TE Vwgh Erkenntnis 2003/10/30 99/15/0072

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Veröffentlicht am 30.10.2003
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §27 Abs1 Z1;
EStG 1988 §93;
GmbHG §15;
GmbHG §18 Abs1;
KStG 1988 §8 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/15/0073

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der R GmbH in L, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 23. Februar 1999, Zl. RV 65/1- 10/98, betreffend Körperschaftsteuer 1995 (erstangefochtener Bescheid) und gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 23. Februar 1999, Zl. RV 66/1-10/98, betreffend Kapitalertragsteuer 1995 (zweitangefochtener Bescheid), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) schloss am 14. Jänner 1986 (mit Wirkung vom 1. Juli 1985) mit dem Land S (im Folgenden: Bestandgeberin) über die rund 3.800 m2 großen Liegenschaften EZ 84 und EZ 594, KG L, (im Folgenden: Liegenschaft) einen Bestandvertrag auf unbestimmte Zeit ab, wobei sie auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes innerhalb der ersten zehn Jahre verzichtete. Es wurde vereinbart, dass der Bestandgeber ua zur Auflösung des Bestandverhältnisses berechtigt ist, wenn die Bestandnehmerin die Produktion in dieser Betriebsstätte dauernd einstellt, die Bestandliegenschaft ohne Zustimmung des Bestandgebers weitervermietet, dem Bestandgeber die Beschäftigung von 30 sozialversicherungsgemeldeten Arbeitskräften im Jahresdurchschnitt für die Dauer des Bestandverhältnisses nicht nachweist oder eine Zwangsvollstreckung gegen die Bestandnehmerin eingeleitet wird. Als Bestandzins wurde in den ersten beiden Jahren halbjährlich S 115.000, ab dem dritten Bestandjahr halbjährlich rund S 232.000 vereinbart.

Am gleichen Tag wurde von denselben Parteien ein "Optionsvertrag" abgeschlossen, in welchem der Beschwerdeführerin das Recht eingeräumt wurde, die Bestandliegenschaft entsprechend dem im "Optionsvertrag" enthaltenen Kaufvertrag zu erwerben (Punkt A). Als Kaufpreis waren bei Erwerb nach dem zehnten Bestandjahr rund S 850.000 vereinbart. Dieser sei bei Abschluss des Kaufvertrages bar und abzugsfrei an die Verkäuferin zu leisten.

Punkt B des "Optionsvertrages" lautet:

"1. Der sub. A angeführte Kaufvertrag gilt als abgeschlossen, sobald die eingeschriebene Erklärung der (Beschwerdeführerin), diese Option auszuüben, beim Bestandgeber einlangt.

     2.        Die Ausübung des Optionsrechtes kann auch von einer

der Käuferin angeschlossenen rechtsfähigen Handelsgesellschaft,

einem Gesellschafter der Käuferin persönlich oder einem Erben des

Gesellschafters im Einvernehmen mit der Verkäuferin erfolgen.

     3.        Diese Erklärung zur Ausübung des Optionsrechtes

kann frühestens nach Ablauf von 10 Bestandjahren, das ist am 30. 6. 1995, beim Bestandgeber eintreffen, sie muss jedoch spätestens nach dem 12. Bestandjahr, das ist am 30. 6. 1997, eingelangt sein.

4. Sollte das Land S als Bestandgeber von seinen Kündigungsrechten betreffend den Bestandvertrag Gebrauch machen, so ist die Bestandnehmerin als Optionsnehmerin jedenfalls berechtigt, den Vertragsgegenstand binnen 31 Tagen nach erfolgter Kündigung zu dem in Punkt III genannten Preis innerhalb des von der Bestandnehmerin durch Kündigungsverzicht fixierten Zeitraumes zuzüglich noch aushaftender Bestandzinszahlungen, danach abzüglich der für das 11. und 12. Bestandjahr geleisteten Zahlungen zu erwerben."

