TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/18 2002/05/1036

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Veröffentlicht am 18.03.2004
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L82000 Bauordnung;
L82001 Bauordnung Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2;
BauG Bgld 1997 §21 Abs3;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §21 Abs5;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art94;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde 1. des Dr. Josef Schwarz und 2. der Ernestine Schwarz, beide in Oberpullendorf, beide vertreten durch Hajek & Boss & Wagner, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 7. August 2002, Zl. 02/04-92/1, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Johann Cziegler und 2. Rosalia Cziegler, beide in Oberpullendorf, beide vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, 3. Stadtgemeinde Oberpullendorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 und der erstmitbeteiligten und der zweitmitbeteiligten Partei zusammen Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer einer Liegenschaft im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, bestehend u.a. aus dem Grundstück Nr. 1318/2. Die erstmitbeteiligte Partei und die zweitmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerber) sind Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft, bestehend u.a. aus dem Grundstück Nr. 1319/2, welches mit einer Seite an das Grundstück Nr. 1318/2 grenzt. Zwischen diesen beiden Grundstücken befindet sich ein Entwässerungsgraben.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Mai 1960 war dem Erstbeschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf seiner Liegenschaft unter verschiedenen Vorschreibungen erteilt worden; unter Punkt 4. heißt es dazu: "Bei der Verbauung des bestehenden Grabens ist beidseitig (Dr. Schwarz und Cziegler) eine Durchflussbreite von je 25 cm, zusammen 50 cm für die Wasserableitung freizuhalten." (zitiert nach der in den vorgelegten Gemeindeakten befindlichen Ablichtung dieses Bescheides). Der Verteiler lautet:

"Ergeht an

1.)

Den Bauwerber: Dr. Josef Schwarz (Anschrift).

2.)

Den Bauführer: ----

3.)

Den Einspruchsberechtigten: -----".

Unstrittig ist, dass noch in den 1960-er Jahren auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer (wohl vom Erstbeschwerdeführer) unter Wahrung dieses 25 cm-Abstandes von der Grenze eine Mauer errichtet wurde. Unstrittig ist ebenfalls, dass die Bauwerber in der Folge (ebenfalls noch in den 1960-er Jahren) entlang der Grenze (aber ohne einen Abstand zur Grenze einzuhalten) einen Maschendrahtzaun errichtet haben. In den Verwaltungsakten finden sich Hinweise auf verschiedene Streitigkeiten zwischen den Beschwerdeführern und den Bauwerbern hinsichtlich dieses Wassergrabens.

Mit Eingabe vom 21. Mai 2001 (bei der Baubehörde eingelangt am 22. Mai 2001) brachten die Bauwerber unter Hinweis auf die Vorgeschichte vor, dieser aus Eisenstehern und Maschendrahtgeflecht bestehende Zaun sei seit seiner Errichtung in keiner Weise verändert worden und es sei auch künftighin eine Veränderung nicht geplant. Entsprechend einer Aufforderung der Baubehörde vom 19. April 2001 (Anmerkung: nicht aktenkundig), wonach es sich bei der Errichtung dieser Einfriedung um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle, werde daher beantragt, nachträglich die baubehördliche Baubewilligung für die gegenständliche Einfriedung zu erteilen.

In den Akten befindet sich dazu ein Plan, der mit Juli 1983 datiert ist.

Mit Erledigung vom 7. Juni 2001 wurde die Bauverhandlung für den 27. Juni 2001 anberaumt; sie enthält folgenden Hinweis:

"Im Sinne des § 42 AVG 1991 finden Einwendungen der Parteien, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung beim Gemeindeamt oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung. Es wird angenommen, dass die Parteien dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen".

In der Niederschrift über die Bauverhandlung werden als anwesend genannt: der Bürgermeister als Verhandlungsleiter, ein Amtssachverständiger, der Erstbeschwerdeführer, der Erstmitbeteiligte als Bauwerber, Dr. Y "als Vertreter des C...."

(Familienname der Bauwerber), Dr. X "als Vertr. Anrainers Dr. S.... (Familienname der Beschwerdeführer), sowie ein weitere Anrainer.

