TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/25 2003/03/0255

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1N;
E3D E15103030;
E3L E05202010;
E3L E15102020;
E3L E15102050;
E3L E15103030;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;

Norm

11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art11 Abs2;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art1 lita idF 31991L0156;
31975L0442 Abfallrahmen-RL idF 31996D0350;
31991L0156 Nov-31975L0442;
31991L0692 Umweltschutz-RL Vereinheitlichung;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich AnhC Z5;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1 idF 32000R0609;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs2;
31996D0350 Anpassung 31975L0442 Anh2A Anh2B;
32000D0532 Abfallverzeichnis idF 32001D0573;
32001D0573 Nov-32000D0532;
EURallg;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J H in G, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Birgit Streif, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Maria Theresien-Straße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. August 2003, Zl. uvs-2003/14/133-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Lenker eines nach den Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeuges am 19. Februar 2003 von Deutschland über die Grenzeintrittsstelle Kiefersfelden kommend in Richtung Italien eine Transitfahrt im gewerbsmäßigen Güterverkehr im Hoheitsgebiet von Österreich durchgeführt. Dabei habe er weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten (Ökokarte) oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermögliche (Ecotag), noch sonstige geeignete Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass es sich nicht um eine Transitfahrt oder um eine ökopunktebefreite Transitfahrt gemäß Anhang C gehandelt habe, mitgeführt und diese auf Verlangen den Kontrollorganen nicht vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2002, iVm Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnungen (EG) Nr. 1524/96, Nr. 609/2000 und Nr. 2012/2000 begangen. Gemäß § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 218,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge einer Kontrolle auf der genannten Transitfahrt mittels Enforcement-Station festgestellt habe werden können, dass das im Fahrzeug befindliche Ecotag-Gerät auf ökopunktebefreite Fahrt gestellt gewesen sei. Vom Beschwerdeführer seien Metallabfälle transportiert worden, und zwar im Ausmaß von 22.800 kg. Diese Metallabfälle hätten einer Wiederverwertung zugeführt werden sollen. Metallabfälle fielen jedoch nicht unter den Begriff "Müll und Fäkalien" laut Anhang C Z. 5 zur Verordnung (EG) Nr. 3298/94.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und einer Replik durch die beschwerdeführende Partei erwogen:

2.1. In seinem Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2003/03/0022, (auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass es sich bei "Müll" im Sinn des Anhanges C Z. 5 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission "grundsätzlich um ein uneinheitliches Gemisch fester Abfallstoffe aus Haushalt, Büros oder der Industrie ..., die gesammelt abgeholt und entsorgt oder wiederverwertet werden" handelt, und Müll "somit grundsätzlich ein uneinheitliches - unsortiertes - Gemisch aus Abfällen" darstellt, "das von sortiertem Schrott zu unterscheiden ist". Nach diesem Begriffsverständnis fallen - entgegen der Beschwerde - auch die vom Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach transportierten "Metallabfälle (Aluminiumspäne)" nicht unter den Begriff "Müll" im Sinn der genannten Bestimmung. Mit dem gegen dieses Begriffsverständnis gerichteten Vorbringen, "dass der Begriff Müll aus dem Althochdeutschen" stamme, und das Wort "Mullen" soviel wie "zerreiben" bedeute, ist für die Beschwerde nichts gewonnen, ist doch für das Verständnis eines Begriffs aus einer gemeinschaftsrechtlichen Rechtsquelle aus dem Jahr 1994 die (behauptete) Bedeutung eines dem althochdeutschen Sprachschatz (behauptetermaßen) zugehörigen Wortes vollkommen irrelevant. Nach diesem Verständnis des Begriffs "Müll" kommt es entgegen der Beschwerde auch nicht auf die Wiederverwertbarkeit der als Transportgut festgestellten "Metallabfälle" an, weshalb der Vorwurf, die belangte Behörde habe diesbezügliche Feststellungen unterlassen, fehlgeht. Dass die transportierten Metallabfälle nach der Beschwerde "nach dem Europäischen Abfallschlüsselkatalog EAK mit der Nr. 120103 klassifiziert" seien, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Der damit offensichtlich angesprochene Europäische Abfallkatalog (EAK) beruht auf der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle, ABl Nr. L 194 vom 25. Juli 1975, S 39 bis 41 (idF der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991, ABl Nr. L 078 vom 26. März 1991, S 32 bis 37, der Richtlinie 91/692/EWG des Rates vom 23. Dezember 1991, Abl Nr. L 377 vom 31. Dezember 1991, S 48 bis 54, und der Entscheidung der Kommission 96/350/EG vom 24. Mai 1996, ABl Nr. L 135 vom 6. Juni 1996, S 32 bis 34), dem der sich vom Begriff "Müll" unterscheidende Begriff "Abfall" ("alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss", vgl. Art. 1 lit. a der Richtlinie 75/442/EWG idF der Richtlinie 91/156/EWG) sowie eine gegenüber dem vorliegend übertretenen Gemeinschaftsrecht unterschiedliche Zielsetzung zu Grunde liegt. Während nämlich die Richtlinie 75/442/EWG den grundlegenden gesetzlichen Rahmen für die Abfallbewirtschaftung auf Gemeinschaftsebene überhaupt darstellt, liegt dem Ökopunktesystem, dessen Übertretung dem Beschwerdeführer vorliegend vorgeworfen wird, die speziellere Zielsetzung der Reduktion der "NOx-Gesamtemission von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich" zu Grunde, wobei eine Ausdehnung der in Anhang C Z. 5 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vorgesehene Ausnahmeregelung dieser Zielsetzung zuwiderlaufen würde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001, Zl. 2000/03/0251). Schließlich hätte der Beschwerdeführer bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit - sowohl das Ökopunktesystem als auch die angesprochene Regelung der Abfallbewirtschaftung basieren nicht auf nur in Österreich geltenden Rechtsvorschriften - die strafbare Handlung als solche erkennen müssen, muss doch von einem eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker verlangt werden, sich mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0014).

2.2. Ferner versagt die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer einzuvernehmen oder ihn zu den Ermittlungsergebnissen zu einer Stellungnahme aufzufordern, hat doch die belangte Behörde ihrer Entscheidung den von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt zu Grunde gelegt, zu dem der Beschwerdeführer Gelegenheit hatte, in seiner gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis gerichteten Berufung Stellung zu nehmen. Damit geht auch der Einwand fehl, die belangte Behörde hätte auf Grund der sie treffenden Manuduktionspflicht den im Verwaltungsstrafverfahren anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer von den Ermittlungsergebnissen in Kenntnis setzen und ihn zumindest zu einer Stellungnahme auffordern bzw. zu einer Berufungsverhandlung laden müssen. Dass die belangte Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht "den CMR-Brief" herangezogen habe, rügt der Beschwerdeführer im übrigen erstmals in seiner Beschwerde, weshalb es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

2.3. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG abzuweisen.

2.4. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Februar 2004

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030255.X00

Im RIS seit

26.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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