TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/18 2003/05/0055

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Veröffentlicht am 18.03.2004
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Index

L46102 Tierhaltung Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art18 Abs1;
TierschutzG Krnt 1996 §24 Abs1 Z6;
TierschutzG Krnt 1996 §9 Abs1 idF 2001/089;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Kärnten vom 12. Oktober 2002, Zl. KUVS-226/4/2002, betreffend Übertretung des Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetzes (weitere Partei: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Laut Schreiben des Amtstierarztes Dr. S. vom 19. November 2001 an das Strafreferat der Bezirkshauptmannschaft A sei bei einer Kontrolle der Rinderhaltung durch den Beschwerdeführer am 19. November 2001 um 10.00 Uhr festgestellt worden, dass der Boden der Weide infolge des Nachtfrostes hart und das Gras auf allen nicht direkt der Sonne ausgesetzten Flächen dicht mit Reif überzogen gewesen sei. Dr. S. habe fünf Rinder gesehen. Innerhalb der Umzäunung hätten sich nur einzelne Bäume und Büsche, größtenteils unbelaubt, befunden. Ein für die Tiere zugänglicher natürlicher bzw. künstlicher Unterstand, der ihnen entsprechend den herrschenden Klimaverhältnissen um diese Jahreszeit jederzeit eine trockene und zugfreie Liegefläche geboten hätte, sei nicht vorhanden gewesen.

Laut Aktenvermerk des Dr. S. vom 21. November 2001 hätten sich die Tiere, ein Stier, acht Kühe und zwei Stierkälber, an diesem Tag um 8.00 Uhr bei wolkenlosem Wetter und minus 4 Grad nach wie vor im Freien befunden. Die Wiese sei vollständig bereift gewesen. Im Aufenthaltsbereich der Tiere habe sich lose verstreutes Heu befunden.

In einem Aktenvermerk vom 26. November 2001 hielt Dr. S. fest, er habe von 24. bis 26. November 2001 täglich Nachschau bei der Rinderhaltung durch den Beschwerdeführer gehalten. Jedes Mal seien die zuvor genannten elf Rinder vorhanden gewesen. Zum Stall des Anwesens hätte die Tiere nicht gelangen können. In Aktenvermerken vom 4. und 5. Dezember 2001 ist festgehalten, dass die Freilandhaltung auch an diesen Tagen weiterhin erfolgte.

Laut Aktenvermerk des Dr. S. vom 13. Dezember 2001 habe er an diesem Tag um 8.00 Uhr neuerlich die Rinderhaltung besichtigt und im selben Zustand wie in den Tagen zuvor vorgefunden. Bei einer weiteren Besichtigung am 13. Dezember 2001 in der Zeit von 14.30 Uhr bis 15.00 Uhr seien sämtliche Tiere im hofnahen Bereich der Weide gestanden. Seit 13.00 Uhr habe Schneefall und starker Ostwind bei minus 7 Grad C und ca. 5 cm Schnee am Boden geherrscht.

Laut Aktenvermerk des Dr. S. vom 14. Dezember 2001 hätten sich an diesem Tag um 8.00 Uhr keine Tiere mehr im Freien befunden. Sämtliche Tiere seien im Rinderstall aufgestallt gewesen. Gleiches sei laut Aktenvermerk vom 17. Dezember 2001 an diesem Tag um ca. 8.00 Uhr festgestellt worden.

In einem Gutachten vom 10. Dezember 2001 führte Dr. S. aus, dass Temperaturen unter 0 Grad C, eventuell verstärkt durch Wind und Nässe, bei Rindern zweifellos Empfindungen verursachten, die von den Tieren - ähnlich wie starke Kälteempfindungen bei Menschen - als äußerst unangenehm und lebensfeindlich wahrgenommen würden. Würden solche Empfindungen über längere Zeit oder wiederholt wahrgenommen, so stellten sie Leiden dar. Im Zeitraum zwischen dem 19. November und dem 11. Dezember 2001 seien häufig Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, nasse Witterungsverhältnisse, Reif und feuchte Bodenverhältnisse aufgetreten, ohne dass den Tieren ausreichend trockene und windgeschützte zugfreie Liegenflächen unter dafür notwendigen natürlichen bzw. künstlichen Unterständen zur Verfügung gestanden wären. Der Rinderstall des Anwesens sei den Tieren nicht zugänglich gewesen. Am Nachmittag des 29. November 2001 habe Dr. S. die gesamte Weide abgeschritten. Die dabei festgestellten, hauptsächlich aus unbelaubten Laubhölzern bestehenden Baum- und Buschgruppen stellten keinesfalls ausreichende Unterstände im genannten Sinne dar.

Mit Schreiben vom 30. Jänner 2002 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, es gebe die im Gesetz vorgesehene Verordnung nicht, die nähere Definitionen zu den Begriffen "Wohlergehen" und "Leiden" enthalten sollte. Nach seinen jahrelangen Erfahrungen als Landwirt könnten solche Tatbestände bis zu minus 15 Grad C nicht auftreten. Außerdem seien ihm Symptome, die auf eventuell zu erwartende Leiden hinwiesen, schon frühzeitig erkennbar. Bei tatsächlichen Leiden seien auch nachher verschiedene Spätfolgen bemerkbar. Solche Spätfolgen seien bei den Rindern des Beschwerdeführers nicht aufgetreten. Diese befänden sich in einem ausgezeichneten Gesundheitszustand. Erhebliche Niederschläge und Minusgrade habe es im gegenständlichen Zeitraum nicht gegeben. Baumgruppen als Unterstände für elf Rinder seien vorhanden. Die Hauptgruppe befinde sich in einer Geländemulde und sei daher auch windgeschützt. Als sich am 13. Dezember 2001 ein tatsächlicher und anhaltender Witterungsumschwung angekündigt habe, seien die Rinder sofort eingestallt worden.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft A vom 5. Februar 2002 wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe es, "wie zumindest am 19.11.2001 gegen 10.00 Uhr, am 25.11.2001 gegen 09.30 Uhr, am 5.12.2001 gegen 08.00 Uhr und am 13.12.2001 gegen 15.00 Uhr anlässlich eines Ortsaugenscheines amtstierärztlich festgestellt wurde, als Besitzer der Tiere bzw. Tierhalter zu verantworten, dass in der Zeit zwischen Mitte November 2001 und Mitte Dezember 2001, zumindest jedenfalls an den Tagen der Überprüfungen nicht alle Maßnahmen getroffen worden sind, um das Wohlergehen der im Rahmen Ihres landwirtschaftlichen Betriebes ... in Form der Freilandhaltung auf der Wiese nördlich oberhalb des Obstgartens dieses Anwesens gehaltenen 11 Stück Rinder zu gewährleisten und sicherzustellen, dass den Tieren keine ungerechtfertigten Leiden zugefügt werden, indem den Rindern keine trockene und zugfreie Liegefläche zur Verfügung gestellt und somit keine art- und altersgerechte Unterbringung gewährt worden ist."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 24 Abs. 1 Z 6 iVm § 9 Abs. 1 Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetz, LGBl. Nr. 77/1996 idF LGBl. Nr. 89/2001, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 400,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen und zwölf Stunden, verhängt. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in der Höhe von EUR 40,-- auferlegt. Begründend führte die Behörde erster Instanz unter Berufung auf das genannte Gutachten des Amtstierarztes im Wesentlichen aus, mangels einer trockenen und zugfreien Liegefläche für die im Freiland gehaltenen Rinder seien die Tiere auf Grund der herrschenden Klimaverhältnisse (mehrere Grade unter Null, Zugluft, Wind) und der damit verbundenen feuchten Körperoberfläche über einen längeren Zeitraum einem enorm gesteigerten Wärmeverlust sowie demzufolge einem intensiven Kältegefühl ausgesetzt gewesen, was von ihnen als äußerst unangenehm und lebensfeindlich empfunden werde und dem Zustand des Leidens entspreche.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Bei der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 4. September 2002 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, mangels Niederschlägen im besagten Zeitraum sei es nicht notwendig gewesen, einen Unterstand für die Tiere aufzustellen. Die Tiere hätten sich aber unter Bäume stellen können, da die Weideflächen teilweise bewaldet seien. Die Tiere seien während dieser Zeit auch nachts auf der Weide gewesen. Erst als der Wetterumschwung Mitte Dezember gekommen sei, habe der Beschwerdeführer sie in den Stall gestellt. Bauliche Unterstände für die Tiere seien nicht vorhanden gewesen, der Beschwerdeführer habe jedoch auf Grund der Interventionen des Amtstierarztes trockenes Stroh aufgestreut, welches von den Tieren als Liegefläche nicht benützt worden sei. Der Boden sei im gegenständlichen Zeitraum trocken gewesen. Man könne nicht sagen, dass er gefroren gewesen sei. Die Tiere hätten sich normal verhalten. Der Beschwerdeführer habe nicht den Eindruck gehabt, dass sie auf Grund der Witterungsverhältnisse gelitten hätten. Da ca. die Hälfte der Weidefläche mit Bäumen umgeben sei, sei auch ein windgeschützter Bereich vorhanden gewesen. Dr. S. gab bei der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen zu Protokoll, die nicht art- und altersgerechte Freilandhaltung habe darin bestanden, dass den Tieren auf Grund der Witterungsverhältnisse im vorliegenden Fall keine Unterbringung in Form einer trockenen und zugfreien Liegefläche zur Verfügung gestellt worden sei. Der von Dr. S. festgestellte Bewuchs an Laubbäumen und Nadelhölzern auf der gegenständliche Weidefläche sei nicht ausreichend gewesen, um den Tieren eine trockene und zugfreie Liegefläche zu gewährleisten, vor allem dann nicht, wenn die Temperaturen unter 0 Grad C gelegen seien. Für die Freilandhaltung