TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/17 2002/06/0122

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Veröffentlicht am 17.02.2004
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Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht;
98/05 Sonstige Angelegenheiten des Wohnbaus;

Norm

BodenbeschaffungsG §4 Abs1;
BodenbeschaffungsG §4;
MRG §30 Abs2 Z15 idF 1991/068;
MRG §30 Abs2 Z15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde

1. des Dr. K H, und 2. des Dkfm. W H, beide in M, vertreten durch Gabler & Gibel, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Juni 2002, Zl. MD-VfR-H 56/01, betreffend Erlassung eines Interessenbescheides gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG (mitbeteiligte Partei: D L in W, vertreten durch Dr. Christiane Buchleitner, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Sieveringer Straße 122), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 291,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 20. Februar 1996 begehrten die Beschwerdeführer, vertreten durch den Hausverwalter des Hauses in 1190 Wien, S Straße 18, die Erlassung eines Interessenbescheides nach § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG mit der Begründung, die Beschwerdeführer seien Eigentümer dieses Hauses und hätten mit der Baubewilligung vom 22. September 1995 die Neuerrichtung von vier Dachgeschosswohnungen in diesem Hause erwirkt, wobei eine Wohnnutzfläche von 410 m2 geschaffen werden solle. Im Dachgeschoss dieses Hauses befinde sich noch ein von der mitbeteiligten Partei gemietetes Atelier im Ausmaß von ungefähr 62 m2. Während die übrigen Räumlichkeiten (ehemalige Hausbesorgerwohnung sowie Abstellräume und Dachbodenflächen) leer stünden, hindere die besetzte Atelierwohnung die Beschwerdeführer am geplanten Dachbodenausbau. Trotz mehrerer Versuche habe sich die Mieterin dieser Wohnung (die Mitbeteiligte) nicht bereit gefunden, in eine der angebotenen Ersatzwohnungen im gleichen Hause umzuziehen. Hiefür stünde sowohl eine Wohnung im darunter liegenden Stock im Ausmaß von etwa 70 m2 mit Balkon zu gleichen Mietkonditionen bzw. ebenfalls im gleichen Haus im Hochparterre eine Wohnung im Ausmaß von 86 m2 zur Verfügung. Beide Wohnungen seien für diese Umsiedlung freigehalten worden. Ergänzend wurde angeführt, die Kosten des geplanten Dachbodenausbaus dürften sich auf etwa 9 bis 10 Millionen S plus Mehrwertsteuer belaufen.

In einer ersten Stellungnahme der Magistratsabteilung 25 vom 22. März 1996 wurde auf Grund der übermittelten Planunterlagen (Einreichplan für die Baubewilligung vom 22. September 1995) dahingehend Stellung genommen, dass die Errichtung von vier Wohnungen durch Dachgeschossausbau (Wohnungsgrößen zwischen 78 m2 und 118,20 m2) vorgesehen sei, die erzielbare Nettonutzfläche sei dem Plan mit 410,40 m2 zu entnehmen. Sämtliche Wohnungen entsprächen der Kategorie A; für sämtliche Wohnungen werde eine normale Ausstattung im Sinn des § 3 Z. 5 Stadterneuerungsgesetz (StEG) angestrebt. Die Maximal-Baukosten für nach dem Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz (WWFSG) 1989 geförderte Wohnungen ergäben sich mit S 19.700,-- pro m2 netto Nutzfläche, was wiederum bei einer Gesamtnutzfläche von 410,40 m2 Herstellungskosten von insgesamt 8,084.880 S (exklusive Umsatzsteuer) ausmache.

In einer Stellungnahme der Magistratsabteilung 50 vom 14. November 1996 wurde das gegenständliche Vorhaben - Errichtung von vier Kategorie A-Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von 410 m2 durch Ausbau des Dachbodens - aus Sicht des Wiener Wohnbaus als geeignet angesehen, durch Vermehrung von Wohnungen eine im Ortsgebiet bestehende quantitative und qualitative Wohnungsnot zu mildern.

