TE Vwgh Erkenntnis 2004/1/29 2003/07/0101

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2004
beobachten
merken

Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;
L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990;
AWG 2002 §3;
AWG 2002 §37;
AWG 2002 §73;
AWG 2002 §77 Abs2;
AWG 2002 §77 Abs3 Z3;
AWG 2002 §77 Abs3 Z4;
AWG 2002 §77 Abs3;
AWG 2002;
AWG Tir 1990 §16 Abs1;
AWG Tir 1990 §20 Abs2;
AWG Tir 1990 §4 Abs2 lith;
AWG Tir 1990;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs4;
NatSchG Tir 1997 §27;
NatSchG Tir 1997 §6 lita;
NatSchG Tir 1997 §6 lith;
NatSchG Tir 1997;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der N GmbH & Co KG in J, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, Müllerstraße 3, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. Juli 2003, Zl. U-30.008/10, betreffend Verweigerung einer abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung und Erteilung eines Auftrages zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (mitbeteiligte Parteien: 1. R in M, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, Kirchgasse 5, 2. S in J und 3. Ing. J in J), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. August 2002 wies die Bezirkshauptmannschaft K (BH) gemäß § 16 Abs. 2 und § 20 Abs. 1 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990 idF LGBl. Nr. 3/2002 (TAWG) den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung für die Errichtung einer nicht öffentlichen Bodenaushubdeponie (Abfallart Bodenaushub, Schlüsselnummer 31411 laut österreichischem Abfallkatalog) auf Grundstück Nummer 519/1 der KG J auf einer Fläche von ca. 2.580 m2 mit einem Deponievolumen von ca. 17.500 m3 ab (Spruchabschnitt I).

Unter Spruchabschnitt II trug die BH der beschwerdeführenden Partei gemäß § 13 Abs. 2 TAWG zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die Vornahme folgender Maßnahmen auf:

"1. Zur Gewährleistung der dauernden Standsicherheit des derzeitigen Schüttkörpers ist die bestehende Böschung im Verhältnis 3:4 zu errichten.

2. Auf der Böschung ist ein Gehölzstreifen zu pflanzen.

Folgende Arten sind zu verwenden: Bergahorn, Esche, Traubenkirsche, Vogelkirsche, Zitterpappel, Haselnuss und Schwarzer Holunder. Die Gehölze sind im Pflanzverband von 2 x 2 m zu pflanzen, wobei die Sträucher am unteren Rand und die Bäume weiter oben zu pflanzen sind. Die Gehölze sind bis zu ihrem sicheren Aufkommen zu pflegen, erforderlichenfalls nachzupflanzen und auf Dauer zu erhalten.

3. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der in Richtung WNW gelegenen Parzelle 519/3 ist im Bereich des derzeit bestehenden Deponiekörpers der Damm zur Ableitung der anfallenden Oberflächen- und Niederschlagswässer zu belassen.

4. Verunreinigungen mit Betonabbruch, Bauschutt usw. sind auszusortieren und ordnungsgemäß zu entsorgen."

In der Begründung heißt es, am 25. April 2002 habe eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf das Verhandlungsprotokoll, insbesondere auf das abfalltechnische Gutachten werde verwiesen. Zusätzlich seien ein wasserfachtechnisches sowie ein geologisches Gutachten eingeholt worden, welche den Parteien zur Kenntnis gebracht worden seien.

Der Amtsachverständige für Naturkunde habe folgende Stellungnahme abgegeben:

"Befund:

Die Deponie bzw. der Lagerplatz befindet sich auf einer Fläche, die laut Biotopkartierung als nadelholzdominierter Wald sowie als landwirtschaftliche Intensivfläche eingetragen ist. Welcher Gehölzbestand im als Waldparzelle eingetragenen Flächenanteil vorhanden war, kann auf Grund der bereits erfolgten Deponierung nicht mehr festgestellt werden. Es dürfte sich jedoch vorwiegend um Laubholz gehandelt haben (siehe Foto von Herrn Ballauf). Am Fuß der derzeitigen Deponie setzt sich ein sanft geneigter Geländerücken nach unten fort, dieser Rücken weist in Längsrichtung eine Hangneigung von ca. 16 % auf. Der derzeitige Schüttkörper weist nach allen Richtungen Hangneigungen von meist 70-80 % auf (mit Ausnahme der ebenen Fläche auf dem Plateau). Am untersten Ende der projektierten Deponie in der Nähe des Waldes befindet sich eine feuchte Senke, wo an Nässe anzeigenden Pflanzen im Wesentlichen Sumpfdotterblume, Flatter-Binse und Wald-Simse vorkommen. Ein Feuchtgebiet im Sinn der Begriffsbestimmung des Tiroler Naturschutzgesetzes ist nicht vorhanden. Von der noch beantragten Deponierung sind nur einige Quadratmeter dieser nassen Senke betroffen. Ein Gewässer im Sinn der Begriffsbestimmung des Tiroler Naturschutzgesetzes ist im beantragten Bereich nicht vorhanden.

Gutachten:

Die beantragte Deponierung wirkt sich auf Landschaftsbild und Erholungswert ungünstig aus. Die Deponie ist von dem vorbeiführenden Fahrweg aus gut sichtbar. Der Fahrweg ist zu Naherholungszwecken geeignet. Es zweigt von diesem Fahrweg aus auch ein beschilderter Wanderweg in Richtung K-graben ab (siehe Foto).

