetzung der Getränkesteuer für 1998 Bedacht nehmen müssen.

In ihren dagegen erhobenen Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Rückforderung der Getränkesteuer wegen nicht ordnungsgemäßer Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten und EU-Widrigkeit verletzt. Sie begehren die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte jeweils die Verwaltungsakten vor und erstattete zu jeder Beschwerde eine Gegenschrift. Darin wird insbesondere vorgebracht, dass die Rüge, die Bescheide vom 1. Juli 1999 seien nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, erstmals in der Beschwerde erhoben worden sei.

Die Beschwerdeführer replizierten, wobei sie behaupteten, dass die steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführer erst mit Zustellung der Berufungsbescheide vom 7. Juni 2000 Kenntnis von den falsch zugestellten Steuerbescheiden vom 1. Juli 1999 erlangt hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum besseren Verständnis wird der Verfahrensablauf

tabellarisch wiedergegeben:

Erstbeschwerdeführer

Zweitbeschwerdeführerin

21.04.1998

Rückerstattungsantrag

 

 

12.05.1998

Bd I - Abweisung 1997

26.03.1999

Steuererklärung 1998

15.05.1998

Berufung

08.04.1999

Bd I - Festsetzung 1998

05.06.1998

Bd II - Aussetzung

06.05.1999

Berufung

01.07.1999

Abgabenbescheid 1997

01.07.1999

Abgabenbescheid 1998

 

 

10.08.1999

Bd II - Aussetzung

07.06.2000

Bd II - I ersatzlos behoben

07.06.2000

Bd II - I ersatzlos behoben

Die belangte Behörde hatte mit den angefochtenen Bescheiden die Frage zu prüfen, ob die Berufungsbehörde zu Recht anlässlich ihrer Berufungsentscheidung "entschiedene Sache" wahrzunehmen hatte.

Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers wurde das Verfahren durch einen Rückzahlungsantrag eingeleitet. Nach § 188 Abs. 1 TLAO ist, wenn eine Abgabe zu Unrecht entrichtet oder zu Unrecht zwangsweise eingebracht wurde, dieser Betrag auf Antrag zurückzuzahlen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Antrag eines Abgabenpflichtigen auf Rückerstattung einer von ihm geleisteten Selbstbemessungsabgabe jedenfalls dann, wenn die Erledigung eines solchen Rückerstattungsantrages voraussetzt, dass die Behörde die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet, auch als Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 93/17/0320 m.w.N.). Auch hier konnte über den Rückerstattungsantrag nur unter Beantwortung der Frage entschieden werden, ob die Abgabenschuldigkeit besteht; dem gegenüber dem Erstbeschwerdeführer ergangenen Bescheid vom 12. Mai 1998 ist die Feststellung immanent, dass seine Abgaben nicht zu Unrecht entrichtet wurden, was einer Festsetzung in der entrichteten Höhe gleichkam. Eine Festsetzung hatte schließlich auf Grund der Erklärung der Zweitbeschwerdeführerin zu erfolgen, was mit dem Bescheid vom 8. April 1999 geschehen ist. Durch die erhobenen Berufungen war die Festsetzungskompetenz der Abgabenbehörde erster Instanz entzogen; wenn sie neuerlich mit Bescheiden vom 1. Juli 1999 eine Festsetzung vornahm, war sie dafür nicht zuständig.

Auch wenn das Rechtsinstitut der Streitanhängigkeit dem AVG (wie auch der BAO oder der TLAO) grundsätzlich fremd ist, ist eine erstinstanzliche Behörde grundsätzlich nicht befugt, so lange eine Berufung anhängig ist, neuerlich in der selben Sache eine Entscheidung zu treffen. Ein erlassener zweiter Bescheid der Behörde erster Rechtsstufe in der selben Sache wäre wegen Unzuständigkeit der Behörde aufzuheben (hg. Erkenntnis vom 24. März 1988, Zl. 87/09/0166).

