TE Vfgh Beschluss 2008/2/25 A3/08

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Veröffentlicht am 25.02.2008
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art137 / Bescheid
ElWOG §69 Abs6 idF BGBl I 106/2006
Energie-RegulierungsbehördenG §13
Stranded Costs-VO II, BGBl II 354/2001 idF BGBl II 311/2005 §10 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage eines Netzbetreibers gegen den Bund aufRückzahlung bereits erbrachter Stranded Costs-Beiträge; Verpflichtungder Behörde zur Erlassung eines Ersatzbescheides nach aufhebendemErkenntnis des Verfassungsgerichtshofes; Zulässigkeit der Einbringungeiner Klage hinsichtlich eines allfälligen Differenzbetrages zwischenalter und neuer Vorschreibung erst nach Bescheiderlassung

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG (Rechtsvorgängerin der

klagenden Partei als Netzbetreiber) habe - so die klagende Partei - für den Zeitraum von 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 (Zeitraum der Geltung der Stranded Costs-Verordnung I) entsprechend der damaligen Rechtslage Stranded Costs-Beiträge an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit bzw. die Energie-Control GmbH abgeführt und ihren Kunden in Rechnung gestellt. Die Zahlung an den Bundesminister bzw. die Energie-Control GmbH sei ohne bescheidmäßige Vorschreibung erfolgt - eine solche sei in der Stranded Costs-Verordnung I nicht vorgesehen gewesen.

Einer der Kunden der klagenden Partei, die B (bzw. deren Rechtsnachfolger S) GmbH, bezahlte die auf sie entfallenden Beiträge trotz Einforderung durch die klagende Partei nicht. Die klagende Partei stellte einen Streitschlichtungsantrag gemäß §21 Abs2 ElWOG. Die Energie-Control Kommission sprach aus, die (damals:) B GmbH sei schuldig, den Betrag von € 423.101,28 samt Zinsen an die nunmehr klagende Partei zu bezahlen. Die (damals:) B GmbH rief die sukzessiv zuständigen Gerichte an. Letztlich verneinte der OGH (28.11.2005, 7 Ob 181/04z) die Zahlungspflicht der S GmbH.

Die nunmehr klagende Partei stellte mit Schreiben vom 6. Februar 2006 einen Antrag auf Rückzahlung der "zu unrecht für die B GmbH bzw. S GmbH abgeführten Stranded Costs-Beiträge in Höhe von € 423.101,28" samt Nebenkosten an die Energie-Control GmbH. Die Energie-Control GmbH wies diesen Antrag mangels Zuständigkeit zurück, die Energie-Control Kommission wies die dagegen gerichtete Berufung der nunmehr klagenden Partei mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 als unbegründet ab.

2. In ihrer auf Art137 B-VG gestützten, gegen den Bund gerichteten Klage beantragt die klagende Partei folgendes "Erkenntnis/Urteil":

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von € 423.101,28 samt 4 % Zinsen aus € 123.560,53 seit 1.4.2000 bis 31.3.2001, aus € 284.884,40 seit 1.4.2001 - 31.3.2002, aus € 423.101,28 seit 1.4.2002 zu Handen des Klagsvertreters zu bezahlen und die Prozesskosten zu ersetzen, dies binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwange."

2.1. Zu ihrer Aktivlegitimation und zur Zulässigkeit der Klage führt die klagende Partei aus:

"Die Verpflichtung zur Abführung der Stranded-Costs-Beiträge

besteht für die Netzbetreiber (§69 ElWOG). Gem. §68a ElWOG ... wurde

der Betrieb des Übertragungs- und Verteilernetzes der TIWAG an die TIWAG-Netz AG übertragen im Zuge entsprechender Umstrukturierungen. Die TIWAG-Netz AG wurde per 1.1.2006 gegenüber der Elektrizitätsbehörde als jenes Unternehmen benannt, auf das der Betrieb der Verteilernetze übergegangen ist. Gem. §68a Abs5 ElWOG erfolgen die im Zusammenhang mit der Entflechtung durchgeführten Umstrukturierungen durch Umgründung jeder Art im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Dies gilt auch für Ansprüche, die nach Art137 B-VG geltend zu machen sind (VfGH 11.10.2007, A26/06). Außerdem wurden die Ansprüche von der TIWAG an die TIWAG-Netz AG abgetreten.