In der Folge fand am 21. Februar 1997 eine Verhandlung an Ort und Stelle statt, anlässlich derer die Mitbeteiligte bekannt gab, dass die derzeit von ihr bewohnte Atelierwohnung der Kategorie B entspreche und ihren individuellen Bedürfnissen als nebenberufliche Künstlerin (Fotografin) angepasst sei. Der Umzug in eine im Haus befindliche, vom Eigentümervertreter angebotene andere Wohnung stelle für sie insofern eine Minderung der Wohnqualität dar, als auf Grund der Umsiedlung in ein tiefer liegendes Geschoss mit schlechteren Lichtverhältnissen zu rechnen sei. Da die anderen Wohnungen keine Atelierräume enthielten, müssten diese erst von der betroffenen Mieterin angemietet werden. Die in den angebotenen Tauschwohnungen vorhandenen Parkettböden bzw. Balkone stellten für sie subjektiv keine Verbesserung dar, da sie auf derartige Einrichtungen keinen Wert lege und durch diese zusätzliche Ausstattung ihre durch den Umzug in ein tiefer gelegenes Geschoss bedingte Lichteinbuße nicht aufgewogen werde. Sie erkläre sich grundsätzlich bereit, in eine darunter liegende Wohnung umzuziehen, wenn von den Hauseigentümern eine entsprechende Entschädigung in Höhe von S 400.000,-- bezahlt würde.

Nach weiteren Erhebungen, insbesondere einer Stellungnahme der Magistratsabteilung 7 - Kulturreferat, sowie Vorlage einer Kostenschätzung stellte die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 6. Juli 1998 gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 des Mietrechtsgesetzes fest, dass der geplante Dachgeschossausbau im Hause Wien XIX, S Straße 18, auf der Liegenschaft EZ 696 der KG U, im öffentlichen Interesse liege. Dieser Spruch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nach den Stellungnahmen der zuständigen Magistratsabteilungen die von den Beschwerdeführern bekannt gegebenen Gesamtbaukosten das Kostenniveau, welches sich aus den Vorschriften des WWFSG für geförderte Wohnungen ergebe, nicht überschreite und sohin davon auszugehen sei, dass keine Luxuswohnungen, sondern Wohnungen errichtet würden, die nach ihrer Ausstattung geeignet seien, das Wohnbedürfnis der Wohnungssuchenden entsprechend zu befriedigen und zu einer Milderung der quantitativen Wohnungsnot beizutragen. Die von der Mitbeteiligten geltend gemachten Interessen, insbesondere die mit einem Wohnungswechsel verbundene Lichteinbuße, seien nicht als schutzwürdig zu erkennen gewesen, zumal die Mitbeteiligte die Tätigkeit als Fotografin nicht gewerblich, sondern lediglich im Rahmen eines Hobbys ausübe und sie auch nicht dargelegt habe, inwiefern sich schlechtere Lichtverhältnisse auf ihre künstlerische Tätigkeit nachteilig auswirken könnten.

Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG statt und änderte den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass der Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG, dass der im Einreichplan bewilligt mit Bescheid der Magistratsabteilung 37/19 vom 22. September 1995 dargestellte Ausbau des Dachgeschosses im Hause Wien 19., SStraße 18, zur Vermehrung von Wohnungen, die geeignet sind, die in einem Ortsgebiet bestehende Wohnungsnot zu mildern bzw. zu beseitigen, im öffentlichen Interesse liege, abgewiesen wurde.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der in Anwendung zu bringenden gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde begründend aus, § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG sei auf Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtet und daher im Zweifel restriktiv auszulegen. Aus dieser Erwägung sowie aus dem Wortlaut dieser Bestimmung folge, dass der projektierte Neu- bzw. Umbau jedenfalls nach Art und Umfang geeignet sein müsse, Wohnraum zu schaffen, der eine Milderung oder Beseitigung der in einem bestimmten Ort bestehenden Wohnungsnot diene. Ein solcher Fall liege jedoch nicht vor, wenn Ziel der beabsichtigten Bauführung lediglich die Schaffung von Luxuswohnungen sei oder durch das Vorhaben die Anzahl der Wohnungen oder der gesamten Wohnfläche nur geringfügig vermehrt werde. Bei der Klärung der Frage, ob eine Wohnung die Eignung aufweise, eine im Ortsgebiet bestehende Wohnungsnot zu mildern oder zu beseitigen, sei es ein zulässiger und auch sinnvoller Weg, darauf abzustellen, ob das Neu- bzw. Umbauvorhaben nach den Vorschriften über die Wohnbauförderung förderungswürdig sei. Wohnungen nämlich, die außergewöhnlich hohe Kosten verursachten und deshalb nur für einen kleinen Bevölkerungskreis in Betracht kämen ("Luxuswohnungen"), seien nicht als zur Linderung oder Beseitigung der Wohnungsnot geeignet anzusehen. Die bescheidmäßige Feststellung eines öffentlichen Interesses am geplanten Neu- bzw. Umbauvorhaben setze daher voraus, dass die im vorliegenden Fall in Aussicht genommenen Kosten für den Dachbodengeschossausbau die angemessenen Gesamtbaukosten je m2 Nutzfläche nach den Bestimmungen über die Wohnbauförderung, insbesondere nach der auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 WWFSG erlassenen Verordnung der Wiener Landesregierung nicht überschritten. Den bei der Magistratsabteilung 37/19 aufliegenden Konsensplänen könne entnommen werden, dass das Dachgeschoss des gegenständlichen Hauses derzeit zwei als Atelier bezeichnete Bestandseinheiten im Ausmaß von etwa 91 m2 und 68,5 m2 aufweise, wobei die kleinere Einheit als Top 19 bezeichnet sei und der Mitbeteiligten als Wohnung diene. Die Beschwerdeführer hätten das Projekt, für das sie die Feststellung im Sinne der in Rede stehenden Bestimmung des MRG beantragt hätten, in einem Bauplan dargestellt, der mit Bescheid vom 22. September 1995 baubehördlich bewilligt worden sei. Aus diesem Plan gehe hervor, dass die bestehenden Ateliers durch Änderung der Raumeinteilung und durch zusätzlichen Ausbau von Dachgeschossflächen in zwei Wohnungen umgebaut sowie die verbleibenden Dachbodenflächen zur Schaffung von zwei weiteren neuen Wohnungen ausgebaut werden sollten. Dem Grundriss der Dachgeschossgalerie ("Dachaufsicht") könne entnommen werden, dass eine der umgebauten Wohnungen mit einer Galerie versehen werden solle und drei Wohnungen jeweils eine Terrasse zugeordnet werde. Die Gesamtfläche der Terrassen betrage 110 m2. Von den Beschwerdeführern sei über Aufforderung der Behörde erster Instanz eine Aufstellung der voraussichtlichen Baukosten vorgelegt worden, aus der sich die Gesamtnettokosten mit S 7,494.500,-- ergäben. Eine amtswegige Überprüfung dieser Kostenschätzung auf ihre Vollständigkeit und Schlüssigkeit sowie Angemessenheit der angegebenen Preise durch einen Amtssachverständigen habe ergeben, dass die Kostenschätzung für Baustelleneinrichtung und Räumung gänzlich fehle.