Das Gelände wird in ungünstiger Weise verändert, da ein sanft geneigter Geländerücken steil aufgeschüttet wird. Im Bereich der relativ schmalen Zufahrt wird der Erholungswert in negativer Weise durch die notwendigen Fahrten mit schweren Fahrzeugen beeinflusst.

Der Artenreichtum der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Naturhaushalt werden geringfügig beeinträchtigt. Es sind im gegenständlichen Bereich keine besonders erhaltenswerten Vegetationseinheiten vorhanden.

Zur Abminderung der geschilderten Beeinträchtigungen werden folgende Nebenbestimmungen vorgeschlagen:

1. Entlang des zukünftigen Böschungsfußes an der Grundgrenze zwischen den Parzellen 519/3 und 519/1 ist ein mindestens 3 m breiter Gehölzstreifen zu pflanzen. Dieser Gehölzstreifen ist senkrecht zur Längsrichtung des Geländerückens im Bereich der beschriebenen Parzellengrenze anzulegen. Der Abstand zur Parzelle 519/3 hat mindestens 1 m zu betragen. Folgende Arten sind zu verwenden: Bergahorn, Esche, Traubenkirsche, Vogelkirsche, Zitterpappel, Haselnuss und Schwarzer Holunder. Die Gehölze sind im Pflanzverband von 2 x 2 m zu pflanzen, wobei die Sträucher am unteren Rand und die Bäume weiter oben zu pflanzen sind. Die Gehölze sind bis zu ihrem sicheren Aufkommen zu pflegen, erforderlichenfalls nachzupflanzen und auf Dauer zu erhalten.

2. Die entstehenden Böschungen sind sofort standsicher anzulegen und Zug um Zug mit derselben Gehölzartenmischung zu bepflanzen."

Anlässlich der mündlichen Verhandlung - so fährt die BH in der Begründung ihres Bescheides fort - habe sich der Großteil der Nachbarn gegen die Erteilung der Bewilligung ausgesprochen.

In rechtlicher Hinsicht führte die BH nach Anführung der §§ 16 Abs. 2, 18 Abs. 1, 20 Abs. 1, 20 Abs. 2 und 4 Abs. 2 TAWG aus, nach Maßgabe der als schlüssig erachteten abfalltechnischen, wasserfachtechnischen und geologischen Gutachten wäre das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei nur bei Vorschreibung von Nebenbestimmungen genehmigungsfähig. Nach Maßgabe des als schlüssig erachteten naturkundefachlichen Gutachtens werde nach Ansicht der Behörde jedoch dem Erfordernis des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG, wonach Abfälle so zu entsorgen sind, dass das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild so gering wie möglich beeinträchtigt wird, auch bei Vorschreibung von Nebenbestimmungen nicht entsprochen. Die Deponierung wirke sich auf das Landschaftsbild und den Erholungswert ungünstig aus. Die Deponie sei vom vorbeiführenden Fahrweg aus gut sichtbar, welcher zu Naherholungszwecken geeignet sei. Von diesem Fahrweg zweige auch ein beschilderter Wanderweg in Richtung K-graben ab. Das Gelände werde in ungünstiger Weise verändert, da ein sanft geneigter Geländerücken steil aufgeschüttet werde. Im Bereich der Zufahrt werde der Erholungswert in negativer Weise durch die Fahrten mit schweren Fahrzeugen beeinflusst. Nach Ansicht der Behörde sei daher nicht davon auszugehen, dass das Vorhaben das Landschaftsbild so gering wie möglich beeinträchtige. Die vom naturkundefachlichen Sachverständigen vorgeschlagenen Nebenbestimmungen würden bestenfalls eine Abminderung der an sich vorhandenen Beeinträchtigungen bewirken. Auch aus dem geologischen Gutachten ergebe sich, dass der Deponiestandort nicht ideal sei. Laut den vorgeschlagenen Nebenbestimmungen müsste zunächst ein sicherer Deponiefuß errichtet werden. Das Deponiegut müsste gemischtkörnig mit hoher Wasserdurchlässigkeit aufgebracht werden, so dass Niederschlags- und Sickerwässer im Untergrund versickern könnten und nicht auf der horizontalen Oberfläche gesammelt würden und konzentriert abflössen. Größere Mengen bindigen Materials müssten mit unbindigem gemischt und das Deponiegut verdichtet werden. Infolge der Durchfeuchtung des Untergrundes in der Vernässungszone in der Deponie könnte es auch zum Auftreten von Setzungserscheinungen kommen, wobei eigene Dränagen errichtet werden müssten. Diese Maßnahmen wären technisch mit großem Aufwand wohl durchführbar, belegten allerdings, dass der Standort nicht ideal sei und der Aushub an anderer Stelle besser entsorgt werden könnte. Die Ausführungen im geologischen Gutachten stünden in dieser Hinsicht in Wechselwirkung mit jenen im abfalltechnischen Gutachten.

Ob das Deponiegeschehen eine unzumutbare Belästigung der Anrainer bewirke, könne nur auf der Basis eines Lärmgutachtens beurteilt werden. Die Einholung eines solchen Gutachtens erscheine der Behörde entbehrlich, da bereits das Kriterium der möglichst geringen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes nicht eingehalten werde.