...

Mit der vorliegenden Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht.

Im Erkenntnis vom 27. September 2007, B1992/06, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass weder §69 ElWOG noch §13 E-RBG Regelungen enthalten, die die Energie-Control GmbH zur Entscheidung über Ansprüche auf Rückforderung bezahlter stranded-costs-Beiträge zuständig machen. Auch aus §10 Abs1 der stranded-costs-Verordnung II idF BGBl II 311/2005, die eine bescheidmäßige Vorschreibung der stranded-costs-Beiträge durch die Energie-Control GmbH vorsieht, kann keine Zuständigkeit zur Entscheidung über Rückforderungsansprüche entnommen werden.

Der geltend gemachte Anspruch ist ein öffentlich-rechtlicher:

die Rechtsvorgängerin der Klägerin leistete die Stranded-Costs-Beiträge auf ein öffentlich-rechtliches Verhältnis hin. Daher ist zur Geltendmachung dieses vermögensrechtlichen Anspruches der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen, weshalb Art137 B-VG anwendbar ist. Es handelt sich um eine Auffangkompetenz zur Schließung von Lücken (Zellenberg in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 2005, Art137, Rz 11).

Mit Schreiben vom 16.1.2007 wurde der Rückforderungsanspruch auch gegenüber dem BMWA erhoben."

2.2. Den geltend gemachten Anspruch begründet die Klage wie folgt:

"Bei dem Urteil des OGH [28.11.2005, 7 Ob 181/04z] handelt es sich um das Urteil eines Höchstgerichtes, welches daher anzuerkennen ist. Der Netzbetreiber TIWAG hat an die Energie-Control GmbH, die Republik Österreich und an die begünstigten Unternehmen der stranded-costs-Verordnung I den Streit verkündet. Weder die Energie-Control GmbH noch die Republik Österreich sind dem Rechtsstreit als Nebenintervenienten auf Seite des Netzbetreibers TIWAG beigetreten. Eine Kritik an der Entscheidung des OGH ist insoweit ohne Bedeutung.

Wenn gemäß höchstgerichtlicher Entscheidung keine Verpflichtung des zugelassenen Kunden S GmbH besteht, die stranded-costs-Beiträge an den Netzbetreiber abzuführen, kann notwendigerweise auch keine Verpflichtung des Netzbetreibers bestehen, diese an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Energie-Control GmbH) abzuführen.

Mit Abführung der Beiträge S GmbH erfolgte daher die Entrichtung einer Nichtschuld bzw. eine Zahlung, für welche die Rechtsgrundlage aufgrund des zit. OGH-Urteiles weggefallen ist. ...

Die Klägerin hat sohin einen Anspruch auf Rückzahlung der ohne Rechtsgrund geleisteten Beträge gegenüber der Energie-Control GmbH und/oder dem Bund. ...

Durch [die Neufassung des §69 Abs6 ElWOG mit dem Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006, BGBl. I 106] ist der vorliegende Rückforderungsanspruch vorgezeichnet, da der Anspruch auf Rückforderung gegen die begünstigten Unternehmen diesen Anspruch voraussetzt.

Der Rückforderungsanspruch besteht also auch dann, wenn die Beträge bereits an die begünstigten Unternehmen ausbezahlt wurden, was die beklagte Partei möglicherweise behaupten wird. Allerdings trifft dies nicht zu, da in der stranded-costs-Kassa der beklagten Partei (bzw. der ihr zuzurechnenden Energie-Control GmbH) Beträge aus den abgeführten stranded-costs-Beiträgen erliegen, die den Klagsbetrag um ein Vielfaches übersteigen und Geld keine Etikette hat.

