TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/26 2000/17/0172

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Veröffentlicht am 26.01.2004
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Index

L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;
L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

AbgVG Vlbg 1984 §127 Abs3;
AbgVG Vlbg 1984 §52 Abs1;
AbgVG Vlbg 1984 §66 Abs2;
AbgVG Vlbg 1984 §67 Abs1;
BAO §115 Abs1;
BAO §164 Abs1;
BAO §166;
BAO §303 Abs4;
LSchG Vlbg 1982 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der X. GmbH & Co in Bregenz, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 7. Februar 2000, Zl. IIIa-212/27, betreffend Vorschreibung einer Landschaftsschutzabgabe für die Jahre 1988 bis 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. In der Zeit vom 30. August bis 1. September 1994 wurde bei der beschwerdeführenden Partei eine abgabenbehördliche Landschaftsschutzabgabennachschau betreffend den Prüfungszeitraum 1989 bis 1993 durchgeführt.

Mit Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom 23. Dezember 1994 erging auf Grundlage des schriftlichen Prüfungsberichtes der Kontrollabteilung betreffend die abgabenbehördliche Landschaftsschutzabgabennachschau die Vorschreibung von Landschaftsschutzabgabe mit folgendem Spruch:

"Spruch

1. Landschaftsschutzabgabe wird gemäß §§ 80, 82 Abs. 3 und 83 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, in der Fassung LGBl. Nr. 87/1993, in Verbindung mit §§ 20 und 21 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, in der Fassung LGBl. Nr. 22/1988, wie folgt festgesetzt:

Zeitraum: 1- 5/1988

 

 

Bemessungsgrundlage:

403.930,80 t Steine

 

Abgabesatz: 1,70 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

7.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 5,30 S/t

 

S 723.782,36

 

 

 

Zeitraum : 6-12/1988

 

 

Bemessungsgrundlage:

495.037,20 t Steine

 

Abgabesatz: 2,2 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

24.500,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 1.196.881,84

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1989

 

 

Bemessungsgrundlage:

818.625,01 t Steine

 

Abgabesatz: 2,20 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 1.985.775,02

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1990

 

 

Bemessungsgrundlage:

724.157,19 t Steine

 

Abgabesatz: 2,20 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 1.777.945,82

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1991

 

 

Bemessungsgrundlage:

868.758,70 t Seine

 

Abgabesatz: 2,20 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 2.096.069,14

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1992

 

 

Bemessungsgrundlage:

557.750,04 t Steine

 

Abgabesatz: 2,60 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 5,20 S/t

 

S 1.668.550,10

2. Landschaftsschutzabgabe wird gemäß §§ 80, 82 Abs. 3 und 127 (Anm.: diese Bestimmung betrifft die Wiederaufnahme des Verfahrens) des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, in der Fassung LGBl. Nr. 87/1993, in Verbindung mit §§ 20 und 21 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, in der Fassung LGBl. Nr. 22/1988, wie folgt festgesetzt:

Zeitraum: 1- 3/1993

 

 

Bemessungsgrundlage:

115.282,81 t Steine

 

Abgabesatz: 2,60 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

10.500,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 5,20 S/t

 

S 354.335,31

3. Nebenansprüche gemäß §§ 58 und 90 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, in der Fassung LGBl. Nr. 87/1993, in Verbindung mit § 21 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, werden wie folgt festgesetzt:

festgesetzte Landschaftsschutzabgabe 1988/92

(Spruchpunkt 1)

S 9.449.004,28

festgesetzte Landschaftsschutzabgabe 1- 3/1993

(Spruchpunkt 2)

S 354.335,31

 

 

- Vorauszahlungen pro 1-12/1988

S 1.731.897,70

- Vorauszahlungen pro 1-12/1989

S 1.795.227,71

- Vorauszahlungen pro 1-12/1990

S 1.580.744,28

- Vorauszahlungen pro 1-12/1991

S 1.603.132,35

- Vorauszahlungen pro 1-12/1992

S 1.377.348,00

- Vorauszahlungen pro 1-3/1993

S 281.535,38

 

------ ---------------

ausständige Landschaftsschutzabgabe

S 1.433.454,17

- davon 2 % Säumniszuschlag

S 28.669,08

- davon 10 % Verspätungszuschlag

S 143.345,42

 

------------------ ---

4. Ausständige Nachzahlung gerundet gem. § 81 AbgVG.

S 1.605.468,67

..."

