TE Vwgh Erkenntnis 2003/9/24 2001/11/0285

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Veröffentlicht am 24.09.2003
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Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. H in G, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in 1160 Wien, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 3. Juli 2001, Zl. RU6-St-H-122/0, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung einer begleitenden Maßnahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya vom 12. Feber 2001 wurde die dem Beschwerdeführer für Kraftfahrzeuge der Klassen A, B, C1, F und G erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7 Abs. 3 iVm 24 Abs. 1 und 25 Abs. 1 und Abs. 3 FSG wegen Verkehrsunzuverlässigkeit für die Zeit bis einschließlich 27. Jänner 2002 (der Führerschein war dem Beschwerdeführer am 27. Jänner 2001 vorläufig abgenommen worden) entzogen und es wurde gemäß § 24 Abs. 3 FSG angeordnet, dass der Beschwerdeführer einen Driver Improvement Kurs für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren habe. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe am 27. Jänner 2001 um

4.10 Uhr ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug im Gemeindegebiet Purkersdorf in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft 0,73 mg/l betragen habe. Der Beschwerdeführer habe somit eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 FSG gesetzt. Bereits zuvor sei der Beschwerdeführer wegen Alkoholdelikten in Erscheinung getreten:

Mit Straferkenntnis des Bezirkspolizeikommissariates Innere Stadt vom 10. März 1997 sei der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 (begangen am 3. September 1996) rechtskräftig bestraft worden, es sei ihm wegen dieses Vorfalls die Lenkberechtigung mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 24. März 1997 für die Zeit vom 3. September 1996 bis 3. Mai 1997 entzogen worden. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 13. Mai 1996 sei der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 wegen des am 15. Jänner 1995 begangenen Delikts rechtskräftig betraft worden, es sei ihm wegen dieses Vorfalls die Lenkberechtigung für die Zeit vom 15. Jänner 1995 bis 15. April 1995 entzogen worden. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt sei der Beschwerdeführer insbesondere auch wegen der Höhe des Alkoholisierungsgrades und der wiederholten Tatbegehung für die Zeit bis 27. Jänner 2002 als verkehrsunzuverlässig anzusehen.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2001 entzog die Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya - in Erledigung der gegen ihren Mandatsbescheid vom 12. Feber 2001 gerichteten Vorstellung - dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Zeit bis 1. Jänner 2002 und bestätigte im Übrigen die im Mandatsbescheid getroffenen Aussprüche.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Landeshauptmann von Niederösterreich mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juli 2001 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dem Beschwerdeführer die ihm erteilte Lenkberechtigung auf die Dauer von zwei Jahren, gerechnet ab dem 27. Jänner 2001 entzogen und gleichzeitig aufgetragen wurde, innerhalb der Entziehungszeit einen Driver-Improvement-Kurs als begleitende Maßnahme zu absolvieren. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Erstbescheides sowie des Berufungsvorbringens aus, der Beschwerdeführer sei wegen des Vorfalls vom 27. Jänner 2001 mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1a iVm. § 5 Abs. 1 StVO 1960 rechtskräftig betraft worden. Zusätzlich zu den von der Erstbehörde festgestellten einschlägigen Delikten sei noch festzustellen, dass dem Beschwerdeführer bereits mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. August 1989, abgeändert durch Bescheid des Landeshauptmannes von Wien im Zusammenhang mit der Begehung eines Alkoholdeliktes die Lenkberechtigung für die Zeit von 4 Wochen entzogen worden war. Es stehe fest, dass der Beschwerdeführer die im § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG genannte bestimmte Tatsache gesetzt habe. Die nach § 7 Abs. 5 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache falle zum Nachteil des Beschwerdeführers aus, weil er vor dem gegenständlichen Vorfall bereits drei Mal einschlägig straffällig geworden sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfe die Kraftfahrbehörde auch getilgte Vorstrafen wegen Übertretungen nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 bei der vorzunehmenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Verkehrszuverlässigkeit berücksichtigen, weil auch diese aussagekräftig hinsichtlich der Sinnesart des Beschwerdeführers seien. Bezeichnend für den verwerflichen Charakter des Beschwerdeführers sei, dass selbst drei vorangegangene Entziehungen der Lenkberechtigung den Beschwerdeführer von der Begehung eines neuerlichen Alkoholdeliktes nicht hätten abhalten können. All dies erweise, dass im Hinblick auf die aufgezeigte charakterliche Neigung und Verantwortungslosigkeit des Beschwerdeführers zumindest eine Zeit von 2 Jahren (ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines) verstreichen müsse, um wieder die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers annehmen zu können. Die vom Beschwerdeführer herangezogenen Gründe wie "aus gesellschaftlichen Gründen .... zwangsweise Alkohol konsumiert" und die Vorfälle von 1995 und 1997 seien als "Studiosus" begangen worden, seien nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen gewesen. Er zeige mit diesen Phrasen nur, dass er einen ausreichenden Gesinnungswandel vermissen lasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen. ...