von Rindern gebe es keine verbindlichen Richtlinien. Sein Gutachten stütze sich auf mehrere wissenschaftliche Arbeiten. Unter "Leiden" verstehe man das Einwirken von sehr unangenehmen Empfindungen bzw. lebensfeindlichen Empfindungen über einen längeren Zeitraum. Wenn Tiere unter 0 Grad C keine trockenen und zugluftfreien Liegeflächen zur Verfügung hätten, so wäre in solchen Fällen von einem "Leiden" zur sprechen. Auch wenn es auf der Hochalm zu einem Wetterumsturz in der Form komme, dass es schneit und die Temperaturen unter 0 Grad C lägen, so hätten die Halter der Tiere auch in solchen Fällen dafür zu sorgen, dass eine artgerechte Haltung gewährleistet wird. Bei der mündlichen Verhandlung wurde ferner ein Aufsatz der Veterinärmedizinischen Universität Wien zur Rinderhaltung im Freien zum Akt genommen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Beschwerdeführer EUR 80,-- auferlegt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 19. November 2001 bis 13. Dezember 2001 elf Stück Rinder in Freilandhaltung gehalten. Innerhalb der eingezäunten Weide hätten sich auch einige Bäume befunden, welche jedoch größtenteils nicht mehr belaubt gewesen seien. Einen von den Tieren erreichbaren Unterstand habe es nicht gegeben. Der Amtstierarzt habe bei der mündlichen Verhandlung glaubwürdig die von ihm an Ort und Stelle getroffenen Feststellungen darlegen können. Der Sachverhalt sei vom Beschwerdeführer grundsätzlich nicht bestritten worden. Die fachlichen Ausführungen des Amtstierarztes im Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung seien schlüssig und nachvollziehbar. Diese Auffassung stütze sich auch auf eine in der Verhandlung vorgelegte wissenschaftliche Publikation der Veterinärmedizinischen Universität Wien (in der es heiße, "eine trockene Liegefläche und Windschutz müssen daher in der kalten Jahreszeit in jedem Fall vorhanden sein (ARBEITSGRUPPE RINDERHALTUNG 1997, WALLBAUM ET.AL. 1997)"). Ausgehend von den Ausführungen des Amtstierarztes, dass Rindern in Freilandhaltung bei Temperaturen unter 0 Grad C Leiden zugefügt würden, wenn ihnen keine trockenen und zugluftfreien Liegeflächen zur Verfügung stünden, habe der Beschwerdeführer als Eigentümer der Tiere gegen § 9 Abs. 1 Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetz 1996 verstoßen. Wie der Amtstierarzt ausgeführt habe, sei auch die teilweise Bewaldung der Fläche nicht ausreichend gewesen, um eine art- und altersgerechte Haltung der Tiere zu gewährleisten. Die Auffassung, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nachgekommen sei, da die Tiere jederzeit in einem angrenzenden Stallgebäude hätten untergebracht werden können, wenn die Witterung dies erfordert hätte, sei mit dem Wortlaut des Gesetzes, nach dem eine "art- und altersgerechte Unterbringung zu gewähren" ist, nicht vereinbar. Im vorliegenden Fall sei nämlich den Rindern über einen längeren Zeitraum keine solche Unterbringung gewährt worden. Die Strafbarkeit ergebe sich unmittelbar aus § 9 Abs. 1 iVm § 24 Abs. 1 Z 6 Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetz. Der Eigentümer bzw. Halter von Tieren habe im Übrigen die Voraussetzungen, unter welchen die Freilandhaltung von Rindern zulässig ist, zu kennen. Andernfalls müsste er sich bei der zuständigen Behörde darüber erkundigen. Außerdem sei der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft A vom 22. November 2001 (zugestellt am 27. November 2001) auf den gesetzwidrigen Zustand aufmerksam gemacht worden. Deshalb sei dem Beschwerdeführer sein Verhalten auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. Februar 2003, Zl. B 1758/02-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Beschwerdeführer begehrt vor dem Verwaltungsgerichtshof die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer führt im Wesentlichen aus, dass die nicht art- und altersgerechte Unterbringung von der Behörde darin gesehen werde, dass den Rindern keine trockene und zugfreie Liegefläche zur Verfügung gestellt worden sei. Die Freilandhaltung bei Minustemperaturen, die nach Ansicht des Amtstierarztes den Tieren Leiden zufüge und daher vom Gesetzgeber als "Tierquälerei" eingestuft worden sei, sei ihm nicht angelastet worden. Mangels näherer Konkretisierung des Begriffes der "art- und altersgerechten Unterbringung der Tiere" in einer Durchführungsverordnung fehle es somit aber an einer ausreichend determinierten Grundlage für die Bestrafung. Dem angefochtenen Bescheid könne ferner nicht entnommen werden, ob der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung in der Zeit zwischen Mitte November 2001 und Mitte Dezember 2001 bestraft worden sei oder lediglich wegen einer Übertretung an den im Tatvorwurf genannten Zeitpunkten. Schließlich würde die Verpflichtung, den Tieren eine trockene und zugfreie Liegefläche zur Verfügung zu stellen, eine "Sommerung" von Rindern auf Almen praktisch unmöglich machen und sei auch bei einer Freilandhaltung daher nicht erforderlich.

§ 9 Abs. 1 des Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetzes 1996 (K-TTG), LGBl. Nr. 77, in der hier maßgebenden Fassung LGBl. Nr. 89/2001, lautet:

"(1) Der Eigentümer eines Tieres hat alle Maßnahmen zu treffen, um das Wohlergehen seiner Tiere zu gewährleisten und um sicherzustellen, dass die Verbote der §§ 4 und 5 eingehalten werden. So sind insbesondere eine angemessene art- und altersgerechte Nahrung und Pflege sowie eine art- und altersgerechte Unterbringung zu gewähren und erforderlichenfalls auch für die tierärztliche Betreuung zu sorgen. Diese Bestimmungen gelten in gleicher Weise für den Halter eines Tieres."

Gemäß § 9 Abs. 9 erster Satz K-TTG (in der hier maßgebenden Stammfassung LGBl. Nr. 77/1996) hat die Landesregierung in Durchführung der Abs. 1 bis 5 sowie des § 4 Abs. 2 K-TTG durch Verordnung nähere Vorschriften für bestimmte Formen der Tierhaltung und über die Haltung bestimmter Tierarten, wie insbesondere über Mindestabmessungen, Beschaffenheit, Belichtung und Belüftung der Tierunterkünfte, über die der Tierart entsprechende Belegungsdichte sowie über in Betracht kommende geeignete Anbindevorrichtungen, zu erlassen.

Gemäß § 4 Abs. 2 K-TTG (in der hier maßgebenden Stammfassung LGBl. Nr. 77/1996) ist Tierquälerei verboten. Niemand darf einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es unnötig in schwere Angst versetzen. § 5 K-TTG enthält besondere Schutzbestimmungen gegen Tierquälerei.

§ 24 Abs. 1 K-TTG in der hier maßgebenden Stammfassung LGBl. Nr. 77/1996 lautet auszugsweise:

"(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet -, wer

1.

ein Tier mutwillig tötet (§ 4 Abs. 1);

2.

eine Tierquälerei begeht (§ 4 Abs. 2, § 5);

...

              6.              bei der Tierhaltung gegen die Bestimmungen der §§ 9 bis 11 oder der hiezu erlassenen Verordnungen verstößt oder Tiere abweichend von Ausnahmebewilligungen nach § 10 Abs. 2 und 3 hält;

..."

Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass er ausschließlich wegen einer Übertretung des § 9 Abs. 1 K-TTG bestraft worden ist. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich eine Übertretung dieser Bestimmung für strafbar erklärt und nicht, wie sich aus § 24 Abs. 1 Z 6 K-TTG ergibt, erst oder nur eine Übertretung einer zu dieser Bestimmung erlassenen Durchführungsverordnung. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Ablehnungsbeschluss vom 24. Februar 2003 unter Hinweis auf seine Judikatur die Berechtigung des Gesetzgebers hervorgehoben, an das allgemeine Erfahrungswissen und an Verhaltensregeln eines Berufsstandes anzuknüpfen, um eine ausreichende Determinierung auch von Verwaltungsstraftatbeständen zu gewährleisten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Hinblick darauf nicht zu finden, dass § 9 Abs. 1 K-TTG für eine Norm, deren Übertretung strafbar ist, nicht ausreichend determiniert wäre.

Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass eine "Sommerung" von Rindern auf Almen praktisch unmöglich wäre, wenn den Rindern eine trockene und zugfreie Liegefläche zur Verfügung gestellt werden müsse, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. § 9 Abs. 1 K-TTG unterscheidet nicht zwischen den Örtlichkeiten der Tierhaltung. An der Strafbarkeit nicht entsprechender Tierhaltung vermag es nichts zu ändern, wenn bestimmte Arten der Tierhaltung durch die gesetzliche Bestimmung "praktisch unmöglich" werden. Der Amtstierarzt hat bei der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde zutreffend darauf verwiesen, dass die gesetzlichen Vorgaben auch bei der Tierhaltung auf Almen einzuhalten sind.

Zielführend ist hingegen die Rüge des Beschwerdeführers, dass ihm die Tat in zeitlicher Hinsicht nicht ausreichend bestimmt angelastet worden sei. Zwar verschlägt es nichts, wenn als Tatzeit ein bestimmter Monat genannt wird und die Hinzufügung erfolgt, dass "zumindest" zu bestimmten Zeitpunkten in diesem Monat das Tatbild erfüllt gewesen ist, da es bei dieser Formulierung ausgeschlossen ist, dass der Beschwerdeführer wegen des angelasteten Verhaltens für die Zeit des genannten Monats neuerlich bestraft werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1993, Zl. 92/09/0307). Auch bedarf es nicht unbedingt einer durch ein Datum bezeichneten Angabe des Beginns und des Endes der Tatzeit (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1981, VwSlg. 10.558/A, in welchem der Begriff "Anfang Juni 1980" als den "1. Juni 1980" bezeichnend angesehen wurde).

Im vorliegenden Fall ergibt sich allerdings aus der Aktenlage (siehe den Aktenvermerk des Amtstierarztes vom 14. Dezember 2001), dass die Rinder des Beschwerdeführers am 14. Dezember 2001 nicht mehr im Freien unter den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Bedingungen gewesen sind. Die belangte Behörde hat auch, entsprechend den schriftlichen Aufzeichnungen des Amtstierarztes, in der Begründung ihres Bescheides als Tatzeit die "Zeit vom 19. November 2001 bis 13. Dezember 2001" genannt. Der solchermaßen festgestellte Sachverhalt steht aber nicht im Einklang mit der im Spruch angelasteten Tatzeit "zwischen Mitte November 2001 und Mitte Dezember 2001", und zwar nicht nur hinsichtlich ihres Endes, sondern ebenso nicht in Bezug auf ihren Beginn.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. März 2004

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibung Divergenzen Spruch Begründung "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibung falsche Angaben "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibung ungenaue Angabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003050055.X00

Im RIS seit

23.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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