Die Parteistellung der dem Verfahren beigezogenen Nachbarn resultiere aus dem Umstand, dass eine Gesundheitsgefährdung bzw. unzumutbare Belästigung auf Grund der Anlage einer Deponie unmittelbar hangaufwärts ihrer Grundstücke nicht ausgeschlossen werden könne.

Zum Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes führte die BH aus, auf der Grundfläche sei bereits ein Deponiekörper geschüttet worden. Dort lagere laut den Angaben im Projekt auf einer Fläche von 1.204 m2 Bodenaushub im Ausmaß von 5.000 m3. Die Aufschüttung werde seit August 2000 betrieben. Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass bereits eine bewilligungspflichtige Deponie bestehe und somit Maßnahmen zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufzutragen seien. Die aufgetragenen Maßnahmen seien mit der geologischen Sachverständigen sowie dem naturkundefachlichen Sachverständigen koordiniert worden. Ein Abtransport des bereits aufgebrachten Aushubs wäre kontraproduktiv, da damit eine zusätzliche Belastung der Nachbarn einher ginge.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Erstmitbeteiligte als auch die beschwerdeführende Partei Berufung.

Der Erstmitbeteiligte vertrat die Auffassung, der beschwerdeführenden Partei hätte die Abtragung der schon getätigten Aufschüttungen aufgetragen werden müssen.

Die beschwerdeführende Partei bekämpfte sowohl die Versagung der Bewilligung als auch den Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes. Sie brachte vor, eine nähere Überprüfung des von der BH zur Begründung ihres Bescheides herangezogenen Gutachtens des Amtsachverständigen für Naturkunde zeige, dass durch die von diesem Sachverständigen vorgeschlagenen Nebenbestimmungen den Grundsätzen des § 4 Abs. 2 TAWG Rechnung getragen werde. Wie jeder Eingriff in die Natur müsse auch die beantragte Deponierung ganz allgemein als ungünstig auf das Landschaftsbild und den Erholungswert wirkend beurteilt werden; dies nicht zuletzt deshalb, weil die beantragte Deponie von dem vorbeiführenden Fahrweg aus einsehbar sei. Entscheidend sei jedoch die Aussage im Gutachten, dass einerseits im gegenständlichen Bereich keine besonders erhaltenswerten Vegetationseinheiten vorhanden seien und andererseits der bestehende Artenreichtum der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Naturhaushalt selbst nur geringfügig - wenn überhaupt - beeinträchtigt werde. Damit die Interessen im Sinne des § 4 TAWG so gering wie möglich beeinträchtigt würden, habe der Amtsachverständige Nebenbestimmungen vorgeschlagen. Betrachte man die Gegebenheiten vor Ort, so komme man zu dem Ergebnis, dass der als zu Naherholungszwecken geeignet erscheinende Fahrweg tatsächlich einen asphaltierten Güterweg darstelle, welcher geringfügig mit Personen- und Lastkraftwagen, Motorrädern etc. befahren werde. Wanderer selbst benützten diesen Weg nur äußerst selten. Auch als Zufahrt bzw. Zugang in Richtung K-graben werde dieser Weg kaum benützt. Vielmehr benützten Wanderer einen ca. 300 m nördlich entfernt liegenden Wanderweg, der vom Gasthof H in den K-graben führe. Was die negative Beeinflussung des Erholungswertes durch die notwendigen Fahrten mit schweren Fahrzeugen anlange, so handle es sich hierbei nur um eine vorübergehende, kurzfristige Beeinflussung, welche mit den wenigen Zufahrten zur Deponie selbst zusammenhänge. Durch die seitens des naturkundefachlichen Sachverständigen vorgeschlagenen Nebenbestimmungen seien die Grundsätze des § 4 TAWG gewahrt. Die von den Nachbarn geltend gemachten Gefährdungen bzw. Belästigungen seien auch nicht gegeben.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 2. Juli 2003 wies die belangte Behörde sowohl die Berufung des Erstmitbeteiligten als auch jene der beschwerdeführenden Partei ab.

In Abschnitt 2 ihrer Begründung (Sachverhalt) führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Die Deponie sei am Rande eines Siedlungsgebietes situiert, das vorwiegend aus Einfamilienhäusern bestehe; die Schüttung an sich befinde sich am Waldrand und sei vom Siedlungsgebiet sowie auch vom vorbeiführenden Fahrweg gut einsehbar. Im näheren Umkreis der Deponie befänden sich ausschließlich Einfamilien- und Ferienhäuser; im näheren Umkreis sei kein gewerblicher Betrieb angesiedelt, es handle sich um ein reines Siedlungs- und Erholungsgebiet.

Die Deponie für Bodenaushub im Bereich des Leitenweges "F" in der Gemeinde J befinde sich in einem Naherholungsgebiet, an dem Wanderwege vorbeiführten. Insbesondere befinde sich die Abzweigung eines Wanderweges zur K-alm direkt im Nahe- und Sichtbereich der Deponie.

Vor der Errichtung der Deponie habe sich im gegenständlichen Bereich ein sanft geneigter Geländerücken mit einer Hangneigung von ca. 16 % befunden. Auf diesem Geländerücken seien Schüttungen ohne vorliegende behördliche Bewilligung vorgenommen worden. Zum Zeitpunkt der Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren habe der Schüttkörper nach allen Richtungen Hangneigungen von meist 70-80 % (ausgenommen das Plateau) aufgewiesen.