Aufschließungskosten bzw. deren Detaillierung fehlten, der für Abbruchbestand angegebene Kostenbetrag sei eindeutig als zu niedrig angegeben worden und bei Einzelpositionen sei eine Prüfung ohne weitere Spezifizierung nicht möglich. Ohne genauere Angaben seien die Punkte "Bauwerkstechnik" und "Bauwerksausbau" nicht nachzuvollziehen bzw. um den angegebenen Preis nicht realisierbar. Als Ergebnis sei der Amtssachverständige zum Ergebnis gekommen, eine Prüfung der Vollständigkeit, Richtigkeit und Schlüssigkeit dieser Kostenaufstellung sei auf Grund unvollkommener Unterlagen nicht möglich, da auch bei einer Kostenschätzung Ausmaß, Zuordnung und Detaillierung nachvollziehbar sein müssten. Die Wohnnutzfläche sei im Einreichplan erkennbar, das angenommene Ausmaß entspreche dem jedoch nicht. Planung und örtliche Bauleitung könnten sich nur nach der Gebührenordnung für Architekten bzw. Honorar für Baumeister oder auch der Gebührenordnung für Bauingenieure und - statistiker ermitteln, wenn die Baukosten einigermaßen bekannt seien. Dasselbe gelte für Statik sowie diverse Gutachten. Die Feststellung des Sachverhaltes treffe zwar grundsätzlich im Verwaltungsverfahren die Behörde und könne von dieser auch nicht auf die Partei grundsätzlich überwälzt werden. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts finde aber dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedürfe und diese eine solche unterlasse. Diese Mitwirkungspflicht bestehe dort, wo es der Behörde nicht möglich sei, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden. Im vorliegenden Fall treffe die Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes durch Erstattung eines mit Beweisanboten untermauerten konkreten Vorbringens zumindest bezüglich jener Umstände beizutragen, die in ihrer Sphäre gelegen seien und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen könne. Dies gelte insbesondere bei das Verfahren beendenden Verwaltungsakten, die im rechtlichen oder wirtschaftlichen Interesse der Partei gelegen seien. Auf den Vorhalt der oben bereits zitierten Stellungnahme der Magistratsabteilung 25 hätten die Beschwerdeführer keine Äußerung abgegeben. Auf eine bereits vor der Einholung dieser Stellungnahme an sie gerichtete Aufforderung binnen drei Wochen ab Zustellung eine vollständige und nachvollziehbare Aufstellung der Gesamtbaukosten im Sinne des § 4 Abs. 1 WWFSG vorzulegen, hätten die Beschwerdeführer lediglich ihre - im weiteren detailliert wiedergegebene - rechtliche Beurteilung entgegen gehalten, sie seien dazu nicht verpflichtet. Die Behörde sei aber zur Frage der Eignung von Wohnungen, Wohnungsnot zu mildern oder zu beseitigen, verhalten, die Höhe der von den Beschwerdeführern für den Dachgeschossausbau in Aussicht genommenen Kosten zu prüfen. Die fehlende bzw. mangelhafte Mitwirkung der Beschwerdeführer entbinde die Berufungsbehörde nicht davon, den maßgebenden Sachverhalt soweit wie möglich von Amts wegen festzustellen. Es sei ihr daher auch keineswegs verwehrt, die von den Beschwerdeführern angegebenen Preise auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Auf Grund der Ermittlungsergebnisse gehe die belangte Behörde davon aus, dass die von den Beschwerdeführern vorgelegte Kostenschätzung unvollständig sei und - soweit darin überhaupt aufgeschlüsselte Preise angegeben seien - diese zu gering veranschlagt worden seien. Dies gelte auch für die Bau- und Nebenkosten, die von den Beschwerdeführern in ihrer Äußerung ergänzend bekannt gegeben worden seien. Diese seien jedenfalls als Baukosten zu veranschlagen, da etwa die Durchführung eines Projektes ohne Beiziehung eines befugten Planverfassers, eines Prüfingenieurs sowie eines Statikers nicht zulässig sei. Letztlich sei die Berufungsbehörde im Hinblick auf den Inhalt der Stellungnahme der Magistratsabteilung 25 (vom 11. November 1999) der Auffassung, dass eine vollständige und umfassende Erörterung der Frage, ob das geplante Bauvorhaben zur Vermehrung von Wohnungen im öffentlichen Interesse liege, mangels hinreichender Mitwirkung der Antragsteller nicht möglich gewesen sei. Bereits auf Grund der divergierenden Angaben über die Gesamtbaufläche in der Stellungnahme (410 m2) und der vorliegenden Kostenschätzung (450 m2) sehe sich die Berufungsbehörde außerstande, weitere Ermittlungen darüber durchzuführen, ob die Wohnungen die Eignung aufwiesen, im Sinne der Judikatur zur Milderung oder Beseitigung der Wohnungsnot beizutragen. Aus diesem Grunde sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erlassung eines fehlerfreien Interessenbescheides gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG verletzt.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes machen sie unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die bescheidmäßige Feststellung eines öffentlichen Interesses am geplanten Neu- bzw. Umbauvorhaben voraussetze, dass die in Aussicht genommenen Kosten für den Dachgeschossausbau die angemessenen Gesamtbaukosten je m2 Nutzfläche nach den Bestimmungen über die Wohnbauförderung, insbesondere nach der auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz (WWFSG) erlassenen Verordnung der Wiener Landesregierung nicht überschreite. Vielmehr seien die Voraussetzungen einer Förderungswürdigkeit nach dem WWFSG 1989 kein Tatbestandsmerkmal für das Vorliegen des Kündigungstatbestandes des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG, es bestehe auch kein direkter Zusammenhang zwischen dem WWFSG 1989 und dem MRG. Es sei seitens der Behörde demnach auch grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die tatsächlich anfallenden Gesamtbaukosten die Obergrenze der angemessenen Gesamtbaukosten, die durch die genannte Verordnung festgesetzt wurden, überschreiten würden oder nicht. Selbst wenn man aber die dort festgesetzte Obergrenze der angemessenen Gesamtbaukosten zur Interessenabwägung heranziehe, fehle es an jeglicher gesetzlicher Grundlage, nach der die Nichtüberschreitung dieser Obergrenze zwingende Voraussetzung einer bescheidmäßigen Feststellung eines öffentlichen Interesses darstelle. Insoweit die belangte Behörde die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 1973, Zl. 1931/71/17, ins Treffen führe, werde dazu vorgebracht, dass auch nach dieser Entscheidung lediglich solche Projekte nicht als zur Linderung der Beseitigung der Wohnungsnot geeignet anzusehen seien, die außerordentlich hohe Kosten verursachten. Daraus ergebe sich jedoch noch nicht, dass beispielsweise im Falle einer nur geringfügigen Überschreitung der Obergrenze der nach dem WWFSG 1989 angemessenen Gesamtbaukosten bereits von "außergewöhnlich hohen Kosten" und von der Errichtung von "Luxuswohnungen" auszugehen sei. Gerade eine geringfügige Überschreitung der angemessenen Gesamtbaukosten lasse sogar zwingend den Schluss zu, dass keine Luxuswohnungen errichtet würden.

Zum Vorwurf der mangelnden Mitwirkung der Beschwerdeführer werde entgegnet, dass sowohl eine Kostenschätzung betreffend die Gesamtnettokosten zur Durchführung des Projektes, als auch der bezughabende Einreichplan, das Honorarangebot des Ziviltechnikers betreffend die statische Berechnung aller tragenden Bauteile, die Erstellung der Ausführungsunterlagen sowie die Tätigkeit als Prüfingenieur und auch die Schlusshonorarnote des beauftragten Architekten vorgelegt worden seien. Unrichtig sei es daher, dass die Antragsteller ihrer Mitwirkungspflicht im Rahmen ihrer Möglichkeiten nicht ausreichend nachgekommen seien. Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass auch dann, wenn durch die Schaffung von Luxuswohnungen ein Interesse der Allgemeinheit nicht begründet werde, dieser Umstand allein nicht dazu führen könne, dass bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG der Behörde bis ins Detail gehende Baupläne vorgelegt werden müssten. Vielmehr genüge es, wenn sich aus den der Behörde vorgelegten Unterlagen die Situierung sowie Art und Umfang des Bauvorhabens entnehmen ließe. Auch komme den Fragen des Vorliegens aller baurechtlich erheblichen Voraussetzungen für den geplanten Umbau, der Finanzierung und seiner Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan und Bebauungsbestimmungen keine Bedeutung zu. Erst im gerichtlichen Kündigungsverfahren habe die Vorlage entsprechender Kostenvoranschläge für die geplanten baulichen Veränderungen sowie der Nachweis der erforderlichen finanziellen Mittel zu erfolgen. Auch dort sei aber grundsätzlich nur die Sicherstellung der Finanzierung, nicht aber die Höhe der Baukosten zu prüfen. Die Beschwerdeführer seien somit nicht verpflichtet gewesen, das Bauprojekt in jeder Einzelheit detailliert darzulegen, zumal nicht außer Acht gelassen werden könne, dass Zweck der Interessenabwägung im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens gemäß § 30 Abs. 2 Z. 5 MRG eine Gesamtbetrachtung sei. Sei sichergestellt, dass durch das geplante Bauvorhaben eine ins Gewicht fallende Vermehrung von Wohnungen und Wohnfläche erfolge, was bei dem vorliegenden Projekt zwar unzweifelhaft der Fall sei, so habe eine Überschreitung der Gesamtbaukosten gegenüber den angemessenen Gesamtbaukosten jedenfalls außer Betracht zu bleiben, sofern keine außergewöhnlich hohen Kosten verursacht würden. Das Vorliegen außergewöhnlich hoher Kosten habe die Behörde jedoch nicht festgestellt. Im Übrigen wäre es der belangten Behörde frei gestanden, im Rahmen der Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens die Höhe der Baukosten allenfalls amtswegig durch Beiziehung eines Sachverständigen feststellen zu lassen.

Sowohl die belangte Behörde als auch die Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen; die belangte Behörde legte überdies die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 30 Abs. 1 MRG kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 leg. cit. in der Fassung des zweiten Wohnrechtsänderungsgesetztes, BGBl. Nr. 68/1991, ist es als ein wichtiger Grund insbesondere anzusehen, wenn ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, dass selbst unter der Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfs oder eines qualitativen Wohnfehlbestands geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits wiederholt darauf verwiesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2003, Zl. 2001/06/0176, und die in diesem angeführte Vorjudikatur), dass es sich bei der Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm handelt und der Tatbestand der Schaffung von Wohnräumen im Sinne des § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG (jedenfalls) nicht erfüllt ist, wenn Ziel der beabsichtigten Bauführung lediglich die Schaffung von Luxuswohnungen ist oder durch das Vorhaben die Anzahl der Wohnungen oder die gesamte Wohnflächenur geringfügig vermehrt wird.

