TE Vwgh Beschluss 2003/10/15 2003/12/0134

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Veröffentlicht am 15.10.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §6;
BDG 1979 §40 Abs1;
BDG 1979 §40 Abs4 Z1;
BDG 1979 §40 Abs4 Z2;
BDG 1979 §40;
BDG 1979 §41a Abs6;
VwGG §27 Abs1 idF 1998/I/158;
VwGG §27 idF 1998/I/158;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des L in H, vertreten durch Dr. Klepp, Dr. Nöbauer, Mag. Hintringer und Mag. Primetshofer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 28, gegen den Bundesminister für Landesverteidigung, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht über eine Berufung in einer Angelegenheit des § 36 Abs. 3 BDG 1979, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberst in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Militärkommando Oberösterreich.

Der vorliegenden, gegen den Bundesminister für Landesverteidigung als belangte Behörde gerichteten Säumnisbeschwerde liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Mit Bescheid des Korpskommando II vom 26. März 2001 wurde der Beschwerdeführer auf einen "Arbeitsplatz über dem Stand" eingeteilt; die Aufgaben dieses Arbeitsplatzes wurden als "Betrauung mit Projektaufträgen" umschrieben. Der Beschwerdeführer hatte dabei bis auf Weiteres die Agenden seines vorherigen Arbeitsplatzes (der Beschwerdeführer war von 1. April 1999 bis 31. März 2001 auf dem Arbeitsplatz "DisRef/MilKdoOÖ" Dienst eingeteilt gewesen) zu erfüllen.

Mit Stabsbefehl Nr. 01/2002 vom 21. Jänner 2002 wurde der Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung unbeschadet seiner derzeitigen Einteilung mit der Wahrnehmung der Funktion eines Kommandanten Stabsquartier für den Stb/MilKdo OÖ-Hörsching betraut. Aus der Begründung des Stabsbefehles geht hervor, dass mit dieser Einteilung die Sicherstellung eines behördenadäquaten Umfeldes, der dazugehörigen Infrastruktur und die umfassende Betreuung und Unterstützung der Bediensteten im Arbeitsbereich des Stabes des Militärkommandos Hörsching beabsichtigt sei.

Mit Antrag vom 12. Februar 2002 ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßige Absprache darüber, dass es nicht zu seinen Dienstpflichten gehöre, unbefristet nicht seiner Einstufung und Verwendung entsprechende Aufgaben zu besorgen.

Mit Bescheid des Korpskommando II vom 27. Mai 2002 wurde gemäß § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV 1981 festgestellt, dass es sich bei der gemäß Stabsbefehl Nr. 1/2002 vom 21. Jänner 2002 erfolgten Betrauung des Beschwerdeführers mit der Wahrnehmung der Funktion eines Kommandanten Stabsquartier für den Stab des Militärkommandos Hörsching, unbeschadet seiner derzeitigen Einteilung auf einem Arbeitsplatz über den Stand zur Bearbeitung von Projektaufträgen, um eine Aufgabe handle, die gemäß § 36 Abs. 4 BDG 1979 zu seinen Dienstpflichten zähle.

Der Beschwerdeführer erhob eine mit 24. Juni 2002 datierte und am 25. Juni 2002 bei der Behörde erster Instanz eingelangte Berufung, in welcher er vor allem darauf hinwies, dass es sich nicht um eine bloß vorübergehende Besorgung von Aufgaben handle; er beantragte, seiner Berufung stattzugeben.

Die Berufung langte bei der Behörde erster Instanz ein.

Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde kam es in weiterer Folge zu einem Schriftwechsel, in dem der Beschwerdeführer Schriftsätze vom 22. Jänner 2003, vom 26. Juni 2003 und vom 1. September 2003 erstattete.

