TE Vwgh Erkenntnis 2003/12/15 2003/03/0094

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Veröffentlicht am 15.12.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

GGBG 1998 §13 Abs1a idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z1 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §7 Abs1 idF 2002/I/086;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Min W, vertreten durch Dr. Egon Duschek, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Schulgasse 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 12. März 2003, Zl. UVS 30.8-99/2002-10, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 16. März 2001 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 24. Juli 2000, um 11.10 Uhr, im Gemeindegebiet von 2320 Schwechat, B 14b, bei der Kreuzung mit der Mannswörtherstraße, "als bestellter verantwortlicher Beauftragter, der Firma P... Speditions- und Transportgesellschaft m.b.H.", gefährliche Güter der Klasse 6.1, Z. 58c ADR (UN 2862, 11.140 kg) mit dem näher angeführten Lastkraftwagen und Anhänger als Beförderer befördert, obwohl

"1) dem Lenker die erforderlichen Ausstattungsgegenstände zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen nicht ordnungsgemäß übergeben worden sind, da ein geeigneter Atemschutz fehlte und

2) dem Lenker die vorgeschriebenen Ausstattungsgegenstände nicht ordnungsgemäß übergeben worden sind, da von den drei mitgeführten Feuerlöschgeräten nur eines in Ordnung war, weil ein Feuerlöscher nicht mit der Aufschrift mit dem Datum der nächsten Überprüfung gekennzeichnet war und bei einem Feuerlöscher die Plombierung fehlte."

Er habe dadurch im Hinblick auf Spruchpunkt 1.) Rn. 10260 lit. c ADR (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. Nr. 522/1973) i. V.m. § 7 Abs. 2 Z. 7 i.V.m. § 27 Abs. 1 Z. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) i.V.m. § 9 Abs. 2 VStG und im Hinblick auf Spruchpunkt 2.). Rn. 10240 Abs. 3 ADR i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 7 i.V.m. § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG i.V.m. § 9 Abs. 2 VStG verletzt. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG jeweils Geldstrafen in der Höhe von S 10.000,-- (20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 29. Jänner 2002 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m.

§ 24 VStG Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben. Bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen handle es sich um Unterlassungsdelikte. Bei solchen Delikten sei der Tatort dort anzunehmen, wo der Täter hätte handeln sollen. Bei Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Unternehmens sei im Zweifel der Sitz des Unternehmens als Tatort anzunehmen. Der Ort der Betretung sei demnach nicht als Tatort im Sinne des § 44a VStG anzusehen.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 29. August 2002 wurden dem Beschwerdeführer als bestelltem verantwortlichen Beauftragten der P... Speditions- und Transportgesellschaft m.b.H. unter Berufung auf die bereits genannten verletzten Rechtsvorschriften die beiden angeführten Verwaltungsübertretungen erneut zur Last gelegt. Er habe dadurch zu 1.) Rn. 10260 lit. c ADR i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 7 i.V.m. § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG i.V.m. § 9 Abs. 2 VStG bzw. zu 2.) Rn. 10240 Abs. 3 ADR i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 7 i.V.m. § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG i. V.m. § 9 Abs. 2 VStG verletzt. Über ihn wurde gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 727,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Beschwerdeführer "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" der Firma P... Speditions- und Transportgesellschaft m.b.H. verantwortlich sei.

Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die belangte Behörde dem Argument des Beschwerdeführers, die Plombe bzw. die Aufschrift der nächsten Überprüfung auf dem jeweils in Frage stehenden einen Feuerlöscher wäre durch mechanische Beschädigung am Tattag auf der Fahrt vom Firmenstandort nach Schwechat aufgetreten, keinen Glauben schenke. Gesetzt den unwahrscheinlichen Fall, dass tatsächlich sowohl die Plombe als auch die Aufschrift mit dem Datum der nächsten Überprüfung durch mechanische Einwirkungen verschwunden seien, sei dem Beschwerdeführer dennoch daraus der Vorwurf zu machen, als er zulasse, dass vorgeschriebene Ausrüstungsgegenstände so mangelhaft gesichert mitgeführt würden, dass eine Beschädigung derselbigen zumindest in Kauf genommen werde.