In der Niederschrift heißt es im Abschnitt "Befund (Projektbeschreibung)" (es ist dies ein handschriftlich, zum Teil schlagwortartig ausgefülltes Formular), an der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 1319/2 und Nr. 1318/2 sei ein Maschendrahtzaun ca. 1,50 m hoch errichtet worden. Einzelne Zaunsteher seien zum Grundstück der Bauwerber durch Streben abgestützt. Laut Aussage des Erstmitbeteiligten seien die Steher mit Punktfundamenten fundiert.

Der Bausachverständige führte aus, nach Freilegung eines Stehers sei ein Betonfundament sichtbar, mit ca. 0,50 m Durchmesser, die Tiefe sei nicht eruierbar, mit der Oberkante ca. 25 cm unter der bestehenden Erdoberkante, "Einzelfundament"; laut "Baukonstruktionslehre 1 Riccabona" gebe es kein Punktfundament, sondern nur Einzelfundamente, jedoch sei in der üblichen Bausprache ein Zaunfundament auch als Punktfundament zu bezeichnen. "In der Bauordnung § 17 Bauanzeige und Anzeigeverfahren ist im Anhang als anzeigepflichtig beispielhaft angeführt - Einfriedungen." Gegen das Bauvorhaben bestünden keine baupolizeilichen Einwände.

Der in Vertretung des (ebenfalls anwesenden) Erstbeschwerdeführers erschienene RA Dr. X brachte vor, gemäß dem im Akt erliegenden Baubescheid (gemeint ist jener vom 25. Mai 1960), der nach wie vor rechtswirksam sei, müsse bei der Bebauung ein Abstand von je 25 cm von der Grundgrenze von einer Bebauung freigehalten werden. Da auch der errichtete Zaun eine Baumaßnahme sei, müsse er um 25 cm zurückversetzt werden. Diese Versetzung sei nicht nur notwendig, um die Einhaltung des Baubewilligungsbescheides zu gewährleisten, sondern auch um die Reinigung des Abflussgrabens zu ermöglichen. Der Erstmitbeteiligte sei auch verpflichtet, bei der Versickerung der Niederschlagswässer vom Haus und vom Gartengrundstück für die Freihaltung des Grabens und den ordnungsgemäßen Wasserlauf zu sorgen. Durch den in der Mitte der Abflussrinne errichteten Zaun könne diese Verpflichtung nicht eingehalten werden, sodass auch aus diesem Grund der Zaun um 25 cm versetzt zu errichten sei.

Der Vertreter der Bauwerber, Dr. Y, brachte vor, der genannte Bescheid vom 25. Mai 1960 sei ausschließlich an den Erstbeschwerdeführer adressiert. Eine Verpflichtung einer anderen Person als des Erstbeschwerdeführers sei daher rechtlich überhaupt nicht zulässig. Zu der Vorschreibung Punkt 4. in diesem Bescheid sei daher auszuführen, dass "mit der erwähnten Durchflussbreite von 25 cm" ausschließlich der Erstbeschwerdeführer belastet sein könne, insbesondere nicht die Bauwerber. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die seinerzeit von der Gemeinde geplante Verrohrung dieses Wassergrabens bereits seit längerer Zeit hinfällig sei, weil zwischenzeitig für eine andere Wasserableitung gesorgt worden sei. Insbesondere sei vom Erstbeschwerdeführer oder von einem von ihm Beauftragten "der gegenständliche Wasserzufluss von Grundstücken des Nachbarn zugemauert" worden. Die Entwässerung auf dem 25 cm breiten Stück auf dem Grundstück des Erstbeschwerdeführers zwischen der bestehenden Betonmauer und dem gegenständlichen Drahtzaun diene daher seit geraumer Zeit nur mehr ausschließlich zur allfälligen Abfuhr von Oberflächen- bzw. Dachwässern von der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers.

Der Vertreter des Erstbeschwerdeführers erwiderte, aus der Verhandlungsschrift vom 23. Mai 1960, die dem seinerzeitigen Bescheid zu Grunde liege, ergebe sich, dass der Erstmitbeteiligte der Verpflichtung laut Bescheid zugestimmt habe und sich damit verpflichtet habe, 25 cm ab Grundstücksgrenze freizuhalten.