Die Behörde führte begründend aus, bei der Überprüfung der Erklärung und Abfuhr der Landschaftsschutzabgabe seien Differenzen festgestellt worden.

Beim Spruchpunkt 1 führe die Nichtanmeldung von 14.241,70 m3 zu einer Nachzahlung von S 81.462,53; diese sei dem Grunde nach vom Abgabepflichtigen anerkannt worden.

Eine geologische Vermessung der im Zeitraum Jänner 1986 bis Dezember 1990 abgebauten Felskubatur ergebe eine abgebaute Menge von 1.454.856 m3, welcher angemeldete Abbaumengen im Zeitraum 1986 bis 1990 von 1.501.575,90 m3 gegenüberstünden. Daraus ergebe sich ein - näher aufgeschlüsselter - Gutschriftsbetrag für das Jahr 1989 von S 55.852,71 und für das Jahr 1990 von S 49.198,48.

Bei einem Anfangsbestand von 25.000 t zum 1. April 1991, 825.200,74 t angemeldetem Abbau im Wirtschaftsjahr 1991 sowie

770.167 t Verkauf im Wirtschaftsjahr 1991 müsse sich ein Endbestand zum 31. März 1992 von 80.033,74 t ergeben. Nach Angaben der Kontrollabteilung seien in der Bilanz 1991 jedoch nur 5.000 t ausgewiesen. Die Differenzmenge von 75.033,74 t Steinen sei nachträglich (mit einem Satz von S 2,20 pro Tonne) mit S 165.074,23 zu versteuern; darüber hinaus werde vom Landesabgabenamt die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel gezogen.

Zu Spruchpunkt 2 führte die Behörde aus, dass hier hinsichtlich der bereits mit Bescheiden des Landesabgabenamtes festgesetzten Landschaftsschutzabgabe für die ersten drei Kalendermonate des Jahres 1993 auf Grund der Prüfungsfeststellungen das Verfahren von Amts wegen wieder aufzunehmen gewesen sei.

Zu beiden Spruchpunkten hielt das Landesabgabenamt fest, im Rahmen der Nachschau habe sich für die Wirtschaftsjahre 1988 bis 1992 eine Differenzmenge von 505.326,65 t ergeben, welche wohl verkauft, aber nicht der Landschaftsschutzabgabe unterzogen worden sei. Zu dieser Differenzmenge gebe es keine Unterlagen, aus denen das Abbaugewicht, die Zusammensetzung der gewonnenen Körnungen, Verschmutzungsfaktoren (Schmutzanteile) oder die Abbaustelle im Detail nachvollzogen werden könne, obwohl der Abgabepflichtige jene Aufzeichnungen zu führen habe, die nach Maßgabe der einzelnen Abgabenvorschriften zur Erfassung der abgabepflichtigen Tatbestände dienten. Nach Auffassung des Landesabgabenamtes - so die Behörde in der Begründung des Bescheides weiter - handle es sich bei den Materialentnahmen des Abgabepflichtigen um solche aus Bodenabbauanlagen, bei denen die zweckorientierte und organisierte Gewinnung von landschaftsschutzabgabepflichtigen Materialien den Abgabentatbestand auslöse; weil es zur Erläuterung der festgestellten Differenzmenge keine Aufzeichnungen gebe, habe die Behörde die Grundlagen für die Abgabenverwaltung zu schätzen.

