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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 idF 1997/I/078;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Ebert & Huber, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Tuchlauben 11/18, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. November 2000, Zl. UVS-07/A/12/2/1999/41, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Straf- und Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer der Begehung von acht Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Wgesellschaft mbH mit dem Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 17. Jänner 1998 (13.30 Uhr) an einer näher bezeichneten Baustelle acht namentlich näher bezeichnete Ausländer (jeweils polnische Staatsangehörige) ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - nach dem vierten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG sieben Geldstrafen in Höhe von jeweils S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 3 Tage) und eine Geldstrafe in Höhe von S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt. Des weiteren reduzierte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeiträge.
Die belangte Behörde hat - nach Darstellung des Verfahrensverlaufes - zur Begründung des Schuldspruches folgendes ausgeführt:
"Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens in Verbindung mit dem Akteninhalt und der weiteren Erhebungen, wie Einsichtnahme in die fremdenpolizeilichen Akte der angetroffenen Ausländer, steht die Beschäftigung der im Straferkenntnis genannten Ausländer durch den Berufungswerber als erwiesen fest. Die Rechtfertigung des Berufungswerbers geht im Wesentlichen in die Richtung, dass er die Beschäftigung bis auf allenfalls jene des A bestreitet. Jedoch stehen dieser Rechtfertigung die Aussagen der Sicherheitswachebeamten und ihre detaillierte Anzeige vom 17.1.1998 sowie Aussagen von angetroffenen Ausländern im fremdenpolizeilichen Verfahren entgegen. Darüber hinaus sind für den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien folgende Umstände, die sich auf Grund von Zeugenwahrnehmungen ergeben habe, erheblich:
In der verfahrensgegenständlichen Wohnung, die umgebaut und renoviert wurde, befanden sich zahlreiche Kleidungsstücke wie Arbeits- und Straßenkleidung, die auf dem Boden herumlag. Weiters befand sich in der Wohnung eine größere Anzahl an Malerwerkzeugen und sonstigen Malerutensilien wie z.B. Leitern. Darüber hinaus scheint es völlig lebensfremd, dass eine größere Anzahl polnischer Personen in einem Prunkbau der Wiener Innenstadt eine Party bzw. Feier veranstalten und diese Personen den Arbeitnehmer A nur begleitet haben sollen, wie vom Berufungswerber vorgebracht; zumal der Berufungswerber und der einvernommene Zeuge K angegeben haben mit den Arbeiten unter Zeitdruck gestanden zu sein. Es ist dazu noch höchst unwahrscheinlich, dass, wie vom Berufungswerber angegeben, nur lediglich zwei Personen mit Malerarbeiten in einer derart großen Wohnung mit sehr hohen Wänden beschäftigt gewesen sein sollen.
Der Unabhängigen Verwaltungssenat Wien geht vielmehr davon aus, dass die angetroffenen Ausländer allesamt mit Malerarbeiten beschäftigt waren, so auch A. Unter diesem Aspekt scheint auch der Umstand nicht nachvollziehbar, dass zum Zeitpunkt des Einschreitens der Sicherheitswachebeamten lediglich K von Seiten des Unternehmens in der Wohnung anwesend gewesen sein soll und A sich lediglich den Parkettboden angesehen haben soll.
Aus der Aussage der Zeugin S war hinsichtlich der Beschäftigung der angetroffenen Personen bzw. der Anzahl der tatsächlich arbeitenden Personen nichts zu gewinnen.
Auf Grund des Beweisverfahrens geht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von jenem Sachverhalt aus, der in der Anzeige beschrieben wird und in weiten Bereichen von den Aussagen der einschreitenden Sicherheitswachebeamten bestätigt wird, wobei hinsichtlich der Aussagen der Sicherheitswachebeamten ohne weiters nachvollziehbar erscheint, dass sich diese an Details und Einzelheiten der Geschehensabläufe nicht mehr erinnern konnten. Auf Grund des Gesamtinhaltes ihrer jeweiligen Aussagen und des Inhaltes der Anzeige, hegt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien jedoch keinerlei Zweifel daran, dass die angetroffenen Ausländer gesetzwidrig vom Berufungswerber beschäftig wurden, weshalb der Schuldspruch spruchgemäß zu bestätigen war."