Die belangte Behörde hat sich zwar mit der Frage, ob mit dem vorliegenden Projekt Luxuswohnungen geschaffen werden sollen, eingehend beschäftigt, nicht jedoch mit der Frage, inwieweit das geplante Bauvorhaben dem Ziel dient, Wohnraum zu schaffen, der der Minderung der in Wien bestehenden Wohnungsnot dient.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, muss der projektierte Neu- oder Umbau, um den Kriterien des quantitativen Wohnungsbedarfes bzw. qualitativen Wohnfehlbestandes zu entsprechen, jedenfalls nach Art und Umfang geeignet sein, Wohnraum zu schaffen, der derMinderung der in einem bestimmten Ort bestehenden Wohnungsnot dient, und es solcherart rechtfertigt, im Interesse der Allgemeinheit auch bestehende Mietrechte Einzelner aufzuheben (vgl. das Erkenntnis vom 19. März 1986, Slg. Nr. 12.080/A). Im Sinne dieser Judikatur kann von einer Wohnungsnot in einem bestimmten Ortsgebiet dann gesprochen werden, wenn im Ortsgebiet das Angebot solcher Wohnungen, welche nach ihrer Beschaffenheit zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Wohnungssuchenden ausreichen und deren Entgelt mit den wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Wohnungssuchenden im Einklang steht, in erheblichem Umfang hinter jener Nachfrage zurückbleibt, die sich nicht nur auf einen vorübergehenden Bedarf gründet. Bei der Klärung der Frage, ob ein quantitativer Wohnungsbedarf oder ein qualitativer Wohnfehlbestand im Ortsgebiet vorliegt, sind entsprechende Ermittlungen darüber anzustellen. Sofern in einem Ortsgebiet leerstehende Wohnungen bestehen, müsste sich die Behörde mit diesem Umstand auseinandersetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat es als zielführend betrachtet, wenn die Begriffe des quantitativen Wohnungsbedarfes bzw. eines qualitativen Wohnfehlbestandes im Sinne des § 4 Bodenbeschaffungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1974, ausgelegt werden. Gemäß § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes ist ein quantitativer Wohnungsbedarf im Sinne dieses Bundesgesetzes gegeben, wenn in einer Gemeinde die Zahl der vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 v.H. übersteigt oder in einer Gemeinde 2 v.H. der Wohnungsbevölkerung als Wohnungssuchende gemeldet und von der Gemeinde als solche anerkannt sind, wobei Barackenwohnungen, Behelfsheime, Einzelräume und sonstige Notunterkünfte nicht als Wohnungen in diesem Sinne zu zählen sind. Zu dieser Frage fehlt es aber sowohl im erstinstanzlichen Bescheid als auch in jenem der belangten Behörde an ausreichenden Feststellungen; die kursorischen Stellungnahmen der Magistratsabteilung 50 vom 14. November 1996 und vom 4. März 1998 enthalten - abgesehen vom reinen Gesetzestext - keine erhellenden Angaben. Dies hat jedoch noch nicht die Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Folge, weil Voraussetzung dafür ist, dass die Behörde bei Vermeidung des Verfahrensmangels - hier: des Begründungsmangels - zu einem anderen, für die Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG). Dies ist aber nicht der Fall, weil die Behörden das oben bereits angesprochene Kriterium der nicht nur geringfügigen Wohnraumvermehrung nicht beachtet haben. Diese - oben aufgezeigte - Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ausspruchs nach § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG ist aber im Beschwerdefall schon auf Grund der Akten auszuschließen.

Das gegenständliche Wohnhaus besteht nach den im Akt liegenden Plänen aus drei oberirdischen Geschossen und dem projektgegenständlichen Dachgeschoß. Die beabsichtigte Wohnraumvermehrung beträgt unter Abzug der zwei bereits bestehenden Objekte eine Vermehrung lediglich um zwei Wohnungen. Diese Anzahl neu geschaffener Wohnungen entspricht aber angesichts der Größe des Objekts nicht dem Erfordernis einer nicht nur geringfügigen Vermehrung des Wohnraums.

Bereits aus diesem Grund war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002060122.X00

Im RIS seit

18.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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