Gehe man von einer durchschnittlichen jährlichen Differenzmenge von 101.000 t aufbereiteten, sortenreinen Materials abzüglich 15.000 t Altasphalt und 16.000 t Anlieferungen (ohne Schmutzanteile) von fremden Unternehmen aus, verblieben 70.000 t unversteuertes Material jährlich. Daraus würden sich dann die im Einzelnen näher angeführten Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung der Landschaftsschutzabgabe ergeben.

1.2. In der dagegen erhobenen Berufung verwies die beschwerdeführende Partei zunächst auf ein beim Verfassungsgerichtshof anhängiges Beschwerdeverfahren, in dem sie ihre Abgabenpflicht für den Steinbruch dem Grunde nach in Frage gestellt habe; sie sei der Ansicht, dass ihr Steinbruch eine Bergbauanlage darstelle und daher von vornherein keine Landschaftsschutzabgabe anfallen könne.

Im Übrigen nahm die beschwerdeführende Partei dahin Stellung, dass die Nachzahlung für den Monat Juli 1991 zu Recht bestehe, desgleichen auch die Gutschriften "für die Monate Jänner 1986 bis Dezember 1990". Dagegen halte sie die Vorschreibung der Nachzahlung für die Monate April 1988 bis März 1993 dem Grunde nach für unberechtigt. Soweit sich die Behörde erster Instanz hier auf die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, Schätzungen vorzunehmen, berufe, verkenne sie das Wesen der die beschwerdeführende Partei (landesrechtlich) treffenden nur beschränkten Buchführungspflicht. Wenn die abgabenpflichtige beschwerdeführende Partei eine landschaftsschutzrechtlich bewilligungspflichtige Bodenabbauanlage betreibe, dann könne sich ihre landesrechtliche Buchführungspflicht nur auf diese Bodenabbauanlage beziehen und nicht etwa auch auf die Gleisbauaktivitäten der verbundenen Gleisbaugesellschaft. Die beschwerdeführende Partei könne daher nur insofern buchführungspflichtig sein, als sie landesabgabenpflichtig sei. Sie habe daher über zugeführtes Material aus Baustellen, Recyclingmaterial etc. (landesabgabenrechtlich) nicht Buch zu führen, weil sie dieses Material nicht aus einer Bodenabbauanlage beziehe. Dass aber die Buchführung bezüglich des Steinbruches selbst unbestritten richtig und vollständig sei, ergebe sich aus der geodätischen Vermessung, als dessen Ergebnis der mit Berufung angefochtene Bescheid selbst der beschwerdeführenden Partei eine Gutschrift von S 236.869,91 zugestehe. Soweit also die beschwerdeführende Partei aus dem Steinbruch Material abgebaut habe, habe sie dieses Material ordnungsgemäß erfasst und deklariert, ja sogar mehr deklariert, als sie überhaupt abgebaut habe. Material aus Baustellen, Altstoffmaterial etc. sei hingegen nicht abgabepflichtig.

1.3.1. Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 4. August 1999 der beschwerdeführenden Partei mit, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1999, Zl. 96/17/0004, sei die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 21. Oktober 1993 betreffend die Festsetzung der Landschaftsschutzabgabe für den Zeitraum Jänner 1993 bis Mai 1993 als unbegründet abgewiesen worden; nunmehr könne das mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 1995 ausgesetzte Berufungsverfahren betreffend die Landschaftsschutzabgabe für den Zeitraum 1988 bis 1993 fortgeführt werden.

Da - so die belangte Behörde in ihrem Schreiben vom 4. August 1999 weiter - die beschwerdeführende Partei 505.326,65 t Material, welches sie verkauft habe, dem Landesabgabenamt nicht gemeldet habe, bedürfe es im Berufungsverfahren weiterer Ermittlungsschritte. Weil die belangte Behörde als Berufungsbehörde auf Grund des Berichtes über die abgabenbehördliche Landschaftsschutzabgabennachschau die Richtigkeit der Abgabeerklärungen der beschwerdeführenden Partei bezweifle, treffe gemäß § 59 Abs. 1 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984 (in der Folge: AbgVerfG), die beschwerdeführende Partei die Obliegenheit, zu beweisen bzw. glaubhaft zu machen, dass die Abgabenerklärungen im Zeitraum April 1988 bis einschließlich März 1993 richtig seien.

