TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/10 2003/18/0112

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Veröffentlicht am 10.10.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §14 Abs2 impl;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1982, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hadikgasse 104, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Dezember 2002, Zl. SD 1023/01, betreffend Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Fremdengesetz 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Dezember 2002 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe erstmals eine von 17. Februar 2000 bis 31. Oktober 2000 gültige Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums erhalten. Im Zug eines vom Beschwerdeführer gestellten Verlängerungsantrages sei das Verfahren gemäß § 15 FrG eingeleitet worden. Die Erstbehörde habe ihren Ausweisungsbescheid damit begründet, dass der Beschwerdeführer weder eigene ausreichende Unterhaltsmittel noch einen Rechtsanspruch auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft erbringen hätte können. Darüber hinaus hätte er keinen Studienerfolg nachzuweisen.

Am 29. November 2001, also während des Ausweisungsverfahrens, habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. April 2002 abgewiesen worden sei. Eine dagegen eingebrachte Berufung sei beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Seit 13. März 2002 sei der Beschwerdeführer im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung stelle der Umstand, dass ein Fremder nach dem Asylgesetz 1997 zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei, einen Versagungsgrund dar. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 schließe somit die Möglichkeit der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus. Gleiches müsse für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gelten.

Da somit der Versagungsgrund gemäß § 28 Abs. 5 FrG vorliege, seien die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG gegeben.

Daher könne dahingestellt bleiben, ob die von der Erstbehörde herangezogenen Versagungsgründe erfüllt seien.

Weiters begründete die belangte Behörde, warum ihrer Meinung nach die Ausweisung im Grund des § 37 FrG gerechtfertigt sei und sie sich nicht veranlasst sehe, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von dieser Maßnahme Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 28 Abs. 5 FrG genießen Fremde, denen in Österreich Asyl gewährt wird, Sichtvermerksfreiheit. Fremde, die sonst auf Grund der Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, benötigen hiefür keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 17. März 2000, Zl. 98/19/0276) bildet das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 5 zweiter Satz FrG einen Versagungsgrund. Diese Judikatur wurde damit begründet, dass Fremden, die auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 keinen Aufenthaltstitel benötigen, auch kein solcher zu erteilen sei, wie dies auch schon zur Rechtslage nach dem Aufenthaltsgesetz judiziert worden sei. Überdies befänden sich Fremde mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung in aller Regel im Bundesgebiet, sodass der Erteilung eines Aufenthaltstitels § 14 Abs. 2 erster Satz FrG entgegenstünde, wonach Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen seien.

2. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass vorliegend der Versagungsgrund gemäß § 28 Abs. 5 FrG gegeben sei, weil der Beschwerdeführer seit 13. März 2002 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 verfüge. Daher könne dahingestellt bleiben, ob (auch) die von der Erstbehörde herangezogenen Versagungsgründe erfüllt seien.

3. Die oben 1. dargestellte Judikatur, die zu Fällen der Stellung von Erstanträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erging, ist auf einen Fall wie den vorliegenden jedoch nicht übertragbar.

Der Beschwerdeführer verfügte bis 31. Oktober 2000 über eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums. Er war gemäß § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG zur Stellung eines Antrages auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis vom Inland aus berechtigt. Nach Ausweis der Akten hat er am 30. Oktober 2000, bei der Behörde eingelangt am 31. Oktober 2000, auch einen solchen Antrag auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis für denselben Zweck gestellt. Auf Grund dieses rechtzeitig vor Ablauf des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gestellten Antrages war er gemäß § 31 Abs. 4 FrG berechtigt, sich bis zur Entscheidung über diesen Antrag im Bundesgebiet aufzuhalten.

Der Beschwerdeführer gehört also nicht zu den in § 28 Abs. 5 zweiter Satz FrG genannten Fremden, die (ausschließlich) auf Grund des Asylgesetzes 1997 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind. Schon aus diesem Grund ist der Versagungsgrund gemäß § 28 Abs. 5 FrG nicht auf ihn anwendbar. Überdies kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass er Fremde, die zulässigerweise vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels gestellt haben, nur deswegen von der Erteilung des beantragten Titels ausschließen wollte, weil sie auch einen Asylantrag gestellt haben.

4. Da die belangte Behörde daher insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 10. Oktober 2003

Schlagworte

Auslegung Diverses VwRallg3/5 Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180112.X00

Im RIS seit

06.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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