Mit einer am 25. Juli 2003 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde machte der Beschwerdeführer Verletzung der Entscheidungspflicht über seine Berufung geltend und beantragte, der Verwaltungsgerichtshof wolle in der Sache selbst erkennen, der Berufung stattgeben und feststellen, dass es sich bei der mit Stabsbefehl erfolgten Betrauung seiner Person mit der Wahrnehmung der Funktion eines Kommandanten Stabsquartier um keine Aufgabe handle, die unbefristet zu seinen Dienstpflichten zähle.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ sich zur Beurteilung der Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Säumnisbeschwerde (im Zusammenhang mit der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel) die Verwaltungsakten der belangten Behörde vorlegen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich als unzulässig.

Die §§ 38 und 40 BDG 1979 regeln zum einen die Versetzung, zum anderen die Verwendungsänderung von Beamten.

§ 41a BDG 1979 (im Wesentlichen in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550), - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - lautet:

"(1) Beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport ist eine Berufungskommission einzurichten, die aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern besteht.

...

(5) Die Berufungskommission hat ihre Entscheidungen ohne unnötigen Aufschub, möglichst aber binnen 3 Monaten ab Einbringung der Berufung zu treffen. Die Bescheide der Berufungskommission unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesen Angelegenheiten ausgeschlossen.

(6) (Verfassungsbestimmung) Die Berufungskommission entscheidet über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§ 38, 40, 41 Abs. 2, 123 Abs. 2 und 124 Abs. 2."

§ 40 BDG 1979 regelt die Verwendungsänderung und lautet:

"§ 40. (1) Wird der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen, so ist ihm gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung eine neue Verwendung in seiner Dienststelle zuzuweisen. § 112 wird hiedurch nicht berührt.

(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn

1. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder

2. durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder

3. dem Beamten keine neue Verwendung zugewiesen wird.

(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig, wenn sie innerhalb der selben Verwendungsgruppe der selben Funktions- oder Dienstzulagengruppe zugeordnet ist.

(4) Abs. 2 gilt nicht

1. für die Zuweisung einer 3 Monate nicht übersteigenden vorübergehenden Verwendung, wenn dem Beamten daran anschließend eine der bisherigen Verwendung zumindest gleichwertige Verwendung zugewiesen wird,

2. für die Beendigung der vorläufigen Ausübung einer höheren Verwendung zur Vertretung eines an der Dienstausübung verhinderten oder zur provisorischen Führung der Funktion an Stelle des aus dieser Funktion ausgeschiedenen Beamten und

3. für das Enden des Zeitraums einer befristeten Ernennung des Beamten, ohne dass dieser weiterbestellt wird."

§ 6 AVG lautet:

"§ 6. (1) Die Behörde hat ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

(2) ..."

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann nach § 27 Abs. 1 VwGG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrags auf Übergang der Entscheidungspflicht, ..., angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen 6 Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Für die (funktionelle) Zuständigkeit der belangten Behörde oder der Berufungskommission (jeweils als Berufungsbehörde) ist der Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides maßgebend. Der Inhalt des Bescheides der Behörde erster Instanz bestand in der auf § 36 Abs. 4 BDG 1979 gestützten Feststellung, dass die Betrauung des Beschwerdeführers mit der Wahrnehmung der Funktion eines Kommandanten/Stabsquartier eine Aufgabe sei, die zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers zählte.

Inhalt des in Berufung gezogenen Bescheides ist daher eine Feststellung, wonach zu den Aufgaben des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers neben den bisher ausgeübten auch jene Tätigkeiten zählten, die ihm mit der Weisung (Stabsbefehl) vom 21. Jänner 2002 übertragen worden seien; die Wahrnehmung (auch) dieser Aufgaben zählte zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers. Durch die dem Feststellungsbescheid zu Grunde liegende Weisung wurde der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers, nämlich "Betrauung mit Projektaufträgen", allenfalls auch nur vorübergehend, umgestaltet; zu den bisherigen Aufgaben des Arbeitsplatzes trat die Funktion eines Kommandanten Stabsquartier hinzu.