In einer die Jahre 1989 bis 1992 betreffenden Betriebsprüfung (Vorbetriebsprüfung) stellte der Prüfer fest, der Beschwerdeführerin sei die Liegenschaft als wirtschaftliches Eigentum zuzurechnen. Es seien daher S 2,5 Mio (S 1,666.666 für Grund und Boden und S 833.334 für Gebäude) zu aktivieren. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung gegen die den Prüferfeststellungen folgenden Körperschaftsteuerbescheide, wobei sie sich ausschließlich gegen die prozentuelle Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden bzw. Gebäude wandte. Das Finanzamt gab der Berufung mittels Berufungsvorentscheidung statt.

Im Jänner 1995 übermittelte der einzelvertretungsbefugte Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Karlo F, der 30 % Gesellschaftsanteile an der Beschwerdeführerin besaß, dem Land S einen auf ihn persönlich als Käufer lautenden notariell beglaubigten Kaufvertrag über die Bestandliegenschaft. Nach Zahlung von rund S 1,237.000 (Kaufpreisrest laut Vertrag und ausstehender Bestandzins) wurde der Kaufvertrag seitens des Landes S am 9. Juni 1995 unterfertigt.

Anlässlich einer für die Jahre 1993 bis 1995 durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, die Beschwerdeführerin habe in der Gewinn- und Verlustrechnung 1995 als Erlös aus Anlagenverkauf S 2,5 Mio erfasst. Die Beschwerdeführerin gab dem Prüfer gegenüber an, sie habe diesen Betrag abzüglich der noch offenen (vom Liegenschaftskäufer an den Bestandgeber bezahlten) Kaufpreisanteile von Karlo F eingefordert bzw. mit ihm verrechnet.

Im Bericht des Prüfers wurde ausgeführt, die Bestandliegenschaft sei von der Beschwerdeführerin ab 1991 größtenteils an die K F GmbH, deren Geschäftsführer ebenfalls Karlo F gewesen sei, um S 70.000 pro Monat vermietet gewesen. Die monatliche Miete sei von der K F GmbH bis Dezember 1995 entrichtet worden. Im Dezember 1995 habe Karlo F der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass seit Juli 1995 diese Mietzahlungen ihm persönlich zustünden und daher an ihn zu überweisen seien. In der Folge sei Karlo F von der Mehrheit der Gesellschafter der Beschwerdeführerin die Geschäftsführung entzogen worden. Sieben Monate nachdem die übrigen Gesellschafter Kenntnis vom Kauf der Liegenschaft durch Karlo F erlangt hätten, sei Karlo F als Geschäftsführer für das Jahr 1995 entlastet worden.

Der Prüfer ging bei der Bewertung der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Erwerbes durch Karlo F unter Heranziehung von Vergleichspreisen von einem Quadratmeterpreis von S 1.000 aus, was einen Gesamtpreis von S 3,8 Mio ergab. In der Differenz zum gebuchten Verkaufserlös von S 2,5 Mio, also S 1,3 Mio, erblickte der Prüfer eine Vorteilsgewährung an Karlo F, welche er gewinnerhöhend behandelte.

Das Finanzamt folgte den Prüferfeststellungen und erließ einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid sowie einen Haftungs- und Zahlungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer 1995.

Im Berufungsverfahren führte die Beschwerdeführerin aus, rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Liegenschaft sei stets das Land S gewesen. Diesem sei es freigestanden, die Liegenschaft ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin an einen Gesellschafter persönlich zu verkaufen. Es liege keine Einkommensminderung vor, weil die Liegenschaft nie (wirtschaftliches) Eigentum der Beschwerdeführerin gewesen sei und daher auch der Verkauf der Liegenschaft durch den zivilrechtlichen Eigentümer keine Einkommensminderung bei der Beschwerdeführerin habe bewirken können. Auch das subjektive Tatbild der verdeckten Ausschüttung sei nicht gegeben, weil die Beschwerdeführerin den Verkauf der Liegenschaft an Karlo F weder gewusst noch gewollt habe. Die übrigen Gesellschafter und Geschäftsführer seien von der Liegenschaftsübertragung nicht informiert gewesen. Erst als der Geschäftsführer Dr. M nach dem 30. Juni 1995 beim Land S wegen des Ankaufs der besagten Liegenschaft vorstellig geworden sei, habe er erfahren, dass Karlo F diese Option bereits ausgeübt und die Liegenschaft erworben habe. Weder die Geschäftsführung noch die Gesellschafter hätten diesem Kaufvertrag zugestimmt. Sie hätten ihn weder verhindern noch rückgängig machen können. Nach Erkennen des Sachverhaltes hätten sie dies jedoch nicht toleriert, sondern Karlo F die Geschäftsführerbefugnis entzogen, weil er ohne Einverständnis der übrigen Gesellschafter die Option ausgeübt habe. Weiters sei Karlo F angehalten worden, im Sinne des § 25 Abs. 2 GmbHG die letzte Halbjahresmiete 1995 sowie den Restwert (laut "Optionsvertrag" rund S 853.000, insgesamt rund S 1,237.000) dem Bestandgeber zu bezahlen. Außerdem sei ihm der von der Finanzbehörde bei der vorangegangenen Betriebsprüfung ermittelte und aktivierte Betrag von S 2,5 Mio angelastet, mit den ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten verrechnet und damit durch ihn bezahlt worden. Ein weiter gehender Schadenersatzanspruch sei im Sinne der §§ 1293ff ABGB nicht möglich gewesen, weil der aufgewendete Bestandzins den Wert der Nutzung und der damit im Zusammenhang stehenden Mieterträge keinesfalls erreicht bzw. überstiegen habe. Die Beschwerdeführerin habe im Rahmen der rechtlichen Möglichkeit einen Rückforderungsanspruch durchgesetzt, der nicht einklagbar gewesen sei, weil der Bestandgeber zum Verkauf an Karlo F berechtigt gewesen sei.

Der Bestandzins von rund S 4,175.000 sowie der Restwert von rund S 853.000 ergebe innerhalb der Bestandzeit einen Gesamtaufwand von rund S 5,028.000. Von diesem Betrag habe Karlo F den Teilbetrag von rund S 1,237.000 direkt an den Bestandgeber zur Abdeckung der noch offenen Beträge bezahlt, sowie den angelasteten Kaufpreis von S 2,5 Mio übernommen, sodass der Beschwerdeführerin ein Aufwand für zehn Jahre in Höhe von rund S 1,291.000 entstanden sei. Lege man diese Geldleistung auf die Nutzungsmöglichkeiten von 120 Monaten um, so errechne sich ein Mietzins von rund S 10.760 pro Monat.

Hinsichtlich der Bewertung der Liegenschaft wurde ausgeführt, dass diese im allgemeinen Wohngebiet liege, in dem auch Handelsbetriebe und Bürogebäude errichtet worden seien. Mangels Kaufinteresses an möglichen Wohnbauflächen bzw. Bürohausflächen - sogar im Zentrum stünden viele Büroflächen leer - sei jedoch eine Verwertung kaum möglich. Überdies fehlten mittlerweile die großzügigen Zufahrtsflächen, die vor 1985 bestanden hätten. Es bestünde derzeit nur eine Zufahrtsmöglichkeit über eine schmale Nebenstraße. Von einem realistischen Preis in Höhe von S 600 bis S 800/m2 müssten die Abbruchkosten der Hallen und Schuppen mit S 400.000 bis S 500.000 zum Abzug gebracht werden. Somit erweise sich der von der Vorprüfung angesetzte Wert von S 2,5 Mio auch für das Jahr 1995 als richtig, da die inzwischen eingetretene Steigerung des Bodenwertes durch den Verfall der Gebäudewerte ausgeglichen werde. Die Liegenschaft könne mit den vom Prüfer angeführten Grundstücken nicht verglichen werden, weil sie wesentlich größer und mit einer alten abbruchreifen Halle bebaut sei. Die Baubehörde habe keine Genehmigung von industriellen Ausbauten und die Gewerbebehörde keine Standortgenehmigung für einen Produktionsbetrieb erteilt.

