TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/28 2003/12/0003

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Veröffentlicht am 28.01.2004
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Index

L22007 Landesbedienstete Tirol;
L26007 Lehrer/innen Tirol;

Norm

BLKUFG Tir 1998 §10;
BLKUFG Tir 1998 §11 Abs1 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dr. T in I, vertreten durch Mag. Martin Pancheri, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 16/1. Stock, gegen den Bescheid der Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landesbeamten vom 21. November 2002, Zl. KUF-27002/VOKB- 2/02, betreffend Ersatz von Kosten der Krankenbehandlung nach dem (Tiroler) Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz 1998 (BLKUFG 1998), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol.

In seiner Eingabe vom 10. September 1999 ersuchte er um Übernahme der Kosten einer Lasik-Operation an den Augen seines Sohnes; dieser könne mit 1. Dezember d.J. in den Dienst der Gendarmerie eintreten, wenn bis Ende Oktober d.J. ein ärztliches Gutachten darüber beigebracht werde, dass die Fehlsichtigkeit jedenfalls weniger als 2 Dioptrien betrage. Um dieses Operationsergebnis zu erreichen, sei die möglichst rasche Durchführung der Operation erforderlich. Diesem Schreiben war ein Kostenvoranschlag betreffend die Operation an einem Auge über einen Betrag von S 22.000,-- angeschlossen.

Am 14. September 1999 wurde an beiden Augen des Sohnes des Beschwerdeführers die Lasik-Operation durchgeführt und hiedurch die Fehlsichtigkeit verringert.

Nachdem die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landesbediensteten (die Erstbehörde) dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 27. Oktober 1999 mitgeteilt hatte, dass sie einen Kostenersatz für diese Operation ablehne, begehrte der Beschwerdeführer den bescheidmäßigen Abspruch über sein Begehren auf Kostenersatz für die am 14. September 1999 durchgeführte Operation.

Hierauf holte die Erstbehörde von Univ.Prof. Dr. Wolfgang G. an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie ein Gutachten zur medizinischen Notwendigkeit der gegenständlichen Operation ein; dieses schließt mit der Stellungnahme, der Sohn des Beschwerdeführers gebe selbst an, er habe die Lasik-Operation aus beruflichen Gründen zur Aufnahme bei der Gendarmerie durchführen lassen. Eine medizinische Indikation für den Eingriff sei nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2002 wies die Erstbehörde den Antrag "auf Übernahme der Kosten für die Lasik-Operation an beiden Augen" ab. Unter kurzer Darstellung des Verfahrensganges führte sie begründend aus, sie habe keine Ursache, das Gutachten von Univ.Prof. Dr. Wolfgang G. anzuzweifeln, es sei schlüssig und nachvollziehbar und mit den logischen Denkgesetzen in Einklang zu bringen. Auf Grund der Ausführungen des Gutachters sei für die Erstbehörde eindeutig erwiesen, dass es sich bei der durchführten Lasik-Operation um keine Krankenbehandlung im Sinne des BLKUFG 1998 handle.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landesbeamten (die belangte Behörde) die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte sie nach Darstellung des bisherigen Verfahrens zusammengefasst aus, die Kurzsichtigkeit des Sohnes des Beschwerdeführers habe vor der Operation etwa 3,5 bis 4 Dioptrien betragen und nach der Lasik-Operation 0,5 bzw. 0,25 Dioptrien. Für die Frage der Kostenübernahme sei jedoch die Feststellung des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Wolfgang G. von ausschlaggebender Bedeutung, wonach eine medizinische Indikation für den Eingriff nicht gegeben gewesen sei. Ungeachtet der sonstigen Gründe für die Durchführung der Lasik-Operation sei auf Grund der mangelnden medizinischen Indikation nach Ansicht der belangten Behörde dieser Eingriff daher nicht als Krankenbehandlung im Sinne des BLKUFG 1998 zu qualifizieren. In diesem Zusammenhang werde auch darauf hingewiesen, dass - entsprechend einer Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 3. Dezember 1999 - der Oberste Sanitätsrat am 13. November 1999 festgestellt habe, dass das Lasik-Verfahren in einen Bereich von -0,5 bis -10 Dioptrien bis zu einem Astigmatismus von 3 Dioptrien eine wissenschaftlich anerkannte Heilmethode für die Kurzsichtigkeit wäre. Die gegenständliche Operation sei sohin vor dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der Oberste Sanitätsrat das Lasik-Verfahren als wissenschaftlich anerkannte Heilmethode für die Kurzsichtigkeit qualifiziert gehabt habe. Auf Grund der fehlenden medizinischen Indikation wäre eine Kostenübernahme aber auch im Fall einer nach diesem Zeitpunkt vorgenommenen Operation abzulehnen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass durch die gegenständliche Operation - eine Krankenbehandlung im Sinne des § 11 Abs. 1 lit. a BLKUFG 1998 - die Fehlsichtigkeit seines Sohnes nahezu gänzlich beseitigt worden sei. Dass dieser Fehlsichtigkeit auch mit einem Heilbehelf im Sinn des § 11 Abs. 1 lit. c leg. cit., nämlich durch Anschaffung einer Brille, hätte begegnet werden können, ändere nichts daran, dass es sich beim operativen Eingriff tatsächlich um eine Krankenbehandlung gehandelt habe. Gesetzliche Bestimmungen darüber, welche von mehreren Möglichkeiten der Behandlung vom Kostenersatzanspruch ausgeschlossen seien, enthalte das BLKUFG 1998 nicht. Die belangte Behörde habe ihre Entscheidung zu Unrecht darauf gestützt, dass keine Krankenbehandlung vorgelegen habe.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes 1998 (BLKUFG 1998) lauten - soweit im Beschwerdefall von Relevanz - in der Fassung der Wiederverlautbarung, LGBl. (für Tirol) Nr. 97/1998:

"§ 1

Anspruchsberechtigte

(1) Die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Bediensteten des Dienst- und Ruhestandes

(Beamte) ... haben bei Krankheit oder Mutterschaft gegenüber dem

Land für sich und ihre Angehörigen Anspruch auf Leistungen nach den Bestimmungen der §§ 9 bis 16 dieses Gesetzes. ...