(3) Bei der Entziehung kann die Behörde auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung oder Driver Improvement mit oder ohne Fahrprobe, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen. Sie hat eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt.

...

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. ... .

..."

Insoweit der Beschwerdeführer zunächst behauptet, die belangte Behörde hätte seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid wegen Verspätung zurückweisen müssen und hätte nicht in der Sache selbst (unter Verlängerung der Entziehungszeit) entscheiden dürfen, ist ihm zu entgegnen, dass ihm der erstinstanzliche Bescheid durch Hinterlegung zugestellt wurde, wobei nach der Aktenlage der Beginn der Abholfrist Mittwoch, der 6. Juni 2001 war. Die Berufungsfrist endete daher am Mittwoch, dem 20. Juni 2001; an diesem Tag hat der Beschwerdeführer die Berufung - mittels Telekopie - eingebracht. Die Berufung erwies sich daher als rechtzeitig und war von der belangten Behörde meritorisch zu erledigen.

Wenn der Beschwerdeführer ferner auf "ärztliche Zeugnisse" und seinen "beruflichen Lebenswandel" verweist, aus denen sich offensichtlich seine Verkehrszuverlässigkeit ergeben soll, ist ihm - abgesehen davon, dass er diesbezüglich in der Beschwerde nichts Konkretes ausführt - zunächst zu entgegnen, dass die Frage der Verkehrszuverlässigkeit eine Rechtsfrage ist, die die Behörde nach der Aktenlage, unabhängig von einer ärztlichen Beurteilung zu lösen hat.

Hat die zuständige Strafbehörde rechtskräftig entschieden, dass der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis Abs. 1b StVO 1960 begangen hat (im vorliegenden Fall: § 99 Abs. 1a StVO 1960), so liegt für die Kraftfahrbehörde eine bindende Vorfragenentscheidung vor (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2002, Zl. 2002/11/0069). Die Begehung dieser Tat wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht die Feststellungen der belangten Behörde zu den früheren rechtskräftigen Bestrafungen wegen der Begehung von Alkoholdelikten sowie die Feststellungen zu den drei früheren Entziehungen seiner Lenk(er)berechtigung. Die belangte Behörde durfte diese vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen einschlägigen Delikte in ihre Überlegungen zur Bemessung der Entziehungszeit einbeziehen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zählen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften (vgl. unter vielen etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, Zl. 2001/11/0192).

Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Bemessung der Entziehungszeit besonders ins Gewicht. Zieht man die Häufigkeit der Vorfälle, bei denen der Beschwerdeführer alkoholisiert als Lenker eines Kraftfahrzeuges betreten wurde, in Betracht, bestehen gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer würde seine Verkehrszuverlässigkeit erst zwei Jahre nach Begehung der (letzten) strafbaren Handlung wieder erlangen, keine Bedenken. Daran vermag auch die seit der letzten voran gegangenen Entziehung bis zur neuerlichen Übertretung verstrichene Zeit von etwa 3 - 3/4 Jahren im Hinblick auf den nicht unbeträchtlichen Grad der Alkoholisierung nichts zu ändern. Nur am Rande ist das im Verwaltungsverfahren vom Beschwerdeführer gebrauchte Argument, er habe beruflich bedingt in Gesellschaft Alkohol konsumiert (konsumieren müssen), damit zu entkräften, dass dies ihn nicht hindern konnte, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, oder allenfalls (im Hinblick auf seinen Wohnsitz in Gablitz) nach übermäßigem Alkoholkonsum auf eine Heimfahrt zu verzichten. Im Übrigen kann der Grund, warum der Betreffende Alkohol in einem seine Verkehrstauglichkeit beeinträchtigenden Ausmaß konsumiert, bei Beurteilung der Frage, wie lange er im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs von diesem ferngehalten werden muss, keine Rolle spielen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1997, Zl. 1996/11/0303). An der von der belangten Behörde verfügten Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung bestehen somit keine Bedenken.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. September 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001110285.X00

Im RIS seit

27.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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