Im Abschnitt 3 ("Beweiswürdigung") heißt es, der festgestellte Sachverhalt ergebe sich aus dem naturkundefachlichen Gutachten sowie aus den Lichtbildern, die Gegenstand des Aktes seien. Von der beschwerdeführenden Partei werde ausgeführt, dass der Wanderweg äußerst selten von Wanderern benützt werde. Dem entgegen führe der Zweitmitbeteiligte in seiner Stellungnahme aus, dass dieser Weg in den Tourismusprospekten als Wandervorschlag aufgenommen worden sei. Die tatsächliche Benützung des Weges erscheine als nicht wesentlich. Es sei auf die Eignung des Gebietes als Naherholungsgebiet abzustellen und diese liege nachweislich vor, zumal auch auf einem dem Akt beiliegenden Lichtbild die Wegbeschilderung zu erkennen sei.

Im rechtlichen Teil ihrer Ausführungen beruft sich die belangte Behörde zunächst zur Begründung ihrer Zuständigkeit und der Anwendung des TAWG auf § 77 Abs. 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 (AWG 2002) und führt dann zur Berufung der beschwerdeführenden Partei aus, auf Grund des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes werde davon ausgegangen, dass durch die Deponierung eine wesentliche Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes erfolge. Diese Beeinträchtigung sei umso gravierender zu werten, als diese in einem Naherholungsgebiet stattfinde. Auf den Lichtbildern sei ersichtlich, dass durch die Deponierung eine Veränderung der Landschaft in nicht geringem Ausmaß erfolge. Insbesondere während des Zeitraumes der Schüttungen werde das Landschaftsbild durch den Blick auf den offenen Schüttkegel für Erholungssuchende, die das Gebiet zu Wanderzwecken aufsuchten, stark entwertet. Die vom naturkundefachlichen Sachverständigen vorgeschlagenen Bepflanzungsmaßnahmen dienten lediglich einer Abminderung der Beeinträchtigungen. Diese blieben jedoch in wenngleich schwach abgeminderter Form bestehen. Dazu sei anzumerken, dass die Errichtung der Schüttung ohne Bewilligung erfolgt sei und der naturkundefachliche Sachverständige bei der Festlegung der Bepflanzungsmaßnahmen nur mehr von einem bereits durch die Schüttung beeinträchtigten Landschaftsteil habe ausgehen können und daher die vorgeschlagenen Maßnahmen als Schadensbegrenzung anzusehen seien. Insgesamt erscheine das Gelände für die Errichtung einer Bodenaushubdeponie nicht geeignet, da der gegenständliche Bereich ein Naherholungsgebiet sowohl für die Bewohner als auch für Touristen darstelle. Es sei daher der Vorgabe des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG nicht entsprochen, da durch die Errichtung der Deponie das Landschaftsbild massiv beeinträchtigt werde und diese Beeinträchtigungen auch nicht durch naturkundefachliche Vorschreibungen abgemindert werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde nehme im angefochtenen Bescheid in entscheidenden Punkten Bezug auf die im Berufungsverfahren abgegebene Stellungnahme des Zweitmitbeteiligten. Diese Stellungnahme sei der beschwerdeführenden Partei nicht zur Kenntnis gebracht und damit das Parteiengehör verletzt worden. Die Behauptungen in dieser Stellungnahme seien unrichtig. Der Zweitmitbeteiligte gehe von falschen Voraussetzungen aus. Er sehe die Gesamtkubatur von

17.500 m3 als zusätzliche Ablagerungen an, obwohl aus dem Antrag der beschwerdeführenden Partei hervorgehe, dass darin die bereits abgelagerten 5.000 m3 enthalten seien. Weiters gehe der Zweitmitbeteiligte von einer Böschungsneigung von 66 % aus, tatsächlich bestehe aber nur eine Neigung im Verhältnis 3:4. Es treffe auch nicht zu, dass der betroffene Weg in den Tourismusprospekten als Wandervorschlag bezeichnet werde. Die Deponie beeinträchtige auf Grund ihrer - näher dargestellten - Lage die Fußgänger überhaupt nicht; dies allein schon durch die verschiedene Höhenlage von Deponie und Weg.

In dem mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Bescheid werde der beschwerdeführenden Partei die Durchführung von Maßnahmen aufgetragen, um den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Bei Erfüllung dieser Maßnahmen entspreche die Deponie den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 TAWG. Wenn aber bei Einhaltung dieser Maßnahmen die Deponie gesetzeskonform sei, so sei nicht einzusehen, weshalb die optisch nicht wesentlich wahrnehmbare Vergrößerung der Deponie das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild mehr als geringfügig beeinträchtigen solle.

Es bleibe auch völlig ungeklärt, weshalb die belangte Behörde annehme, die Erholungsqualität werde durch die Deponierung von Erdaushub beeinträchtigt. Zu einer derartigen Feststellung habe es eines Sachverständigengutachtens bedurft, welches aber fehle.