Aus diesem Grund ergehe an die beschwerdeführende Partei die Aufforderung, in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht darzulegen, aus welchen Gründen sich im Zeitraum April 1988 bis einschließlich März 1993 die im genannten Bericht festgestellte Differenzmenge von 505.326,65 t zwischen der abgebauten Menge laut den "Aufstellungen der Sprengungen" und der verkauften Menge laut der Umsatzstatistik ergebe.

Hiefür erscheine der belangten Behörde insbesondere eine Darlegung, welches konkrete Material verkauft und ob allenfalls Material von fremden oder verbundenen Unternehmen zugeführt worden sei, wesentlich. Zur Nachweisführung erscheine es ebenfalls maßgeblich, Zeugen bekannt zu geben, welche die Richtigkeit der diesbezüglichen Ausführungen bezeugen könnten, oder andere Beweismittel zur Verfügung zu stellen.

1.3.2. In ihrer diesbezüglichen Stellungnahme vom 23. August 1999 erklärte die beschwerdeführende Partei der noch ausständigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden präjudiziellen Rechtsnormen komme im gegebenen Zusammenhang entscheidende Bedeutung zu; vor der Fortführung des gegenständlichen Berufungsverfahrens werde daher in jedem Fall die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in näher genannten Beschwerdeverfahren abzuwarten sein. Es werde daher beantragt, die Frist zur Stellungnahme zum Vorhalt sowie zur Erbringung der geforderten Darlegungen und Nachweise bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in den genannten Beschwerdeverfahren zu erstrecken.

1.3.3. Mit Schreiben vom 8. September 1999 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit, dass sie nicht die Auffassung vertrete, es seien vor der Fortführung des gegenständlichen Verfahrens die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes in den genannten Beschwerdeverfahren abzuwarten. Es ergehe deshalb an die beschwerdeführende Partei erneut die Aufforderung, in Erfüllung der Offenlegungspflicht darzulegen, aus welchen Gründen sich im Zeitraum 1988 bis einschließlich März 1993 die im Bericht festgestellte Differenzmenge von 505.326 t zwischen der abgebauten Menge laut den "Aufstellungen der Sprengungen" und der verkauften Menge laut der Umsatzstatistik ergebe; im Übrigen werde auf das Schreiben vom 4. August 1999 verwiesen und eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.

1.3.4. Die beschwerdeführende Partei beantragte hierauf in ihrer Stellungnahme vom 29. September 1999 neuerlich, das gegenständliche Berufungsverfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auszusetzen. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf ihr Beschwerdevorbringen vor dem Verfassungsgerichtshof und wiederholte ihre diesbezüglichen Normbedenken. Sie erklärte weiters, dass es im Übrigen bei den "bisherigen Stellungnahmen" verbleibe. Die belangte Behörde verkenne den Inhalt des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1999, Zl. 96/17/0004, der in keinem Fall auf die hier gegenständliche Fragestellung übertragbar sei, ob für fremd zugeliefertes Material Landschaftsschutzabgabepflicht bestanden habe.

Die allenfalls dem Bescheid der Behörde erster Instanz zu entnehmende Ansicht - so die beschwerdeführende Partei in ihrer Stellungnahme weiter -, dass jeder Aushub eine Bodenabbauanlage darstelle, widerspreche "dem normalen Empfinden und dem allgemeinen Sprachverständnis". Ein Aushub für ein Einfamilienhaus sei danach niemals eine Bodenabbauanlage. Ein derartiges Verständnis würde auch den Interpretationsregeln des § 6 ABGB widersprechen. Auch lasse die Erstbehörde unberücksichtigt, dass nach der ausdrücklichen Textierung des § 20 Abs. 1 des Landschaftsschutzgesetzes nur Entnahmen aus bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlagen landschaftsschutzabgabepflichtig gewesen seien.

