TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/2 2000/09/0210

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Veröffentlicht am 02.10.2003
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §1 Abs2 litl idF 1996/201;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1995/895;
AuslBG §3 Abs1 idF 1996/201;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des Dipl. Ing. M in Wien, vertreten durch Dr. Konrad Faulhaber, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. November 2000, Zl. UVS- 07/A/23/771/1997/20, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (mitbeteiligte Parteien:

1. Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, 2. Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 2000 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, "als Zivilingenieur für Bauwesen und somit als Arbeitgeber" mit Sitz in Wien 9, in der Zeit vom 27. Jänner 1997 bis 11. Februar 1997 einen namentlich genannten, im Jahr 1980 geborenen polnischen Staatsbürger als Hilfsarbeiter auf Baustellen beschäftigt zu haben, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) in der geltenden Fassung verletzt, über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag verhängt und ihm die Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben.

Zusammengefasst geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung der belangten Behörde hervor, dass der Ausländer im angeführten Zeitraum auf Baustellen Arbeitsleistungen für den Beschwerdeführer erbracht habe. Die belangte Behörde stellt nach einer umfänglichen und wörtlichen Wiedergabe der Aussagen der von ihr in der mündlichen Verhandlung befragten Personen fest, es sei davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer F. (spätere Namensänderung auf I.) des Beschwerdeführers den Ausländer sehr wohl mit Wissen des Beschwerdeführers auf die Baustellen mitgenommen habe, zumal der Beschwerdeführer selbst in der Verhandlung angegeben habe, mit F. vereinbart zu haben, dass er den Ausländer ein paar Mal auf die Baustelle mitnehmen solle, damit sich dieser die Arbeit ansehen könne. Der Ausländer habe angegeben, der Auffassung gewesen zu sein, für den Beschwerdeführer und nicht für Herrn F. gearbeitet zu haben, seiner Erinnerung nach habe ihn Letzterer Anfang 1997 mitgeteilt, dass er das Einverständnis des Beschwerdeführers betreffend seine Einstellung erhalten habe. F. habe ihm weiters gesagt, dass der Beschwerdeführer erst nachschauen müsse, ob er ihm als Ziviltechniker eine korrekte Maurerlehre ermöglichen könne, jedoch nicht, dass er erst prüfen müsse, ob er Maurertätigkeiten ausüben dürfe. Der Ausländer habe von F. ein Entgelt für seine Tätigkeit erhalten. Der Beschwerdeführer habe in der Verhandlung vor der belangten Behörde vorgebracht, bei der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten betreffend die Lehrlingsausbildung des Ausländers angefragt zu haben.

Die Mutter des Ausländers sei zwar die Ehegattin eines österreichischen Staatsbürgers, dem Ausländer sei jedoch eine Niederlassungsbewilligung erst mit Gültigkeit ab 12. Februar 1997 erteilt worden, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG für den angelasteten Tatzeitraum nicht zum Tragen gekommen sei.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes sei von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes und - da es sich im vorliegenden Fall um Ungehorsamdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handle, und der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihn an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe - auch der subjektiven Tatseite der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auszugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde; eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 201/1996, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 i.d.F. BGBl. Nr. 895/1995, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von S 10.000,-- bis S 60.000,--. Die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sind seinem § 1 Abs. 2 lit. l zufolge nicht anzuwenden, auf Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt, sofern sie zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG), BGBl. Nr. 466/1992, berechtigt sind.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der von der belangten Behörde genannte Ausländer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit dem Arbeitnehmer F. Arbeitsleistungen erbracht habe. Er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde ihrer Begründungspflicht nach § 60 AVG nicht nachgekommen sei. Von einer Zusammenfassung der für die Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen könne keine Rede sein.

Zwar besteht die Begründung des angefochtenen Bescheides weitgehend in der teils wörtlichen Wiedergabe der vor der belangten Behörde getätigten Zeugenaussagen, die darin enthaltene Sachverhaltsfeststellung samt eigenständiger Begründung, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zu dieser gelangt, ist tatsächlich nur rudimentär gestaltet. Dennoch kann der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall die Annahme der belangten Behörde, dass der Ausländer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom Beschwerdeführer beschäftigt wurde, nicht für rechtswidrig finden, weil die Akten des Verwaltungsverfahrens einerseits keinen Hinweis darauf enthalten, F. (später: I.) habe eigenständig und nicht bloß im Rahmen des Unternehmens des Beschwerdeführers Bauarbeiten durchgeführt und dabei den Ausländer beschäftigt. Andererseits musste der Beschwerdeführer die Beschäftigung des Ausländers, für welche dieser unbestritten auch ein Entgelt erhalten hat, auch wenn diese durch F. in die Wege geleitet worden sein mag, gegen sich gelten lassen. Bei der mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG mit Strafe bedrohten Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG handelt es sich nämlich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, und der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren offensichtlich keine Hinweise dahingehend gemacht, durch welches wirksame Kontrollsystem er gegenüber F. für die Einhaltung der hinsichtlich der Beschäftigung von Ausländern geltenden Bestimmung gesorgt hätte (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, Zl. 94/09/0049, und vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0004). Solche Vorkehrungen wären gerade in seinem Fall erforderlich gewesen, in dem er ja davon informiert gewesen ist, dass F. den Ausländer, dessen Beschäftigung er unbestritten erwogen hatte, auf die Baustelle mitnehme.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zeigt der Beschwerdeführer jedoch im Ergebnis mit seinem Hinweis auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG auf. Zwar ist sein Vorbringen, ihm könne die Beschäftigung eines unter 21 Jahre alten Stiefkindes eines österreichischen Staatsbürgers deswegen nicht vorgeworfen werden, weil gemäß § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG von der Anwendung des AuslBG die dort genannten Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern schon dann ausgenommen seien, wenn sie die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nur erfüllten, nicht zutreffend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/09/0094); aber das bloße Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz hat nach dessen Vorschriften noch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Der Beschwerdeführer hat aber bereits in seiner Berufung vorgebracht, er sei der Auffassung gewesen, der Ausländer, der in Österreich schon jahrelang zur Schule gegangen sei, dessen Erscheinungsbild vollständig einem Inländer gleiche und dessen Mutter seit sieben Jahren Ehegattin eines österreichischen Staatsbürgers sei, besitze die österreichische Staatsbürgerschaft oder sei jedenfalls im Hinblick auf seinen österreichischen Stiefvater zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dieses Vorbringen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid völlig unbeachtet gelassen. Sie hat damit offensichtlich verkannt, dass eine Berücksichtigung dieses Vorbringens bei der Beurteilung des Verschuldens des Beschwerdeführers zu einem anderen Bescheid hätte führen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0264). Hingewiesen wird auch darauf, dass die in § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG (i.d.F. BGBl. I Nr. 78/1997) normierte Voraussetzung, dass nur solche Angehörige österreichischer Staatsbürger aus dem Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen sind, die über einen Aufenthaltstitel verfügen, mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 2001, VfSlg. 16214, wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Der Pauschalgebührenersatz war gemäß § 24 Abs. 3 VwGG mit EUR 181,68 festzusetzen..

Wien, am 2. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000090210.X00

Im RIS seit

23.10.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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