TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/16 2001/03/0327

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Veröffentlicht am 16.10.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §45 Abs3;
KflG 1999 §19;
KflG 1999 §20 Z1;
KflG 1999 §25;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch Dr. Rudolf Bazil, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schellinggasse 3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 12. Juli 2001, Zl. 243.954/7-II/C/14/01, betreffend Verwarnung nach dem Kraftfahrliniengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gegenüber gemäß § 25 i.V.m. § 19 Abs. 2 und § 20 Z. 1 Kraftfahrliniengesetz, BGBl. I Nr. 203/99 (KflG), hinsichtlich der mit Bescheid vom 14. August 2000 erteilten Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Arandelovac die "2. schriftliche Verwarnung" ausgesprochen. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die Berechtigung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie gemäß § 25 leg. cit. auch widerrufen werden könne, wenn der Inhaber der Berechtigung den Bestimmungen des § 20 leg. cit. wiederholt trotz mindestens zweimaliger schriftlicher Verwarnung zuwiderhandelt. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2000 sei bereits eine erste schriftliche Verwarnung für die Linie Wien - Arandelovac ausgesprochen worden.

In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei die Konzession für die österreichische Teilstrecke der genannten internationalen Linie unter der Auflage erteilt worden, ein Original der Konzessionsurkunde bei jeder Linienfahrt im Bus mitzuführen und auf Verlangen hiezu berechtigter Kontrollorgane vorzuweisen. Da der genehmigte Fahrplan ein Kurspaar wöchentlich vorgesehen habe, seien auf Antrag der Beschwerdeführerin bereits bei Konzessionserteilung für diesen Linienverkehr insgesamt drei Originalurkunden ausgestellt worden.

Der belangten Behörde sei eine Anzeige des Zollamtes Nickelsdorf vom 1. April 2001 wegen Verdachtes der Übertretung des Kraftfahrliniengesetzes übermittelt worden, nach der der Fahrer M. S. am 1. April 2001 gegen 18.40 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Bus der Beschwerdeführerin von Ungarn kommend zum Zollamt Nickelsdorf gelenkt habe. Als Bestimmungsort sei Wien im Rahmen der internationalen Linie Wien - Arandelovac angegeben und als Ausweisdokument eine Fahrgastliste der Beschwerdeführerin vorgewiesen worden. Trotz einer ausreichenden Zahl von Originalurkunden sei vom Lenker des Linienbusses mit dem näher angeführten Kennzeichen bei der Grenzkontrolle am 1. April 2001 keine Konzessionsurkunde vorgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 19 Abs. 1 (auszugsweise) und Abs. 2 Kraftfahrliniengesetz, BGBl. I Nr. 203/99 (KflG), lautet:

"(1) Der Konzessionsbescheid ist dem Antragsteller und den in § 5 Abs. 1 genannten Personen und Stellen zuzustellen. ...

(2) Nach Eintritt der Rechtskraft des Konzessionsbescheides ist die Konzession zu beurkunden. Die Konzessionsurkunde muss dem Muster in Anlage 1 oder 2 entsprechen, stellt einen Auszug aus dem Konzessionsbescheid dar und hat die in Abs. 1 angeführten Angaben zu enthalten. Sie ist bei grenzüberschreitenden Kraftfahrlinienverkehren und im Fall der Durchführung von Auftragsfahrten (§ 22 Abs. 3) während der Fahrt im Original mitzuführen, dient zur Ausweisleistung bei Kontrollen und ist daher in so vielen Gleichschriften zu beantragen, wie dies zur Erfüllung des Betriebsprogrammes des jeweiligen Kraftfahrlinienverkehrs erforderlich ist."

Gemäß § 20 Z. 1 KflG verpflichtet die Berechtigung den Inhaber,

"1. die Kraftfahrlinie während der gesamten Berechtigungsdauer den gesetzlichen Vorschriften, den Vorschreibungen der Berechtigung und dem Fahrplan entsprechend ununterbrochen zu betreiben (Betriebspflicht)."

§ 25 KflG sieht Folgendes vor:

"§ 25. Außer im Fall des § 8 (Wegfall der Zuverlässigkeit, der fachlichen Eignung oder der finanziellen Leistungsfähigkeit) kann die Aufsichtsbehörde die Berechtigung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auch dann widerrufen, wenn der Inhaber der Berechtigung den Bestimmungen des § 20 wiederholt trotz mindestens zweimaliger schriftlicher Verwarnung zuwiderhandelt. Überdies kann die Aufsichtsbehörde die Konzession widerrufen, wenn aus Verschulden des Konzessionsinhabers der Betrieb der Kraftfahrlinie nicht bis zum Ablauf der im Konzessionsbescheid vorgeschriebenen Frist aufgenommen wird (§ 18)."

Die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, sie von der im Akt erliegenden Anzeige des Zollamtes Nickelsdorf vom 1. April 2001 zu verständigen, ihr den Inhalt der Anzeige vorzuhalten oder ihr Gelegenheit zur Akteneinsicht, zur Stellungnahme zum Inhalt der Anzeige und zur Erstattung eines entsprechenden Vorbringens, zur Beantragung von Beweismitteln und zur Vorlage von Beweisen zu geben. Sie habe, ohne Parteiengehör zu gewähren, den bekämpften Bescheid erlassen und zugestellt. Durch diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin erstmalig Kenntnis vom Inhalt der diesem Bescheid zugrunde liegenden Anzeige erhalten. Damit sei das Parteiengehör, insbesondere die Bestimmungen des § 37 und des § 45 Abs. 2 und Abs. 3 AVG verletzt. Der Lenker M.S. sei am 1. April 2001 bei der Beschwerdeführerin weder beschäftigt gewesen noch habe er den verfahrensgegenständlichen Bus in ihrem Auftrag gelenkt.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin zutreffend eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Auf Grund dieser Bestimmung hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den der Anzeige vom 1. April 2001 zu Grunde liegenden Sachverhalt zur Kenntnis bringen müssen, um ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Beschwerdeführerin hat auch die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels dargetan, indem sie entsprechend begründet ins Treffen führt, dass sich der verfahrensgegenständliche Bus auf keiner Fahrt befunden habe, die ihr zuzurechnen sei.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001030327.X00

Im RIS seit

20.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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