Auf Ersuchen der belangten Behörde führte die Bewertungsstelle des Finanzamtes L eine Verkehrswerteermittlung durch. Dabei gelangte sie ausgehend von den Anschaffungskosten der Liegenschaft (S 2,5 Mio), den Abbruchkosten laut Auskunft des Karlo F von ebenfalls S 2,5 Mio und einem Abschlag von 15 % für Lage und Zufahrt auf einen Wert von S 1.100/m2. Der Beschwerdeführerin wurde dies unter Anführung aus der Kaufpreissammlung entnommener Vergleichspreise mitgeteilt. Zwei unmittelbar an die Liegenschaft angrenzende Grundstücke seien 1994 um S 1.739 bzw. S 1.152/m2 verkauft worden. Die Beschwerdeführerin wandte ein, diese Grundstücke seien um den Preis der besonderen Vorliebe erworben worden, weil sie für die Errichtung eines benachbarten Geschäfts- und Bürozentrums von besonderer Wichtigkeit gewesen seien. Außerdem seien die Abbruch- und Entsorgungskosten bei der Liegenschaft mit S 2,5 Mio zu hoch gegriffen.

     Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen

den Körperschaftsteuerbescheid 1995 als unbegründet abgewiesen und

ausgeführt, auch verhinderte Vermögensvermehrungen einer

Kapitalgesellschaft, wie sie der Prüfer in der Begebung des

Kaufoptionsrechtes zu Gunsten des Gesellschafters gesehen habe,

könnten zu verdeckten Ausschüttungen führen. Es sei unmaßgeblich,

ob die steuerliche Zurechnung der Liegenschaft an die

Beschwerdeführerin durch die Vorbetriebsprüfung zu Recht erfolgt

sei oder nicht. Jedenfalls sei sie es gewesen (und nicht Karlo F),

welche

     a)        Bestandnehmerin der Liegenschaft gewesen sei und

die Bedingungen des Bestand- und "Optionsvertrages" habe

ausverhandeln können,

     b)        die Bedingungen des Bestandvertrages erfüllt habe

(zB Beschäftigung von 30 sozialversicherungsgemeldeten

Arbeitskräften im Jahresdurchschnitt für die Dauer des

Bestandverhältnisses) und

     c)        mit den Bestandentgelten auch Kaufpreisanteile

bezahlt und damit die vertraglich eingeräumte Verkaufanwartschaft zu einem weit unter dem Verkehrswert des Bestandobjektes liegenden Restwert erdient habe.

Unter diesen Umständen hätte die Gesellschaft einem fremden Geschäftsführer die Ausübung des Optionsrechtes nicht ohne eine entsprechende, zumindest das Entgelt für die Rechtseinräumung regelnde schriftliche Vereinbarung überlassen. Es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, wenn im Bereich des Immobilienrestwertleasings eine ankaufsberechtigte Gesellschaft, die befürchten müsse, ihr Recht zum Erwerb einer innerhalb der unkündbaren Grundmietzeit bereits zu zwei Drittel ausfinanzierten Immobilie zu verlieren, auf klare, dem Fremdvergleich standhaltende Vereinbarungen (zB über eine Erstattung der von ihr bezahlten Kaufpreisteilbeträge) mit weiteren Optionsberechtigten verzichte. Ihr sei durch den Liegenschaftserwerb ihres Gesellschafters ein Ertrag vorenthalten worden, weil sie den Erwerbsvorgang auf Grund der fehlenden vertraglichen Absicherung nicht habe verhindern können. Infolge der Unterlassung entsprechender Vereinbarungen habe sie einen Vorteilsverzicht zu Gunsten der Optionsberechtigten in Kauf genommen. Dass der Bestandgeber die Liegenschaft ohne Einvernehmen mit der Beschwerdeführerin einem anderen Optionsberechtigten zu übertragen gehabt habe, sei seinerzeit von ihr selbst als alleiniger Vertragspartnerin bestimmt worden.

