TE Vwgh Beschluss 2004/3/10 AW 2004/07/0012

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Veröffentlicht am 10.03.2004
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Index

L37131 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Burgenland;
L82401 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Burgenland;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 2002 §77 Abs3;
AWG Bgld 1993 §29;
AWG Bgld 1993 §30;
AWG Bgld 1993 §69 Abs3;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der B Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. M und Mag. W, Rechtsanwälte, der gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. Jänner 2004, Zl. 5-W-AW1641/8-2004, betreffend Auftrag zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Bgld. AWG 1993, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 3. November 2003 wurden der beschwerdeführenden Partei gemäß den §§ 69 Abs. 3, 29, und 30 des Bgld. Abfallwirtschaftsgesetzes 1993 i. V.m. § 77 Abs. 3 AWG 2002 als Betreiberin einer näher genannten Kompostieranlage in D folgende Maßnahmen zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufgetragen:

1. Die weitere Übernahme und Einbringung von kompostierbarem Material in die Anlage ist ab sofort verboten.

2. Die Intensiv- und Nachrotte ist innerhalb von 6 Monaten einzustellen.

3. Das Einsatzmaterial (Klärschlamm, Frischmaterial) ist innerhalb von 1 Monat einer ordnungsgemäßen Behandlung zuzuführen.

4. Der Fertigkompost und der in Ausführung von Punkt 2 erzeugte Kompost ist innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten zu entfernen und einer nachweislichen Verwertung, Beseitigung oder Nutzung (Produkt) zuzuführen.

5. Die Lagerflächen und Rotteflächen sind innerhalb von 15 Monaten besenrein zu reinigen.

6. Die Sickerwasserbecken sind innerhalb von 15 Monaten zu entleeren, zu reinigen und das Sickerwasser ist einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.

7. Die Senkgrube ist durch eine befugte Fachfirma innerhalb von 15 Monaten nachweislich entleeren zu lassen.

8. Die im Betrieb eingesetzten Labor- und Chemikalienabfälle sowie Mineralölprodukte sind innerhalb von 15 Monaten zu entfernen und einer ordnungsgemäßen nachweislichen Entsorgung oder Nutzung zuzuführen.

9. Die Entsorgungsbelege gemäß den Punkten 4, 7 und 8 sind

der Bezirkshauptmannschaft ... unaufgefordert innerhalb von

16 Monaten vorzulegen.

10. Die in den Punkten 1 bis 9 angeführten Fristen gelten ab Rechtskraft des Bescheides.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Jänner 2004 wurde der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend abgeändert, dass Punkt 4 der aufgetragenen Maßnahmen wie folgt lautet:

"Der Fertigkompost und der in Ausführung vom Maßnahmenpunkt 2 erzeugte Kompost ist innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten nachweislich ordnungsgemäß aus dem Anlagenareal zu entfernen (z. B. durch Verwertung, Beseitigung oder Nutzung)."