Dem erwiderte der Vertreter der Bauwerber, seiner Meinung nach sei der Maschendrahtzaun weder zum Zeitpunkt seiner Errichtung bewilligungspflichtig gewesen noch bedürfe er gegenwärtig einer baubehördlichen Genehmigung. Das gegenständliche Bauansuchen sei lediglich aus dem Grund eingebracht worden, "um weitere Kosten, Zeit und Geld zu ersparen", da mit einer zu erwartenden Genehmigung des Zaunes seitens des Erstbeschwerdeführers keine weiteren Anzeigen und Beschwerden gegen den Nachbarn (im Zusammenhang gemeint: gegen die Bauwerber) erhoben werden könnten. Seiner Ansicht nach lägen auch keinerlei Gründe für eine Versagung vor, zumal insbesondere der gegenständliche Wassergraben nicht mehr zur Abfuhr der Oberflächenwässer "davon liegender Grundstücke" diene.

Dem entgegnete der Vertreter des Erstbeschwerdeführers, dass der Wassergraben nach wie vor der Ableitung der Niederschlagswässer diene, insbesondere aus dem zum Graben geneigten Grundstück des Bauwerbers und teilweise auch vom Grundstück des Erstbeschwerdeführers. Bei größeren Regenfällen und Überschwemmungen sei der Graben für die Ableitung der Niederschlagswässer unumgänglich.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. August 2001 wurde den Bauwerbern die "Bewilligung zur Errichtung einer Einfriedung (...) nach Maßgabe der folgenden Baubeschreibung, der mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Plan- und Berechnungsunterlagen" mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Die Einwendungen "des Rechtsanwaltes Dr. (X)" wurden "hinsichtlich der Forderung eines 25 cm-Abstandes" auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Eine Begründung hiefür ist dem erstinstanzlichen Bescheid (in dem im Übrigen der Inhalt der Niederschrift wiedergegeben ist) nicht zu entnehmen.

Dagegen erhob zunächst der Beschwerdeführer in einem persönlich verfassten Schriftsatz (vom 31. August 2001) Berufung, weiters folgte (rechtzeitig) eine von RA Dr. X namens beider Beschwerdeführer erhobene Berufung, in der es heißt, der Schriftsatz vom 31. August 2001 werde auch zum Inhalt dieser Berufung "erhoben".

Im Schriftsatz des Erstbeschwerdeführers vom 31. August 2001 heißt es u.a. in Bezug auf die Bauverhandlung im Jahr 1960 um den streitgegenständlichen Wassergraben, im Hinblick auf die bereits in Planung befindliche Ortskanalisation, mit der vorgesehenen Umleitung der von den Feldern einströmenden oft mächtigen Niederschlagswässer, sei vom Herrn Vizebürgermeister und Leiter des Straßenbauamtes festgestellt worden, dass eine Abflussbreite von je 25 cm, zusammen 50 cm "zur Ableitung von den Liegenschaften der angrenzenden, sowie von den höher gelegenen Anrainern", ausreichend sei. Unter Mitwirkung des Herrn Vizebürgermeisters und mit Zustimmung des Erstmitbeteiligten sei "die Vereinbarung getroffen" und vom Erstmitbeteiligten selbst "unter Punkt 4. (in das Protokoll) diktiert" worden (es folgt der Wortlaut der Vorschreibung Punkt 4. im Bescheid vom 25. Mai 1960). Es heißt dann bei der Schilderung der weiteren Entwicklung u.a., um (nach Errichtung des gegenständlichen Zaunes) einen freien Wasserablauf zumindest "in unserem Grabenanteil zu gewährleisten", habe der Erstbeschwerdeführer im Jahr 1987 ein Halbschalen-Betongerinne im Sandbett verlegen lassen. In weiterer Folge wird auch auf eine im Jahr 1984 erfolgte wasserbautechnische Kommissionierung Bezug genommen, sowie auch auf eine Äußerung eines Wasserbausachverständigen anlässlich eines am 17. November 1999 durchgeführten Ortsaugenscheines.

In den Gemeindeakten befinden sich weiters in Ablichtung Teile (Deckblatt, Seiten 12 und 13) eines Gutachtens des Sachverständigen DI Dr. W.H. vom 4. Oktober 2001; das Deckblatt weist den Vermerk "Auszug" und eine Eingangsstampiglie des Stadtamtes der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Oktober 2001 auf.

Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. November 2001 wurde unter Spruchpunkt I. der Berufung keine Folge gegeben und der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid bestätigt, und zu Spruchpunkt II. das "durch den Berufungswerber eingebrachte Gutachten" des DI Dr. W.H. als verspätet zurückgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, da ein Bescheid eine individuelle Rechtsnorm darstelle, die sich an einen bestimmten Adressaten richte, könne der Bescheid vom 25. Juni 1960, welcher (nur) an den Erstbeschwerdeführer adressiert gewesen sei, keine Rechtswirkungen hinsichtlich des Erstmitbeteiligten entfalten. Auch sei beim Lokalaugenschein vom 17. November 1999 vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen festgestellt worden:

"Der Zaun selbst stellt ein Erschwernis des Halbschalengerinnes auf dem Grundstück entlang der Grundstücksgrenze des (Erstbeschwerdeführers) dar, kann jedoch nicht als Abflusshindernis angesehen werden". Eine Verletzung von Abstandsvorschriften sei nicht gegeben. Emissionen durch Oberflächenwässer vom Grundstück "des Bewilligungswerbers" (gemeint wohl: der Bewilligungswerber) seien im Hinblick auf die Feststellung des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 17. November 1999 nicht zu erwarten. Immissionen, die nicht über das ortsübliche Ausmaß hinausgingen, seien nicht "zu bewerten". Der Zaun sei bereits 1968 errichtet worden und der Graben habe auch bis jetzt gewartet werden können. Die bestehende Ableitung der Oberflächenwässer bleibe durch die Errichtung der Einfriedung unverändert. Weiters werde darauf verwiesen, dass die Entwässerung über diesen Graben erfolgt sei und eine Änderung der Abflussverhältnisse durch "den Bewilligungswerber" (gemeint wohl: durch die Bewilligungswerber) auch nicht herbei geführt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, dass die Baubehörde erster Instanz bei einer näheren Begründung ihres Bescheid zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Da das Gutachten des DI Dr. W.H. vom 4. Oktober 2001 persönlich vom Erstbeschwerdeführer am 10. Oktober 2001 im Rathaus abgegeben und daher nicht mehr innerhalb der Berufungsfrist eingebracht worden sei, habe dieses als verspätet zurückgewiesen werden müssen. Die Berufung müsse innerhalb der Berufungsfrist vollständig eingebracht werden, ein "Nachtragen" bestimmter Teile sei demnach nicht zulässig.

Dagegen erhob zunächst der Beschwerdeführer in einem persönlich verfassten Schriftsatz vom 22. Dezember 2001 Vorstellung, weiters erhoben auch beide Beschwerdeführer in einem von ihrem Rechtsfreund Dr. X. verfassten Schriftsatz Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge gegeben und den bekämpften Berufungsbescheid "bestätigt". Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges heißt es begründend, dass der Bescheid vom 25. Juni 1960 keinerlei Rechtswirkungen gegenüber den Bauwerbern entfalte. Dies einerseits deshalb, weil der Bescheid - wie aus der vorgelegten Ausfertigung erkennbar - den Bauwerbern nicht zugestellt und somit auch nicht ihnen gegenüber erlassen worden sei. Andererseits seien Auflagen, wie jene, um die es hier gehe, pflichtenbegründende Nebenbestimmungen eines begünstigenden Verwaltungsaktes, welche nur gegenüber dem Bewilligungswerber wirksam werden könnten, nicht aber gegenüber einem Dritten.

Auch sei der erstinstanzliche Bescheid zwar "nur kurz und allgemein gehalten" gewesen, dies mache den erstinstanzlichen Bescheid aber dennoch nicht rechtswidrig, weil die erstinstanzliche Behörde auch bei einer näheren Begründung nicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, sowie in einem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligten Bauwerber haben eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

In weiterer Folge hat der Erstbeschwerdeführer eine Ablichtung einer Niederschrift vorgelegt. Es handelt sich dabei um eine Ablichtung einer von der BH Oberpullendorf am 13. November 1984 anlässlich einer kommissionellen Verhandlung vor Ort aufgenommenen Niederschrift, an welcher u.a. ein Rechtsanwalt für beide Beschwerdeführer sowie der Erstmitbeteiligte teilnahmen.