Der Filter der Atemschutzmaske habe das Ablaufdatum 1994 aufgewiesen. Dieses werde von Seiten des Herstellers am Filterelement selbst deshalb angebracht, um sicherzustellen, dass dieses Filterelement tatsächlich im Falle eines Unfalles schädliche Stoffe von den Atemwegen und dem Mundraum fernhalte. Die im Verfahren vorgelegte Bestätigung einer Firma könne den Berufungswerber in diesem Fall nicht entschuldigen, da diese lediglich "im Rahmen ihres Firmenumfangs, Fahrzeug- und Karosseriebau", Bestätigungen und Erklärungen abgeben könne, keinesfalls decke der "Firmenumfang" eines Karosseurs jenes Gebiet ab, das für die Beurteilung einer persönlichen Schutzausrüstung erforderlich sei, z.B. chemisch und medizinisch relevante Bereiche.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

II.

1.1 Zu der im Zeitpunkt der Tat geltenden Rechtslage:

Gemäß § 1 Abs. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz - GGBG, BGBl. I Nr. 145/1998, ist dieses Bundesgesetz auf die Beförderung gefährlicher Güter anzuwenden:

"1. ganz oder teilweise auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960), wenn die Beförderung nicht ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Betriebsgeländes stattfindet".

Gemäß § 2 Z. 1 lit. a GGBG in der Fassung BGBl. I Nr. 108/1999 gelten für die Beförderung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 u. a. innerhalb Österreichs die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG des Rates vom 21. November 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße i.d.F. der Richtlinie 1999/47/EG der Kommission vom 21. Mai 1999.

In allen übrigen Fällen ist gemäß § 2 Z. 1 lit. b GGBG in der Fassung BGBl. I Nr. 108/1999 das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR, BGBl. Nr. 522/1973, i.d.F. der Änderung der Anlagen A und B, BGBl. III Nr. 211/1998) anzuwenden.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 7 GGBG in der Stammfassung dürfen gefährliche Güter nur befördert werden, wenn dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß § 9 übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere ist.

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG in der Stammfassung begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 600.000,-- zu bestrafen, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 2 befördert.

Gemäß Art. I § 3 Abs. 2 Z. 3 Eurogesetz (BGBl. I Nr. 72/2000) sind ab dem 1. Jänner 2002 Geldbeträge u.a. in Bescheiden in Euro auszudrücken.

1.2 Zur Rechtslage des GGBG in der im Zeitpunkt der Erlassung des "zweiten" erstinstanzlichen Bescheides geltenden Fassung:

§ 2 Z. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 2, § 13 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG in der im Zeitpunkt der Erlassung des "zweiten" erstinstanzlichen Bescheides (am 3. September 2002) geltenden Fassung BGBl. I Nr. 86/2002 (in Kraft getreten am 25. Mai 2002) lauten:

"§ 2. Für die Beförderung gefährlicher Güter gemäß § 1 Abs. 1 gelten folgende Vorschriften:

1. für die Beförderung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1

a) innerhalb Österreichs sowie mit einem in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums registrierten oder zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug von Österreich in einen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums und von einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Österreich:

b) die Anlagen A und B des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), BGBl. Nr. 522/1973, in der Fassung der Änderung BGBl. III Nr. 96/2001, wobei das Wort 'Vertragspartei' durch das Wort 'Mitgliedstaat' ersetzt wird;

... ."

"§ 7. (1) die an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten haben die nach Art und Ausmaß der vorhersehbaren Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Schadensfälle zu verhindern und bei Eintritt eines Schadens dessen Umfang so gering wie möglich zu halten. Sie haben jedenfalls die für sie jeweils geltenden Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften einzuhalten.

Die Beteiligten haben im Fall einer möglichen unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit unverzüglich die Einsatz- und Sicherheitskräfte zu verständigen und mit den für den Einsatz notwendigen Informationen zu versehen.

(2) Der Beförderer hat im Rahmen des Abs. 1 insbesondere die im 4., 5. und 6. Abschnitt angeführten Pflichten des Beförderers."

"§ 13

"(1) ...