Der VfGH hat in dem Erkenntnis [VfSlg. 17.210/2004] (mit dem §10 Abs1 Stranded-Costs-Verordnung II aufgehoben wurde) die Rechtsgrundlage für die Stranded-Costs-Beiträge 19.02.1999 bis 30.09.2001 [anders als der OGH] beurteilt. §10 Abs1 Stranded-Costs-Verordnung II (BGBl. II 354/2001) sei die richtige Rechtsgrundlage. Dies ändert nichts daran, dass das OGH-Urteil endgültig ist und sich aus diesem Urteil der Rückforderungsanspruch aus der rechtsgrundlosen Abführung der Beiträge ergibt. Die Klägerin hatte keine andere Möglichkeit, als die stranded-costs-Beiträge gegenüber S GmbH im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Das Urteil des OGH ist daher in dieser Rechtsbeziehung endgültig, unabhängig von dessen Richtigkeit oder Unrichtigkeit oder Übereinstimmung mit der VfGH-Judikatur.

Eine Verpflichtung zur Abführung der stranded-costs-Beiträge an das BMWA bestand nur für die eingehobenen bzw. einzuhebenden Beiträge (§69 Abs6 ElWOG, §8 Abs5, §9 stranded-costs-Verordnung I, §10 stranded-costs-Verordnung II). Aus dem OGH Urteil ergibt sich die Verneinung des Anspruches auf Einhebung gegenüber S, daraus resultiert notwendig die rechtsgrundlose Abführung an das BMWA und die Bereicherung der beklagten Partei. Daran ändert auch die stranded-costs-Verordnung II idF BGBl. II 311/2005 nichts, da der OGH in Kenntnis der stranded-costs-Verordnung II (§11 Abs3), mit der die stranded-costs-Verordnung I außer Kraft gesetzt wurde, immer noch die stranded-costs-Verordnung I als maßgebliche Rechtsgrundlage betrachtet hat. Für die Beurteilung der hier klagsgegenständlichen Einhebung (von S), Abführung (an BMWA) und Bereicherung (der beklagten Partei) ist daher allein das - richtige oder unrichtige - OGH-Urteil maßgebend."

II. Zur Rechtslage:

1. Zum freien Strommarkt zugelassene Kunden:

§44 Abs1 und 2 des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes - ElWOG, BGBl. I 143/1998 lautete in der Stammfassung (seit der "Vollliberalisierung" des Strommarktes durch die Novelle BGBl. I 121/2000 - "Energieliberalisierungsgesetz" - enthält das ElWOG keine vergleichbaren Bestimmungen mehr):

"§44. (Grundsatzbestimmung) (1) Die Ausführungsgesetze haben

1.

ab 19. Februar 1999 Endverbraucher, deren Verbrauch 40 GWh,

2.

ab 19. Februar 2000 Endverbraucher, deren Verbrauch 20 GWh,

3.

ab 19. Februar 2003 Endverbraucher, deren Verbrauch 9 GWh

im vorangegangenen Abrechnungsjahr überschritten hat, als zugelassene Kunden vorzusehen. Der Verbrauch berechnet sich je Verbrauchsstätte und einschließlich der Eigenerzeugung.

(2) Betreiber von Verteilernetzen, die auch Übertragungsnetzbetreiber sind, sind jedenfalls ab dem 19. Februar 1999 als zugelassene Kunden vorzusehen. Sonstige Betreiber von Verteilernetzen sind als zugelassene Kunden vorzusehen, sofern deren unmittelbare Abgabe an Endverbraucher im vorangegangenen Abrechnungsjahr

1.

ab 19. Februar 2002 den Wert von 40 GWh;

2.

ab 19. Februar 2003 den Wert von 9 GWh

überschritten hat."

2. Beiträge für Betriebsbeihilfen:

§69 Abs1 ElWOG, BGBl. I 143/1998, lautet(e):

(fettgedruckte Passagen geben die Stammfassung, kursive Passagen die Fassung der Novelle BGBl. I 121/2000 wieder)

