TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/18 2002/05/1030

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Veröffentlicht am 18.03.2004
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §135 Abs1;
BauRallg;
VStG §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der B, vertreten durch Mag. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Juli 2002, Zl. UVS-04/A/17/886/2002-7, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 19. September 2001 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt:

"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen Berufene der A GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Verwalterin des Hauses in Wien ..., R.- straße 8, EZ ... der Kat. Gemeinde D, ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers in der Zeit von 01.08.1998 bis 10.04.2001 insoferne nicht dafür gesorgt hat, dass das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten wurden, als sie es unterließ,

1) die schadhaften Abdeckplatten der Rauchfangköpfe mit den laufenden Nummern 29-32, 33-37, 38-43 und 44-50 instand setzen bzw. erneuern,

2) sämtliche Kehrtürchen am Dachboden bzw. am Flachdach mit der laufenden Nummer 1-50 topographisch (lt. ÖNORM B 8208) bezeichnen und beschriften,

3) den Hartrußbelag des Fanges mit der laufenden Nummer 32 in seiner ganzen Länge beseitigen und rauchdicht instand setzen sowie

4) die Rauchfänge der Wohnungen E/7, E/8, E/9, E/10, HP/15, HP/16, HP/17, HP/18, I/23, I/26, II/31, III/39-40, III/41 und III/42 rauchdicht instand setzen zu lassen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 135 Abs. 3 in Verbindung mit § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, in der geltenden Fassung."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von ATS 19.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche, 2 Tagen und 18 Stunden) gemäß § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hingegen wurde der Berufung in der Straffrage insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf EUR 800,-- bei Uneinbringlichkeit 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wurde.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 135 der Bauordnung für Wien im Falle einer Verletzung der Instandhaltungspflicht eines Hauses der bestellte Hausverwalter primär verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Die Instandsetzungspflicht sei eine bereits auf Grund des Gesetzes existierende, von einem Bauauftrag unabhängige Verpflichtung. Für die Strafbarkeit reiche fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit sei bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ohne weiteres dann anzunehmen, wenn - wie im gegenständlichen Fall - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Gemäß § 129 Abs. 5 der Bauordnung für Wien sei der Eigentümer (Verwalter) eines Gebäudes verpflichtet dessen Bauzustand zu überwachen. Seien dem Verwalter von der Vorverwaltung keine Unterlagen übergeben worden, müsse er von sich aus alles unternehmen, um sich vom gegebenen tatsächlichen Bauzustand zu überzeugen. Im Beschwerdefall habe nach Übernahme der Verwaltung der Beschwerdeführerin eine Besichtigung der Liegenschaft stattgefunden. Damals sei festgestellt worden, dass sich das Haus in keinem sehr guten Zustand befunden habe. Für die Hausverwaltung sei offensichtlich gewesen, dass sich der Vorbesitzer bzw. Vorverwalter nicht um die Liegenschaft gekümmert habe; schon aus diesem Grund wäre es erforderlich gewesen sich bei der Baupolizei zu erkundigen, ob offene Bauaufträge bestehen. Die Hausverwaltung könne sich nicht darauf verlassen, dass sie von den Miteigentümern über bestehende Baugebrechen informiert werde, vielmehr habe sie sich vom gegebenen tatsächlichen Bauzustand zu überzeugen. Schon Anfang 1998 sei der schlechte Zustand des Hauses auffällig gewesen, weshalb sich die Beschwerdeführerin mit der Baupolizei hätte in Verbindung setzen müssen. Mit der Besichtigung des Hauses allein habe sie nicht alles unternommen, um sich vom tatsächlichen Bauzustand zu überzeugen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen und dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.

Gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld- bis zu EUR 21.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen bestraft.

Wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, ist zufolge § 135 Abs. 3 leg. cit. für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder einer dazu erlassenen Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist für den Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, Geschäftsführerin der mit der Verwaltung des beschwerdegegenständlichen Hauses beauftragten Gesellschaft zu sein, und daher gemäß § 135 Abs. 3 erster Satz Bauordnung für Wien im Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich zu sein.