Aus folgenden Erwägungen ist die mit der in Rede stehenden Weisung verfügte Personalmaßnahme, deren Rechtmäßigkeit Gegenstand des erstinstanzlichen Feststellungsbescheides war, eine Verwendungsänderung im Sinne des § 40 BDG 1979:

Nach § 40 Abs. 1 BDG 1979 liegt eine Verwendungsänderung dann vor, wenn der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen wird. Eine Abberufung von der bisherigen Verwendung liegt aber nicht nur dann vor, wenn ein gänzlicher Entzug aller bisher damit verbundenen Aufgaben erfolgt; sie ist jedenfalls auch dann gegeben, wenn die Aufgaben des bisherigen Arbeitsplatzes in einer nicht bloß unwesentlichen Weise umgestaltet und damit verändert werden (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 2001/12/0262). Dass auch eine gegebenenfalls befristete Maßnahme dieser Art eine Verwendungsänderung darstellen kann, ergibt sich zudem aus § 40 Abs. 1 und Abs. 4 Z. 1 und 2 BDG 1979.

Auch mit einer gegebenenfalls nur befristeten Zuweisung zusätzlicher Aufgaben an den Beschwerdeführer geht daher im vorliegenden Fall eine nicht bloß unwesentliche Umgestaltung der Arbeitsplatzaufgaben des Beschwerdeführers einher. Damit liegt aber eine Verwendungsänderung des Beschwerdeführers nach § 40 BDG 1979 vor; der Bescheid der Behörde erster Instanz sprach mit der getroffenen Feststellung des genannten Inhaltes in Wahrheit über die Rechtmäßigkeit dieser Verwendungsänderung und damit über eine Angelegenheit des § 40 BDG 1979 ab.

Auf Grund dessen war aber die Zuständigkeit der Berufungskommission nach § 41a Abs. 6 BDG 1979 zur Entscheidung über eine dagegen erhobene Berufung begründet (vgl. zu ähnlichen Fallgestaltungen den hg. Beschluss vom 20. Jänner 1999, Zl. 97/12/0359, und das hg. Erkenntnis vom 19. November 2002, Zl. 2000/12/0139). Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers nicht zuständig.

Nach § 41a BDG 1979 in Verbindung mit der Anlage 2A des Bundesministeriengesetzes, BGBl. Nr. 76/1986 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 17/2003 ist zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide erster Instanz in Angelegenheiten des § 40 die (nunmehr wieder beim Bundeskanzleramt eingerichtete) Berufungskommission zuständig.

Die Behörde erster Instanz, bei der der Beschwerdeführer die Berufung einbrachte, legte diese der belangten Behörde, nicht aber der Berufungskommission vor. Die belangte Behörde hätte die Berufung gemäß § 6 AVG an die zuständige Berufungsbehörde weiterzuleiten gehabt.

Eine Säumnisbeschwerde ist aber nur dann zulässig, wenn die belangte Behörde verpflichtet war, über den bei ihr eingebrachten Antrag (Berufung) mittels Bescheides zu entscheiden. Die Entscheidungspflicht trifft danach im Anwendungsbereich der amtswegigen Überweisungspflicht nach § 6 AVG nur die sachlich zuständige Behörde (vgl. die hg. Beschlüsse vom 12. Jänner 1993, Zl. 92/11/0284, und vom 25. September 2002, Zl. 2002/12/0235). Da jedoch der belangten Behörde in dem hier in Rede stehenden Zusammenhang eine Zuständigkeit zur bescheidmäßigen Entscheidung über die Berufung nicht zukam, sie daher im gegenständlichen Fall auch keine Entscheidungspflicht verletzt haben konnte, war auch nicht von einer Säumnis der belangten Behörde auszugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG - vorliegendenfalls in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.

Wien, am 15. Oktober 2003

Schlagworte

Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenOffenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003120134.X00

Im RIS seit

11.12.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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