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft die Beweiswürdigung. Er meint, die belangte Behörde habe für ihn entlastende Beweisergebnisse in denkgesetzwidriger Weise als belastend angesehen. Seine Verurteilung (durch die Bestätigung des Schuldspruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) entbehre der hinreichenden sachverhaltsmäßigen Grundlage.
Die Behörde hat gemäß § 45 Abs. 2 AVG (iVm § 24 VStG) unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, wobei gemäß § 25 Abs. 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen sind wie die belastenden; der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bildet somit eine verwaltungsverfahrensrechtliche Maxime. Weil ferner gemäß § 60 AVG (iVm § 24 VStG) die Behörde verfahrensrechtlich verpflichtet ist, in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens einschließlich der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen, hat der Verwaltungsgerichtshof Mängel der Beweiswürdigung gleichwohl als Verfahrensfehler wahrzunehmen. Er muss überprüfen, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2004, Zl. 2001/09/0193).
Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, die Belastungszeugen (gemeint sind die beiden Sicherheitswachebeamten) hätten durch den Tür- bzw. Briefschlitz der Wohnung "belastende Sachverhaltsannahmen" nicht wahrnehmen können bzw. hätten sie dadurch nicht mehr als zwei Personen in der Wohnung sehen können.
Bei dieser auf die Wahrnehmungsmöglichkeit der Zeugen Revierinspektor ö und Revierinspektor H bezogenen Argumentation trifft der Beschwerdeführer allerdings nicht den Kern der kritisierten Beweiswürdigung. Er lässt unberücksichtigt, dass die "Tür- bzw. Briefschlitzperspektive" bzw. die Frage, ob bzw. welche Personen diese Zeugen in der Wohnung arbeitend sehen konnten, nicht allein entscheidend ist. Die belangte Behörde konnte nämlich aus anderen Beweisergebnissen durchaus maßgebliche Rückschlüsse ziehen. So enthalten die in der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde unter anderem verlesenen (bzw. als verlesen geltenden) niederschriftlichen Angaben einiger der angetroffenen Ausländer Geständnisse (über "Schwarzarbeit") und belasten den Beschwerdeführer. Er übergeht diese für ihn belastenden Angaben - auf die sich die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung unter anderem gestützt hat - mit Stillschweigen. Die, eine unerlaubte Beschäftigung in der Wohnung einräumenden Angaben einiger Ausländer sind mit den von den Sicherheitswachebeamten festgehaltenen Umständen ihrer Kontrolle bzw. ihrer detaillierten Anzeige in Einklang zu bringen. Die Wohnung, in der die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft Renovierungsarbeiten durchführte, befand sich im ersten Stock des Hauses und sie verfügte über zwei Zugänge. Diese Wohnung wurde den Sicherheitswachebeamten allerdings zunächst nicht geöffnet. Erst durch die Tochter des Hausmeisters erlangten die Sicherheitswachebeamten Kenntnis von dem anderen Zugang zur Wohnung. Dass die Ausländer in der (zunächst ungeöffnet gelassenen) Wohnung waren, jedoch (aufgrund der Verzögerung der Wohnungsöffnung) die Wohnung über den anderen Zugang verließen, ist offenkundig, hat der Meldungsleger Revierinspektor H in der Anzeige doch unter anderem festgehalten, er habe sieben (der im Spruch des Straferkenntnisses genannten) Ausländer (der fehlende "achte" Ausländer namens P war H im Stiegenhaus der Stiege 2 entgegengekommen) im dritten Stock angetroffen und die Ausländer hätten sich dort "teilweise auf dem Boden gekauert bzw. an die Wand gedrückt". Dieses Verhalten bzw. die festgehaltenen Umstände der Aufgriffe zeigen, dass die Ausländer - anders als der Beschwerdeführer glaubhaft machen will - keine Party bzw. Feier im Haus veranstalteten, sondern als "Schwarzarbeiter" unentdeckt zu bleiben suchten. Hätte Revierinspektor H seine Nachforschungen nicht bis in den dritten Stock (der Stiege 2) des Hauses fortgesetzt, wären die sieben Ausländer wohl unentdeckt geblieben. Dass dem Beschwerdeführer - nach seiner Aussage - nur der Ausländer namens A bekannt war, bedeutet nicht, dass der Beschwerdeführer mit der Verwendung bzw. dem Arbeitseinsatz der übrigen sieben Ausländer nicht einverstanden gewesen wäre. Der Beschwerdeführer räumt in seiner Aussage unter anderem ein, es sei nicht möglich "die Arbeiten bzw. den Aufenthalt von betriebsfremden Personen zu unterbinden". In der Wohnung wurde an einem Samstag gearbeitet und der Beschwerdeführer gab gegenüber den einschreitenden Sicherheitswachebeamten an, dass "wir einen größeren Arbeiterausfall auf Grund von Krankheit hatten, und mit der Baustelle bald fertig sein müssen".