Die Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid nicht wegen Verletzung ihrer Überwachungspflicht gemäß § 129 Abs. 5 Bauordnung für Wien, sondern wegen Verletzung der Instandhaltungspflicht gemäß § 129 Abs. 2 leg. cit. bestraft. Es erübrigt sich daher, auf die Beschwerdeausführungen einzugehen, die sich mit den Voraussetzungen für den Verstoß gegen die Überwachungspflicht im Sinne des § 129 Abs. 5 Bauordnung für Wien auseinander setzen.

Aus § 129 Abs. 2 leg. cit. ergibt sich für den Hauseigentümer (bzw. den Verwalter) die Verpflichtung, sein Gebäude in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand zu erhalten, weshalb er sich eines Unterlassungsdeliktes schuldig macht und nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 (ggf. iVm Abs. 3) leg. cit. zu bestrafen ist, wenn er der umschriebenen Instandhaltungspflicht nicht entspricht. Diese gesetzliche Verbindlichkeit stellt sich als eine einheitliche Verpflichtung dar, weil sie den gesamten Zustand eines bestimmten Gebäudes betrifft. Die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes begangenen Verstöße gegen diese Instandhaltungsverpflichtung sind daher als eine einzige Verwaltungsübertretung zu ahnden. Rechtswidrig wäre es daher, die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Verwalter des Hauses wegen der Verletzung der Instandhaltungsverpflichtung hinsichtlich verschiedener Teile des in Rede stehenden Hauses mehrer Übertretungen des § 129 Abs. 2 i. V.m. § 135 Abs. 3 leg. cit. schuldig zu erkennen und mehrere Geldstrafen über sie zu verhängen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 93/05/0025).

Rechtswidrig soll der angefochtene Bescheid deshalb sein, weil die belangte Behörde zu Unrecht von einem Verschulden der Beschwerdeführerin ausgegangen ist. Es seien für die Beschwerdeführerin keine Umstände erkennbar gewesen, die Baugebrechen hätten vermuten lassen. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, sich bei der Behörde nach allfälligen Bauaufträgen zu erkundigen.

Mit Bescheid vom 28. Jänner 1998 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, dem damaligen Hauseigentümer und dem damaligen Hausverwalter Bauaufträge gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien bezüglich der im angefochtenen Bescheid genannten Mängel, die zur Instandhaltung verpflichtet hätten, erteilt. Dass diese Baugebrechen auch im Tatzeitraum vorlagen - dies wurde auch von den Strafbehörden festgestellt -, wird von der Beschwerdeführerin in begründeter Weise nicht bestritten. Sind aber Baugebrechen festgestellt, dann ist es die gesetzliche Verpflichtung des Hauseigentümers bzw. des Hausverwalters dafür Sorge zu tragen, dass diese Baugebrechen beseitigt werden (vgl. hiezu E 2 bei Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften,

4. Auflage, zu Abs. 2 und 4 Z. 2. Baugebrechen, Allgemeines,

S. 725). Lagen die im Spruch des Straferkenntnisses festgestellten Baugebrechen in der angenommenen Tatzeit vor, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ihre im § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien verankerte Instandhaltungspflicht schon dann verletzt hat, wenn sie diese Baugebrechen nicht so rasch wie möglich beseitigt hat. Mit dem Hinweis darauf, dass von der Hausverwaltung diese Baugebrechen nicht erkannt wurden, vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil sich aus diesem Vorbringen ergibt, dass von der Hausverwaltung nicht alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden sind, um die vorhandenen und von der Baubehörde bereits festgestellten Baugebrechen zu erkennen. Waren Bedienstete der Hausverwaltung selbst nicht in der Lage, die bestehenden Baugebrechen festzustellen, wäre die Beschwerdeführerin als zur Vertretung der als Verwalterin bestellten Gesellschaft nach außen Berufene verpflichtet gewesen, sachkundige Personen zur Überprüfung des Baues beizuziehen.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. März 2004

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002051030.X00

Im RIS seit

09.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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