Im Übrigen wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher die beschwerdeführende Partei die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begehrt. Die beschwerdeführende Partei begründet ihren Antrag u.a. damit, dass der gegenständliche Auftrag die Einstellung des Kompostierbetriebes bedeute. Mit der Einstellung des Betriebes sei es der beschwerdeführenden Partei nicht mehr möglich, ihren vertraglichen Verpflichtungen betreffend die Abnahme von kompostierbaren Materialien nachzukommen. Wenn an die beschwerdeführende Partei und/oder an die Organgesellschaft E. A Gesellschaft m.b.H. keine kompostierbaren Materialien mehr angeliefert werden könnten, so sei beiden Gesellschaften die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Dies sei insofern von Bedeutung, weil die Vereinbarungen betreffend die Anlieferung und Abnahme von kompostierbarem Material jeweils zwischen Dritten und der E. A Gesellschaft m.b.H. geschlossen worden seien. Für das Jahr 2004 sei eine Liefermenge von 16.000 t zu einem Entsorgungsentgelt von EUR 496.000,00 vereinbart worden. Daneben bestünden weitere Übernahmeverpflichtungen auf Grund mündlicher Verträge mit zwei näher genannten Unternehmen. Der Vollzug des angefochtenen Bescheides würde einen Aufnahmestopp bedeuten. Die beschwerdeführende Partei könnte ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen. Der wirtschaftliche Schaden für die beschwerdeführende Partei durch den Aufnahmestopp würde sich in Summe auf EUR 55.000,00 pro Monat belaufen. Abgesehen von der voraussichtlichen Auflösung der Verträge mit den Vertragspartnern sei zu erwarten, dass von diesen Schadenersatzansprüche gegenüber der beschwerdeführenden Partei gelten gemacht würden und die beschwerdeführende Partei diese Kunden endgültig verlieren würde, weil die Kunden gezwungen seien, ihre Stoffe bei Anderen einer Kompostierung zuzuführen. Gemäß Jahresabrechnung der beschwerdeführenden Partei zum 31. Oktober 2002 hätten sich Passiva von EUR 1,711.78,49 ergeben. Der Vollzug des angefochtenen Bescheides würde die Insolvenz der beschwerdeführenden Partei bedeuten. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei von besonderer Dringlichkeit insbesondere auch im Hinblick auf die Bindung an Lieferanten, die sich sicher sein müssten, dass die anfallenden Mengen auch ordnungsgemäß verwertet würden. Ein weiterer unverhältnismäßiger Nachteil sei in den mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides verbundenen frustrierten Aufwendungen gelegen. So liefen Beträge von rund brutto EUR 10,00/t für die von der beschwerdeführenden Partei zu übernehmende Zwischenlagerung zufolge der Nichtübernahme der Einsatzmaterialien auf. Weitere frustrierte Aufwendungen würden bei der Umsetzung der Maßnahmenpunkte 5 bis 8 entstehen. Auf Grund des aktuellen Missverhältnisses zwischen am Gelände gelagertem Klärschlamm und dem fehlenden Pferdemist als Strukturmaterial sei eine Übernahme von Strukturmaterial zwingend notwendig, um den Bescheid erfüllen zu können. Ohne Strukturmaterial sei es der beschwerdeführenden Partei nicht möglich, das vorhandene Einsatzmaterial, insbesondere Klärschlamm, innerhalb der Monatsfrist des Spruchpunktes 3 des erstinstanzlichen Bescheides einer ordnungsgemäßen Behandlung zuzuführen. Bei den zu entsorgenden 1.000 m3 Klärschlamm (= rund 1.000 t) würden Entsorgungskosten von zumindest EUR 112.000,00 netto entstehen. Die gegenständliche Anlage werde laufend von der Behörde (auch von der Wasserrechtsbehörde) kontrolliert, wobei es zu keinen Beanstandungen gekommen sei. Aus einer Verhandlungsniederschrift vom 17. Juli 2003 betr. eine wasserrechtliche Überprüfung ergebe sich, dass die Anlage bescheidmäßig betrieben werde und keine Gefahr einer negativen Beeinflussung der Schutzgüter nach dem AWG, aber auch keine unzumutbare Belästigung der Nachbarn bestehe.

Die belangte Behörde teilte in einer Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung u.a. mit, dass im durchgeführten Verwaltungsverfahren vom beigezogenen wasserfachlichen und abfalltechnischen Amtssachverständigen Gefahr im Verzug hinsichtlich des Schutzgutes "Grundwasser" als nicht vorliegenden erachtet worden sei. Der dem Verfahren beigezogene bautechnische Amtssachverständige habe zwar Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich der einen Teil der gegenständlichen Kompostieranlage bildenden Hallen für erforderlich erachtet, jedoch habe Gefahr im Verzug für Personen nicht festgestellt werden können. Es hätten sich auch keine sonstigen Hinweise auf besondere Gefahren im Sinne von "Gefahr im Verzug" hinsichtlich anderer, auf Grund des Bgld. AWG zu wahrender öffentlicher Interessen ergeben.

Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Zwingende öffentliche Interessen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, sind nicht hervorgekommen. Die beschwerdeführende Partei zeigte jedoch mit ihren Ausführungen einen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG auf.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 10. März 2004

Schlagworte

Zwingende öffentliche InteressenUnverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:AW2004070012.A00

Im RIS seit

04.06.2004

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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