"§69. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) (1) Wurden nicht rentable Investitionen und Rechtsgeschäfte eines Elektrizitätsunternehmens oder eines mit diesem im Sinne des §228 Abs3 HGB verbundenen Unternehmens durch die Europäische Kommission gemäß Artikel 24 Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Artikel 88 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-V) anerkannt, ist der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Wirtschaft und Arbeit ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß zugelassene Kunden Beiträge für die Aufbringung der Mittel zu leisten haben, die für die Gewährung von Betriebsbeihilfen für Elektrizitätsunternehmen erforderlich sind, deren Lebensfähigkeit auf Grund von Erlösminderungen infolge von Investitionen oder Rechtsgeschäften, die durch die Marktöffnung unrentabel geworden sind, gefährdet ist. In dieser Verordnung sind weiters die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen diesen Unternehmen Betriebsbeihilfen zu gewähren sind. Die Erlassung dieser Verordnung bedarf des Einvernehmens des Hauptausschusses des Nationalrates und ist mit 19. Februar 1999 in Kraft zu setzen. Vor Erlassung der Verordnung sind der Elektrizitätsbeirat (§49), dem in diesem Fall neben dem Vorsitzenden nur gemäß §49 Abs3 Z1 und 3 (§26 des Bundesgesetzes über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission), dem in diesem Fall neben dem Vorsitzenden nur gemäß §26 Abs3 Z1, 2 und 4 des Bundesgesetzes über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission ernannte Mitglieder anzugehören haben, sowie der Verband der Elektrizitätswerke Elektrizitätsunternehmen Österreichs zu hören."

3. Einhebung und Verwaltung der Beiträge:

§13 des - insofern gemäß §29 Abs1 leg.cit. mit 1. Oktober 2001 in Kraft getretenen - Bundesgesetzes über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitäts- und Erdgasbereich und die Errichtung der [Elektrizitäts-]Energie-Control GmbH und der [Elektrizitäts-]Energie-Control Kommission, Art8 Energieliberalisierungsgesetz, BGBl. I 121/2000, (in der Folge E-RBG) lautet in der Fassung BGBl. I 148/2002 (die Änderungen durch diese Novelle sind kursiv gesetzt):

"Vollziehung der Bestimmungen über Stranded Costs

§13. Die Einhebung und Verwaltung der Beiträge für Stranded Costs, deren Zuteilung an die begünstigten Unternehmen sowie die sonstigen mit der Vollziehung des §69 ElWOG verbundenen Aufgaben, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zur Besorgung zugewiesen waren, obliegen der [Elektrizitäts-]Energie-Control GmbH."

4. Stranded Costs-Verordnung I:

Die §§8 und 9 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der die Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen von Elektrizitätsunternehmen für Investitionen und Rechtsgeschäfte, die durch die Marktöffnung unrentabel werden könnten, geregelt wird, BGBl. II 52/1999, (in der Folge: Stranded Costs-Verordnung I) lauteten:

"Aufbringung der Mittel

§8. (1) Zur Aufbringung der zur Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen aus Investitionen gemäß §3 Z1 bis 3 können bis zum Ablauf des 18. Februar 2009 Beiträge eingehoben werden, wenn und insoweit diese Investitionen als nicht rentable Investitionen von der Europäischen Kommission anerkannt werden.

(2) Bemessungsgrundlage für die von zugelassenen Kunden im Sinne von §44 Abs2 erster Satz ElWOG ist die im Jahre 1997 erfolgte Lieferung auf Grund von Verträgen mit langfristiger Abnahmeverpflichtung von der Verbundgesellschaft.

(3) Für sonstige zugelassene Kunden ist die Bemessungsgrundlage der rechnerisch ermittelte Bezug von der Verbundgesellschaft im Jahre 1997, der wie folgt ermittelt wird:

Beginnend mit dem Bezug von Verteilernetzbetreibern im Sinne von §44 Abs2 erster Satz ElWOG wird der rechnerisch ermittelte Verbundstrombezug von Kunden als Produkt der vom jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmen bezogenen Mengen an elektrischer Energie (kWh) und dem Faktor, der sich als Quotient des Verbundstrombezuges des jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmens bezogen auf die Summe aus diesem Verbundstrombezug, der jeweiligen Eigenerzeugung und sonstigen Bezügen des vorgelagerten Verteilerunternehmens ergibt, gebildet. Die Bemessungsgrundlage reduziert sich entsprechend der Verringerung des Fremdstrombezuges.