     Die streitgegenständliche Vorteilszuwendung sei am Wert des

zu Gunsten ihres Gesellschafters aufgegebenen

Kaufanwartschaftsrechtes zu messen. Die in der Berufung

angestellte Berechnung des fiktiven Bestandzinses sei unrichtig,

da Karlo F für den Liegenschaftserwerb insgesamt nur S 2,5 Mio

aufgewendet habe. Dies ergebe sich aus

     -        dem Bericht des Prüfers,

     -        einer Eingabe der Beschwerdeführerin vom

25. November 1997, wo angeführt worden sei, dass von Karlo F

Schadenersatz gefordert und der Kaufpreis in Höhe von S 2,5 Mio

abzüglich der noch offenen Kaufpreisanteile (bezahlt von Karlo F)

eingefordert bzw. verrechnet worden sei,

     -        dem Jahresabschluss der Beschwerdeführerin und

     -        der Beilage zur Einkommensteuererklärung 1995 des

Karlo F.

Bei Verminderung des Gesamtaufwandes von rund S 5 Mio um S 2,5 Mio und Aufteilung des Differenzbetrages auf 120 Monate errechne sich die monatliche Belastung mit S 21.000.

Hinsichtlich der beiden vom Finanzamt genannten benachbarten Grundstücke könne dem diesbezüglichen Erwerber ein erhöhtes Kaufinteresse nicht abgesprochen werden. Andererseits habe der Kaufpreis für die beiden Grundstücke durchschnittlich S 1.445/m2 betragen und somit den vom Prüfer angenommenen Verkehrswert der Liegenschaft um 44 % überstiegen. Weiters dürften sich die vom Erwerber getragenen Abbruchkosten der Gebäude dämpfend auf die bezahlten Kaufpreise ausgewirkt haben. Verkäufe zweier weiterer nahe gelegener Grundstücke 1984 und 1988 um S 760/m2 bzw. S 829/m2 zeigten, dass der Prüfer bei der Wertermittlung nicht zu hoch gegriffen habe. In der Steiermark hätten sich die Durchschnittspreise für unbebaute Grundstücke von 1989 bis 1995 um rund 40 % erhöht (Statistische Nachrichten 3/1997, 207). Im vorliegenden Bezirk habe die Wohnbevölkerung in den letzten 17 Jahren um 7,3 % zugenommen, was zu einem überdurchschnittlichen Bedarf an Wohngrundstücken geführt habe. Unter Berücksichtigung der 40 %igen Preissteigerung betrage der Verkehrswert des zweitgenannten Vergleichsgrundstückes im Jahr 1995 S 1.150/m2. Der valorisierte Wert des 1984 verkauften Vergleichsgrundstückes wäre noch höher. Daraus sei ersichtlich, dass bei der Ermittlung des Grundstückswertes von S 1.000/m2 auf zufahrt- und lagebedingte Wertminderungen bereits ausreichend Bedacht genommen worden sei. Die Beschwerdeführerin habe den von ihr genannten Verkehrswert von S 600 bis S 800/m2 weder belegen noch glaubhaft machen können.

Aus der Beilage zur Einkommensteuererklärung 1995 des Karlo F gehe überdies hervor, dass von den Anschaffungskosten der Liegenschaft rund S 850.000 auf Gebäude entfielen. Die Liegenschaft sei an die K F GmbH vermietet, welche die Gebäude zur Lagerung von Material (vor allem Alugussformen) verwende. Der hohe Mietertrag von monatlich S 70.000 (jährlich S 840.000 oder rund 22 % des mit S 3,8 Mio angenommenen Liegenschaftswertes) wäre nur mit der Möglichkeit der Gebäudenutzung seitens der Mieterin zu begründen, denn er decke nicht nur eine übliche Kapitalverzinsung, sondern auch die AfA des Gebäudebestandes ab.