Was den Auftrag zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes betreffe, so sei die Verpflichtung zur Erhaltung des von der beschwerdeführenden Partei zu pflanzenden Gehölzes auf Dauer im Gesetz nicht begründet.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligten Partei haben ebenfalls Gegenschriften erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei die Erteilung der abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung für eine Deponie verweigert und ihr aufgetragen, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Mit 2. November 2002, also vor Erlassung des angefochtenen Bescheides, ist das AWG 2002 in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz hat der Bundesgesetzgeber in wesentlich größerem Umfang als im Vorgängergesetz, dem Abfallwirtschaftsgesetz 1990 (AWG 1990), von seiner Bedarfsgesetzgebungskompetenz nach Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG ("Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist") für nicht gefährliche Abfälle Gebrauch gemacht.

Das AWG 2002 enthält Bestimmungen über Behandlungsanlagen (§ 37ff) - zu denen auch Deponien gehören - und über die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (§ 73).

Die §§ 37ff und 73 AWG 2002 gelten auch für nicht gefährliche Abfälle, da § 3 leg.cit., der die Ausnahmen vom Geltungsbereich dieses Gesetzes regelt, keine Ausnahmen für nicht gefährliche Abfälle enthält.

Mit dem Inkrafttreten des AWG 2002 wurden die in den Abfallwirtschaftsgesetzen der Länder enthaltenen Bestimmungen über Behandlungsanlagen und Behandlungsaufträge unanwendbar (vgl. Wiederin, Bundesrecht und Landesrecht, 102ff).

Davon machen allerdings die Übergangsbestimmungen des § 77 Abs. 2 und 3 AWG 2002 Ausnahmen. Diese lauten auszugsweise:

"(2) Behandlungsanlagen, die gemäß § 37 genehmigungspflichtig sind, bedürfen keiner Genehmigung nach diesem Bundesgesetz, wenn ein nach der vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage erforderliches Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren anhängig oder rechtskräftig abgeschlossen ist. Weitere nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage erforderliche Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängig waren oder nach diesem Zeitpunkt anhängig gemacht wurden, sind nach den jeweiligen Vorschriften abzuführen. Bei Vorliegen aller nach dem bis zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes erforderlichen Genehmigungen, Bewilligungen oder Nicht-Untersagungen gelten sie als Genehmigung gemäß § 37. Dies gilt sinngemäß auch für nach den Bestimmungen des AWG 1990 übergeleitete Behandlungsanlagen.

(3) Folgende zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren sind nach den vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes geltenden Vorschriften abzuschließen:

1.

...

3.

Verfahren betreffend Behandlungsanlagen, die gemäß § 37 genehmigungspflichtig sind; Abs. 2 zweiter und dritter Satz sind anzuwenden; der Antragsteller kann eine Genehmigung gemäß § 37 beantragen;

              4.              Verfahren gemäß den §§ 32 und 45b Abs. 3 AWG 1990 und Verfahren betreffend Behandlungsaufträge gemäß den Bestimmungen der Abfallwirtschaftsgesetze der Bundesländer."

Die Anordnung, dass zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des AWG 2002 anhängige Verfahren nach den vor In-Kraft-Treten des AWG 2002 geltenden Vorschriften abzuschließen sind, bezieht sich auch auf Verfahren, die nach landesrechtlichen Vorschriften anhängig waren (vgl. das zur vergleichbaren Bestimmung des § 44 AWG 1990 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1997, 97/07/0084).

Das Verfahren zur Genehmigung der Deponie der beschwerdeführenden Partei und zur Vorschreibung von Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes war am 2. November 2002 bereits anhängig. Das Verfahren war daher nach dem TAWG zu Ende zu führen.

Für die Bewilligung der Deponie sind folgende Bestimmungen

des TAWG von Bedeutung:

"§ 4

(1) ...

(2) Abfälle sind so zu entsorgen, dass

a) die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet wird und unzumutbare Belästigungen von Menschen nicht bewirkt werden,

b) keine Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen verursacht werden,

c) die Umwelt nicht über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt wird,

d)

keine Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden,

e)

nicht Geräusche und Lärm in übermäßigem Ausmaß verursacht werden,

              f)              das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern nicht begünstigt werden,

g)

die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gestört wird,

h)

das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild so gering wie möglich beeinträchtigt wird."

"§ 16

Bewilligungspflicht für ortsfeste Anlagen

(1) ...

(2) Die Errichtung einer nicht öffentlichen Behandlungsanlage oder einer nicht öffentlichen Deponie, die nicht unter § 29 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes und § 74 ff der Gewerbeordnung 1994 fällt und auch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, sowie jede Änderung einer solchen Anlage, die geeignet ist, die im § 4 Abs. 2 genannten Interessen wesentlich zu beeinträchtigen, bedürfen der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde."

"§ 20

Errichtungsbewilligung

(1) ...

(2) Die Errichtungsbewilligung ist zu erteilen, wenn das Vorhaben den Erfordernissen nach § 4 Abs. 2, bei öffentlichen Behandlungsanlagen und öffentlichen Deponien überdies dem Abfallwirtschaftskonzept entspricht. Die Bewilligung ist unter Bedingungen und mit Auflagen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, damit den Erfordernissen nach § 4 Abs. 2 entsprochen wird. In der Bewilligung sind auch jene Arten von Abfällen festzulegen, für die die Anlage bestimmt ist."