Im vorliegenden Fall kommt es daher entscheidend darauf an, ob die Berufungsbehörde in der Lage war, die Bescheide vom 1. Juli 1999 einer Überprüfung zu unterziehen, oder ob ihr dies wegen eingetretener Rechtskraft verwehrt war. Nach Auffassung der Beschwerdeführer sind diese Bescheide nicht erlassen worden, weil sie ihnen nicht gesetzeskonform zugestellt worden seien.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich eindeutig, dass die Beschwerdeführer vor Erlassung dieser Bescheide stets durch ihre Steuerberater vertreten waren und insbesondere auch anlässlich der Prüfung, die zu jenen Bescheiden führte, der Steuerberater anwesend war. Gemäß § 78 TLAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Etwas Anderes ist zwar im § 80 Abs. 1 TLAO insoferne bestimmt, als im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen aus Gründen der Zweckmäßigkeit trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden können. Der fünfte Teil der TLAO, der mit § 158 beginnt, ist mit den Worten "Einhebung der Abgaben" überschrieben; die Bescheide vom 1. Juli 1999 ergingen aber auf Grund des § 151 TLAO, sodass für ihre Zustellung die Bestimmungen des Zustellgesetzes Anwendung finden.

Gemäß § 9 Abs. 1 ZuStG hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Der nunmehr aufgestellten Behauptung, den steuerlichen Vertretern der Beschwerdeführer seien die Bescheide vom 1. Juli 1999 erst mit den bei der belangten Behörde bekämpften Berufungsbescheiden zugekommen bzw. zur Kenntnis gelangt, hält die belangte Behörde zu Recht das aus § 41 Abs. 1 VwGG für das verwaltungsgerichtliche Verfahren abgeleitete Neuerungsverbot entgegen. Diesbezüglich ist auf den wörtlich wiedergegebenen Inhalt der Vorstellungen zu verweisen, wonach gegen die Bescheide vom 1. Juli 1999 kein Rechtsmittel eingebracht wurde. Irgendein Vorbringen dahingehend, dass keine gehörige Zustellung bzw. keine sanierte Zustellung erfolgt sei, enthielt das Vorstellungsvorbringen nicht. Vielmehr konnte auf Grund dieser Ausführungen in den Vorstellungen die Vorstellungsbehörde davon ausgehen, dass die Bescheide vom 1. Juli 1999 den Vertretern zugekommen und somit wegen Unterbleibens eines Rechtsmittels dagegen tatsächlich in Rechtskraft erwachsen sind, weshalb es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, auf den erstmals in der Beschwerde behaupteten Zustellmangel einzugehen.

Zu Recht hat die belangte Behörde auf § 211 TLAO verwiesen, wonach die Berufungsbehörde auf neue Tatsachen, die ihr im Laufe des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gelangt sind, Bedacht zu nehmen hat. Dies war hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin eine rechtskräftige Abgabenfestsetzung bezüglich des Jahres 1998; die ersatzlose Behebung des vorangegangenen Bescheides erfolgte daher zu Recht, zumal nach der ständigen Rechtsprechung dann, wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen derogiert (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, E 154 ff zu § 68 AVG).

Bezüglich des Erstbeschwerdeführers ist festzuhalten, dass hinsichtlich seiner Rückzahlungsbegehren für die Zeit vor 1997 noch keine Entscheidung vorliegt, sodass auch der angefochtene Bescheid nicht in seine Rechte eingreifen konnte. Wohl wäre es Sache der Berufungsbehörde gewesen, die Berufung, der ein Rückzahlungsbegehren zu Grunde lag, in Anbetracht der Abgabenfestsetzung vom 1. Juli 1999 abzuweisen; durch die hier vorgenommene Aufhebung und ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides ist aber eine Verletzung von Rechten des Erstbeschwerdeführers nicht erkennbar.

Damit erweisen sich beide Beschwerden als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 18. September 2003

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000160606.X00

Im RIS seit

14.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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