Der Liegenschaftserwerber habe überdies weder die Absicht geäußert, den Gebäudebestand abzutragen, noch seien bisher (vier Jahre seit dem Liegenschaftskauf) Abbrucharbeiten tatsächlich durchgeführt worden. Laut Beilage zur Einkommensteuererklärung des Karlo F für 1995 würden sich die Anschaffungskosten der Liegenschaft zu zwei Dritteln auf Grund und Boden und zu einem Drittel auf den Gebäudebestand verteilen. Umgelegt auf den strittigen Liegenschaftswert von S 3,8 Mio errechne sich der auf Grund und Boden entfallende Anteil mit rund S 670/m2. Sollte die erklärte Kostenaufteilung des nunmehrigen Liegenschaftseigentümers zutreffen, wäre der davon abzuleitende Grundwert sogar im unteren Bereich des von der Beschwerdeführerin mit S 600 bis S 800/m2 bezifferten Wertes gelegen. Wenn nun Karlo F für den Erwerb der auf der Liegenschaft befindlichen Gebäude rund S 850.000 aufgewendet habe, die Gebäude außerdem ertragbringend vermiete und weder Abbruchsabsichten geäußert noch Abbruchhandlungen gesetzt habe, könne im Gebäudeerwerb keine den Verkehrswert des Grund und Bodens beeinträchtigende Belastung in Höhe fiktiver Abbruchkosten gesehen werden.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer 1995 als unbegründet abgewiesen und auf die Begründung des erstangefochtenen Bescheides verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter einer verdeckten Ausschüttung versteht man alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen (Vorteile) einer Körperschaft an die unmittelbar oder mittelbar beteiligten Personen, die zu einer Gewinnminderung bei der Körperschaft führen und die dritten, der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt werden. Subjektive Voraussetzung für eine verdeckte Ausschüttung ist eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft, wobei sich die Absicht der Vorteilsgewährung schlüssig aus den Umständen des Falles ergeben kann, was etwa auch dann zu unterstellen ist, wenn die Gesellschaft nach Kenntnis des vom Gesellschafter in Anspruch genommenen Vorteils nichts unternimmt, um ihn rückgängig zu machen.

Es bedarf somit zur Verwirklichung einer verdeckten Ausschüttung rechtlich eines der Gesellschaft zuzurechnenden Verhaltens des geschäftsführenden Organs, welches, bestehe es auch in einem bloßen Dulden oder Unterlassen, den Schluss erlaubt, dass die durch ihre Organe vertretene Gesellschaft die Entnahme von Gesellschaftsvermögen durch den Gesellschafter akzeptiert habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, 96/15/0018, mwN).

Die belangte Behörde hat den Ausgangspunkt für die verdeckte Ausschüttung im Optionsvertrag gesehen, wonach die Gesellschafter der Beschwerdeführerin persönlich im Einvernehmen mit der Verkäuferin das Optionsrecht hätten ausüben können. Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde die Liegenschaft bereits vor der Zeit, in welcher gemäß des Optionsvertrages die Optionserklärung hätte abgegeben werden können, erworben. Daraus ergibt sich, dass der Erwerb der Liegenschaft nicht ohne weiteres mit der Ausübung des Optionsrechtes begründet werden konnte. Darüber hinaus ist nicht schlüssig nachvollziehbar, warum in der Einräumung des Optionsrechtes für einen nicht näher bestimmten Personenkreis die Gewährung eines Vorteils gelegen sein soll und warum diese Optionseinräumung zu einer Erhöhung des Gewinnes der Beschwerdeführerin im Jahr 1995 führen sollte.

Die angefochtenen Bescheide waren daher bereits aus diesen Gründen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Oktober 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999150072.X00

Im RIS seit

10.02.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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