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Deponie der beschwerdeführenden Partei dem Genehmigungskriterium des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG entspricht. § 4 Abs. 2 lit. h TAWG enthält, wie sich schon aus der Formulierung "so gering wie möglich" ergibt, kein absolutes Verbot einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, sondern lässt solche Beeinträchtigungen zu.

Fraglich ist allerdings, woran zu messen ist, ob eine durch eine Deponie hervorgerufene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes "so gering wie möglich" ist und ob es eine konkrete Intensitätsgrenze für Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes gibt, die nicht überschritten werden darf.

Die belangte Behörde hat die Bewilligung mit der Begründung verweigert, die Deponierung bewirke eine wesentliche Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes, die umso gravierender sei, weil sie in einem Naherholungsgebiet stattfinde. Die vom Amtssachverständigen für Naturkunde vorgeschlagenen Auflagen dienten lediglich einer Abminderung der Beeinträchtigungen, die aber in wenngleich schwach abgeminderter Form bestehen blieben.

Diese Begründung vermag den angefochtenen Bescheid schon aus verfahrensrechtlicher Sicht nicht zu tragen, weil sie nicht auf ausreichenden Ermittlungsergebnissen beruht.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass durch die vom Amtssachverständigen für Naturkunde vorgeschlagenen Auflagen die von der Deponie ausgehenden Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes nur "schwach" abgemildert würden, ohne eine Begründung hiefür zu geben. Zur Beurteilung, welche Auswirkungen von der Deponie bei Verwirklichung der Auflagen noch ausgehen und welches Gewicht ihnen zukommt, hätte es eines entsprechenden Gutachtens des Amtssachverständigen bedurft. Ein solches fehlt aber.

Die Auffassung der belangten Behörde, dass § 4 Abs. 2 lit. h TAWG eine Intensitätsschranke für Eingriffe in das Landschaftsbild statuiere, die in der "Wesentlichkeit" der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gelegen sei, ist aber auch inhaltlich mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen.

Der Wortlaut des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG legt es nahe, die Bestimmung so auszulegen, dass sie den Konsenswerber (bei der Projektsgestaltung) und die Behörde (bei der Vorschreibung von Auflagen) dazu verpflichtet, alle technischen und sonstigen Gestaltungsmöglichkeiten, die zur Minimierung der vom Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen auf das Landschaftsbild möglich und sinnvoll sind, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuschöpfen. Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, die trotz Ausschöpfung dieser Gestaltungsmöglichkeiten noch verbleiben, sind kein Grund für eine Versagung der Genehmigung. § 4 Abs. 2 lit. h TAWG enthält demnach keine absolute Grenze einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, an der die Einhaltung dieser Vorschrift gemessen werden könnte. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG ist vielmehr an den eingesetzten Mitteln zur Minimierung des Eingriffes zu messen. Sind diese ausgeschöpft, ist der Zielvorgabe des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG Genüge getan.

Für eine solche Auslegung sprechen auch folgende Überlegungen:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Gesetz keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt dafür bietet, wo eine auf das Schutzgut "Landschaftsbild" bezogene konkrete Eingriffsgrenze, die nicht überschritten werden darf, gelegen sein könnte.

Aber auch ein Blick auf das Tiroler Naturschutzgesetz 1997, LGBl. Nr. 33/1997 (TNSchG 1997), bestätigt das schon vom Wortlaut her nahe liegende Auslegungsergebnis.

Das TNSchG 1997 enthält eine Reihe von bewilligungspflichtigen Tatbeständen. § 27 leg. cit. regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Bewilligung erteilt werden kann.

Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten §§ 1, 6 und 27 TNSchG 1997 lauten auszugsweise:

"§ 1

Allgemeine Grundsätze

(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, daß

a)

ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,

b)

ihr Erholungswert,

c)

der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und

              d)              ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet oder durch den Menschen gestaltet wurde. Der ökologisch orientierten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur so weit in Anspruch genommen werden, daß ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.

..."

§ 6

Allgemeine Bewilligungspflicht

Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 46 Abs. 1 genannten Gesetze eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:

              a)              die Errichtung von baulichen Anlagen mit einer zusammenhängend bebauten Fläche von mehr als 2500 m2, sofern sie nicht dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. Nr. 50/1990, dem Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 151/1998, oder dem § 31b des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 74/1997, unterliegen;

...

              h)              Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke in einem Ausmaß von mehr als 5000 m2 berührter Fläche, sofern sie nicht nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, dem Abfallwirtschaftsgesetz oder dem § 31b des Wasserrechtsgesetzes 1959 bewilligungspflichtig sind;

..."

§ 27

Naturschutzrechtliche Bewilligungen

(1) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung ist, soweit in den Abs. 2, 3 und 3a nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,

a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

b) wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.

(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung

a) für eine über die Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehende Änderung einer bestehenden Anlage im Bereich der Gletscher und ihrer Einzugsgebiete (§ 6 lit. f), für Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 25 Abs. 3 und 26 Abs. 3,

b) für Vorhaben, für die in Verordnungen nach den §§ 10 Abs. 1 oder 11 Abs. 1 eine Bewilligungspflicht festgesetzt ist,

c) für Ausnahmen von den in Verordnungen nach den §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 25 Abs. 4 festgesetzten Verboten darf nur erteilt werden,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.

...