(1a) Der Beförderer hat im Rahmen des § 7 Abs. 1

1. zu prüfen, ob die zu befördernden gefährlichen Güter nach den gemäß § 2 Z. 1 in Betracht kommenden Vorschriften zur Beförderung zugelassen sind;

2. sich zu vergewissern, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden;

3. sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtheiten oder Risse aufweisen, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw.;

4. sich zu vergewissern, dass bei Tankfahrzeugen, Batterie-Fahrzeugen, festverbundenen Tanks, Aufsetztanks, ortsbeweglichen Tanks, Tankcontainern und Gascontainern mit mehreren Elementen (MEGC) das Datum der nächsten Prüfung nicht überschritten ist;

5.

zu prüfen, dass die Fahrzeuge nicht überladen sind;

6.

sich zu vergewissern, dass die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen Großzettel (Placards) und Kennzeichnungen angebracht sind, und

              7.              sich zu vergewissern, dass die in den schriftlichen Weisungen für den Lenker vorgeschriebene Ausstattung im Fahrzeug mitgeführt wird.

Dies ist gegebenenfalls anhand der Beförderungsdokumente und der Begleitpapiere durch eine Sichtprüfung des Fahrzeugs oder des Containers und gegebenenfalls der Ladung durchzuführen.

Der Beförderer kann jedoch in den Fällen der Z. 1, 2, 5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.

... ."

"§ 27

(1) Wer

1. als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs. 1a, § 23 Abs. 2 oder § 24a Abs. 1 befördert oder ...

begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 726 Euro bis 43 603 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen."

1.3. Zu den relevanten Bestimmungen der Anlage A der in § 2 Z. 1 GGBG in der Stammfassung verwiesenen Richtlinie 94/55/EG bzw. den entsprechenden Bestimmungen des ADR:

Rn. 10240 Abs. 1 und Abs. 3 der Anlage A der Richtlinie 94/55/EG in der Fassung der Richtlinie 1999/47/EG - im Folgenden:

Richtlinie/ADR - (übereinstimmend mit Rn. 10240 Abs. 1 und Abs. 3 Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. Nr. 522/1973 - ADR, i. d.F. BGBl. Nr. 357/1995) lauten:

"(1) Jede Beförderungseinheit mit gefährlichen Gütern muss ausgerüstet sein

a) mit mindestens einem tragbaren Feuerlöschgerät mit einem Mindestfassungsvermögen von 2 kg Pulver (oder einem entsprechenden Fassungsvermögen für ein anderes geeignetes Löschmittel), das geeignet ist, einen Brand des Motors oder ... zu bekämpfen, und ...;

b) zusätzlich zu a) mit mindestens einem tragbaren Feuerlöschgerät mit einem Mindestfassungsvermögen von 6 kg Pulver (oder einem entsprechenden Fassungsvermögen für ein anderes geeignetes Löschmittel), das geeignet ist, einen Brand des Motors oder ... zu bekämpfen, und .... .

(2) ...

(3) Die den Vorschriften des Absatzes (1) entsprechenden tragbaren Feuerlöscher müssen mit einer Plombierung versehen sein, durch die sich nachprüfen lässt, dass sie nicht verwendet worden sind.

Außerdem müssen sie eine Kennzeichnung tragen, die die Übereinstimmung mit einer von der zuständigen Behörde anerkannten Norm nachweist, und eine Aufschrift mit dem Datum der nächsten Überprüfung."

Gemäß Rn. 10260 lit. c der Anlage A der Richtlinie/ADR (übereinstimmend mit Rn. 10260 lit. c ADR i.d.F. BGBl. III Nr. 211/1998) muss jede Beförderungseinheit mit gefährlichen Gütern mit der erforderlichen Ausrüstung zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn. 10385 genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen ausgerüstet sein.

Rn. 10385 Abs. 1 der Anlage A der Richtlinie/ADR (übereinstimmend mit Rn. 10385 Abs. 1 ADR i.d.F. BGBl. III Nr. 22/1997) lautet:

"(1) Für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen, die sich während der Beförderung ereignen können, sind dem Fahrzeuglenker schriftliche Weisungen mitzugeben, die Angaben über jedes beförderte gefährliche Gut oder jede Gruppe gefährlicher Güter mit denselben Gefahren, zu der (denen) das beförderte gefährliche Gut (die beförderten gefährlichen Güter) gehört (gehören), in knapper Form enthalten:

a) ... ."

2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 VStG kann eine Tat als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Wenn auch eine ausdrückliche Regelung im VStG für den Fall fehlt, dass ein Verhalten, das zur Tatzeit strafbar war, im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides 1. Instanz überhaupt nicht mehr strafbar ist (nicht bloß ein milderes Gesetz), so kann auch ein solches Verhalten nach der hg. Judikatur (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 12. Februar 1957, VwSlg. Nr. 4275/A, und vom 16. März 1994, Zl. 92/03/0106) nicht mehr bestraft werden.