Es sei "völlig unbestritten", dass die beschwerdeführende Partei, "ein reiner Steinbruchbetrieb, ihrerseits niemals Baumaßnahmen außerhalb des Steinbruches gesetzt" habe; es sei weiters völlig unbestritten, dass die beschwerdeführende Partei niemals im Hochbau oder im Tiefbau tätig gewesen sei. Es könne auch keine Rolle spielen, dass möglicherweise andere Unternehmen der Firmengruppe den Abbau vorgenommen hätten, weil nach Abgabenrecht das jeweilige konkrete Unternehmen und nicht ein Schwester-, Tochter- oder Mutterunternehmen abgabenpflichtig sein könne. Es stehe auch fest, dass nicht die beschwerdeführende Partei den jeweiligen Abbau vorgenommen habe. Weil daher völlig offensichtlich sei, dass die entsprechenden Aushübe oder sonstigen Materialaufnahmen nicht von der beschwerdeführenden Partei durchgeführt worden seien, sondern von anderen Unternehmungen, habe diesbezüglich bei der beschwerdeführenden Partei auch keine Aufzeichnungspflicht nach Landschaftsschutzrecht bestanden; "denn selbstverständlich" bestehe "eine Buchführungspflicht nur im Rahmen der Abgabenpflicht. Wer in einer bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage abbaut, muss Bücher führen, wer dies nicht tut, nicht."

Sofern die zuliefernden Unternehmen bewilligungspflichtigen Bodenabbau im Sinne des Landschaftsschutzgesetzes betrieben hätten, seien diese - und nur diese - buchführungspflichtig gewesen. Selbst wenn die beschwerdeführende Partei gewusst hätte, dass die Zulieferunternehmen aus bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlagen Material entnommen hätten, hätte dies noch nicht ihre eigene Buchführungspflicht ausgelöst.

1.3.5. Die belangte Behörde teilte hierauf mit Schreiben vom 12. November 1999 der beschwerdeführenden Partei mit, dass sie nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens im Rahmen einer Schätzung den näher angeführten Sachverhalt zu Grunde lege. Es werde nicht bestritten, so führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass die beschwerdeführende Partei als Abgabenschuldnerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum insgesamt 505.326,65 t Material mehr verkauft habe, als dem Landesabgabenamt angemeldet worden sei. Ob dieses Material im Steinbruch selbst abgebaut worden sei oder teilweise von der Abgabepflichtigen selbst oder von anderen Unternehmen zugeliefert und erst nach Wiederaufbereitung von der Abgabenpflichtigen verkauft worden sei, sei auf Grund der fehlenden Aufzeichnung nicht mehr objektiv nachzuvollziehen. Folglich habe die Behörde diesbezüglich die Grundlagen für die Abgabenverwaltung zu schätzen.

Dem Prüfbericht sei zu entnehmen, dass es über die zugelieferten Mengen keinerlei Unterlagen gebe. Dennoch werde im Prüfbericht davon ausgegangen, dass es sich bei der Differenzmenge um "verarbeitetes Recyclingmaterial aus fremden und verbundenen Unternehmen" handle. Wieder aufbereitet würden Bauschutt, Asphalt und Aushübe. Das Material werde von der beschwerdeführenden Partei kostenlos übernommen. Diese Annahmen stützten sich - offensichtlich - auf Aussagen des Leiters des Steinbruches, welcher nach Rücksprache mit dem verantwortlichen Leiter für Hoch- und Tiefbau weiters erklärt habe, dass jährlich ca. 50.000 bis 80.000 t Aushubmaterial von verbundenen Unternehmen an den Steinbruch geliefert und dort aufgebreitet würden. Auf Grund dieser Informationen sei im Prüfbericht die Differenzmenge auf die einzelnen Jahre so aufgeteilt worden, dass von der durchschnittlichen Differenzmenge von 101.000 t pro Jahr ca. 58.000 t als von verbundenen Unternehmen und ca. 28.000 t als von fremden Unternehmen angeliefert angenommen worden seien; bei durchschnittlich 15.000 t handle es sich um Asphalt. Im Prüfbericht werde die Rechtsauffassung vertreten, dass jene 58.000 t aus verbundenen Unternehmen nachträglich der Landschaftsschutzabgabe zu unterwerfen seien.