(4) Die gemäß Abs1 bestimmten Beiträge sind Höchstbeiträge, die nur dann zu entrichten sind, wenn das Ausmaß der auf Grund der Marktöffnung eingetretenen Preissenkung die in Abs1 bestimmten Beträge übersteigt. Ist das Ausmaß der Preissenkung geringer als diese Beträge, sind diese Beiträge mit dem Ausmaß der Preissenkung zu begrenzen. Kann der zugelassene Kunde ein geringeres Ausmaß der Preissenkung nicht nachweisen, so ist der Beitrag jedenfalls in dem gemäß Abs1 bestimmten Ausmaß zu entrichten.

(5) Zur Aufbringung der für die Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen aus Investitionen und Rechtsgeschäften gemäß §3 Z4 und 5 erforderlichen Mittel sind vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten jährlich Beträge pro kWh festzusetzen die von den Endverbrauchern aufzubringen sind. Diese Beträge werden aus der im vorangegangenen Kalenderjahr ermittelten Höhe der unrentablen Investitionen und Rechtsgeschäfte, die sich auf Grund des Einsatzes von inländischer Braunkohle gemäß §69 Abs5 ElWOG, geteilt durch die im entsprechenden Kalenderjahr an Endverbraucher abgegebenen elektrischen Energie ermittelt.

Einhebung der Beiträge

§9. (1) Zur Einhebung der Beiträge gemäß §8 Abs5 haben die Netzbetreiber vierteljährlich beginnend mit 1. April 2000 die ihrer Gesamtabgabe an die Verbraucher entsprechenden Beträge an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten abzuführen. Gegenüber Endverbrauchern, die zugelassene Kunden sind, kann der Netzbetreiber diesen Betrag gesondert in Rechnung stellen.

(2) Beiträge gemäß §8 Abs5 sind beginnend mit 19. Februar 1999 einzuheben.

(3) Werden Betriebsbeihilfen gemäß §8 Abs5 nicht oder nur in geringerem Ausmaß von der Europäischen Kommission anerkannt, sind die über die Anerkennung hinausgehenden Beihilfen aufbringungsgerecht und verzinst zurückzuerstatten.

(4) Insoweit die Europäische Kommission über die im §3 Z4 und 5 bestimmten unrentablen Investitionen oder Rechtsgeschäfte hinausgehend Stranded Costs anerkennt, ist die Bestimmung dieser Beiträge ebenso wie die Anpassung der §§3 und 4 an die Kommissionsentscheidung einer weiteren Verordnung vorbehalten."

5. Stranded Costs-Verordnung II:

§10 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl. II 354/2001 (Stranded Costs-Verordnung II), lautete:

"§10. (1) Die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der gemäß §69 Abs6 ElWOG iVm §9 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 52/1999 bis 30. September 2001 einzuhebenden Beiträge bleibt durch diese Verordnung unberührt. Die Elektrizitäts-Control GmbH kann diese, sich aus der Abgabe an alle Endverbraucher und dem, in den Kundmachungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 53/1999 und BGBl. II Nr. 103/2000 sowie des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, BGBl. II Nr. 430/2000, festgelegten Betrag von 0,574 g/kWh ergebenden Beiträge dem Netzbetreiber auf Antrag oder von Amts wegen mit Bescheid vorschreiben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat die bis zum 30. September 2001 vereinnahmten Mittel an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen. Die Elektrizitäts-Control GmbH hat diese Mittel gemäß den in dieser Verordnung enthaltenen Bestimmungen den begünstigten Unternehmen zuzuteilen."

Diese Bestimmung hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg. 17.210/2004 auf und sprach aus, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.