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist somit nicht als unschlüssig zu erkennen. Hingegen erweisen sich die Behauptungen des Beschwerdeführers, die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei denkgesetzwidrig, bzw. es seien Sachverhaltsannahmen der Belastungszeugen "zwingend widerlegt", als unrichtig und unzutreffend.
Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die von ihm beantragten Zeugen J und B seien nicht vernommen worden, unterlässt er es, die Wesentlichkeit dieses behaupteten Verfahrensmangels darzutun, ist seinem Beschwerdevorbringen doch nicht zu entnehmen, inwieweit die belangte Behörde durch die Aussage dieser Zeugen - worüber die Zeugen Angaben hätten machen können, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht - zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Die Beschwerde erweist sich somit, soweit sie gegen den Schuldspruch gerichtet ist, als unbegründet und war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Hingegen ist die Beschwerde, soweit sie (auch) gegen den Strafausspruch gerichtet ist, im Ergebnis berechtigt.
§ 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997) lautet auszugsweise:
"Strafbestimmungen
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
1. wer
a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, oder
...
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S;"
Die belangte Behörde ist - wie die Strafbehörde erster Instanz - davon ausgegangen, dass der doppelt qualifizierte vierte Strafrahmen des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG zur Anwendung komme. Begründet wird dies damit, dass "einschlägige Vormerkungen" bestünden. Abgesehen davon, dass nähere Feststellungen zu diesen Vormerkungen im angefochtenen Bescheid fehlen, ist den vorgelegten Verwaltungsakten aber zu entnehmen, dass die belangte Behörde insoweit von Bestrafungen des Beschwerdeführers mit Straferkenntnissen vom 23. Februar 1996, Zl. MBA 1/8-S 21248/95 und vom 1. Juni 1996, Zl. MBA 1/8-S 5773/96, ausgegangen ist. Diese einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers sind jedoch keine geeigneten Vortaten, die eine Anwendung des vierten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG rechtfertigen können, weil der Beschwerdeführer mit keiner dieser Vortaten nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG wegen unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern bestraft wurde (sondern er wurde jeweils wegen unberechtigter Beschäftigung eines Ausländers nach dem ersten Strafsatz bestraft).
Der im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung vorgesehene vierte (und hinsichtlich der Strafhöhe strengste) Strafsatz setzt nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes wenigstens die Bestrafung wegen einer Vortat nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG voraus, bezieht sich das strafsatzbestimmende Kriterium der Wiederholung doch auf eine unberechtigte Beschäftigung von mehr als drei Ausländern (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 16. Juli 1992, Zl. 92/09/0052, und vom 18. November 1993, Zl. 93/09/0270).
Die belangte Behörde hat somit in Verkennung der Rechtslage zum Nachteil des Beschwerdeführers einen unrichtigen Strafsatz angewendet.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seines Strafausspruches und damit auch hinsichtlich des darauf aufbauenden Ausspruches über den erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff insbesondere auch § 50 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die über den Pauschalbetrag dieser Verordnung hinaus verzeichneten Kosten.
Wien, am 24. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001090025.X00Im RIS seit
22.04.2004