(4) Trotz Vorliegens der Voraussetzungen Abs. 1 lit. b, Abs. 2 Z. 2, Abs. 3 oder Abs. 3a ist die Bewilligung zu versagen, wenn der angestrebte Zweck mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg vertretbaren Aufwand auf eine andere Weise erreicht werden kann, durch die die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß beeinträchtigt werden.

..."

Nach § 27 TNSchG 1997 kann also ein bewilligungspflichtiges Vorhaben auch dann bewilligt werden, wenn es die Interessen des Naturschutzes - zu denen nach § 1 leg. cit. auch der Schutz der Landschaft einschließlich des Landschaftsbildes gehört - beeinträchtigt, sofern überwiegende öffentliche Interessen vorhanden sind. Eine solche Bewilligung kann auch bei schwer wiegenden Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes erteilt werden, wenn den gegenläufigen öffentlichen Interessen entsprechendes Gewicht zukommt.

Eine solche Interessenabwägung aber sieht das TAWG nicht vor. Eine Auslegung des § 4 Abs. 2 lit. h leg. cit. in dem Sinn, dass "wesentliche" (oder nach einem sonstigen Kriterium definierte) Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, die trotz Ausschöpfung aller technischen und sonstigen Gestaltungsmöglichkeiten vom Vorhaben noch ausgehen, einen Versagungsgrund darstellen, führte zu dem Ergebnis, dass das TAWG hinsichtlich einer Beeinträchtigung des Schutzgutes "Landschaftsbild" wesentlich strengere Anforderungen statuierte als das TNSchG 1997. Für die Annahme, der Gesetzgeber des TAWG habe dem Landschaftsbild im TAWG einen wesentlich höheren Stellenwert zugemessen als im TNSchG 1997, indem er Beeinträchtigungen dieses Schutzgutes, die die Grenze der "Wesentlichkeit" (oder allenfalls eine sonstige Intensitätsgrenze) überschritten, ohne Abwägung mit entgegenstehenden Interessen zu einem absoluten Grund für die Versagung der Genehmigung gemacht habe, fehlt nicht nur jeglicher Anhaltspunkt; diese Annahme verbietet sich schon deshalb, weil dann öffentliche Behandlungsanlagen (§ 16 Abs. 1 TAWG), an deren Errichtung meist ein großes öffentliches Interesse bestehen wird, bei Beeinträchtigung des Landschaftsbildes nicht bewilligt werden könnten.

Ein weiteres Argument für die Auslegung des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG als bloße "Minimierungsregel" im dargelegten Sinn bietet die Art und Weise, wie der Tiroler Landesgesetzgeber das Verhältnis von TAWG und TNSchG 1997 gestaltet hat.

Eine Subsidiaritätsklausel für bestimmte unter das TAWG fallende Vorhaben enthält nur § 6 lit. a und h. Diese Bestimmungen betreffen lediglich die "allgemeine Bewilligungspflicht" und auch daraus nur einen Ausschnitt. Hingegen enthalten jene Bestimmungen des TNSchG 1997, welche besonders sensible Schutzbereiche des Naturschutzes betreffen (insbesondere § 7: Schutz der Gewässer;

§ 8: Schutz von Auwäldern; § 9: Schutz von Feuchtgebieten; § 10:

Landschaftsschutzgebiete; § 11: Ruhegebiete; § 13: geschützter Landschaftsteil, § 20: Naturschutzgebiete), keine solche Subsidiaritätsklausel.

Dass für sensible Bereiche die Anwendung des TNSchG 1997 angeordnet wird, während für weniger schützenswerte Bereiche die Bestimmungen des TAWG allein für ausreichend erachtet werden, zeigt, dass der Tiroler Landesgesetzgeber davon ausgeht, dass das Schutzniveau des TNSchG 1997 höher ist als jenes des TAWG. Auch dieser Umstand verbietet es, in § 4 Abs. 2 lit. h ein absolutes Verbot der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes über eine bestimmte Intensitätsgrenze hinaus zu sehen.

Nach dem TAWG bewilligungspflichtige Vorhaben, die sensible Schutzbereiche betreffen, bedürfen einer Bewilligung nach dem TNSchG 1997, sodass dafür Vorsorge getroffen ist, dass in diese Schutzgüter nur in dem von diesem Gesetz vorgegebenen Rahmen eingegriffen wird. Dem nur von § 6 lit. a und h TNSchG 1997 erfassten Bereich misst der Gesetzgeber offenbar geringere Bedeutung zu und er geht davon aus, dass für diese Bereiche mit

§ 4 Abs. 2 lit. h TAWG als bloßer Minimierungsregel im dargelegten Sinn das Auslangen gefunden werden kann.

§ 4 Abs. 2 lit. h TAWG könnte aber auch dahingehend ausgelegt werden, dass er auch die Standortfrage erfasst, dass also zu den Möglichkeiten der Minimierung der Landschaftsbildbeeinträchtigung auch die Verwirklichung des Vorhabens an einem anderen Standort gehörte, wenn es dort ohne oder mit geringeren Auswirkungen auf das Landschaftsbild verwirklicht werden könnte.