...

Leistungen

§ 9

Arten und Höhe

(1) Den nach § 1 Anspruchsberechtigten stehen nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 3 folgende Leistungen zu:

a)

zur Früherkennung ...

b)

bei Krankheit (das ist der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der Heilbehandlung notwendig macht): Ersatz der Kosten der Heilbehandlung (§ 10);

              c)              bei Mutterschaft ...

§ 10

Heilbehandlung

Die Heilbehandlung umfasst alle Maßnahmen, die zur Beseitigung oder Besserung des durch die Krankheit bedingten regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes notwendig sind. Hiezu gehören:

a)

Krankenbehandlung (§ 11),

b)

Anstaltspflege (§ 13),

c)

Sonderleistungen (§ 14).

§ 11

Krankenbehandlung

(1) Die Krankenbehandlung nach § 10 umfasst:

a)

ärztliche Hilfe,

b)

Heilmittel,

c)

Heilbehelfe (Anschaffung und erforderliche Instandhaltung),

...

§ 12

Heilmittel und Heilbehelfe

(1) Heilmittel sind:

a)

notwendige Arzneien,

b)

sonstige Mittel, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges notwendig sind.

(2) Heilbehelfe sind Brillen, ... und andere technische

Behelfe, die zur Wiedererlangung oder zur Erhaltung der Gesundheit notwendig sind.

..."

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer für seinen Sohn als Angehörigen im Sinn des § 2 Abs. 1 BLKUFG 1998 ein Anspruchsberechtigter im Sinn des § 1 Abs. 1  leg. cit. ist und dass die Fehlsichtigkeit seines Sohnes eine Krankheit im Sinn des § 9 Abs. 1 lit. b leg. cit. darstellte, sodass dem Beschwerdeführer dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz von Kosten einer Heilbehandlung zustand.

Gemäß § 10 BLKUFG 1998 umfasst die Heilbehandlung alle Maßnahmen, die zur Beseitigung oder Besserung des durch die Krankheit bedingten regelwidrigen Körperzustandes notwendig sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. April 1991, Zl. 89/12/0246, ausführte, setzt der Begriff des "Notwendigsein" im Sinn des § 10 BLKUFG 1998 die "unbedingte Erforderlichkeit" (damals: des Heilmittels) für den anzustrebenden Erfolg voraus und normiert damit lediglich eine Ersatzpflicht (im damaligen Fall:) für solche Heilmittel, die zur Erreichung des genannten Zweckes "konkret erforderlich" sind.

Damit normiert das BLKUFG 1998 - entgegen der Ansicht der Beschwerde - ein Kriterium für die Entscheidung, ob bzw. welche von mehreren Möglichkeiten der Heilbehandlung vom Kostenersatzanspruch ausgeschlossen sind. Die Beschwerde räumt selbst ein, dass der Fehlsichtigkeit auch mit einem Heilbehelf im Sinn des § 11 Abs. 1 lit. c BLKUFG 1998, nämlich mit einer Brille, hätte begegnet werden können, und gesteht damit zu, dass die am Sohn des Beschwerdeführers in Form einer Lasik-Operation vorgenommene Heilbehandlung nicht unbedingt erforderlich und damit nicht "notwendig" im Sinn des § 10 BLKUFG 1998 war.

Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass dieses Auslegungsergebnis auch mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Bestimmung des § 133 Abs. 2 ASVG, wonach die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein müsse, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfe, im Einklang steht. Das Maß des Notwendigen im Sinne dieser Bestimmung (als grundsätzliches Ziel einer Krankenbehandlung) bestimme sich zwar aus dem Zweck der Leistung; notwendig sei jedoch nur jene Maßnahme, die zur Erreichung des Zweckes unentbehrlich und unvermeidbar sei. Es sollten mit dieser Einschränkung unnötige Maßnahmen vermieden und damit die finanzielle Belastung in Grenzen gehalten und andererseits die zur medizinisch notwendigen Versorgung erforderlichen Maßnahmen gewährleistet werden. Die Beschränkung des Leistungsumfanges auf das Maß des Notwendigen beinhalte auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Krankenbehandlung. Bezogen auf den Anspruch des Versicherten auf Kostenerstattung für ein Heilmittel bedeute dies etwa, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Beistellung eines jeden (von ihm gewünschten oder ihm vom Arzt verschriebenen) Heilmittels habe, sondern ihm nur das im konkreten Fall notwendige und wirtschaftlichste Heilmittel zustehe (vgl. etwa den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 12. Juni 2001, Zl. 10ObS117/01f, mwN).

Da die belangte Behörde die Frage der Notwendigkeit der Heilbehandlung im Sinn des § 10 BLKUFG 1998 zutreffend beurteilte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Jänner 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003120003.X00

Im RIS seit

19.02.2004

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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