6. In Reaktion auf dieses Erkenntnis wurde mit Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, mit der die Verordnung über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, geändert wird, BGBl. II 311/2005, §10 Abs1 der Stranded Costs-Verordnung II wie folgt neu gefasst:

"(1) Die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der Beiträge, die von den Endverbrauchern und Netzbetreibern, nach Maßgabe ihrer Qualifikation als zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs1 und 2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, zwischen dem 19. Februar 1999 und dem 30. September 2001 gemäß §69 Abs6 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, in Verbindung mit §9 Abs1 der Verordnung BGBl. II Nr. 52/1999 zu leisten waren, bleibt durch die vorliegende Verordnung unberührt. Insoweit diese Beiträge zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung noch nicht oder nicht vollständig abgeführt worden sind, hat die Energie-Control GmbH den Netzbetreibern, an deren Netz zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs1 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, angeschlossen waren oder die selbst zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, waren, die Beträge in jenem Ausmaß zur Abführung mit Bescheid vorzuschreiben, das sich aus der gemäß §8 Abs2 oder 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 52/1999 gebildeten Bemessungsgrundlage und dem in den Kundmachungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl. II Nr. 53/1999 und BGBl. II Nr. 103/2000 sowie der Kundmachung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit BGBl. II Nr. 430/2000 festgelegten Betrag von 0,042 Cent/kWh (0,574 g/kWh) ergibt. Endverbraucher und Netzbetreiber gemäß §44 Abs1 und 2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, sind nur für jenen Zeitraum zur Leistung der Beiträge verpflichtet, in dem sie als zugelassene Kunden qualifiziert waren. Netzbetreiber, die nicht zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, waren, sind nur zur Abführung jener Beiträge zu verpflichten, die sie von den an ihr Netz angeschlossenen Endverbrauchern gemäß §44 Abs1 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 143/1998, erhalten haben."

In den Erläuterungen zu dieser Verordnung heißt es:

"Durch die Aufhebung des §10 Abs1 der Stranded Costs-Verordnung II fällt jedoch auch die Rechtsgrundlage weg, jenen Netzbetreibern, die zwischen dem 19. Februar 1999 und dem 30. September 2001 zugelassene Kunden waren, oder an deren Netz zugelassene Kunden angeschlossen waren, und die die Beiträge nicht abgeführt haben, die Abführung dieser Beiträge bescheidmäßig aufzuerlegen. Dies würde jedoch zu einer Finanzierungslücke jener Mittel führen, die für die Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung der Stranded Costs für Voitsberg 3 erforderlich sind. Darüber hinaus würde der ersatzlose Wegfall der Möglichkeit einer bescheidmäßigen Vorschreibung auch zu einer Ungleichbehandlung jener zugelassenen Kunden führen, die ihren für den Zeitraum 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 entstandenen Verpflichtungen ohne Bescheiderlassung nachgekommen sind bzw. die diese Bescheide nicht angefochten haben.

Durch die vorliegende Novelle soll für die Einhebung der zwischen dem 19. Februar 1999 und dem 30. September 2001 fällig gewordenen Beiträge für Stranded Costs eine einwandfreie Rechtsgrundlage geschaffen werden, wobei insbesondere die bescheidmäßige Vorschreibung der Abführung der Stranded Costs-Beiträge für diesen Zeitraum auf zugelassene Kunden einzuschränken ist. Endverbraucher, die in diesem Zeitraum nicht zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs1 ElWOG waren, sind jedenfalls nicht zur Leistung der Beiträge verpflichtet. Netzbetreiber, die nicht als zugelassene Kunden im Sinne des §44 Abs2 ElWOG qualifiziert waren, haben nur jene Beiträge abzuführen, die sie von den an ihr Netz angeschlossenen zugelassenen Kunden erhalten haben."

7. Mit dem Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006, BGBl. I 106, wurde §69 Abs6 ElWOG folgendermaßen neu gefasst (der ergänzte Teil ist hervorgehoben):

"(6) Die Netzbetreiber haben die gemäß Abs1 bis 3 bestimmen Beiträge einzuheben und an die Energie-Control GmbH abzuführen, die diese treuhändig zu verwalten hat. Besteht gegenüber der Energie-Control GmbH oder dem Bund ein Anspruch auf Rückerstattung von Beiträgen gemäß §69 Abs1 bis 3 und wurden diese Beiträge bereits für die Gewährung von Betriebsbeihilfen verwendet, sind die Energie-Control GmbH oder der Bund berechtigt, die Mittel von den Förderungsempfängern verzinst zurück zu fordern."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

Die Klage ist unzulässig:

1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Mit der vorliegenden Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch an den Bund geltend gemacht. Der Verfassungsgerichtshof (27.9.2007, B1992/06; 11.10.2007, A19/06; 30.11.2007, A17/07) hat ausgesprochen, dass weder §69 ElWOG noch §13 E-RBG Regelungen enthalten, die die Energie-Control GmbH zur Entscheidung über Ansprüche auf Rückforderung bezahlter Stranded Costs-Beiträge zuständig machen. Auch aus §10 Abs1 der Stranded Costs-Verordnung II idF BGBl. II 311/2005, der eine bescheidmäßige Vorschreibung der Stranded Costs-Beiträge durch die Energie-Control GmbH vorsieht, kann keine Zuständigkeit zur Entscheidung über Rückforderungsansprüche entnommen werden.

Dennoch ist der Verfassungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht zuständig, über die vorliegende Klage zu entscheiden:

Für Klagen gemäß Art137 B-VG auf Rückzahlung von Stranded Costs-Beiträgen für den Zeitraum von 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 von Netzbetreibern, die erst nach bescheidmäßiger Vorschreibung geleistet und den letztinstanzlichen Vorschreibungsbescheid erfolgreich beim Verfassungsgerichtshof bekämpft hatten, sprach der Verfassungsgerichtshof in den oben genannten Entscheidungen aus:

"Mit der Aufhebung des Berufungsbescheides durch [den Verfassungsgerichtshof] trat das Verfahren zur Festsetzung der Stranded Costs-Beiträge in das Stadium zurück, in dem es sich vor Erlassung des Berufungsbescheides befand. Da nach Aufhebung des Berufungsbescheides mit §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II idF der Verordnung BGBl. II 311/2005 eine Ersatzregelung in Kraft trat, hätte die Berufungsbehörde auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage über die Berufung gegen den Stranded Costs-Vorschreibungsbescheid zu entscheiden gehabt.

Denn aus der Aufhebung des ersten (Berufungs-)Bescheides ergibt sich zunächst noch keine Rückzahlungspflicht, sondern lediglich die Pflicht der Behörde, über die offene Berufung und damit die Beitragszahlungspflicht erneut zu entscheiden; erst der allfällige Differenzbetrag zwischen alter und neuer Vorschreibung kann nach Art137 B-VG eingeklagt werden."

Die hier klagende Partei hat die Stranded Costs-Beiträge für den Zeitraum von 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 ohne vorherige bescheidmäßige Vorschreibung entrichtet. Doch auch für sie gilt die mit §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II idF der Verordnung BGBl. II 311/2005 erfolgte, rückwirkende Neuregelung [vgl. insoweit übereinstimmend Mayrhofer, Das Ausgleichssystem für Stranded Costs, in: Hauer (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Energierechts 2007, 41 (71)]. Daher obliegt es der Energie-Control GmbH in erster Instanz, auf einen entsprechenden Antrag der klagenden Partei hin die Höhe der von ihr nach dieser Neuregelung zu entrichtenden Beiträge festzusetzen; erst der allfällige Differenzbetrag zwischen geleisteten Beiträgen und neuer Vorschreibung kann - sollte die Rückzahlung unterbleiben - nach Art137 B-VG eingeklagt werden.

Wenn §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II idF der Verordnung BGBl. II 311/2005 anordnet, die Energie-Control GmbH habe den Netzbetreibern die Beiträge vorzuschreiben, "[i]nsoweit diese Beiträge zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung noch nicht oder nicht vollständig abgeführt worden sind", so bedeutet dies lediglich, dass in diesen Fällen eine Vorschreibung von Amts wegen erfolgen muss; das ändert jedoch nichts an der Verpflichtung der Energie-Control GmbH, auf Antrag der klagenden Partei die Höhe der nach der neuen Rechtslage zu entrichtenden Beiträge festzustellen, auch wenn bereits nach der alten Rechtslage Beiträge entrichtet wurden, ohne dass ein Bescheid erlassen wurde.

3. Die Klage war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Energierecht, Elektrizitätswesen, Ersatzbescheid, VfGH/ Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:A3.2008

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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