Dieser Rechtsauffassung werde von der belangten Behörde nicht gefolgt, da Recyclingmaterial (Bauschutt, Asphalt) regelmäßig nicht in einer bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage gewonnen werde. Ebenso wenig sei aber die Annahme im Prüfbericht zwingend, dass es sich bei der Differenzmenge von 505.326,65 t um Recyclingmaterial aus fremden und verbundenen Unternehmen handle.

Mangels ordnungsgemäßer Aufzeichnungen gehe die belangte Behörde im Rahmen des Schätzungsverfahrens - ebenso wie die erstinstanzliche Behörde - davon aus, dass es sich bei der durchschnittlichen jährlichen Differenzmenge von 101.000 t um aufbereitetes, im Wesentlichen sortenreines Material gehandelt habe, da dieses - nach den allgemeinen Lebenserfahrungen - nur in dieser Form verkauft worden sein könne. Weil dem Prüfbericht zu entnehmen sei, dass die Lagermenge an Asphalt ca. 12.000 t betragen habe, gehe die belangte Behörde weiter davon aus, dass jährlich 15.000 t Altasphalt wieder aufbereitet und sortenreinem Abbaumaterial zugeführt und anschließend verkauft worden seien. Der Annahme der Abgabenbehörde erster Instanz im Rahmen ihres Schätzungsverfahrens, dass 16.000 t Anlieferungen (ohne Schmutzanteile) von fremden Unternehmen erfolgt seien - und nicht 28.000 t wie im Prüfbericht angenommen worden sei - sei von Seiten der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, zumal die Annahmen im Prüfbericht ebenfalls bloß auf der Grundlage von Behauptungen von Bediensteten des Steinbruches geschätzt worden seien. Nach Abzug von 15.000 t und 16.000 t ergebe sich somit eine Restmenge von 70.000 t jährlich, welche - nach den Angaben der beschwerdeführenden Partei als Abgabenschuldnerin - von verbundenen Unternehmen zugeführt worden sein sollten. Obzwar im Prüfbericht diesen Angaben Glauben geschenkt worden sei, sei von der Abgabenbehörde erster Instanz zu Recht davon ausgegangen worden, dass die gesamte Restmenge von 70.000 t der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen sei, zumal die mündlichen Angaben des Steinbruchleiters keine substantiiert vorgetragene, für eine Schätzung relevante Behauptung bildeten. Ebenso wenig sei das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in ihrer Stellungnahme vom 29. September 1999 als inhaltlich substantiiert zu qualifizieren, wonach völlig unbestritten sei, dass die beschwerdeführende Partei ihrerseits niemals Baumaßnahmen außerhalb des Steinbruches gesetzt habe und niemals im Hoch- oder im Tiefbau tätig gewesen sei.

Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass die Restmenge von 70.000 t teilweise aus dem Steinbruch selbst und teilweise aus Bodenabbauanlagen außerhalb des Steinbruches stammten, sei nach den bisherigen Erfahrungen von einem ca. 40 %-igen Steinanteil und 60 %-igen Sand-, Kies-, und Schuttmaterialanteil auszugehen, welcher der Bemessung zu Grunde zu legen sei.