Es heißt darin, zwischen dem Grundstück Nr. 1319/2 und 1318/3 bzw. Nr. 1318/3 befinde sich eine Tiefenlinie, welche ursprünglich zur Entwässerung eines näher bezeichneten Areals sowie der zwischen diesem Areal und den zuvor genannten Grundstücken befindlichen Flächen gedient habe. Nach Verlegung der Oberflächenentwässerung aus jenem Areal und anderweitiger Ableitung dieser Oberflächenwässer sei der Graben im oberen Bereich zwischen näher bezeichneten (anderen) Grundstücken teilweise zugeschüttet worden. Im derzeitigen Zustand sei die Tiefenlinie im Wesentlichen nur mehr zwischen den eingangs genannten Grundstücken in der Natur erkennbar. Die Grundstücke der Beschwerdeführer seien zu diesem Graben durch eine Mauer, die 25 cm von der Grundstücksgrenze entfernt situiert sei, abgegrenzt. Der Graben diene zur Zeit zur Aufnahme der Oberflächenentwässerung aus dem Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführer und der Bauwerber (diesbezüglich bis in den Bereich einer natürlich vorgegebenen Höhenlinie).

Im Gutachten des dieser Verhandlung beigezogenen wasserbautechnischen Amtssachverständigen heißt es u.a., die vorgegebenen Geländeverhältnisse erforderten eine klaglose Abfuhr der anfallenden Niederschlagswässer aus dem an den Graben angrenzenden Bereich. Diese Ableitung könne durch einen offenen Graben wie auch durch einen Rohrkanal erfolgen. Voraussetzung für eine klaglose Ableitung dieser Wässer sei im Falle der Abfuhr über einen offenen Graben eine entsprechende Zugangsmöglichkeit, um den Graben in Stand halten zu können. Diese Zugangsmöglichkeit sei derzeit durch den verbliebenen Schlitz zwischen dem Maschendrahtzaun und der Abgrenzungsmauer nicht gegeben. Wasserrechtlich relevant erscheine die Problemstellung, dass der Graben in seinem derzeitigen Zustand nicht in der Lage sei, die (zu ergänzen: Ableitung der) anfallenden Oberflächenwässer ohne Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke zu bewerkstelligen. Durch die Errichtung des Zaunes in der Tiefenlinie und dem verbleibenden Zwischenraum zwischen Zaun und Mauerwerk sei eine Pflege dieses Zwischenraumes nicht möglich, die entstehenden Anlandungen und Verklausungen führten damit über längere Zeit zwangsläufig dazu, dass die anfallenden Oberflächenwässer in Richtung des Grundstückes der Bauwerber gedrängt würden und dort in vermehrtem Maße zum Abfluss gelangten. Sofern der Graben daher zukünftig nicht verrohrt werden solle, wofür getrennt um wasserrechtliche Bewilligung einzukommen wäre, sollte zur Abflussertüchtigung eine Sohlbefestigung im unmittelbaren Grenzbereich nach vorangegangener Räumung erfolgen.

Den Anrainern zum Graben wäre daher aufzutragen, nachfolgende Maßnahmen zur Sicherstellung des Abflussvermögens durchzuführen:

              1.              An der gemeinsamen Grundstücksgrenze sei das freie Abflussprofil auf eine Breite von zumindest 50 cm zur Ermöglichung der jederzeitigen Pflege und Erhaltung wiederherzustellen. Zweckmäßiger Weise sei in der Mitte des Abflussprofiles eine Sohlrinne auszubilden.

              2.              Über die gesamte Länge des Grabens sei bis zum Einmündungspunkt in den Anschlussschacht an die öffentliche Kanalisation ein einheitliches Gefälle herzustellen.

Ferner legte der Erstbeschwerdeführer mit Schriftsatz vom 12. Mai 2003 das Gutachten des DI Dr. W.H. vom 19. Oktober 2001 vor und brachte vor, wie er erst jetzt erfahren habe, sei seinerzeit der Behörde nur das "wegen Zeitmangels unfertige Gutachten" vorgelegt worden, nicht aber das "endgültige und fertige Gutachten" (vom 19. Oktober 2001) mit der Fotodokumentation.

Schließlich erstattete der Beschwerdeführer eine weitere Eingabe vom 28. Februar 2002.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist angesichts des Umstandes, dass die Zweitbeschwerdeführerin weder vor noch während der Bauverhandlung Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben hat (ein Vorbringen wurde nur namens des Erstbeschwerdeführers erstattet) und im Verfahren aktiv erstmals durch Erheben der Berufung aufgetreten ist, zu prüfen, ob sie ihre Parteistellung im Sinne des § 42 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, welche am 1. Jänner 1999 in Kraft getreten ist, behalten oder verloren hat. Ersteres ist zu bejahen, weil die Ladung zur (die Kundmachung betreffend die) Bauverhandlung nicht den Hinweis auf die im § 42 AVG in der Fassung dieser Novelle vorgesehenen Rechtsfolgen enthielt (sondern jene nicht mehr zutreffenden gemäß § 42 AVG in der Fassung vor dieser Novelle). Im Hinblick darauf konnte daher die Zweitbeschwerdeführerin ihrer Parteistellung nicht im Sinne des § 42 AVG in der Fassung der Novelle verlustig gehen (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 2001, Zl. 2000/05/0271, und vom 23. Mai 2001, Zl. 2000/06/0056)

Weiters ist zu prüfen, welches Vorhaben mit dem erstinstanzlichen Bescheid bewilligt wurde. Der Spruch des Bescheides verweist auf eine nachfolgende Baubeschreibung sowie auf mit einem Bewilligungsvermerk versehene Plan- und Berechnungsunterlagen. Die Baubeschreibung im erstinstanzlichen Bescheid entspricht jener in der Niederschrift vom 27. Juni 2001, wo es heißt, an der Grundstücksgrenze sei ein Maschendrahtzaun ca. 1,50 m hoch errichtet worden. Einzelne Zaunsteher seien zum Grundstück der Bauwerber durch Streben abgestützt. Laut Aussage des Erstmitbeteiligten seien diese mit Punktfundamenten fundiert. Mit einem Bewilligungsvermerk versehene Plan- und Berechnungsunterlagen befinden sich nicht in den Akten. Berechnungsunterlagen sind dort überhaupt nicht ersichtlich, es gibt dort allerdings einen Plan (ohne Bewilligungsvermerk) vom Juli 1983, welcher zwar eine Einfriedung an der Grundgrenze zeigt, aber einen Schnitt und eine Ansicht aufweist, welche der Baubeschreibung nicht entsprechen: Nach diesem Schnitt (in Übereinstimmung mit der Ansicht) ist ein 30 cm breites Stampfbetonfundament mit einer Tiefe von 70 cm vorgesehen, darauf ein 80 cm hohes und 25 cm breites Schalsteinmauerwerk, darauf ein 100 cm hoher Gitterzaun. Dieser Plan steht somit im Widerspruch zur Baubeschreibung, die dem Zaun entspricht, der tatsächlich errichtet wurde und gemäß dem Willen der Bauwerber einer Bewilligung zugeführt werden sollte. Wenngleich zwar anzunehmen ist, dass das tatsächlich Errichtete als Gegenstand des Vorhabens bewilligt wurde (zumal dieser Plan aus dem Jahr 1983 keinen Bewilligungsvermerk aufweist), kann eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage deswegen dahingestellt bleiben, weil der Unterschied für die Beurteilung der hier relevanten Frage, ob die Beschwerdeführer durch die Bewilligung der Errichtung eines Zaunes mit der Situierung unmittelbar an der Grundgrenze - um diese Situierung geht es entscheidend - in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt wurden, nicht relevant ist.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Einhaltung der Bauvorschriften und auf klaglose Ableitung von Niederschlagswässern verletzt".

Dazu führen sie aus, soweit ihnen ein subjektiv-öffentliches Recht an der Herstellung einer Durchflussbreite von 25 cm auch auf dem Nachbargrundstück abgesprochen werde, sei darauf zu verweisen, dass es die Baubehörde im Bescheid vom 25. Juni 1960 für unbedingt notwendig angesehen habe, dass bei der Verbauung des Grabens auch auf dem Grundstück der Bauwerber eine Durchflussbreite von 25 cm gewährleistet sei. Die Tatsache, dass der Bescheid vom 25. Juni 1960 den Bauwerbern damals nicht zugestellt worden sei, ändere nichts an der Tatsache, dass die für die Verbauung durch die Beschwerdeführer als unerlässlich erachtete Durchflussbreite von 25 cm auch für eine Verbauung des Grundstückes der Bauwerber aus baubehördlicher Sicht maßgebend sein müsse. Gehe die Baubehörde gerade bei den Bauwerbern davon ab, verletze sie damit den Gleichheitsgrundsatz, zumal sie eben die Breite von 50 cm für unerlässlich gehalten habe. Darin sei aber auch das subjektivöffentliche Recht der Beschwerdeführer im konkreten Fall dargetan, weil die Einhaltung der Durchflussbreite auch auf dem Grundstück der Bauwerber dem Schutz des Grundstücks der Beschwerdeführer diene, was die Baubehörde schon seinerzeit bei der Erlassung des Bescheides vom 25. Juni 1960 erkannt habe. Aus diesem Blickwinkel seien der erstinstanzliche, der zweitinstanzliche und auch der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet. Insbesondere sei nicht begründet worden, weshalb der ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Zaun der Bauwerber kein Abflusshindernis darstelle. Wäre das nämlich zutreffend, sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Baubehörde erster Instanz seinerzeit die Einhaltung einer Durchflussbreite von je 25 cm auf den beiden Grundstücken für notwendig gehalten habe. Auch sei das im Berufungsverfahren vorgelegte Gutachten des Sachverständigen DI W.H. zu Unrecht zurückgewiesen worden.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

§ 21 Abs. 2 bis 5 des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998, lautet:

"(2) Ein Anrainer kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), so hat die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Kommt eine Einigung zu Stande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten und im Bescheid darauf hinzuweisen; kommt keine Einigung zu Stande, sind die streitenden Parteien hinsichtlich dieser Einwendung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies ist unter Anführung der Einwendung in der Verhandlungsschrift und im Bescheid ausdrücklich anzuführen.

(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (z.B. Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Anrainers dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.

(5) Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen."

Die Auffassung der belangten Behörde trifft zu, dass im Beschwerdefall mit dem Bescheid vom 26. Mai 1960 keine normative, der Rechtskraft fähige Verpflichtung der nunmehrigen Bauwerber (die nach dem vorgelegten Grundbuchsauszug schon damals Eigentümer des angrenzenden Grundstückes waren) erfolgte, im Falle einer "Verbauung des Grabens" eine Durchflussbreite von 25 cm auf ihrer Seite der Grenze einzuhalten, was die Beschwerdeführer nunmehr auch nicht mehr in Zweifel ziehen. Es mag schon sein, dass die Baubehörde damals eine Durchflussbreite von 25 cm als erforderlich erachtet hat, das bedeutet aber nicht, dass schon deshalb oder auch deshalb den Beschwerdeführern nunmehr ein entsprechendes Nachbarrecht zukäme. Ganz abgesehen davon, dass sich nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst und den von ihm selbst vorgelegten Unterlagen eine seit der ursprünglichen Bewilligung vom 26. Mai 1960 eingetretene Sachverhaltsänderung dahin ergibt, dass der Graben nur mehr zur Ableitung der Oberflächenwässer vom Grundstück der Beschwerdeführer und von einem Teil des Grundstückes der Bauwerber dient, ist ein entsprechendes Nachbarrecht aus den Bestimmungen der hier anzuwendenden Burgenländischen Bauordnung 1997, LGBl. Nr. 10/1998, nicht abzuleiten. Diesem Gesetz ist nämlich eine Bestimmung des Inhalts, dass dem Nachbarn ein Mitspracherecht bei der Situierung einer Einfriedung im Bereich der gemeinsamen Grenze aus dem Gesichtspunkt zukäme, dass die Einfriedung auf Grund ihrer Situierung geeignet sei, den Abfluss von Oberflächenwässern von der Liegenschaft des Nachbarn zu beeinträchtigen, nicht zu entnehmen. Ob diese Aspekte in einem wasserrechtlichen Verfahren bedeutsam sein könnten oder ob den Beschwerdeführern allenfalls Ansprüche zukommen, welche vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen sind, ist im Beschwerdefall nicht zu erörtern. Maßgeblich ist vielmehr, dass den Beschwerdeführern das von ihnen behauptete subjektiv-öffentliche Nachbarrecht nicht zukommt, womit auch den Einwänden der Beschwerdeführer in formeller Hinsicht nicht nachzugehen ist, weil die Verfahrensrechte der Nachbarn nicht weiterreichen, als die ihnen von Gesetzes wegen zukommenden materiellen Rechte (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0115, u.a.m.).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Da sich die belangte Behörde in ihrem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz darauf beschränkt hat, auf die Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, kann dieser Schriftsatz nicht als Gegenschrift im Sinne der Bestimmung des VwGG angesehen werden, sodass der Antrag auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand abzuweisen war.

Wien, am 18. März 2004

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Baurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002051036.X00

Im RIS seit

06.05.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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