TE Vwgh Erkenntnis 2003/12/15 2002/17/0326

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Veröffentlicht am 15.12.2003
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §289 Abs1;
LAO Tir 1984 §214 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde des TO in W, vertreten durch Mag. Karl-Heinz Voigt und Mag. Egon Lechner, Rechtsanwälte in 6300 Wörgl, Anichstraße 27, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 10. September 2002, Zl. I-Rm-469/2002, betreffend Haftung für Ankündigungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Stadtmagistrat Innsbruck schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 13. Juni 2000 Ankündigungssteuer in der Höhe von S 350.936,-- vor. Der Bescheidspruch lautet wie folgt:

"Bescheid

Gemäß §§ 2 Abs. 1 lit c) und § 7 Abs. 1 der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999, Gemeinderatsbeschluß vom 03.12.1998 in Verbindung mit § 151 TLAO, LGBl. Nr. 34/1984 i. d.g.F. und den im Anhang unter Punkt I festgelegten Gebührensatz, wird für (den Beschwerdeführer), Inhaber der Fa. X.

Plakatwerbung, die Ankündigungssteuer wie folgt festgesetzt:

Ankündigungen durch Plakate auf 3848 Papiercontainern der Fa. Y. GmbH:

Zeitraum

Bemessungsgrundlage

20% Steuer

02.02.2000 - 29.02.2000,

438.672,--

87.735,--

01.03.2000 - 31.03.2000

438.672,--

87.735,--

01.04.2000 - 30.04.2000

438.672,--

87.735,--

01.05.2000 - 31.05.2000

438.672,--

87.735,--

Nachforderung

1.754.688,--

350.936,-- "

Mit Berufungsvorentscheidung vom 28. August 2000 wies der Stadtmagistrat Innsbruck die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde gab mit Bescheid vom 18. Dezember 2000 der Berufung Folge und behob den Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 13. Juni 2000 "als im Widerspruch zu § 4 Abs. 1 Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999, Gemeinderatsbeschluss vom 3. 12. 1998, stehend ersatzlos". In der Begründung heißt es, weil die Vornahme der Ankündigungen im Ergebnis nicht dem Ankündigungsunternehmen "T.O." (es handelt sich um die in Anführungszeichen gesetzten Vor- und Zunamen des Beschwerdeführers) zuzurechnen sei, sei der abgabenrechtliche Tatbestand des § 4 Abs. 1 der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999, an welchen die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpfe, von ihm nicht verwirklicht worden. Der angefochtene Bescheid sei daher ersatzlos zu beheben. Die erstinstanzliche Behörde sei im fortzuführenden Verfahren verhalten, Ankündigungssteuer der WP Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, respektive im Sinne der in § 4 Abs. 2 der Tiroler Landesabgabenordnung normierten Gesamtschuldnerschaft einem Gesellschafter oder beiden Gesellschaftern derselben anteilsmäßig oder zur Gänze vorzuschreiben.

Mit Bescheid vom 22. Jänner 2001 schrieb der Stadtmagistrat Innsbruck dem Beschwerdeführer Ankündigungssteuer in der Höhe von S 350.208,-- vor. Der Bescheidspruch hat folgenden Inhalt:

"Bescheid

Gemäß §§ 2 Abs. 1 lit c) und § 7 Abs. 1 der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 und den im Anhang unter Punkt I festgelegten Gebührensatz, Gemeinderatsbeschluß vom 03.12.1998 in Verbindung mit § 151 TLAO, LGBl. Nr. 34/1984 i.d.g.F. wird für (den Beschwerdeführer), als Gesellschafter des Ankündigungsunternehmens, W P GnbR, die Ankündigungssteuer wie folgt festgesetzt:

Ankündigungen durch Plakate auf 3848 Papiercontainern

der Fa. Y. GmbH:

Zeitraum

Bemessungsgrundlage

20% Steuer

02.02.2000 - 29.02.2000,

437.760,--

87.552,--

01.03.2000 - 31.03.2000

437.760,--

87.552,--

01.04.2000 - 30.04.2000

437.760,--

87.552,--

01.05.2000 - 31.05.2000

437.760,--

87.552,--

Nachforderung

1.751.040,--

350.208,-- "

In der Begründung heißt es, dem Beschwerdeführer als Gesellschafter der genannten W.P. Gesellschaft nach bürgerlichem Recht sei laut Mitteilung der Fa. X. Plakatwerbung vom 31. August 2000 für das Jahr 2000 die Betreuung und Plakatierung der von ihr ab Februar 2000 angemieteten 3840 Papiercontainer übertragen worden. Von ihm sei weder die Tätigkeit als Werbeunternehmen, wie in § 7 der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 festgelegt, beim Stadtmagistrat Innsbruck angezeigt worden noch sei für die Monate Februar 2000 bis Mai 2000 eine Ankündigungssteuererklärung eingebracht worden. Da dem Stadtmagistrat Innsbruck für die angeführten Monate keine Bemessungsgrundlagen bekannt gegeben worden seien, hätten diese im Schätzungswege ermittelt werden müssen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 31. Jänner 2002 wies der Stadtmagistrat Innsbruck die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde traf mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid folgende Entscheidung:

"Die Berufung (des Beschwerdeführers), vertreten durch ..., gegen den Haftungsbescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 22.1.2001 ..., mit welchem der Genannte zur Haftung für die von der WP GnbR nicht entrichtete Ankündigungssteuer für den Zeitraum 2.2.2000 bis 31.5.2000 in Höhe von EUR 25.450,61 (ATS 350.208,--) zuzüglich 2 % Säumniszuschlag, sohin insgesamt EUR 25.959,62, herangezogen wurde, wird gemäß § 214 TLAO als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung vollinhaltlich bestätigt."

In der Begründung heißt es, die WP Gesellschaft nach bürgerlichem Recht habe von der X. Plakatwerbung vertraglich die Plakatierungsrechte übernommen. In der Folge sei sie berechtigt gewesen, an 3.840 Papiercontainern der Y. GmbH Ankündigungen durch Plakate anzubringen. Gemäß einer "Niederschrift für mündlichen Gesellschaftsvertrag" vom Finanzamt Innsbruck seien für das Ankündigungsunternehmen der WP Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zwei Gesellschafter, nämlich der Beschwerdeführer und G. S. namhaft gemacht worden. Beide Personen agierten als Geschäftsführer und hafteten jeweils zu 50 %, weshalb die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers im Rahmen der gegebenen Gesamtschuldnerschaft gemäß § 4 Abs. 2 der Tiroler Landesabgabenordnung zu Recht erfolgt sei. Der im Rahmen des Vorlageantrages vorgebrachte Einwand, eine neuerliche Bescheiderlassung gegen den Beschwerdeführer wegen entschiedener Sache erfolge zu Unrecht, entbehre jeder Grundlage. Im erwähnten Abgabeverfahren gegen die X. Plakatwerbung, für die ebenfalls der Beschwerdeführer zeichne, sei der Berufung mit Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen vom 18. Dezember 2000 Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos behoben worden. Ursächlich für diese Entscheidung sei die Tatsache gewesen, dass die X. Plakatwerbung die Plakatierungsrechte an die WP Gesellschaft nach bürgerlichem Recht übertragen habe. Es handle sich hiebei um zwei völlig unabhängige Abgabeverfahren und der Umstand, dass der Beschwerdeführer an beiden Firmen beteiligt sei, sei für die in Rede stehende Entscheidung unerheblich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Ankündigungssteuer verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Formulierung der angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde vom 10. September 2002 werde die Berufung gegen den Haftungsbescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 22. Jänner 2001, mit welchem der Genannte zur Haftung für die von der WP GnbR nicht entrichtete Ankündigungssteuer herangezogen worden sei, als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung vollinhaltlich bestätigt.

Mit dem Bescheid erster Instanz vom 22. Jänner 2001 wurde die Ankündigungssteuer festgesetzt. Der Beschwerdeführer wurde nach dem Spruch dieses Bescheides als Schuldner der Ankündigungssteuer herangezogen. Es wird in diesem Bescheid weder eine Bestimmung angeführt, wonach der Beschwerdeführer Haftender einer Abgabenschuld einer anderen Person sei, noch ausdrücklich seine Haftungsinanspruchnahme ausgesprochen. Die Begründung dieses Bescheides wie auch die Berufungsvorentscheidung vom 31. Jänner 2002 enthalten keinen Hinweis auf eine Heranziehung zur Haftung.

Wenn nun die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides die Entscheidung trifft, die Berufung gegen den "Haftungsbescheid" des Stadtmagistrates Innsbruck vom 22. Jänner 2001, mit welchem der Beschwerdeführer zur Haftung für die genannte Gesellschaft nach bürgerlichem Recht herangezogen worden sei, werde als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung vollinhaltlich bestätigt, dann hat sie mit diesem Abspruch die mit dem Bescheid erster Instanz vorgenommene Festsetzung der Steuerschuld und damit die Vorschreibung auf Grund dieses Steuerschuldverhältnisses in eine Haftungsinanspruchnahme abgeändert.

Gemäß § 214 Abs. 1 Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht nach § 209 zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

Die Abänderungsbefugnis ist durch die Sache beschränkt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar2, Rz 4 zu § 289 BAO).

Mit der Auswechslung des Schuldverhältnisses durch ein Haftungsverhältnis im Spruch des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde nicht mehr in der Angelegenheit entschieden, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat, sondern hat damit in Überschreitung ihrer Abänderungsbefugnis den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 18. Dezember 2000 wurde der Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 13. Juni 2000 ersatzlos aufgehoben. Mit Bescheid vom 22. Jänner 2001 wurde demselben Beschwerdeführer für den denselben Zeitraum und für dieselben Ankündigungen (soweit dies den vorgelegten Verwaltungsakten und den Begründungen der Bescheide entnommen werden kann, erfolgte nur eine Verringerung der Anzahl nach) die Ankündigungssteuer neuerlich vorgeschrieben.

Wenn die belangte Behörde die Ansicht vertritt, es habe sich um zwei völlig unabhängige Abgabenverfahren gehandelt, weil dem Beschwerdeführer im Bescheid erster Instanz vom 13. Juni 2000 als Inhaber der X. Plakatwerbung und im Bescheid erster Instanz vom 22. Jänner 2001 als Gesellschafter der WP Gesellschaft nach bürgerlichem Recht die Ankündigungssteuer vorgeschrieben worden sei, dann verkennt sie damit, dass in beiden Fällen dem Beschwerdeführer als dem Abgabenrechtssubjekt derselben Ankündigungssteuerschuld die in Rede stehende Ankündigungssteuer vorgeschrieben wurde. Das Abgabenschuldverhältnis bestand in beiden Fällen jeweils zwischen dem Abgabengläubiger und dem Beschwerdeführer. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer - nach den genannten Bescheidformulierungen - einmal als Inhaber der "X. Plakatwerbung" und das andere Mal als Gesellschafter einer Gesellschaft nach bürgerlichen Recht als Abgabenschuldner herangezogen wurde, änderte an dem Abgabenschuldverhältnis nichts, weil damit keine Änderung des Abgabenrechtssubjektes eingetreten ist.

Bei Identität der Sache in den beiden genannten Entscheidungen erster Instanz stand aber die Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 18. Dezember 2000 der neuerlichen Vorschreibung der Ankündigungssteuer in derselben Sache entgegen. Die Vorschreibung der Ankündigungssteuer mit Bescheid vom 22. Jänner 2001 ist in einem solchen Fall rechtswidrig. Da die belangte Behörde auch dies verkannte und dies nicht zum Anlass der Aufhebung des Bescheides erster Instanz nahm, belastete sie auch insofern den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 15. Dezember 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002170326.X00

Im RIS seit

22.01.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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