1.3.6. Die beschwerdeführende Partei nahm hiezu mit Schreiben vom 29. November 1999 Stellung. Darin brachte sie unter anderem vor, der Abbau von Gestein habe mit dessen Weiterverarbeitung, Lagerung oder Verkauf nichts zu tun. Das Material werde durch die Sprengung vom Berg getrennt und dadurch "abgebaut"; allein die Menge des Materials, das bei den Sprengungen vom Berg getrennt werde, könne für die Abgabenpflicht maßgeblich sein. Die Aufzeichnungspflichten für Gesteinsabbauunternehmen könnten nicht weitergehen, als sie zur Erfassung der sie potentiell betreffenden Abgabentatbestände und zu deren Kontrolle erforderlich seien. Aufzeichnungen über die Lohnsteuer für Mitarbeiter seien aus der Sicht der allfälligen Abgabenpflicht genauso irrelevant wie die für die Umsatzsteuer maßgeblichen Aufzeichnungen über Verkäufe, die mit der Gewinnung der Materialien durch ihren Abbau nichts zu tun hätten.

Eine Abgabenhaftung des Weiterverarbeiters für Abbaumengen oder Entnahmen anderer Unternehmen sei im Landschaftsschutzabgabegesetz nicht vorgesehen. Auch die "Zweifel an der materiellen Richtigkeit ihrer Bücher" hätten sich auf jenen Bereich zu beschränken, in dem die Abgabepflichtige für die jeweilige Abgabenbehörde buchführungspflichtig sei. Mit anderen Worten, die belangte Behörde habe sich jedweder Überlegungen zu anderen Buchführungsbereichen unter anderem "auch deshalb zu enthalten, weil sie damit in andere Aufgabenbereiche unzulässig eingreifen würde". Es möge zutreffen, dass die abgabenpflichtige beschwerdeführende Partei "mehr Material verkauft" habe, "als dem Landesabgabenamt angemeldet" worden sei; um diesem Vorhalt Nachvollziehbarkeit zukommen zu lassen, müsse die belangte Behörde jedoch behaupten, dass die beschwerdeführende Partei mehr Material im Steinbruch abgebaut habe, als sie deklariert habe. Dies werde jedoch bestritten. Die Wiederaufbereitung von Material stelle keinen Abbau dar. Dass ein Steinbruchunternehmen nicht im Tief- oder Hochbau tätig sei, ergebe sich schon aus der Berechtigungsstruktur des Unternehmens.

Landschaftsschutzabgabepflicht könne überdies auch nur dann entstanden sein, wenn die beschwerdeführende Partei in einer weiteren bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage Material gewonnen hätte; dass eine solche weitere bewilligungspflichtige Bodenabbauanlage der beschwerdeführenden Partei bestanden habe, behaupte die belangte Behörde in ihrem Vorhalt nicht, welcher somit "auch insofern gänzlich ins Leere" gehe.

Im vorliegenden Verfahren könne von vornherein nur der "Abbau" geschätzt werden. Dieser "Abbau", den die beschwerdeführende Partei im Steinbruch vorgenommen habe, sei jedoch leicht nachzuprüfen. Die Kubatur der angegebenen Sprengungen passe (bis auf eine geringfügige, außer Streit stehende Differenz) mit der im Fels nachmessbaren Abbaumenge zusammen. Es würden wiederkehrend geodätische Messungen durchgeführt, die die Richtigkeit der Angaben der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der herausgesprengten Abbaumengen durchaus bestätigten. Wenn die erklärten Abbaumengen aber mit der Veränderung im Fels zusammenstimmten, gebe es "nicht einmal den Ansatz für die Berechtigung zu einer Schätzung". Im Hinblick auf die völlige Kongruenz zwischen den Aufzeichnungen über die Sprengungen und der Veränderungen der Kubatur im Fels seien daher sämtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Schätzung zu verneinen.

1.3.7. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 29. November 1999 und das darin erstattete Vorbringen, wonach die beschwerdeführende Partei "nicht im Tief- oder Hochbau tätig" sei, wies die belangte Behörde mit Schreiben vom 14. Januar 2000 darauf hin, dass die beschwerdeführende Partei beispielsweise im Jahr 1996 aus einem näher bezeichneten Gebiet Schüttmaterial entnommen habe; dies weise darauf hin, dass sie auch außerhalb ihres Steinbruches Material in bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlagen gewinne.