Dem Beschwerdeführer wurde entsprechend den im Zeitpunkt der Tat geltenden Vorschriften des GGBG in der Stammfassung eine Verletzung des § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 7 GGBG vorgeworfen. Nach § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG in der Stammfassung war als Beförderer strafbar, wer gefährliche Güter u.a. entgegen § 7 Abs. 2 befördert. Nach § 7 Abs. 2 Z. 7 GGBG durften gefährliche Güter nur befördert werden, wenn dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal u.a. die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Ausstattungsgegenstände übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände ist.

Mit der im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 29. August 2002 bereits geltenden Novelle zum GGBG, BGBl. I Nr. 86/2002, wurde die im vorliegenden Fall relevante Rechtslage, sowohl was die verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestände als auch die normierten Strafen betrifft, geändert. § 7 Abs. 1 zweiter Satz GGBG i.d.F. dieser Novelle enthält zwar für die an der Beförderung gefährlichen Güter Beteiligten die allgemeine Verpflichtung, dass sie jedenfalls die für sie geltenden Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften einzuhalten haben. Gemäß dem § 27 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. GGBG in dieser Fassung sind - was die Beförderung gefährlicher Güter auf Straßen mit öffentlichem Verkehr betrifft - nur mehr die in § 13 Abs. 1a leg. cit. angeführten Tatbestände im Rahmen der Verpflichtungen des Beförderers gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. strafbar. Eine wortgleiche Verpflichtung, wie sie § 7 Abs. 2 Z. 7 GGBG in der Stammfassung vorgesehen hat, findet sich in § 13 Abs. 1a GGBG i.d.F. der angeführten Novelle nicht. Die belangte Behörde hätte sich daher zunächst damit auseinander zu setzen gehabt, ob die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten auf der Grundlage der mit der Novelle BGBl. I Nr. 86/2002 geänderten Rechtslage überhaupt noch strafbar sind, zumal sich die Regelungen auch im Hinblick auf den den Beförderer treffenden Sorgfaltsmaßstab maßgeblich geändert haben, indem nunmehr teils eine Sichtprüfung durch den Beförderer ausreicht und er weiters in bestimmten Fällen auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen kann.

Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil sich erst auf Grund einer entsprechenden Prüfung der neuen Rechtslage die allfällige Zulässigkeit der Bestrafung des Beschwerdeführers nach der geänderten Rechtslage ergibt.

2.2. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3.1. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass mit dem angefochtenen Bescheid auch ein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius gemäß § 51 Abs. 6 VStG erfolgte (ursprüngliche Geldstrafen S 10.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von 20 Tagen; letztlich verhängte Geldstrafen EUR 727,-- = S 10.003,74 und Ersatzfreiheitsstrafen von 5 Tagen).

3.2. Weiters ist zu der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Verjährungsfrage, weil der als Tatort angenommene Sitz des Unternehmens im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ausdrücklich genannt ist, Folgendes anzumerken:

Gemäß der hg. Rechtsprechung zu § 44a VStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0017, und die in diesem dazu zitierte Vorjudikatur) muss die Tat so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel besteht, wofür der Täter zur Verantwortung gezogen wird. Diesen Anforderungen ist dann entsprochen, wenn die Tat dem Beschuldigten in so konkreter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu wiederlegen, und der Beschuldigte rechtlich davor geschützt ist, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. 11.894/A). Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt. Eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG setzt somit unter anderem grundsätzlich die Nennung des Tatortes voraus. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen unter den oben dargelegten Rechtsschutzgesichtspunkten etwa dann in Betracht, wenn im Zweifel der Sitz des Unternehmens als Tatort anzusehen ist und mit Rücksicht auf die sonst angeführten Sachverhaltselemente kein Zweifel übrig bleibt, auf welchen konkreten Tatvorwurf abgestellt wird.

In diesem Sinne tut es der ausreichenden Konkretisierung der Tat im Beschwerdefall keinen Abbruch, wenn der Sitz des Unternehmens als Tatort nicht ausdrücklich im Spruch bzw. in der Verfolgungshandlung angeführt wurde. Es genügt vielmehr, dass das vom Beschwerdeführer zu vertretende Unternehmen im Spruch bzw. in der Verfolgungshandlung angeführt ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Dezember 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003030094.X00

Im RIS seit

30.01.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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