Da § 4 Abs. 2 lit. h TAWG als alleiniger Schutz vor Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes ohnedies nur in Bereichen zur Anwendung kommt, für die der Gesetzgeber ein gegenüber dem TNSchG 1997 niedrigeres Schutzniveau für ausreichend hält, wird angesichts des gravierenden Eingriffes in die Dispositionsfreiheit des Konsenswerbers eine Versagung der Genehmigung wegen der Möglichkeit der Durchführung des Vorhabens an einem anderen Ort nur in solchen Ausnahmefällen in Betracht kommen, in denen die durch das Vorhaben bewirkte Beeinträchtigung des Landschaftsbildes selbst bei Ausschöpfung aller technischen und sonstigen Gestaltungsmöglichkeiten außerordentlich schwer wiegende Dimensionen annimmt.

Die Versagung der Genehmigung unter Hinweis auf die Möglichkeit der Verwirklichung des Vorhabens an einem anderen Standort kommt weiters schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nur unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Frage. Dabei können unter anderem die Kriterien des § 27 Abs. 4 TNSchG 1997 herangezogen werden.

Eine Versagung der Genehmigung allein mit der Begründung, der Standort sei ungeeignet, weil er in einem Naherholungsgebiet liege, entspricht nicht dem Gesetz.

Da die belangte Behörde von einer unzutreffenden Auslegung des § 4 Abs. 2 lit. h TAWG ausgegangen ist, erweist sich die Verweigerung der Bewilligung für die Deponie der beschwerdeführenden Partei als inhaltlich rechtswidrig.

Als Rechtsgrundlage für den der beschwerdeführenden Partei erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes wurde § 13 Abs. 2 TAWG herangezogen.

§ 13 TAWG lautet:

§ 13

Behördliche Aufsicht

(1) Der Bürgermeister hat demjenigen, der Hausmüll entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen kompostiert, sammelt oder abführt, die zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes erforderlichen Maßnahmen aufzutragen. Bei Gefahr im Verzug hat er die erforderlichen Maßnahmen auf Kosten des Betreffenden sofort zu veranlassen.

(2) Werden betriebliche Abfälle entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen kompostiert, gesammelt oder abgeführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde gegen den betreffenden Betriebsinhaber nach Abs. 1 vorzugehen.

§ 13 Abs. 2 TAWG betrifft nur die Kompostierung, Sammlung und Abfuhr von Abfällen. Der Beschwerdefall betrifft aber den ohne Genehmigung erfolgten Betrieb einer Deponie. Regelungen darüber finden sich im § 24 TAWG. Dieser lautet:

"§ 24

Aufsicht über Behandlungsanlagen, Deponien und Kompostieranlagen

(1) Die für die Erteilung der Bewilligung nach § 20 zuständige Behörde hat Behandlungsanlagen und Deponien im Sinne des § 16 Abs. 1 oder 2 in regelmäßigen, 24 Monate nicht übersteigenden Zeitabständen daraufhin zu überwachen, ob sie entsprechend diesem Gesetz, der Errichtungsbewilligung und der Betriebsbewilligung betrieben werden.

(2) Wird eine nach § 21 Abs. 1 oder § 21a bewilligungspflichtige Anlage ohne rechtskräftige Betriebsbewilligung oder eine nach § 16 Abs. 2 bewilligungspflichtige Bodenaushubdeponie ohne rechtskräftige Errichtungsbewilligung betrieben, so hat die Überwachungsbehörde den Betrieb der Anlage sofort einzustellen.

(3) Wird eine Behandlungsanlage oder eine Deponie nicht entsprechend diesem Gesetz, der Errichtungsbewilligung oder der Betriebsbewilligung betrieben, so hat die Überwachungsbehörde den Inhaber der Anlage die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen Frist aufzutragen. Bei Gefahr in Verzug hat die Überwachungsbehörde auf Kosten des Inhabers der Anlage die zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes erforderlichen Maßnahmen sofort zu veranlassen und erforderlichenfalls den Betrieb der Anlage bis zur Beseitigung des Mangels einzustellen."

Eine Deponie wird unter anderem dann nicht entsprechend den Bestimmungen des TAWG betrieben, wenn der Betrieb ohne Errichtungsbewilligung erfolgt.

Die beschwerdeführende Partei hat ohne die erforderliche Bewilligung Ablagerungen getätigt und somit die Deponie ohne Bewilligung betrieben. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 24 TAWG liegen daher vor. Der Umstand, dass die beschwerdeführende Partei um eine Bewilligung für die Deponie angesucht hat, steht dem mangels einer gegenteiligen Anordnung im TAWG nicht entgegen.

§ 24 Abs. 3 TAWG verpflichtet die Überwachungsbehörde, dem Inhaber der Anlage die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufzutragen.

Der gesetzmäßige Zustand besteht im Beschwerdefall in der Entfernung des aufgeschütteten Materials.

Die beschwerdeführende Partei wäre allerdings in ihren Rechten durch eine weniger weit gehende Anordnung nicht verletzt, wenn diese im Gesetz Deckung fände. Das ist aber hinsichtlich der Vorschreibung einer Bepflanzung und deren Erhaltung auf Dauer, gegen die sie sich in der Beschwerde ausdrücklich wendet, nicht der Fall, weil es dieser Vorschreibung nicht bedurft hätte, wenn die Entfernung der gesamten Deponie aufgetragen worden wäre.

Aus diesem Grund ist auch der Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes inhaltlich rechtswidrig.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Jänner 2004

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003070101.X00

Im RIS seit

23.02.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten