TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/22 98/14/0025

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Veröffentlicht am 22.01.2004
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §19 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J K in W, vertreten durch die Spohn, Richter & Partner, Rechtsanwälte OEG in 4020 Linz, Altstadt 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 29. Dezember 1997, Zl. RV/126/01-07/Hd-1997, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1994 begehrte der Beschwerdeführer, den - nach § 4 Abs 3 EStG ermittelten - Gewinn aus Gewerbebetrieb um eine Zahlung von 248.000 S für Wareneinkauf zu mindern. Der Betrag scheine zu Unrecht in den Betriebsausgaben des Jahres 1993 auf. Die Bank des Beschwerdeführers habe den Betrag im Jahre 1994 zu Lasten seines Kontos überwiesen. Am Abfluss (erst) im Jahr 1994 ändere nichts, dass seine Bank für die Überweisung rückwirkend die Wertstellung 29. Dezember 1993 festgesetzt habe.

In der diesem Berufungsbegehren keine Folge gebenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt darauf, dass der Überweisungsbetrag von 248.040 S am Kontoauszug für das Girokonto des Beschwerdeführers zum 31. Dezember 1993 (Kontoauszug Nr. 61) aufscheine, weshalb der Beschwerdeführer den Überweisungsauftrag spätestens am 31. Dezember 1993 erteilt haben müsse.

Nachdem der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hatte, teilte er mit Vorhaltsbeantwortung vom 27. Oktober 1997 folgendes mit:

Sein Girokonto schließe für das Jahr 1993 mit dem Kontoauszug Nr. 60 und einem Kontostand zum 31. Dezember 1993 von minus 435.613 S (Sollstand). Der Kontoauszug Nr 1 vom 5. Jänner 1994 beginne (für das Jahr 1994) mit diesem Kontostand von minus

435.613 S. Auf diesem Kontoauszug Nr 1 scheine das erste Mal die Überweisung (Abbuchung) von 248.040 S (bei einem Buchungstag 3. Jänner 1994 und einer Wertstellung 29. Dezember 1993) auf. Mit Buchungstag 3. März 1994 habe die Bank nochmals eine Belastung von 248.040 S mit Wertstellung 29. Dezember 1993 eingebucht, wobei als Buchungstext angeführt sei "Korr. Ums. Vorjahr"; diesen Betrag habe die Bank sodann am 17. März 1994 mit der Bezeichnung "Storno der Buchung vom 03.01.1994" dem Konto des Beschwerdeführers wieder gutgeschrieben. "Dazwischen" existiere ein nach Abschluss des Kontos des Beschwerdeführers zum 31. Dezember 1993 ausgestellter Kontoauszug mit einer Belastung von 248.040 S (Wertstellung 29. Dezember 1993). Diesen Kontoauszug (Nr. 61) habe die Bank irrtümlich erstellt, zumal er keinen Zusammenhang mit dem folgenden Auszug Nr 1 des Jahres 1994 aufweise (er errechne einen endgültigen Sollstand von 683.643 S). Der Kontoauszug Nr. 61 weise isoliert die in Wahrheit erst am 3. Jänner 1994 getätigte Überweisung von 248.040 S aus. Der Betrag sei tatsächlich erst im Jahr 1994 abgeflossen. Der verwirrenden Buchungsweise liege ein Fehler der Bank des Beschwerdeführers zugrunde; bei der Behebung des Fehlers sei der Bank ein weiterer Fehler unterlaufen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem in Rede stehenden Berufungsbegehren keine Folge. Aus dem Kontoauszug Nr 61 vom 31. Dezember 1993 zum Girokonto des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, dass am 31. Dezember 1993 ein Betrag von 248.040 S überwiesen worden sei, wodurch sich ein Sollstand von 683.543 S ergebe. Im Kontoauszug Nr 1 vom 5. Jänner 1994, der von einem Sollstand vor Abbuchung des Betrages von 248.040 S ausgehe (Kontostand von minus 435.613 S ist Sollstand von 683.653 S vor Abzug von 248.040 S), werde in weiterer Folge der Betrag von 248.040 S als Belastung mit Buchungstag 3. Jänner 1994 angeführt. Bei einem Überweisungsauftrag bewirke dessen Erteilung und nicht erst seine Durchführung durch die Bank die Verausgabung. Im gegenständlichen Fall liege der Überweisung vom Konto des Beschwerdeführers ein Überweisungsauftrag zugrunde. Der Kontoauszug Nr 61 (mit dem Sollstand von 683.653 S) enthalte keinen Hinweis, dass die Transaktion nur zur Wertstellung erfolgt sei. Es werde vielmehr von einem Sollstand von 435.613 S ausgegangen, der durch eine Überweisung vom 31. Dezember 1993 in Höhe von 248.040 S einen Sollstand von 683.653 S bewirke. Mit der Erteilung des Überweisungsauftrages durch den Beschwerdeführer sei der strittige Betrag noch im Jahr 1993 aus seiner Verfügungsmacht abgeflossen, zumal keinerlei Hinweis darauf vorliege, dass der Beschwerdeführer - etwa durch die Möglichkeit der Setzung von Bedingungen - im Jahre 1993 noch die Verfügungsmacht gehabt hätte. Ob der Empfänger des überwiesenen Betrages diesen im Jahr 1993 oder im Jahr 1994 auf seinem Konto als Guthaben "verbucht" habe, sei unmaßgeblich. Vorgänge des Jahres 1994 (Umbuchungen, Storno, Überweisung) könnten den bereits 1993 erfolgten Abfluss nicht rückgängig machen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 19 Abs 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Für den Zeitpunkt des Abfließens ist maßgebend, wann der geleistete Betrag aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist und dieser die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber verloren hat (Hofstätter/Reichel, § 19 Tz 5 EStG 1988).

Die belangte Behörde hat das Abfließen des in Rede stehenden Betrages bereits im Jahr 1993 deshalb angenommen, weil im Jahr 1993 der Überweisungsauftrag erteilt worden ist. Die belangte Behörde hat aber zusätzlich auch die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass (dies ergebe sich aus dem Kontoauszug Nr 61) die Überweisung am 31. Dezember 1993 erfolgt sei.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer eine Zahlung durch Überweisung von seinem einen Sollstand aufweisenden Girokonto vorgenommen. Bei einer solchen Vorgangsweise kommt es zum Entstehen einer weiteren Schuld (Ausweitung der Schuld) des Kontoinhabers gegenüber der Bank, wobei die dadurch dem Kontoinhaber verschafften Geldmittel unmittelbar zur Leistung einer Zahlung an einen Dritten verwendet werden. Der Abfluss beim Kontoinhaber erfolgt in jenem Zeitpunkt, in welchem er sich der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die durch die neue Schuld (Ausweitung des Schuldenstandes) verschafften Geldmittel begibt (vgl hiezu auch das hg Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 93/14/0164). Das ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Durchführung der Abbuchung durch die Bank (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Mai 1992, 92/14/0011, und Doralt, EStG, § 19 Tz 40 Stichwort "Überweisungsauftrag").

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, bereits mit der Erteilung eines Abbuchungsauftrages wäre der Abfluss gegeben, vermag sohin den angefochtenen Bescheid nicht zu tragen.

Die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, die Abbuchung vom Konto des Beschwerdeführers sei bereits im Jahr 1993 erfolgt, ist aber, wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen worden:

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren - unter Vorlage entsprechender Kontoauszüge - vorgebracht, die Bank habe sein Girokonto zum 31. Dezember 1993 ohne Abbuchung des in Rede stehenden Betrages und zu einem Sollstand von 435.613 S abgeschlossen. Mit diesem Sollstand sei die Bank auch im Jahr 1994 fortgefahren. Sie habe diesen Betrag als Sollstand zum 31. Dezember 1993 auch noch in dem am 5. Jänner 1994 gedruckten Kontoauszug (Auszug Nr 1) ausgewiesen. Erst später sei - rückwirkend - mit Buchungstag 31. Dezember 1993 - die Abbuchung des in Rede stehenden Betrages vorgenommen worden.

Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde Erhebungen darüber anstellen müssen, ob die Bank die im Kontoauszug Nr 61 mit Buchungstag 31. Dezember 1993 ausgewiesene Überweisung erst im Laufe des Jahres 1994 (rückwirkend) vorgenommen hat. Gegebenenfalls wäre der Abfluss nämlich nicht im Jahre 1993 anzusetzen, erfolgt doch der Abfluss erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Abbuchung, nicht hingegen an einem in der Vergangenheit liegenden, von der Bank gewählten Buchungstag. Kommt es erst im Jahr 1994 zu einer Ausweitung der Schuld und zur Verwendung der durch diese Schuldaufnahme erlangten Geldmittel, kann der Abfluss der Geldmittel nicht zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt sein, und zwar auch dann nicht, wenn Buchungen rückwirkend vorgenommen werden und allenfalls vereinbart ist, für die Berechnung der Sollzinsen einen früheren Zeitpunkt heranzuziehen.

Im Hinblick auf das Unterbleiben der angeführten Erhebungen hält die ausschließlich auf das Vorliegen des Kontoauszuges Nr 61 gestützte Feststellung der belangten Behörde, wonach die Abbuchung des in Rede stehenden Betrages tatsächlich bereits im Jahr 1993 vorgenommen worden sei, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht stand.

Im Hinblick auf das Prävalieren der inhaltlichen Rechtswidrigkeit war der angefochtene Bescheid sohin gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.

Wien, am 22. Jänner 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:1998140025.X00

Im RIS seit

18.02.2004

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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