1.3.8. Hiezu erstattete die beschwerdeführende Partei eine weitere Stellungnahme vom 27. Jänner 2000. In dieser wiederholte sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen, führte aber weiter aus, dass es im vorliegenden Verfahren um den Zeitraum 1988 bis 1993 gehe; sie bleibe bei ihrer Erklärung, dass sie in diesen Jahren nicht außerhalb des Steinbruches Material aus bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlagen gewonnen habe. Eine Teilnahme an einer Bachräumung vier Jahre nach dem Bemessungszeitraum ändere an der Richtigkeit dieser Behauptung nichts. Die gegenständliche Räumung habe übrigens eine Subauftragnehmerin konkret durchgeführt, weil die beschwerdeführende Partei für Bachräumungen "maschinell nicht wirklich eingerichtet" sei.

1.4. Die belangte Behörde erließ hieraufhin den angefochtenen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 123 iVm § 138 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, idF LGBl. Nr. 84/1998, wird der Berufung der Rhomberg Steinbruch GmbH, Bregenz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wilfried Ludwig Weh, Bregenz, gegen den Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom 23.12.1994, Zl. LAA 131/38/001, St. Nr. 2/39/408, teilweise stattgegeben, der angefochtene Bescheid teilweise abgeändert und die Landschaftsschutzabgabe wie folgt festgesetzt:

1. Die Landschaftsschutzabgabe wird gemäß §§ 80 und 138 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, in der Fassung LGBl. Nr. 84/1998, in Verbindung mit §§ 20 und 21 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, in der Fassung LGBl. Nr. 22/1988, wie folgt festgesetzt:

Zeitraum: 1- 5/1988

 

 

Bemessungsgrundlage:

391.504,23 t Steine

 

Abgabesatz: 1,70 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

7.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 5,30 S/t

 

S 702.657,19

 

 

 

Zeitraum : 6-12/1988

 

 

Bemessungsgrundlage:

480.144,76 t Steine

 

Abgabesatz: 2,20 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

24.500,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 1.164.118,47

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1989

 

 

Bemessungsgrundlage:

818.625,01 t Steine

 

Abgabesatz: 2,20 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 1.985.775,02

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1990

 

 

Bemessungsgrundlage:

724.157,19 t Steine

 

Abgabesatz: 2,20 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 1.777.945,82

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1991

 

 

Bemessungsgrundlage:

868.758,70 t Seine

 

Abgabesatz: 2,20 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 4,40 S/t

 

S 2.096.069,14

 

 

 

Zeitraum: 1-12/1992

 

 

Bemessungsgrundlage:

557.750,04 t Steine

 

Abgabesatz: 2,60 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

42.000,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 5,20 S/t

 

S 1.668.550,10

2. Das Verfahren bezüglich Festsetzung der Landschaftsschutzabgabe im Abgabenzeitraum 1/1993 bis 3/1993 werden gemäß § 127 Abs 3 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, wieder aufgenommen, die Bescheide des Landesabgabenamtes jeweils vom 05.07.1993, Zl. LAA 131-38-001/A, aufgehoben und die Landschaftsschutzabgabe gemäß §§ 80 und 138 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, in der Fassung LGBl. Nr. 84/1998, in Verbindung mit §§ 20 und 21 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, in der Fassung LGBl. Nr. 22/1988, wie folgt festgesetzt:

Zeitraum: 1- 3/1993

 

 

Bemessungsgrundlage:

115.282,81 t Steine

 

Abgabesatz: 2,60 S/t

 

 

Bemessungsgrundlage:

10.500,00 t Sand, Kies u. Schuttmaterial aller Art

Abgabesatz: 5,20 S/t

 

S 354.335,31

3. Die Nebenansprüche gemäß § 90 des Abgabenverfahrensgesetzes, LGBl. Nr. 23/1984, in der Fassung LGBl. Nr. 9/1989, in Verbindung mit § 21 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, werden wie folgt festgesetzt:

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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